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PASTORALBESUCH VON PAPST FRANZISKUS IN L’AQUILA

GRUSSWORT DES HEILIGEN VATERS
AN FAMILIENANGEHÖRIGE DER ERDBEBENOPFER, BEHÖRDENVERTRETER UND BÜRGER 

 Domplatz
Sonntag, 28. August 2022

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Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag, einen schönen Sonntag!

Ich freue mich, bei euch sein zu können, und ich danke dem Kardinalerzbischof für den Gruß, den er im Namen aller an mich gerichtet hat. Zusammen mit euch, die ihr hier anwesend seid, umarme ich mit Zuneigung die ganze Stadt und die Diözese L’Aquila. Ich danke für eure Anwesenheit, auch die der Autoritäten, der Gefangenen, der Kinder, von allen: es ist das Volk Gottes.

In diesem Moment der Begegnung mit euch, insbesondere mit den Angehörigen der Erdbebenopfer, möchte ich meine Verbundenheit mit deren Familien und mit eurer gesamten Gemeinschaft zum Ausdruck bringen, die die Folgen dieses tragischen Ereignisses mit großer Würde bewältigt hat.

Zunächst danke ich euch für euer Glaubenszeugnis: Trotz des Schmerzes und der Verwirrung, die zu unserem Glauben als Pilger gehören, habt ihr euren Blick auf Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen, gerichtet, der durch seine Liebe den Schmerz und den Tod von der Sinnlosigkeit erlöst hat. Und ich denke an einen von euch, der mir vor einiger Zeit geschrieben hat und mir gesagt hat, dass er dadurch seine beiden einzigen Kinder in jugendlichem Alter verloren hat. Und wie ihm erging es vielen. Jesus hat euch in die Arme des Vaters gelegt, bei dem keine einzige Träne vergeblich vergossen wird, sondern der sie alle in seinem barmherzigen Herzen bewahrt.

In diesem Herzen sind die Namen eurer Lieben eingeschrieben, die aus der Zeit in die Ewigkeit eingegangen sind. Die Gemeinschaft mit ihnen ist lebendiger denn je. Der Tod kann die Liebe nicht nehmen, so heißt es ja auch in der Totenliturgie: »Denn deinen Gläubigen, o Herr, wird das Leben gewandelt, nicht genommen« (Präfation I). Aber der Schmerz ist da, und gute Worte helfen, aber der Schmerz bleibt. Und der Schmerz vergeht nicht durch Worte. Nur Nähe, Freundschaft, Zuneigung: den Weg gemeinsam gehen, einander als Geschwister helfen und vorangehen. Entweder sind wir ein Volk Gottes oder schmerzhafte Probleme wie dieses können nicht gelöst werden.

Ich beglückwünsche euch zu der Sorgfalt, mit der ihr die »Gedächtniskapelle« geschaffen habt. Das Gedächtnis ist die Stärke eines Volkes, und wenn dieses Gedächtnis durch den Glauben erleuchtet wird, bleibt das Volk nicht in der Vergangenheit gefangen, sondern geht weiter, geht in der Gegenwart und blickt in die Zukunft, wobei es stets mit seinen Wurzeln verbunden bleibt und die guten und schlechten Erfahrungen der Vergangenheit zu schätzen weiß. Und mit diesem Schatz und diesen Erfahrungen geht es voran! Ihr, die Menschen von L’Aquila, habt Widerstandskraft bewiesen. Verwurzelt in eurer christlichen und bürgerlichen Tradition habt ihr es geschafft, die Auswirkungen des Erdbebens zu überstehen und mit der mutigen und geduldigen Arbeit des Wiederaufbaus zu beginnen.

Alles musste wieder aufgebaut werden:  Häuser, Schulen, Kirchen. Aber, wie ihr wisst, geht dies mit dem geistigen, kulturellen und sozialen Wiederaufbau der bürgerlichen und kirchlichen Gemeinschaft einher.

Die persönliche und kollektive Wiedergeburt nach einer Tragödie ist ein Geschenk der Gnade und zugleich die Frucht des Engagements eines jeden Einzelnen und aller zusammen. Ich betone dieses »zusammen«: nicht in kleinen Grüppchen, nein, zusammen, alle zusammen. Es ist von grundlegender Bedeutung, die organische und synergetische Zusammenarbeit von Institutionen und Verbänden zu aktivieren und zu stärken: eine fleißige Eintracht, ein weitsichtiges Engagement, weil wir für die Kinder, für die Enkel, für die Zukunft arbeiten.

Bei den Wiederaufbauarbeiten verdienen die Kirchen besondere Aufmerksamkeit. Sie sind das Erbe der Gemeinschaft, nicht nur im historischen und kulturellen Sinne, sondern auch im Sinne der Identität. Diese Steine sind vom Glauben und von den Werten der Menschen durchdrungen; und die Kirchen sind auch Ort und Triebkraft ihres Lebens und ihrer Hoffnung.

Und da wir gerade von Hoffnung sprechen, möchte ich die hier anwesende Delegation der Strafanstalten der Abruzzen begrüßen und ihr danken. Auch in euch sehe ich ein Zeichen der Hoffnung, denn auch in den Gefängnissen gibt es viele, viel zu viele Opfer. Ihr seid heute hier ein Zeichen der Hoffnung für den menschlichen und sozialen Wiederaufbau.

Ich grüße euch alle erneut und segne euch, eure Familien und alle Bürger von Herzen. Jemonnanzi ! (Gehen wir voran!)



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