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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 27. November 1985

DE  - ES  - IT

1. „Unus Deus Trinitas . . .“

In dieser knappen Formel hat die Synode von Toledo (675) im Anschluss an die großen Konzilien, die im 4. Jahrhundert in Nizäa und Konstantinopel zusammengetreten waren, den Glauben der Kirche an den Dreieinigen Gott ausgedrückt.

In unseren Tagen hat Paul VI. im „Credo des Gottesvolkes“ demselben Glauben mit den Worten Ausdruck verliehen, die wir bereits während der vorigen Katechesen wiedergegeben haben: „Die gegenseitigen Bande, die ewig die drei Personen konstituieren, die jede das einzige und identische göttliche Sein sind, sind das innere glückselige Leben des allerheiligsten Gottes, unendlich erhaben über alles, was wir nach menschlichem Maß zu denken vermögen“ (Insegnamenti di Paolo VI, vol. VI, 1968, S. 303).

Gott ist unaussprechlich und unbegreiflich, Gott ist in seinem Wesen ein unerforschliches Geheimnis, dessen Wahrheit wir in den vorigen Katechesen zu erläutern versucht haben. Angesichts der Heiligsten Dreifaltigkeit, in der sich das innere Leben des Gottes unseres Glaubens ausdrückt, müssen wir dies mit noch größerer Überzeugungskraft wiederholen und feststellen. Die Einheit der Gottheit in der Dreizahl der Personen ist in der Tat ein unaussprechliches und unerforschliches Geheimnis! „Wenn du es begreifst, ist es nicht Gott.“

2. Deshalb fährt Paul VI. in dem oben zitierten Text fort: „Indessen danken wir der göttlichen Güte dafür, dass zahllose Gläubige mit uns vor den Menschen die Einheit Gottes bezeugen können, auch wenn sie das Geheimnis der Heiligsten Dreifaltigkeit nicht kennen“ (ebd.).

Die heilige Kirche fühlt sich in ihrem trinitarischen Glauben mit allen vereint, die den einen Gott bekennen. Der Glaube an die Dreifaltigkeit berührt nicht die Wahrheit vom einen Gott: Er hebt vielmehr deren Reichtum, geheimnisvollen Gehalt und inneres Leben hervor.

3. Dieser Glaube hat seine Quelle – die einzige Quelle – in der Offenbarung des Neuen Testaments. Einzig durch diese Offenbarung ist es möglich, die Wahrheit über den Dreieinigen Gott zu erfahren. Denn das ist eines jener „in Gott verborgenen Geheimnisse, die – wie das I. Vatikanische Konzil sagt – nicht erkannt werden können, wenn sie nicht geoffenbart werden“ (Konstitution Dei Filius, De fide cath., IV).

Das Dogma von der Heiligsten Dreifaltigkeit ist im Christentum immer als ein Geheimnis betrachtet worden: das grundlegendste und das unerforschlichste. Jesus Christus selbst sagt: „Niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will“ (Mt 11,27).

So lehrt auch das I. Vatikanische Konzil: „Die göttlichen Geheimnisse übersteigen von ihrer Natur her den geschaffenen Verstand, so dass sie, auch wenn sie durch die Offenbarung mitgeteilt und vom Glauben angenommen werden, dennoch vom Schleier dieses Glaubens bedeckt und in eine Art Dunkel gehüllt bleiben, solange wir in diesem sterblichen Leben ‚fern vom Herrn in der Fremde leben‘, denn als Glaubende gehen wir unseren Weg, nicht als Schauende (2 Kor 5,6–7)“ (ebd.).

Diese Aussage gilt in besonderer Weise für das Geheimnis der Heiligsten Dreifaltigkeit: Auch nach der Offenbarung bleibt es das tiefste Geheimnis des Glaubens, das der Verstand von sich aus weder zu begreifen noch zu durchdringen vermag. Derselbe Verstand kann jedoch, vom Glauben erleuchtet, in gewisser Weise die Bedeutung des Dogmas erfassen und erklären. Und so ist er in der Lage, dem Menschen das Geheimnis vom inneren Leben des Dreieinigen Gottes näherzubringen.

4. Bei der Verwirklichung dieser hohen Aufgabe – sei es durch die Arbeit vieler Theologen und vor allem der Kirchenväter, sei es durch die Definition der Konzilien – hat sich der Begriff der „Person“ in seinem Unterschied zum Begriff der „Natur“ (oder des Wesens) als besonders bedeutsam und grundlegend erwiesen. Person ist der oder diejenige, der oder die als konkretes menschliches Wesen existiert, als Individuum, das das Menschsein, das heißt die menschliche Natur, besitzt. Die Natur (das Wesen) ist „all das, wodurch dasjenige, was konkret existiert, das ist, was es ist“. So drücken wir, wenn wir z. B. von „menschlicher Natur“ sprechen, das aus, wodurch jeder Mensch Mensch ist – mit seinen wesentlichen Bestandteilen und Eigenschaften.

Wenn wir diese Unterscheidung auf Gott anwenden, stellen wir die Einheit der Natur, das ist die Einheit der Gottheit, fest, die in absoluter und ausschließlicher Weise dem gehört, der als Gott existiert. Sowohl im Licht des bloßen Verstandes, und stärker noch im Licht der Offenbarung, hegen wir zugleich die Überzeugung, dass er ein persönlicher Gott ist. Auch denjenigen, die die Offenbarung von der Existenz dreier Personen in Gott nicht erreicht hat, muss der Schöpfergott als ein persönliches Wesen erscheinen. Denn da die Person das Vollkommenste ist, das es in der Welt gibt („id quod est perfectissimum in tota natura“: hl. Thomas von Aquin, Summa Theol., I, q. 29, a. 3), kann man dem Schöpfer diese Eigenschaft nicht absprechen, wenngleich unter Wahrung seiner unendlichen Transzendenz (vgl. ebd., in c. et ad 1 m). Eben deshalb begreifen die nichtchristlichen monotheistischen Religionen Gott als unendlich vollkommene und im Hinblick auf die Welt absolut transzendente Person.

Indem wir unsere Stimme mit der jedes anderen Gläubigen vereinen, erheben wir auch in dieser Stunde unser Herz zu dem lebendigen und persönlichen Gott, dem einen Gott, der die Welt erschaffen hat und am Ursprung alles Guten, Schönen und Heiligen steht. Ihm sei Lob und Ehre in Ewigkeit.

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Liebe Brüder und Schwestern!

Als Christen glauben wir an einen Gott in drei Personen: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Gott ist in seinem innersten Wesen ein unergründliches Geheimnis. Das gilt in besonderer Weise für die Einheit und die Dreifaltigkeit Gottes. Wir wissen um dieses unaussprechliche und unbegreifliche Geheimnis des inneren göttlichen Lebens nur aus der Offenbarung des Neuen Testaments. Christus selbst sagt: „Niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will“ (Mt 11,27). Wie aber das I. Vatikanische Konzil betont hat, bleiben auch die geoffenbarten Wahrheiten für den menschlichen Geist noch weitgehend dunkel und unbegreiflich, da wir noch als Glaubende und nicht als Schauende unseren Weg gehen (vgl. 2 Kor 5,7).

Für die theologische Erörterung des Geheimnisses der Heiligsten Dreifaltigkeit sind von grundlegender Bedeutung die Begriffe „Person“ und „Natur“. Person ist ein Individuum, das „Ich“ sagen kann. Natur ist gleichbedeutend mit Wesen, wodurch etwas ist, was es ist. In Gott gibt es eine Natur, eine Gottheit. Es sind jedoch drei Personen, die diese eine göttliche Natur auf je eigene Weise besitzen. – Erheben wir zu diesem einen und dreipersönlichen lebendigen Gott unser Herz in Lobpreis und Dank. Ihm sei Ehre und Verherrlichung in alle Ewigkeit!

Mit dieser Einladung zum Lobpreis Gottes verbinde ich zugleich einen herzlichen Willkommensgruß an alle deutschsprachigen Audienzteilnehmer. Ich grüße die genannten Gruppen und jeden einzelnen von euch in der innigen Verbundenheit des gemeinsamen Glaubens und unserer Liebe zu Christus und seiner Kirche. Mit besten persönlicher Wünschen erteile ich euch und euren Lieben daheim von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen.