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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 18. April 1990

DE  - ES  - IT

1. Wir sahen bereits, dass sich aus der richtigen und gründlichen Lektüre des Ereignisses der Menschwerdung zugleich mit der Wahrheit über Christus, den Gottmenschen, auch die Wahrheit über den Heiligen Geist ergibt. Die Wahrheit über Christus und die Wahrheit über den Heiligen Geist finden sich in dem einen Geheimnis der Menschwerdung, wie es uns im Neuen Testament und insbesondere – als geschichtliche und biographische, doch auch geheimniserfüllte Tatsache – im Bericht des Matthäus und des Lukas über die Empfängnis und die Geburt Jesu offenbart wird. Wir bekennen dies, wenn wir im Glaubensbekenntnis den Glauben an Christus, den ewigen Sohn Gottes, aussprechen und zugleich sagen, dass er Mensch geworden ist in der Empfängnis und Geburt aus Maria „durch den Heiligen Geist“. Der Evangelist Lukas lässt dieses Geheimnis durchblicken in seinem Bericht über die Verkündigung an Maria als ein Geschehen, das sich in einer tiefgründigen und erhabenen persönlichen Beziehung zwischen Gott und Maria vollzieht. Die Darstellung wirft auch Licht auf die persönliche Beziehung, die Gott zu jedem Menschen herstellen möchte.

2. Gott, der in allen Wesen, der Natur eines jeden entsprechend, als tragender Urgrund der Existenz anwesend ist, wird in einer neuen Weise in jedem Menschen gegenwärtig, der sich ihm öffnet und mit ihm verbunden bleibt, indem er das Geschenk der Gnade annimmt. So kann der Mensch Gott auf übernatürliche Weise erkennen und lieben als Gast der Seele, die zu seinem heiligen Tempel geworden ist (vgl. Hl. Thomas v. A. Summa Theol., I, q.8, a.3, ad 4; q.38, a.1; q.43, a.3). Doch eine noch höhere und vollkommenere, ja einzigartige Gegenwart verwirklicht Gott in der Menschheit Christi, die er in der Person des Sohnes, des ewigen Wortes, mit sich vereint (ebd. I, q.8, a.3, ad 4; III, q.2, a.2). Man kann sagen, dass er bei der Menschwerdung des Wortes, der Empfängnis und der Geburt Jesu Christi, dessen Vater er allein ist, in Maria eine besondere und bevorzugte Verbindung und Gegenwart bewirkt. Ein Geheimnis, das durchschimmert, wenn man die Menschwerdung in ihrer Fülle betrachtet.

3. Kehren wir zurück zur Betrachtung dieser Seite des Evangeliums bei Lukas. Sie beschreibt und dokumentiert eine ganz persönliche Beziehung zwischen Gott und der Jungfrau, der sein Bote die Berufung mitteilt, Mutter des Messias, des Sohnes Gottes, zu werden durch den Heiligen Geist. In gewissem Maß teilt sich Gott Maria in der Dreiheit der Personen mit, die Christus eines Tages noch klarer in ihrer Einheit und Unterschiedenheit erkennen lassen wird. Der Engel Gabriel nämlich verkündigt ihr, dass sie durch den Willen und die Gnade Gottes jenen empfangen und gebären wird, der als Sohn Gottes anerkannt werden wird. Und das wird geschehen durch den Heiligen Geist, das heißt, in seiner Kraft. Er wird auf sie herabsteigen und bewirken, dass sie die menschliche Mutter dieses Sohnes wird. Die Bezeichnung „Heiliger Geist“ klingt in der Seele Marias wie der Eigenname einer Person: Das ist etwas Neues in Bezug auf die Tradition Israels und die Schriften des Alten Testamentes und eine vorausgenommene Offenbarung für Maria, der eine zumindest dunkle Wahrnehmung des Geheimnisses der Dreifaltigkeit gewährt wird.

4. Insbesondere erscheint der Heilige Geist, wie es die Worte des Lukas als Wiedergabe der Erkenntnis Marias deutlich machen, als derjenige, der in gewissem Sinn die Distanz zwischen Gott und dem Menschen überwindet. Er ist die Person, in der Gott dem Menschen in seinem Menschsein nahekommt, um sich ihm in seinem eigenen Gottsein zu schenken und um im Menschen – in jedem Menschen – eine neue Weise der Verbundenheit und der Gegenwart zu bewirken (vgl. Hl. Thomas, Summa Theol., I, q.43, a.3). Aufgrund der göttlichen Gegenwart und ihrer Verbundenheit mit Gott in der Mutterschaft hat Maria den Vorzug, dies zu entdecken. Im Hinblick auf diese erhabene Berufung wird ihr die besondere Gnade gewährt, die ihr der Engel in seinem Gruß zuerkennt (vgl. Lk 1,28). Und alles ist Werk des Heiligen Geistes, des Ursprungs der Gnade in jedem Menschen.

Chronologisch gesprochen steigt der Heilige Geist schon vor der Menschwerdung Christi, nämlich vom Augenblick ihrer unbefleckten Empfängnis an, auf Maria herab und wirkt in ihr. Doch das geschieht im Hinblick auf Christus, ihren Sohn, im überzeitlichen Bereich des Geheimnisses der Menschwerdung. Die unbefleckte Empfängnis bildet für Maria im Voraus den Anteil an den Gütern der Menschwerdung und der Erlösung, als Gipfel und Fülle des Geschenkes seiner selbst, das Gott dem Menschen macht. Und das geschieht durch den Heiligen Geist. Der Engel sagt ja zu Maria: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden“ (Lk 1,35)

5. Im Bericht des Lukas steht unter anderen wunderbaren Wahrheiten auch die Tatsache, dass Gott von der Jungfrau von Nazaret einen Akt der Zustimmung erwartet. In den Büchern des Alten Testamentes, die von Geburten berichten, welche unter außerordentlichen Umständen geschahen, handelt es sich um Eltern, die ihres Alters wegen nicht mehr die erwünschte Nachkommenschaft zeugen konnten. So im Fall des Isaak, der dem Abraham und Sara in vorgerücktem Alter geboren wurde, bis hin zu Johannes, dem Täufer, an der Schwelle des Neuen Testamentes, Sohn von Zacharias und Elisabeth, die auch schon betagt waren.

Bei der Verkündigung an Maria geschieht etwas völlig anderes. Maria hat sich in der Jungfräulichkeit ganz Gott geschenkt. Um die Mutter des Gottessohnes zu werden, braucht sie nichts anderes zu tun als das, worum sie ersucht wird: ihre Zustimmung zu dem zu geben, was der Heilige Geist mit seiner göttlichen Macht in ihr wirken wird. Daher schließt die Menschwerdung, das Werk des Heiligen Geistes, von menschlicher Seite, von Maria, einen Akt des freien Willens ein. Ein Mensch, nämlich Maria, antwortet bewusst und frei auf das Wirken Gottes: Sie nimmt das machtvolle Wirken des Heiligen Geistes an.

6. Indem er Marias bewusste und freie Antwort erbittet, achtet Gott in ihr die Würde des Kausalitätsprinzips, die er allen Wesen und besonders dem Menschen verleiht, und bringt diese Würde in ihr am stärksten zum Ausdruck. Andererseits ist die schöne Antwort Marias: „Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast“, als solche bereits eine Frucht, die der Heilige Geist in ihr, in ihrem Willen und ihrem Herzen bewirkt. Es ist eine Antwort, die von und in der geistgeschenkten Gnade gegeben wird. Nichtsdestotrotz bleibt sie echter Ausdruck der Freiheit Marias als menschliches Geschöpf, ein bewusster Akt freien Willens. Das innere Wirken des Heiligen Geistes zielt darauf hin, dass die Antwort Marias – und die eines jeden Menschen, der von Gott berufen wird – zu dem wird, was sie sein soll, dass sie auf möglichst vollkommene Weise die persönliche Reife eines erleuchteten und gottesfürchtigen Gewissens zum Ausdruck bringe, das sich rückhaltlos hinzugeben weiß. Das ist die Reife der Liebe. Der Heilige Geist schenkt sich dem menschlichen Willen als unerschaffene Liebe und bewirkt im Geschöpf das Aufbrechen und die Entfaltung der geschaffenen Liebe, die als Ausdruck des menschlichen Willens die Person gleichzeitig zur vollen geistlichen Vollendung bringt. Maria gibt diese Antwort der Liebe auf vollkommene Weise und wird so für jeden Menschen zum leuchtenden Ideal seiner persönlichen Gottesbeziehung.

7. Das Geschehen von Nazaret, wie Lukas es im Evangelium der Verkündigung beschrieben hat, ist also ein vollkommenes Bild – wir können sagen: das Modell – der Beziehung zwischen Gott und Mensch. Gott will, dass dieses Verhältnis sich in jedem Menschen auf die Gabe des Heiligen Geistes, aber auch auf die persönliche Reife gründe. An der Schwelle des Neuen Bundes macht der Heilige Geist Maria ein Geschenk unermesslicher geistlicher Größe, und sie antwortet in einem Akt der Zustimmung und des liebenden Gehorsams, der nun, da „das Wort Fleisch geworden ist und unter uns gewohnt hat“ (vgl. Joh 1,14), beispielhaft ist für alle, die zum Glauben und zur Nachfolge Christi berufen sind. Nach Abschluss der irdischen Sendung Jesu und nach Pfingsten wird künftig in der Kirche an jeden Menschen, wie im Ereignis von Nazaret, der Ruf ergehen; es wird sich das Geschenk seiner selbst vonseiten Gottes, das Wirken des Heiligen Geistes, wiederholen; das Geheimnis der Menschwerdung wird weiter ausgedehnt. Und immer wird der Mensch seine Antwort auf die Berufung und auf das Geschenk Gottes mit jener persönlichen Reife geben müssen, die sich an dem „mir geschehe“ entzündet, das die Jungfrau von Nazaret bei der Verkündigung sprach.

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Liebe Schwestern und Brüder!

Im Geschehen der Menschwerdung enthüllt sich zusammen mit der Wahrheit über Christus, den Gott-Menschen, auch die Wahrheit über den Heiligen Geist. Das Lukas-Evangelium erhellt nicht nur die tiefe personale Beziehung zwischen Gott und der Jungfrau Maria, sondern auch die personale Beziehung, die Gott mit jedem Menschen herstellen will. Der Begriff „Heiliger Geist“ klingt in Maria wie der Name einer Person, in der sich Gott dem Menschen nähert, um sich ihm in seiner eigenen Göttlichkeit zu schenken und in ihm zu wirken.

Gott erwartet einen Akt der Zustimmung vonseiten der Jungfrau aus Nazaret. Im Gegensatz zum Alten Testament, in dem es sich um Eltern handelt, die aufgrund ihres Alters nicht mehr in der Lage sind, die ersehnte Nachkommenschaft zu zeugen, handelt es sich bei der Verkündigung Mariens um etwas grundlegend Verschiedenes. Maria hat sich in ihrer Jungfräulichkeit völlig Gott geschenkt. Um die Mutter des Gottessohnes zu werden, hat sie nichts anderes als das zu tun, was von ihr verlangt wird: nämlich ihre Zustimmung zu geben. Die Zustimmung Mariens beinhaltet einen Akt der Freiwilligkeit, wenn sie sagt: „Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast“ (Lk 1,38). Dieser Akt setzt eine personale Reife voraus, die sich ohne Einschränkungen verschenken kann. Es ist die höchste Stufe vollendeter Liebe. Maria gibt diese Antwort der Liebe in vollständiger Weise und wird so das leuchtende Beispiel für die personale Beziehung zwischen Gott und dem Menschen.

Das ist auch mein Osterwunsch an alle Besucher und Pilger deutscher Sprache. Das Geschenk des Christseins möge von Euch allen in einem bewussten personalen Glauben gelebt werden. Ihr könnt dabei der Fürsprache Mariens, der Mutter unseres auferstandenen Herrn, sicher sein.

Ein herzlicher Willkommensgruß gilt den Teilnehmern an der Ministranten Wallfahrt aus den Erzdiözesen Köln, München und Freising und der Diözese Essen sowie den Jugend-und Ministrantengruppen aus der Erzdiözese Paderborn. Verseht Eueren wichtingen Dienst am Alar immer mit der nötigen Ehrfurcht und Bereitwilligkeit. Der häufige Empfang des heiligsten Altarssakramentes möge Euch in Euerem Glauben bestärken.

Besonders grüße ich auch die Teilnehmer an der Jugendwallfahrt der Diözese Regensburg. Ihr alle wollt Euer Leben auf einem festen Fundament aufbauen. Maria gibt Euch ein Beispiel des Glaubens und der Liebe zu Gott. Das bedeutet für Euch, das zu tun, was uns Jesus in der Heiligen Schrift und in der Lehre der Kirche sagt. Es erfordert oft viel Mut, sich gegen den Zeitgeist und gängige Meinungen in der Gesellshaft zu stellen. Aber es ist der einzige Weg zu einem wahrhaft glücklichen Leben.

Schließlich gilt mein Gru den Teilnehmern an der Jubiläumsfahrt des katholischen Sportverbandes ”Deutsche Jugendkraft“. Zau Eueren bisher erreichten Zielen und Erfolgen spreche ich Euch meinen aufrichtigen Glückwunsch aus. Zugleich ermutige ich Euch, auch weiterhin neben Eueren Bemühungen um den Breiten-und Leistungssport der religiösen Bedeutung menschlicher Existenz Ausdruck zu verleihen. Ihr seid wirkliche Athleten, wenn Ihr Euch nicht nur auf körperliches Training beschränkt, sondern auch die spirituellen Werte der person für eine harmonische Entwicklung aller menschlichen Talente fördert.

Herzlich begrüße ich ferner eine Gruppe von Seminaristen aus Innsbruck, die sich in diesen Tagen unter Leitung ihres Regens in der Ewigen Stadt aufhalten. Euch allen und Eueren Angehörigen in der Heimat sowie den mit uns über Radio Vatikan verbundenen Hörerinnen und Hörern erteile ich meinen Apostolischen Segen.

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„Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden …“ (Mt 28,6). Der Stein ist weggewälzt – und aus dem Grab ertönt diese Stimme. Das Wort, das der Mensch nicht auszusprechen wagt. Das Wort, das über die ganze erfahrbare Wirklichkeit hinausgeht: „Er ist auferstanden.“ „Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat“ (Ps 117/118,24).

An jenem Tag hat dieses Wort zum ersten Mal seinen Weg durch die Straßen Jerusalems genommen. Es drang in den Abendmahlssaal, in dem die Jünger versammelt waren. Es gelangte auch auf den Weg nach Emmaus. Dieses Wort wurde von Maria aus Magdala gesprochen und von anderen Frauen, von Simon Petrus und den Aposteln.

„Er ist auferstanden“: Christos voskres!

Heute läuft dieses Wort, der Ruf der Ostererfahrung der Kirche, durch die ganze Welt, von Ost nach West, vom Norden zum Süden. Die ungezählten Sprachen und Dialekte der Völker und Nationen sprechen es aus. In der Osterbotschaft von der Loggia der Petersbasilika aus hören wir nur ein kleines Bruchstück davon. Auf polnischer Erde lautet das Osterlied, das seit alten Zeiten im Gedächtnis behalten wird:

„Christus ist auferstanden – für uns ein Beweis, dass auch wir auferstehen müssen.“

Das Lied bringt den Glauben an die Auferstehung zum Ausdruck. Zugleich verkündet es die Auferstehung als Imperativ und Inspiration für die Menschen.

Vor allem in schwierigen Zeiten, wie denen der Trennungen und des Zweiten Weltkriegs mit seinen Folgen.

Und heute wiederholt dieses alte Osterlied in einem neuen Zusammenhang den gleichen Imperativ: „Dass auch wir auferstehen müssen.“

Freue dich, Königin der Engel! Freue dich, Herrin von Jasna Góra!

Dir bringen wir unsere Osterbotschaft. Mache sie uns nochmals zur Inspiration, wie sie es schon für die vielen Generationen des Landes unserer Väter gewesen ist!