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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 22. Februar 1984

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Liebe Brüder und Schwestern!

1. Das heutige Fest der Petri-Stuhlfeier, das wir begehen, erhält im Jahr der Erlösung eine ganz besondere Bedeutung. Es erinnert uns an die Aufgabe, die der Kirche bei der Sündenvergebung zufällt.

Der Abschnitt aus dem Matthäusevangelium, den wir soeben gehört haben, enthält die Verheißung des Petrusamtes an den Apostel und an seine Nachfolger im Dienst des Gottesvolkes: „Ich aber sage dir“, bekräftigt Jesus, „du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein“ (Mt 16,18–19).

Wir wissen, dass Christus diese Verheißung nach seiner Auferstehung wahr machte, als er dem Petrus auftrug: „Weide meine Lämmer! Weide meine Schafe!“ (vgl. Joh 21,15–17). Wir wissen ferner, dass Jesus ebenso den Aposteln und ihren Nachfolgern, den Bischöfen, in einzigartiger Weise „mit und unter Petrus“ (Ad gentes, Nr. 38) die Vollmacht, zu „binden“ und zu „lösen“, anvertraute (vgl. Mt 18,18); und diese Vollmacht wird in gewissem Maße und durch Teilhabe auch den Priestern übertragen.

Der genannte Auftrag ist sehr weitgespannt und umfasst die Aufgabe, das Wort Gottes mit „einem sicheren Charisma der Wahrheit“ (Dei verbum, Nr. 8) zu bewahren und zu verkünden; die Aufgabe der Heiligung, vor allem durch die Feier der Sakramente; die Aufgabe, die christliche Gemeinde in Treue zu Christus zu jeder Zeit und unter den verschiedensten gesellschaftlichen Verhältnissen zu leiten.

2. Jetzt möchte ich den Auftrag der Sündenvergebung hervorheben. Die Pflicht, sich an den Priester als Diener der Vergebung zu wenden, stellt für die Gläubigen in der Praxis nicht selten eine große Schwierigkeit dar. „Warum – so fragt man – soll ich einem Menschen wie ich mein Innerstes und meine verborgenste Schuld enthüllen?“ – „Warum – so fragt man weiter – kann ich mich nicht direkt an Gott oder an Christus wenden, sondern muss die Vermittlung eines Menschen in Anspruch nehmen, um die Vergebung meiner Sünden zu erlangen?“

Solche und ähnliche Fragen mögen eine gewisse Stichhaltigkeit besitzen, was die Anstrengung betrifft, die das Bußsakrament wohl immer erfordert. Im Grunde lassen sie jedoch ein Nichtverstehen oder ein Nichtannehmen des Geheimnisses der Kirche erkennen.

Gewiss: Der Mensch, der die Absolution erteilt, ist ein Bruder, der seinerseits auch beichten muss, weil er trotz seiner Verpflichtung zu persönlicher Heiligkeit weiterhin den Grenzen der menschlichen Schwachheit unterworfen bleibt. Der Mensch, der die Lossprechung erteilt, gewährt die Vergebung der Schuld jedoch nicht im Namen besonderer menschlicher Gaben wie Intelligenz oder psychologisches Verständnis, Freundlichkeit oder Liebenswürdigkeit; er gewährt die Vergebung der Schuld auch nicht im Namen seiner eigenen Heiligkeit.

Es wäre zu wünschen, dass er immer bereitwilliger und fähiger wird, die Hoffnung weiterzugeben, die aus seiner vollen Zugehörigkeit zu Christus erwächst (vgl. Gal 2,20; 1 Petr 3,15). Wenn er die Hand segnend zur Lossprechung erhebt, handelt er vielmehr „in persona Christi“, nicht bloß als sein Vertreter, sondern auch und vor allem als sein menschliches Werkzeug, in dem verborgen und wirklich Jesus selbst gegenwärtig ist und handelt – der „Gott mit uns“, der gestorben und auferstanden ist und lebt um unseres Heils willen.

3. Richtig betrachtet, ist die Vermittlung der Kirche – trotz des Unbehagens, das sie bisweilen hervorrufen mag – eine äußerst menschliche Methode, Gott, der uns von unserer Schuld befreit, nicht zu einer fernliegenden Abstraktion, d. h. am Ende zu einem farblosen, verwirrenden und bedauernswerten Bild unserer selbst werden zu lassen. Durch die Vermittlung des Dieners der Kirche macht sich dieser Gott in der Konkretheit eines Herzens, dem gleichfalls vergeben wurde, zu unserem Nächsten.

Aus dieser Sicht kann man sich fragen, ob die Kirche als Werkzeug nicht in Frage gestellt, sondern vielmehr herbeigewünscht werden müsste, da sie den tiefsten Erwartungen entspricht, die im menschlichen Herzen verborgen sind, wenn es sich Gott nähert und sich von ihm retten lässt. Der Diener des Bußsakraments wird dann für uns – in der Kirche als Gesamtwirklichkeit – zum einzigartigen Ausdruck der „Logik der Menschwerdung“, in der das fleischgewordene Wort uns erreicht und uns von unseren Sünden befreit.

„Was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein“, sagt Christus zu Petrus. Die Schlüssel des Himmelreiches werden Petrus und der Kirche nicht anvertraut, damit sie sich ihrer nach eigenem Gutdünken bedienen oder die Gewissen manipulieren, sondern damit diese befreit werden in der vollen Wahrheit des Menschen, der Christus ist: „Frieden und Erbarmen“ (vgl. Gal 6,16) für alle.

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Herzlich grüße  ich noch einmal alle deutschsprachigen Teilnehmer an dieser Audienz; besonders die Gruppe der Seminaristen aus der Diözese Fulda sowie die Rom-Wallfahrt der Polizei aus Bayern. Ich erbitte euch für eure Pilgerfahrt Ermutigung im Glauben und Vertiefung eurer persönlichen Verbundenheit mit Christus, unserem Erlöser. Dazu erteile ich euch und euren Angehörigen in der Heimat von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen.