Index   Back Top Print

[ DE  - EN  - ES  - FR  - IT  - PT ]

ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE TEILNEHMER AN DER VOLLVERSAMMLUNG DER PÄPSTLICHEN MISSIONSWERKE 

Sala Clementina
Samstag, 3. Juni 2023

[Multimedia]

________________________________________

Eminenz, Exzellenzen,
liebe Nationaldirektoren der Päpstlichen Missionswerke und Mitarbeiter des Dikasteriums für die Evangelisierung,
Brüder und Schwestern, guten Tag!

Es ist mir eine Freude, euch aus Anlass der jährlichen Vollversammlung der Päpstlichen Missionswerke zu begrüßen. Ich begrüße den Kardinal Pro-Präfekten, den Präsidenten Erzbischof Emilio Nappa und euch alle, die ihr im Dienst des Evangelisierungsauftrags der Kirche tätig seid.

In diesem historischen Augenblick, während wir den synodalen Prozess fortsetzen, ist es wichtig, daran zu erinnern, dass die christliche Gemeinschaft von ihrem Wesen her missionarisch ist. Denn jeder Christ hat die Gabe des Heiligen Geistes empfangen und ist gesandt, das Werk Jesu fortzusetzen, indem er allen die Freude des Evangeliums verkündet und seinen Trost in die verschiedenen Situationen unserer oft von Verletzungen geprägten Geschichte bringt. Wer sich von der Liebe Christi anziehen lässt und sein Jünger wird, der spürt auch den Wunsch, allen die Barmherzigkeit und das Mitleid zu bringen, die Seinem Herzen entströmen. Missionarisch-Sein ist nichts Natürliches. Von Natur aus suchen wir die Bequemlichkeit, immer, dass alles in Ordnung sein soll… Es war notwendig, dass der Heilige Geist gekommen ist, um diese schreckliche »Unordnung« zu schaffen, die es am Morgen des Pfingstfestes gab. Denn um Missionarität zu bewirken, um das Leben der Kirche zu schaffen, ist der Geist Schöpfer der Unordnung, aber dann bewirkt er Harmonie. Beides ist vom Heiligen Geist.

Ich möchte euch einladen, dieses Herz Jesu zu betrachten, dessen Hochfest wir in diesem Monat Juni feiern. Während wir auf sein barmherziges, mitleidvolles Herz schauen, können wir über das Charisma und die Sendung der Päpstlichen Missionswerke nachdenken.

1. Das Herz Jesu und die Mission. Während wir das Herz Christi betrachten, entdecken wir vor allem die Größe des Planes, den Gott für die Menschheit hat. Denn der Vater »hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat« (Joh 3,16). Im durchbohrten Herzen des Gekreuzigten können wir das unendliche Maß der Liebe des Vaters entdecken: Er liebt uns mit ewiger Liebe; er ruft uns, seine Kinder zu sein und die Freude zu teilen, die von ihm kommt; er kommt, um uns zu suchen, wenn wir uns verirrt haben; er hebt uns auf, wenn wir fallen, und aus dem Tod lässt er uns neu geboren werden. Jesus selbst spricht auf diese Weise über die Liebe des Vaters, zum Beispiel wenn er sagt: »Das aber ist der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass ich keinen von denen, die er mir gegeben hat, zugrunde gehen lasse« (Joh  6,39).

Meine Lieben, das hat Jesus uns in seinem ganzen Leben gezeigt: im Mitleid für die Verletzten, in der Ergriffenheit angesichts des Schmerzes, in der Barmherzigkeit, mit der er die Sünder salbte, in seiner Selbstaufopferung für die Sünden der Welt. Er hat uns das Herz Gottes offenbart als das Herz eines Vaters, der immer auf uns wartet, der uns von weitem sieht, der uns mit offenen Armen entgegenkommt; ein Vater, der niemanden zurückweist, sondern alle annimmt; der niemanden ausschließt, sondern alle ruft.

Mir hat ein Werk Jugendlicher im Stil der Pop-Kultur über das Gleichnis des Verlorenen Sohnes gefallen. Darin erzählt der verlorene Sohn an einem bestimmten Punkt einem Freund, dass ihm der Vater fehlt. »Kurz gesagt, ich möchte zurück nach Hause, weil mir mein Vater fehlt. Aber ich kann nicht. Ich bin sicher, dass Papa mich nicht akzeptieren wird.« Und der Freund sagt zu ihm: »Schreib ihm doch einen Brief und sag ihm, dass du nach Hause zurückkommen möchtest. Bitte ihn um Entschuldigung und sag ihm, dass er ein weißes Taschentuch in das Fenster des Hauses hängen soll, wenn er bereit ist, dich wieder aufzunehmen.« Das Stück geht weiter und am Schluss, als der Sohn nach Hause kommt und man das Hauss erblickt, da sieht man, dass es voller weißer Tücher ist. Das bedeutet, dass die Liebe, die Vergebung Gottes kein Maß haben, sie haben kein Maß. Wir müssen auf diesem Weg gehen, mit diesem Vertrauen.

Wir sind gesandt, diese Mission fortzusetzen: Zeichen sein für das Herz Christi und die Liebe des Vaters, indem wir die ganze Welt umfangen. Hier finden wir die »Herzmitte« des Evangelisierungsauftrags der Kirche: alle mit der Gabe der unendlichen Liebe Gottes erreichen, sich auf die Suche nach allen machen, alle annehmen, das Leben hingeben für alle, ohne jemanden auszuschließen. Alle. Das ist das Schlüsselwort. Wenn der Herr vom Hochzeitsmahl erzählt (vgl. Mt  22,1-14), das schief gegangen ist, weil die Geladenen nicht gekommen sind: einer, weil er eine Kuh gekauft hat, der andere, weil er eine Reise antreten musste, ein anderer, weil er geheiratet hat… Was sagt der Herr da? Geht an die Kreuzungen der Straßen und ladet alle ein, alle: Gesunde und Kranke, Böse, Gute, Sünder… Alle. Das ist das Herz der Mission: dieses »alle«. Ohne jemanden auszuschließen. Alle. Jede unserer Missionen entspringt also dem Herzen Christi, damit er alle an sich ziehen kann. Und das ist der mystische und missionarische Geist der seligen Pauline Marie Jaricot, der Gründerin des Werks für die Glaubensverbreitung, die das Herz Jesu sehr verehrt hat.

2. Das Charisma der Päpstlichen Missionswerke heute. In dieser Hinsicht möchte ich nochmals etwas unterstreichen, was ich bereits in der Apostolischen Konstitution Praedicate Evangelium  gesagt habe, wo ich an die Berufung der Päpstlichen Missionswerke erinnert habe, »Instrumente zur Förderung der missionarischen Verantwortung eines jeden Getauften und zur Unterstützung der neuen Teilkirchen« (Art. 67 § 1) zu sein.

Die Päpstlichen Missionswerke sind demnach keine bloßen Hilfswerke zur Verteilung von Spenden an Hilfsbedürftige, sondern vielmehr eine Realität, die »zur Unterstützung des Evangelisierungsauftrags der Weltkirche und der Ortskirchen« aufgerufen ist und ebenso dazu, »den missionarischen Geist im Volk Gottes zu nähren« (Botschaft zum Weltmissionssonntag 2022, 3). Daher fordere ich euch auf, mit der Kühnheit und der Phantasie des Heiligen Geistes die verschiedenen Aktivitäten zur Belebung, Information und Ausbildung des missionarischen Geistes noch mehr zu intensivieren. Ich lade euch ein, das missionarische Verantwortungsbewusstsein der Getauften zu fördern, indem ihr das engmaschige Netzwerk der Nationaldirektionen nutzt, sowohl in den Ländern der Erstevangelisierung als auch in jenen mit einer langen christlichen Tradition, die vielleicht eine weitere Erstevangelisierung nötig haben, denn diese sind, wie wir wissen, von einer ernsten Glaubenskrise gekennzeichnet und brauchen eine erneuerte Evangelisierung und eine pas-torale Umkehr. Bitte, die Päpstlichen Missionswerke dürfen nicht auf das Geld reduziert werden! Das ist ein Mittel. Geld ist notwendig, aber sie dürfen nicht darauf reduziert werden. Sie sind etwas Größeres als das Geld. Geld ist das, was wir brauchen, um voranzugehen. Denn wenn die Spiritualität fehlt und es nur ein auf Geld beruhendes Unternehmen ist, dann kommt sofort die Korruption. Wir haben es auch heute in den Zeitungen gesehen, man sieht Geschichten von mutmaßlicher Korruption im Namen der Missionarität der Kirche.

3. Perspektiven und Träume für die Erneuerung. Erlaubt mir nun, im Licht all dessen zum Abschluss gemeinsam mit euch »mit offenen Augen« zu träumen, das heißt in die Ferne zu blicken auf jene Perspektiven, zu denen die Päpstlichen Missionswerke im Dienst des Evangelisierungsauftrags der ganzen Kirche aufgerufen sind.

Der größte Traum besteht in einer immer engeren und koordinierten missionarischen Zusammenarbeit zwischen allen Gliedern der Kirche. In diesem Prozess spielt ihr eine wichtige Rolle, an den euch auch das Motto von Pater Manna für die Päpstliche Missionsunion erinnert: »Die ganze Kirche für die ganze Welt.« Ich bestärke euch in eurer Berufung, Sauerteig zu werden, um dazu beizutragen, den missionarischen Stil in der Kirche sowie die Unterstützung für die Werke der Evangelisierung zu fördern und zu ermutigen.

Diese Berufung, die von euch eine besondere Fähigkeit zur Pflege von Gemeinschaft und Geschwisterlichkeit erfordert, verwirklicht sich auch durch die in allen Bischofskonferenzen und Diözesen eingerichteten Strukturen zum Wohl des ganzen Gottesvolkes. Es ist eine bedeutsame Tatsache, dass die Gründer der Werke ein Bischof, ein Priester und zwei Laiinnen waren, das heißt Vertreter verschiedener Kategorien von Getauften: Das ist ein Zeichen, das uns verpflichtet, alle Glieder des Gottesvolkes in die missionarische Aktivität einzubeziehen! Unterlassen wir es nicht, von einer »neuen Zeit des missionarischen Handelns der christlichen Gemeinschaften« (ebd .) zu träumen. Bitte, lassen wir diesen Traum lebendig sein!

Ich danke euch, die ihr hier anwesend seid, und allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen für den großherzigen Dienst, den ihr oft »hinter den Kulissen« und unter großen Schwierigkeiten leistet. Ich wünsche euch, dass ihr stets von brennendem Eifer des Apostolats und von der Leidenschaft für die Evangelisierung beseelt sein mögt. Bringt das Evangelium mit Freude, damit es sich in der ganzen Welt verbreite, und die Jungfrau  Maria begleite euch als Mutter! Ich segne euch von Herzen. Und bitte betet für mich. Danke.



Copyright © Dicastero per la Comunicazione - Libreria Editrice Vaticana