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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 13. Dezember 1989

DE  - ES  - IT

1. Nach der Taufe der ersten Heiden, die auf Anordnung des Petrus in Cäsarea im Haus des Hauptmanns Kornelius geschah, blieb der Apostel auf ihre Einladung hin einige Tage bei den neugetauften Christen (vgl. Apg 10,48). Das gefiel den „Aposteln“ und den „Brüdern“ in Jerusalem nicht, und sie hielten es ihm vor, bei seiner Rückkehr (vgl. Apg 11,3). Anstatt sich gegen diese Anschuldigung zu verteidigen, zog Petrus es vor, „ihnen der Reihe nach zu berichten“ (Apg 11,4), so dass die Brüder aus dem Judentum das ganze Gewicht der Tatsache ermessen konnten, „dass auch die Heiden das Wort Gottes angenommen hatten“ (Apg 11,1).

Er berichtete ihnen also von der Vision in Joppe, der Einladung des Kornelius, dem inneren Antrieb, den ihm der Geist eingeprägt hatte, um alle Bedenken zu zerstreuen (vgl. Apg 11,12), dann von der Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Anwesenden im Haus des Hauptmanns (vgl. Apg 11,15-16) und beendete seinen Bericht mit den Worten: „Da erinnerte ich mich an das Wort des Herrn: Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet mit dem Heiligen Geist getauft werden. Wenn … Gott ihnen, nachdem sie zum Glauben an Jesus Christus, den Herrn, gekommen sind, die gleiche Gabe verliehen hat wie uns: wer bin ich, dass ich Gott hindern könnte?“ (Apg 11,16-17).

Das war gemäß Petrus die eigentliche Frage, nicht die Tatsache, dass er die Gastfreundschaft eines heidnischen Hauptmanns angenommen hatte, was von den Christen jüdischer Herkunft in Jerusalem als ungewöhnlich und unerlaubt erachtet wurde. Es ist schön zu sehen, welch starke Wirkung das Wort des Petrus hatte, wenn wir in der Apostelgeschichte lesen: „Als sie das hörten, beruhigten sie sich, priesen Gott und sagten: Gott hat also auch den Heiden die Umkehr zum Leben geschenkt“ (Apg 11,18).

Es war der erste Sieg über die Versuchung der sozioreligiösen Parteilichkeit, die die Urkirche gefährdete, weil sie aus der jüdischen Gemeinschaft von Jerusalem hervorgegangen war. Einen weiteren, noch sensationelleren Sieg konnte der Apostel Paulus mit Hilfe des Petrus erringen. Davon werden wir noch sprechen.

2. Jetzt verweilen und betrachten wir, wie Petrus den mit der Taufe des Kornelius begonnenen Weg weitergeht: Man sieht von neuem, dass es der Heilige Geist ist, der die Apostel in diese Richtung führt.

Die Apostelgeschichte sagt uns, dass die Bekehrten von Jerusalem, die bei der wegen Stephanus entstandenen Verfolgung versprengt worden waren, in den Orten, wo sie sich niedergelassen hatten, Proselytenmacherei betrieben und „das Wort nur den Juden verkündeten“ (Apg 11,19). „Einige aber von ihnen, die aus Zypern und Zyrene stammten, verkündeten … auch den Griechen [das heißt den Nichtjuden] das Evangelium von Jesus, dem Herrn. Die Hand des Herrn war mit ihnen, und viele wurden gläubig und bekehrten sich zum Herrn. Die Nachricht davon kam der Gemeinde von Jerusalem zu Ohren, und sie schickten Barnabas nach Antiochia“ (Apg 11,20-22).

Es war eine Art Inspektion, von der Gemeinde beschlossen, die sich als die ursprüngliche die Aufgabe beimaß, die anderen Kirchen zu überwachen (vgl. Apg 8,14; 11,1; Gal 2,2). Barnabas ging nach Antiochia. „Als er ankam und die Gnade Gottes sah, freute er sich und ermahnte alle, dem Herrn treu zu bleiben, wie sie es sich vorgenommen hatten. Denn er war ein trefflicher Mann, erfüllt vom Heiligen Geist und von Glauben. So wurde für den Herrn eine beträchtliche Zahl hinzugewonnen. Barnabas aber zog nach Tarsus, um Saulus aufzusuchen. Er fand ihn und nahm ihn nach Antiochia mit. Dort wirkten sie miteinander ein volles Jahr in der Gemeinde und unterrichteten eine große Zahl von Menschen. In Antiochia nannte man die Jünger zum erstenmal Christen“ (Apg 11,23-26).

Es ist ein weiterer entscheidender Augenblick für den neuen Glauben, der auf dem Bund in Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, gründet. Auch die neue Bezeichnung „Christen“ bezeugt das feste Band, das die Glieder der Gemeinschaft untereinander verbindet. Das „Pfingsten der Heiden“, erhellt durch die Verkündigung und das Verhalten des Petrus, führt allmählich die Ankündigung Christi über den Heiligen Geist zur Vollendung: „Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden“ (Joh 16,14). Das Sich-Behaupten des Christentums unter dem Wirken des Heiligen Geistes verwirklicht mit wachsender Augenscheinlichkeit die Verherrlichung „Jesu, des Herrn“.

3. Im Rahmen der Beziehungen zwischen der Kirche von Antiochia und der von Jerusalem sahen wir, dass Saulus von Tarsus auf der Bildfläche erschien, als er von Barnabas nach Antiochia geführt wurde. Die Apostelgeschichte berichtet uns: „Dort wirkten sie miteinander ein volles Jahr in der Gemeinde und unterrichteten eine große Zahl von Menschen“ (Apg 11,26). Dann heißt es weiter, dass eines Tages, „als sie zu Ehren des Herrn Gottesdienst feierten und fasteten, der Heilige Geist sprach: Wählt mir Barnabas und Saulus zu dem Werk aus, zu dem ich sie mir berufen habe. Da fasteten und beteten sie, legten ihnen die Hände auf und ließen sie ziehen. Vom Heiligen Geist ausgesandt, zogen sie nach Seleuzia hinab und segelten von da nach Zypern“ (Apg 13,2-4); man erinnere sich, dass Zypern die Heimat des Barnabas war (vgl. Apg 4,36). Die Berufung und Sendung des Saulus neben Barnabas erweist sich als vom Heiligen Geist gewollt, der so eine neue Entwicklungsphase im Leben der Urkirche einleitet.

4. Die Geschichte der Bekehrung des Saulus von Tarsus und ihre Bedeutung für die Evangelisierung der Welt der Antike ist bekannt; er unternahm sie mit der vollen Begeisterung und Kraft seiner gigantischen Seele, als Saulus zu Paulus, dem Völkerapostel, wurde (vgl. Apg 13,9).

Hier erinnern wir uns nur an die Worte, die der Jünger Hananias von Damaskus an ihn richtete, als er auf Befehl des Herrn den durch die Begegnung mit Christus geistig umgewandelten Verfolger der Christen in der „sogenannten Geraden Straße … im Haus des Judas“ (Apg 9,11) besuchen ging.

Nach der Apostelgeschichte „ging Hananias hin und trat in das Haus ein; er legte Saulus die Hände auf und sagte: Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir auf dem Weg hierher erschienen ist; du sollst wieder sehen und mit dem Heiligen Geist erfüllt werden“ (Apg 9,17). Tatsächlich erlangte Saulus das Augenlicht wieder und begann sogleich, in den Synagogen Zeugnis zu geben; zuerst in Damaskus, wo „er ihnen bewies, dass Jesus der Messias ist“ (Apg 9,22), und dann in Jerusalem, wo er, von Barnabas vorgestellt, ein und aus ging, „unerschrocken im Namen des Herrn auftrat und auch Streitgespräche mit den Hellenisten führte“ (Apg 9,28-29). Diese „hellenistischen“ Juden waren heftige Gegner aller christlichen Glaubensboten (vgl. Apg 6,9 f.; 7,58; 9,1; 21,27; 24,19) und wüteten besonders gegen Saulus, so dass sie „planten, ihn zu töten“ (Apg 9,29). „Als die Brüder das merkten, brachten sie ihn nach Cäsarea hinab und schickten ihn von dort nach Tarsus“ (Apg 9,30). Und dort suchte Barnabas ihn auf, um ihn mit sich nach Antiochia zu nehmen (vgl. Apg 11,25-26).

5. Wir wissen bereits, dass das Wachstum der Kirche in Antiochia – größtenteils bedingt durch den Zufluss der „Griechen“, die sich zum Evangelium bekehrten (vgl. Apg 11,20) – das Interesse der Kirche von Jerusalem geweckt hatte, in der aber auch nach dem Inspektionsbesuch von Barnabas Bedenken anhielten über die zu befolgende Anordnung, die Heiden zum Christentum zuzulassen, ohne sie auch den Weg des Mose gehen zu lassen. Tatsächlich, zu einer gewissen Zeit „kamen einige Leute von Judäa herab und lehrten die Brüder: Wenn ihr euch nicht nach dem Brauch des Mose beschneiden lasst, könnt ihr nicht gerettet werden. Nach großer Aufregung und heftigen Auseinandersetzungen zwischen ihnen und Paulus und Barnabas beschloss man, Paulus und Barnabas und einige andere von ihnen sollten wegen dieser Streitfrage zu den Aposteln und den Ältesten nach Jerusalem hinaufgehen“ (Apg 15,1-2).

Es war ein fundamentales Problem, das das Wesen des Christentums selbst als Lehre und als Leben, das auf dem Glauben an Christus gründet, sowie seine Eigentümlichkeit und Unabhängigkeit gegenüber dem Judentum betraf. Das Problem wurde auf dem Konzil von Jerusalem (wie es gewöhnlich genannt wird) von den Aposteln und Ältesten, aber unter dem Einwirken des Heiligen Geistes gelöst. In der Apostelgeschichte heißt es: „Als ein heftiger Streit entstand, erhob sich Petrus und sagte zu ihnen: Brüder, wie ihr wisst, hat Gott schon längst hier bei euch die Entscheidung getroffen, dass die Heiden durch meinen Mund das Wort des Evangeliums hören und zum Glauben gelangen sollen. … Gott, der die Herzen kennt, bestätigte dies, indem er ihnen ebenso wie uns den Heiligen Geist gab. Er machte keinerlei Unterschied zwischen uns und ihnen; denn er hat ihre Herzen durch den Glauben gereinigt“ (Apg 15,7-9).

Es war der Höhepunkt, an dem die Urgemeinde von Jerusalem, wo sich die höchsten Vertreter der Kirche versammelt hatten, sich des „Pfingsten für die Heiden“ voll bewusst wurde. Die gesamte Kirche lebte und festigte sich und „wuchs durch die Hilfe des Heiligen Geistes“ (Apg 9,31). Sie wusste, dass nicht nur die Apostel, sondern auch andere „Brüder“ Entscheidungen getroffen und Handlungen ausgeführt hatten unter dem Antrieb des Geistes, wie zum Beispiel Stephanus (vgl. Apg 6,5; 7,55), Barnabas und Saulus (vgl. Apg 13,2.4.9).

Sie erfuhr bald von einem Ereignis in Ephesus, wo Paulus, der frühere Saulus, angekommen war; darüber berichtet die Apostelgeschichte: „Während Apollos [ein anderer Prediger des Evangeliums] sich in Korinth aufhielt, durchwanderte Paulus das Hochland und kam nach Ephesus hinab. Er traf einige Jünger und fragte sie: Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, als ihr gläubig wurdet? Sie antworteten ihm: Wir haben noch nicht einmal gehört, dass es einen Heiligen Geist gibt … Als sie das hörten, ließen sie sich auf den Namen Jesu, des Herrn, taufen. Paulus legte ihnen die Hände auf, und der Heilige Geist kam auf sie herab; sie redeten in Zungen und weissagten“ (19,1-2.5-6). Die Gemeinde von Jerusalem wusste also, dass diese Art von großen Taten des Heiligen Geistes sich durch viele Träger von Charismen und apostolischen Diensten ereignete. Aber bei jenem ersten Konzil wurde eine kirchlich-institutionelle Tatsache, die als entscheidend für die Evangelisierung der gesamten Welt anerkannt wurde, in enger Verbindung zwischen der unter dem Vorsitz des Petrus versammelten Gemeinschaft und dem Heiligen Geist geschaffen.

6. Tatsächlich teilten die Apostel die Schlussfolgerungen, zu denen sie gelangt waren, und die Beschlüsse, die sie gefasst hatten, mit einer überaus bedeutsamen Formel mit: „Der Heilige Geist und wir haben beschlossen“ (Apg 15,28). Es war der Ausdruck ihres vollen Bewusstseins, unter der Leitung jenes Geistes der Wahrheit zu handeln, den Christus ihnen verheißen hatte (vgl. Joh 14,16-17). Sie verstanden es, aus ihm jene Autorität zu schöpfen, die diese Entscheidungsfindung möglich machte, und zugleich die Gewissheit der getroffenen Entscheidungen. Es war der Beistand, der Geist der Wahrheit, der in diesem Augenblick bewirkte, dass das „Pfingsten“ von Jerusalem immer mehr auch zu einem „Pfingsten für die Heiden“ wurde. So öffnete sich der neue Bund Gottes mit der Menschheit „im Blut Christi“ (vgl. Lk 22,20) hin zu allen Völkern und Nationen bis an die Grenzen der Erde.

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Liebe Schwestern und Brüder!

Die Verbreitung des Christentums zur Zeit der Urkirche wurde vor allem auch durch den Zustrom von „Griechen“ gefördert, die sich zum Evangelium bekehrten. Diese Tatsache hat die Aufmerksamkeit der Kirche von Jerusalem hervorgerufen, mit dem Ergebnis, dass man sich zunächst nicht schlüssig darüber war, wie man bezüglich der Aufnahme der Heiden in die Kirche vorzugehen habe; ob nämlich diese über die Vorschriften des Mose oder auf direktem Weg zugelassen werden sollten.

Es war eine fundamentale Frage, die das Christentum in seinem Wesen berührte, auch hinsichtlich seiner Unabhängigkeit vom Judentum. Das Problem wurde auf dem Konzil von Jerusalem unter dem Einwirken des Heiligen Geistes von den Aposteln und Ältesten gelöst.

Bei jenem ersten Konzil wurde eine Entscheidung gefällt, die für die Evangelisierung der ganzen Welt von großer Bedeutung war und die in enger Verbindung zwischen der Versammlung, deren Petrus Vorstand war, und dem Heiligen Geist erfolgte. Die Apostel haben die Beschlüsse, zu denen sie gelangt waren, mit einer bezeichnenden Formel mitgeteilt: „Der Heilige Geist und wir haben beschlossen“ (Apg 15,28). Es war der Ausdruck ihres vollen Bewusstseins, dass sie von diesem Geist der Wahrheit geleitet handeln, den Christus ihnen versprochen hatte (vgl. Joh 14,16-17). Der Geist der Wahrheit war es, der in diesem Augenblick bewirkte, dass das Pfingstfest in Jerusalem immer mehr auch zu einem „Pfingsten für die Heiden“ wurde. So öffnete sich der neue Bund Gottes mit der Menschheit „im Blut Christi“ (vgl. Lk 22,20) hin zu allen Völkern und Nationen bis an die Grenzen der Erde.

Mit dieser Betrachtung grüße ich herzlich alle anwesenden Pilger und Besucher aus den deutschsprachigen Ländern und erteile euch und euren lieben Angehörigen in der Heimat sowie den mit uns über Radio Vatikan verbundenen Hörerinnen und Hörern meinen Apostolischen Segen.