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APOSTOLISCHE REISE DES HEILIGEN VATERS 
NACH LITAUEN, LETTLAND UND ESTLAND

[22.-25. SEPTEMBER 2018]

BEGEGNUNG MIT PRIESTERN, ORDENSLEUTEN UND SEMINARISTEN 

ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS

Kathedrale St. Peter und Paul, Kaunas (Litauen)
Sonntag, 23. September 2018

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Liebe Brüder und Schwestern, einen schönen Nachmittag!

Zuallererst möchte ich euch von einem Gefühl berichten, das ich empfinde. Wenn ich euch anschaue, sehe ich hinter euch viele Märtyrer stehen. Namenslose Märtyrer, da wir nicht einmal wissen, wo sie begraben sind. Auch einige von euch: Ich habe einen begrüßt, der das Gefängnis kennen lernen musste. Mir fallen diese Worte ein, um zu beginnen: Vergesst nicht, pflegt das Gedächtnis. Ihr seid Nachkommen der Märtyrer, das ist eure Stärke. Und der Geist der Welt soll euch nichts anderes einflüstern als das, was eure Vorfahren erlebt haben. Denkt an eure Märtyrer und nehmt sie euch zum Vorbild: sie hatten keine Angst. Als ich heute mit den Bischöfen, euren Bischöfen, gesprochen habe, sagten diese: „Wie kann man einen Seligsprechungsprozess für die vielen beginnen, von denen wir keine Unterlagen haben und doch wissen, dass sie Märtyrer sind?“ Das ist tröstlich und schön zu hören: die Sorge um die, welche uns ein Zeugnis gegeben haben. Es sind Heilige.

Der Bischof [Linas Vodopjanovas, OFM, Beauftragter für das gottgeweihte Leben] hat ohne Umschweife gesprochen – so reden die Franziskaner. Er hat gesagt: „Heute wird unser Glaube oft auf verschiedene Weise auf die Probe gestellt.“ Dabei dachte er nicht an die Verfolgungen durch Diktatoren, nein. „Nachdem wir auf unsere Berufung geantwortet haben, verspüren wir oft keine Freude mehr am Gebet noch am Gemeinschaftsleben.“

Der Geist der Verweltlichung, des Überdrusses hinsichtlich allem, was mit der Gemeinschaft zu tun hat, ist die Versuchung für die zweite Generation. Unsere Väter haben gekämpft, gelitten, wurden ins Gefängnis geworfen, und wir haben etwa keine Kraft mehr, um weiter zu machen? Daran solltet ihr denken!

Der Hebräerbrief ermahnt uns: „Erinnert euch an die früheren Tage. Erinnert euch an eure Vorfahren“ (vgl. 10,32-39). Diese Ermahnung richte ich zu Beginn an euch.

Der gesamte Besuch in eurem Land steht unter einem Motto: »Jesus Christus, unsere Hoffnung«. Nun, gegen Ende dieses Tages, begegnen wir einem Text des Apostels Paulus, der uns zur Beständigkeit in der Hoffnung einlädt. Und er spricht diese Einladung aus, nachdem er uns Gottes Plan für jeden Menschen, ja für die ganze Schöpfung verkündet: »Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten gereicht« (Röm 8,28); Gott „richtet alles gerade“ wäre die wörtliche Übersetzung.

Heute möchte ich mit euch einige charakteristische Aspekte dieser Hoffnung betrachten; Aspekte, die wir – Priester, Seminaristen Ordensleute – leben sollen.

Bevor Paulus uns zur Hoffnung einlädt, wiederholt er dreimal das Wort seufzen: die Schöpfung seufzt, die Menschen seufzen, der Geist seufzt in uns (vgl. Röm 8,22-23,26). Dieses Seufzen hat seinen Ursprung in der Versklavung durch die Sünde und in der Sehnsucht nach Erfüllung. Und so wird es gut sein, wenn wir uns heute einmal fragen, ob es dieses Seufzen in uns gibt oder ob im Gegenteil nichts mehr in uns schreit, sich nichts mehr sehnt nach dem lebendigen Gott. Wie euer Bischof gesagt hat: „Wir verspüren keine Freude mehr am Gebet, am Gemeinschaftsleben“. Wie der durstige Hirsch angesichts des knappen Wassers brüllt, so sollten auch wir uns bei der Suche nach der Tiefe, der Wahrheit und der Schönheit Gottes bemerkbar  machen. Meine Lieben, wir sind nicht „Funktionäre Gottes“! Vielleicht hat uns die „Wohlstandsgesellschaft“ übersatt gemacht, überhäuft mit Dienstleistungen und Gütern, und wir sind am Ende „vollgestopft“ mit allem, mit allen Nichtigkeiten; vielleicht sind wir betäubt oder zügellos, aber nicht erfüllt. Noch schlimmer: Manchmal spüren wir gar keinen Hunger mehr. Wir Männer und Frauen mit einer besonderen Weihe dürfen niemals zulassen, dieses Seufzen, diese Unruhe des Herzens zu verlieren, die nur im Herrn zur Ruhe kommt (vgl. Augustinus, Bekenntnisse, I,1,1). Die Unruhe des Herzens. Keine brandaktuelle Information, keine flüchtige virtuelle Kommunikation kann die konkreten längeren Zeiten ersetzen, um das tägliche Zwiegespräch mit dem Herrn im Gebet und in der Anbetung zu erringen – denn das ist es, eine kontinuierliche Anstrengung. Es geht darum, unsere Sehnsucht nach Gott zu pflegen, wie der heilige Johannes vom Kreuz einmal schrieb: »Darum bemühe dich, ständig im Gebet zu verweilen; und auch inmitten von körperlichen Betätigungen lass nicht davon ab. Ob du isst oder trinkst, ob du mit Weltleuten oder mit irgendetwas anderem zu tun hast, bewahre in deinem Herzen immer dabei ein Verlangen nach Gott, eine Hinneigung zu ihm in deinem Herzen« (Weisungen an einen Ordensgeistlichen zur Erlangung der Vollkommenheit, 9).

Dieses Seufzen kommt auch aus der Betrachtung der Welt, in der wir leben, es ist ein Hilferuf nach Fülle angesichts der Nöte unserer ärmsten Brüder und Schwestern, angesichts der Sinnlosigkeit im Leben der Jugend, der Einsamkeit der Alten, des Missbrauchs der Schöpfung. Es ist ein Seufzen, das nach einem gemeinsamen Vorgehen verlangt, um die Ereignisse einer Nation, einer Stadt zu beeinflussen; nicht in Form von Druck oder Machtausübung, sondern als Dienst. Wir müssen vom Schrei unseres Volkes getroffen werden, wie Mose, dem Gott bei der Begegnung am brennenden Dornbusch das Leiden seines Volkes offenbarte (vgl. Ex 3,9). Das Hören auf die Stimme Gottes im Gebet lässt uns den Schmerz der anderen sehen, lässt uns hören und erkennen, damit wir sie davon befreien können. Aber ebenso muss es uns erschüttern, wenn unser Volk aufgehört hat zu seufzen und jenes Wasser zu suchen, das seinen Durst stillt. Dies ist auch der Moment dafür, zu erkennen, was die Stimme unseres Volkes verstummen lässt.

Der Schrei, der uns Gott im Gebet und in der Anbetung suchen lässt, ist derselbe Schrei, der uns die Klage unserer Brüder und Schwestern hören lässt. Sie „hoffen“ auf uns, und wir müssen uns, ausgehend von einer sorgfältigen Unterscheidung, organisieren, wir müssen planen und in unserem Apostolat mutig und kreativ sein. Unser Wirken darf nicht der Improvisation überlassen bleiben, sondern muss auf die Bedürfnisse des Volkes Gottes eingehen und so den Teig durchsäuern (vgl. Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 33).

Aber der Apostel spricht auch von Beständigkeit; einer Standhaftigkeit im Leiden, einer Beständigkeit beim Ausharren im Guten. Das bedeutet, auf Gott ausgerichtet zu sein, fest in ihm verwurzelt zu bleiben, seiner Liebe treu zu sein.

Ihr, die Älteren – und wie kann Erzbischof Sigitas Tamkevičius hier unerwähnt bleiben – werden diese Beständigkeit im Leiden, dieses „Hoffen gegen jede Hoffnung“ (vgl. Röm 4,18) bezeugen können. Weder Gewalt, die gegen euch aufgrund eurer Verteidigung der bürgerlichen und religiösen Freiheit ausgeübt wurde, noch Verletzung durch Verleumdung, weder Gefangenschaft noch Deportation konnten euren Glauben an Jesus Christus, den Herrn der Geschichte, zerstören. Deshalb habt ihr uns viel zu sagen und beizubringen und auch etliche Vorschläge zu machen, ohne dass man dabei die scheinbare Schwäche der Jugend verurteilen muss. Und ihr Jüngeren, wenn ihr aufgrund von kleinen entmutigenden Enttäuschungen dazu neigt, euch in euch selbst zurückzuziehen und in Verhaltensweisen und Ablenkungen zu flüchten, die nicht eurem geweihten Leben entsprechen, dann sucht nach euren Wurzeln und schaut auf den Weg, den die Älteren gegangen sind. Ich sehe, dass junge Menschen hier sind. Ich wiederhole, weil Jüngere da sind. Und ihr Jüngeren, wenn ihr aufgrund von kleinen entmutigenden Enttäuschungen dazu neigt, euch in euch selbst zurückzuziehen und in Verhaltensweisen und Ablenkungen zu flüchten, die nicht eurem geweihten Leben entsprechen, dann sucht nach euren Wurzeln und schaut auf den Weg, den die Älteren gegangen sind. Es ist besser, einen anderen Weg zu wählen, als in der Mittelmäßigkeit zu leben. Das für die Jüngeren. Ihr seid noch rechtzeitig daran, und die Türe steht offen. Es sind gerade die Prüfungen, die die Besonderheit der christlichen Hoffnung hervortreten lassen, denn wenn es nur eine menschliche Hoffnung ist, werden wir frustriert und im Scheitern erdrückt werden. Mit der christlichen Hoffnung passiert das nicht, sie kommt klarer, geläuterter aus dem Schmelztiegel der Drangsal hervor.

Es stimmt, dass dies heute andere Zeiten sind und wir in anderen Strukturen leben; aber es ist auch wahr, dass solche Ratschläge besser aufgenommen werden, wenn diejenigen, die diese harten Erfahrungen gemacht haben, sich nicht verschließen, sondern anlässlich gemeinsamer Treffen davon erzählen. Ihre Geschichten sind nicht voller Nostalgie für vergangene Zeiten, die als besser dargestellt werden, noch gespickt mit verdeckten Vorwürfen gegen diejenigen, die zerbrechlichere emotionale Strukturen haben. Die Beständigkeit einer Jüngergemeinschaft schöpft aus einem sicheren Vorrat, wenn sie – wie jener Schriftgelehrte – Neues und Altes zu verbinden weiß (vgl. Mt 13,52), wenn sie sich bewusst ist, dass die gelebte Geschichte die Wurzel des Baumes ist, die er zum Gedeihen braucht.

Schließlich bedeutet der Blick auf Jesus Christus als unsere Hoffnung, dass wir uns mit ihm identifizieren und an seinem Schicksal als Gemeinschaft teilhaben. Für den Apostel Paulus beschränkt sich das erwartete Heil nicht auf einen negativen Aspekt – Befreiung von innerer oder äußerer, zeitlicher oder eschatologischer Bedrängnis –, sondern es geht dabei um etwas äußerst Positives: die Anteilnahme am verherrlichten Leben Christi (vgl. 1 Thess 5,9-10), die Teilnahme an seinem himmlischen Reich (vgl. 2 Tim 4,18), die Erlösung des Leibes (vgl. Röm 8,23-24). Es geht also darum, das Geheimnis des einzigartigen und unwiederholbaren Plans zu ergründen, den Gott für jeden, einen jeden von uns, hegt. Weil es niemanden gibt, der uns so gut kennt und uns so tief erkannt hat wie Gott, hat er uns zu etwas bestimmt, das unmöglich erscheint; er setzt unfehlbar darauf, dass wir Abbilder seines Sohnes werden. Er hat seine Erwartungen an uns und wir hoffen auf ihn.

Wir: Ein „Wir“, das das „Ich“ integriert und es zugleich aber auch übersteigt und über es hinausgeht; der Herr ruft, rechtfertigt und verherrlicht uns gemeinsam, und das geht so weit, dass er die ganze Schöpfung miteinschließt. Oft haben wir unsere Aufmerksamkeit so auf die persönliche Verantwortung gelenkt, dass die Gemeinschaft schließlich nur noch zur Hintergrundkulisse, zu einer Dekoration geworden ist. Aber der Heilige Geist versammelt uns, versöhnt unsere Unterschiede und erzeugt neue Dynamiken, um die Sendung der Kirche zu beleben (vgl. Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 131; 235).

Dieses Gotteshaus, in dem wir versammelt sind, ist den Heiligen Petrus und Paulus geweiht. Beide Apostel waren sich des ihnen geschenkten Schatzes bewusst; beide waren eingeladen – zu verschiedenen Momenten und auf unterschiedliche Weise –, „auf den See hinauszufahren“ (vgl. Lk 5,4). Im Boot der Kirche befinden wir uns alle und versuchen fortwährend zu Gott zu schreien, inmitten der Bedrängnis beständig zu sein und an Jesus Christus als Gegenstand unserer Hoffnung festzuhalten. Und dieses Boot hat als seine zentrale Aufgabe die Verkündigung einer erhofften Herrlichkeit. Diese besteht in der Gegenwart Gottes inmitten seines Volkes im auferstandenen Christus, die eines Tages, von der ganzen Schöpfung ersehnt, an den Kindern Gottes offenbar wird. Das ist die Herausforderung, die uns drängt: der Auftrag, das Evangelium zu verkünden. Das ist der Grund unserer Hoffnung und unserer Freude.

Wie oft begegnen wir traurigen Priestern oder traurigen gottgeweihten Männern und Frauen. Die geistliche Traurigkeit ist eine Krankheit. Sie sind traurig, weil sie nicht wissen … Traurig, weil sie nicht die Liebe finden, weil sie nicht verliebt sind: verliebt ihn den Herrn. Sie haben auf ein Ehe- und Familienleben verzichtet und wollten dem Herrn nachfolgen. Aber nun scheint es, dass sie es leid geworden sind … Und da steigt Traurigkeit auf. Ich bitte euch, wenn ihr euch traurig fühlt, haltet ein. Sucht nach einem weisen Priester, einer weisen Ordensfrau. Nicht weise, weil sie einen Universitätsabschluss haben, nein, nicht deshalb. Weise, weil er oder sie fähig waren, in der Liebe weiterzugehen. Geht zu ihnen und bittet um Rat. Wenn diese Traurigkeit aufkommt, kann man voraussagen, dass, wer nicht rechtzeitig davon geheilt wird, zu einem eingefleischtem „Junggesellen“ oder einer alten „Jungfer“ wird, Männer und Frauen, die keine Frucht bringen. Und vor solch einer Traurigkeit müsst ihr euch fürchten! Sie wird vom Teufel gesät.

Das Meer, auf das wir hinausfahren sollen, sind heute die immer neuen Situationen und Herausforderungen dieser Kirche im Aufbruch. Wir müssen uns erneut fragen: Was verlangt der Herr von uns, und welche sind die Randgebiete, die unsere Präsenz am meisten brauchen, damit wir ihnen das Licht des Evangeliums bringen? (vgl. Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 20).

Denn wenn ihr keine Freude an der Berufung habt, wer kann uns dann glauben, dass Jesus Christus unsere Hoffnung ist? Nur an unserem gelebten Beispiel wird der Grund unserer Hoffnung auf ihn sichtbar.

Dann gibt es noch einen weiteren Punkt in Verbindung mit der Traurigkeit: die Verwechslung von Berufung mit einem Unternehmen, einem Arbeitsbetrieb. „Ich kümmere mich um das, arbeite für das, begeistere mich für das … und bin glücklich, weil ich das mache.“ Aber morgen kommt ein Bischof, ein neuer oder derselbe, oder es kommt ein anderer Oberer oder eine neue Oberin und sagt dir: „Nein, lass das sein und geh dort hin“. Das ist ein Moment der Niederlage. Warum? Weil du in diesem Moment erkennst, das du dich auf einen fragwürdigen Weg begeben hast. Du erkennst, dass der Herr, der dich berufen hat, um zu lieben, von dir enttäuscht ist, weil du lieber den Geschäftsmann, die Geschäftsfrau gespielt hast. Zu Beginn habe ich euch gesagt, dass das Leben in der Nachfolge Jesu nicht das Leben eines Funktionärs oder einer Funktionärin ist: es ist das Leben der Liebe zum Herrn und des apostolischen Eifers für die Menschen. Ich karikiere: Was macht ein Funktionärspriester? Er hat feste Arbeitszeiten, sein Büro, er öffnet sein Büro zur vorgesehenen Zeit, erledigt seine Arbeit, schließt das Büro … und die Menschen bleiben draußen. Er geht nicht auf die Leute zu. Liebe Brüder und Schwestern, wenn ihr nicht zu Funktionären werden wollt, sage ich euch nur ein Wort: Nähe! Nähe, Unmittelbarkeit. Nähe zum Tabernakel, auf Du und Du mit dem Herrn. Und Nähe zu den Menschen. „Aber, Pater, die Leute kommen nicht …“ Geh du zu ihnen! „Aber die Kinder kommen heutzutage nicht …“ Erfinde etwas: einen Jugendtreff, um sie zu begleiten und ihnen zu helfen. Nähe zu den Menschen. Und Nähe zum Herrn im Tabernakel. Der Herr will, dass wir Hirten des Volkes sind und nicht Kleriker-Beamte! Nachher werde ich auch etwas zu den Schwestern sagen, aber erst nachher …

Nähe bedeutet Barmherzigkeit. In diesem Land, in dem sich Jesus als der Barmherzige Jesus geoffenbart hat, kann ein Priester nicht anders, als barmherzig zu sein. Vor allem im Beichtstuhl. Stellt euch vor, wie Jesus diese Person [die zur Beichte kommt] aufnehmen würde. Das Leben hat dem armen Kerl schon genügend hart mitgespielt! Lass ihn die Umarmung des vergebenden Vaters spüren. Wenn du ihm zum Beispiel nicht die Lossprechung erteilen kannst, dann gewähre ihm den Trost des Bruders, des Vaters. Ermutige ihn, weiter voranzuschreiten. Überzeuge ihn davon, dass Gott alles verzeiht. Aber all das mit der Güte eines Vaters. Nie darf man jemanden aus dem Beichtstuhl fortjagen! Nie fortjagen. „Schau, du kannst nicht … Ich kann jetzt nicht, aber Gott liebt dich, bete, komm wieder und wir reden darüber …“ So in der Art. Nähe. Das ist väterlich. Ist dir dieser Sünder gleichgültig, wenn du ihn so fortjagst? Ich spreche hier nicht von euch, denn ich kenne euch ja nicht. Ich spreche von anderen Situationen. Und Barmherzigkeit. Der Beichtstuhl ist nicht die Praxis eines Psychiaters. Der Beichtstuhl ist nicht dazu da, die Herzen der Leute auszuforschen.

Und deshalb, liebe Priester, bedeutet Nähe für euch auch, ein „inneres Organ“ der Barmherzigkeit zu besitzen. Und dieses „innere Organ“ der Barmherzigkeit, wisst ihr, woher es kommt? Von dort, vom Tabernakel.

Und ihr, liebe Schwestern … Oft findet man zwar gute Schwestern – alle Schwestern sind gut –, die jedoch klatschen und tratschen … Fragt die Schwester, die hier am ersten Platz auf der anderen Seite sitzt – die vorletzte –, ob sie im Gefängnis Zeit zum Klatsch hatte, während sie Handschuhe nähte. Fragt sie. Ich bitte euch, seid Mütter! Seid Mütter, weil ihr Abbilder der Kirche und der Muttergottes seid. Und jeder Mensch, der euch sieht, soll in euch die Mutter Kirche und die Mutter Maria sehen können. Vergesst das nicht. Die Mutter Kirche ist keine alte „Jungfer“. Die Mutter Kirche schwatzt nicht: sie liebt, sie dient, sie lässt wachsen. Eure Nähe besteht im Muttersein: als Bild der Kirche und Bild der Muttergottes.

Nähe zum Tabernakel und Gebet. Es geht um diesen Durst der Seele, von dem ich gesprochen habe, und um die Nähe zu den anderen. Priesterlicher Dienst und gottgeweihtes Leben nicht als Funktionäre, sondern als Väter und Mütter der Barmherzigkeit. Wenn ihr das so lebt, werdet ihr im Alter ein wunderschönes Lächeln und glänzende Augen haben! Weil eurer Herz voll von Zärtlichkeit, Milde, Barmherzigkeit, Liebe, Väterlichkeit und Mütterlichkeit ist.

Und betet für mich armen Bischof. Danke!

 



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