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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 1. August 1990

DE  - ES  - IT

1. In der Enzyklika Dominum et vivificantem habe ich geschrieben: „Der Gottessohn Jesus Christus hat als Mensch im inständigen Gebet seines Leidens dem Heiligen Geist, der sein Menschsein schon voll und ganz durchdrungen hatte, gewährt, ihn durch sein Sterben zu einem vollkommenen Opfer zu machen, zu einem Opfer der Liebe am Kreuz. Allein hat er diese Gabe dargeboten. Als einziger Priester ‚hat er sich selbst als makelloses Opfer Gott dargebracht‘ (Hebr 9,14).“

Das Kreuzesopfer ist der Höhepunkt eines Lebens, in dem wir, den Texten des Evangeliums folgend, vom Augenblick der Menschwerdung an die Wahrheit über den Heiligen Geist gelesen haben. Sie war das Thema der vorausgehenden Katechesen, die sich auf jene Augenblicke des Lebens und der Sendung Christi konzentrieren, die in besonderer Weise die Offenbarung des Heiligen Geistes durchblicken lassen. Das Thema der heutigen Katechese ist der Augenblick des Kreuzes.

2. Wir wollen unsere Aufmerksamkeit auf die letzten Worte richten, die Jesus in seinem Todeskampf auf Golgota sprach. Im Text des Lukas lauten sie so: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist“ (Lk 23,46). Wenn diese Worte auch, bis auf die Anrufung „Vater“, dem Psalm 30/31 entnommen sind, so gewinnen sie doch im Zusammenhang des Evangeliums eine andere Bedeutung. Der Psalmist bat Gott, ihn vom Tod zu erretten; Jesus am Kreuz hingegen nimmt gerade mit den Worten des Psalmisten den Tod an und übergibt dem Vater seinen Geist, das heißt: sein Leben. Der Psalmist wendet sich an Gott als den Befreier; Jesus gibt seinen Geist an den Vater hin im Blick auf die Auferstehung. Er vertraut dem Vater voll und ganz seine Menschheit an, in der das göttliche Ich des Sohnes, durch den Heiligen Geist mit dem Vater verbunden, anwesend ist. Die Gegenwart des Heiligen Geistes wird jedoch im Text des Lukas nicht so ausdrücklich genannt wie im Brief an die Hebräer (9,14).

3. Ehe wir zu diesem anderen Text übergehen, müssen wir die Worte des sterbenden Christus im Johannesevangelium in Erwägung ziehen, die ein wenig anders formuliert sind. Wir lesen dort: „Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und gab seinen Geist auf“ (Joh 19,30). Der Evangelist hebt nicht das Hingeben oder Anvertrauen des Geistes an den Vater hervor. Der weit ausholende Kontext des Johannes und vor allem jener der Seiten, die dem Tod Jesu am Kreuz gewidmet sind, scheint vielmehr darauf hinzuweisen, dass dieser Tod den Anfang setzt zur Sendung des Heiligen Geistes als Gabe, die beim Weggang Christi übergeben wird.

Doch auch hier handelt es sich nicht um eine ausdrückliche Bestätigung. Wir können aber nicht über die überraschende Verbindung hinwegsehen, die zwischen dem Text des Johannes und der Deutung des Todes Christi im Hebräerbrief zu bestehen scheint. Der Verfasser dieses Briefes spricht von der rituellen Funktion der blutigen Opfer des Alten Bundes, die zur Reinigung des Volkes von den Verschuldungen gegen das Gesetz dienten, und er vergleicht sie mit dem Kreuzesopfer, um dann auszurufen: „Wie viel mehr wird das Blut Christi, der sich selbst kraft ewigen Geistes Gott als makelloses Opfer dargebracht hat, unser Gewissen von toten Werken reinigen, damit wir dem lebendigen Gott dienen“ (Hebr 9,14).

In der Enzyklika Dominum et vivificantem habe ich geschrieben: „In seiner Menschheit war er – Christus – würdig, ein solches Opfer zu werden, weil er allein ‚makellos‘ war. Aber er brachte sich dar ‚kraft ewigen Geistes‘: Das bedeutet, dass der Heilige Geist in besonderer Weise bei dieser vollkommenen Selbsthingabe des Menschensohnes mitgewirkt hat, um das Leiden in erlösende Liebe zu verwandeln“ (Nr. 40). Das Geheimnis der Verbundenheit zwischen dem Messias und dem Heiligen Geist im messianischen Werk, wie es die Seite des Lukasevangeliums über die Ankündigung an Maria aufweist, erscheint nun in diesem Abschnitt aus dem Brief an die Hebräer. Hier wird die Tiefe dieses messianischen Werkes aufgezeigt, das bis in das Gewissen der Menschen hineinreicht, um sie durch die göttliche Gnade zu reinigen und zu erneuern, weit über die rituellen Vorbilder hinaus, die an der Oberfläche bleiben.

4. Im Alten Testament wird mehrmals vom „Feuer“ gesprochen, das „vom Himmel“ kam und die von den Menschen dargebotenen Opfergaben verbrannte (vgl. Lev 9,24; 1 Chr 21,26; 2 Chr 7,1). So im Buch Levitikus: „Das Feuer soll auf dem Altar brennen bleiben, es darf nicht erlöschen, und der Priester soll jeden Morgen Holz nachlegen. Er lege darauf das Brandopfer“ (6,5). Nun wissen wir, dass das Brandopfer des Alten Bundes ein Sinnbild des Kreuzesopfers, des vollkommenen Ganzopfers war. „In analoger Weise kann man sagen, dass der Heilige Geist ‚Feuer vom Himmel‘ ist, das in der Tiefe des Kreuzesgeheimnisses wirkt. Vom Vater ausgehend, lenkt er das Opfer des Sohnes zum Vater hin, indem er es in die göttliche Wirklichkeit der trinitarischen Gemeinschaft einbringt“ (Dominum et vivificantem, Nr. 41).

Aus diesem Grund können wir hinzufügen, dass im Widerschein des trinitarischen Geheimnisses die volle Erfüllung der Ankündigung Johannes’ des Täufers am Jordan sichtbar wird: „Er [Christus] wird mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen“ (Mt 3,11). Wenn schon im Alten Testament, von dem der Täufer sprach, das Feuer ein Symbol dafür war, dass Gott in seiner Vollmacht eingriff, um die Gewissen durch seinen Geist zu reinigen (vgl. Jes 1,25; Sach 13,9; Mal 3,2–3; Sir 2,5), so werden jetzt die Sinnbilder von der Wirklichkeit übertroffen im Opfer des Kreuzes, das die vollkommene „Taufe“ ist, mit der Christus selbst getauft werden musste (vgl. Mk 10,38). Nach ihr sehnte er sich während seines Lebens und seiner Sendung auf Erden aus all seinen Kräften, wie er selbst sagte: „Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen! Ich muss mit einer Taufe getauft werden, und ich bin sehr bedrückt, solange sie noch nicht vollzogen ist“ (Lk 12,49–50). Der Heilige Geist ist das heilbringende „Feuer“, in dem dieses Opfer Wirklichkeit wird.

5. Im Brief an die Hebräer lesen wir ferner, dass Christus „obwohl er der Sohn war, durch sein Leiden den Gehorsam gelernt hat“ (vgl. Hebr 5,8). Als er in die Welt kam, hatte er zum Vater gesagt: „Ja, ich komme, um deinen Willen zu tun“ (Hebr 10,9). Im Kreuzesopfer verwirklicht sich bis in seine Tiefe hinein gerade dieser Gehorsam: „Wenn die Sünde das Leiden hervorgebracht hat, so hat der Schmerz Gottes nun im gekreuzigten Christus durch den Heiligen Geist seinen vollen menschlichen Ausdruck gewonnen … Zugleich aber holt der Geist aus der Tiefe dieses Leidens … ein neues Maß für das Gnadengeschenk, das dem Menschen und der Schöpfung von Anfang an gemacht worden ist. In der Tiefe des Geheimnisses des Kreuzes ist die Liebe am Werk, die den Menschen erneut zur Teilnahme am Leben bringt, das in Gott selbst ist“ (Dominum et vivificantem, Nr. 41).

Darum hat die Menschheit in ihren Beziehungen zu Gott „nicht einen Hohenpriester, der nicht mitfühlen könnte mit unserer Schwäche, sondern einen, der in allem wie wir in Versuchung geführt worden ist, aber nicht gesündigt hat“ (Hebr 4,15). In diesem neuen Geheimnis der priesterlichen Vermittlung Christi beim Vater zeigt sich das entscheidende Eingreifen des „ewigen Geistes“, der das Feuer der unendlichen Liebe ist.

6. „Der Heilige Geist als Liebe und Gnadengeschenk versenkt sich gewissermaßen in die Herzmitte jenes Opfers, das am Kreuz dargeboten wird. Mit Bezug auf die biblische Tradition können wir sagen: Er verzehrt dieses Opfer mit dem Feuer der Liebe, die den Sohn mit dem Vater in der trinitarischen Gemeinschaft vereint. Und weil das Kreuzesopfer ein eigener Akt Christi ist, ‚empfängt‘ auch er den Heiligen Geist. Er empfängt ihn auf solche Weise, dass er ihn dann – und nur er allein mit dem Vater – den Aposteln, der Kirche, der Menschheit ‚geben‘ kann“ (Dominum et vivificantem, Nr. 41).

Es ist also richtig, im Kreuzesopfer den abschließenden Augenblick der Offenbarung des Heiligen Geistes im Leben Christi zu sehen. Es ist der Kernpunkt, in dem das Pfingstereignis seine Wurzel hat und von dem aus sich alle Ausstrahlung in die Welt vollzieht. Derselbe „ewige Geist“, der im Geheimnis des Kreuzes am Werk ist, wird Pfingsten im Abendmahlssaal in Gestalt von „Zungen wie von Feuer“ auf den Häuptern der Apostel erscheinen, um anzudeuten, dass er nach und nach durch den apostolischen Dienst der Kirche in die Adern der menschlichen Geschichte eindringen werde. Auch wir sind berufen, in die Ausstrahlungen dieses geheimnisvollen Kraftfeldes zu treten, das vom Kreuz und vom Abendmahlssaal ausgeht, damit wir in ihm und durch es in die Gemeinschaft der Heiligsten Dreifaltigkeit hineingezogen werden.

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Liebe Schwestern und Brüder!

„In deine Hände lege ich meinen Geist“ (Lk 23,46). Mit diesen Worten des Psalmisten wandte sich Jesus in seiner Todesstunde am Kreuz an seinen himmlischen Vater. Er bittet nicht, wie der alttestamentliche Beter, um Befreiung und Abwendung von Gefahr, nein, der Gekreuzigte gibt sich ganz in den Willen des Vaters hinein, er ist bereit, den ihm vom Vater zugewiesenen Weg bis in den Kreuzestod zu gehen. Er gibt seinen Geist, sein irdisches Leben, hin im Vertrauen auf die Auferstehung. In meiner Enzyklika über den Heiligen Geist habe ich dazu geschrieben:

„In seiner Menschheit war Christus würdig, ein solches Opfer zu werden, weil er allein ‚makellos‘ war. Aber er brachte sich dar ‚kraft ewigen Geistes‘: Das bedeutet, dass der Heilige Geist in besonderer Weise bei dieser vollkommenen Selbsthingabe des Menschensohnes mitgewirkt hat, um das Leiden in erlösende Liebe zu verwandeln“ (Nr. 40). Eben dieser im Geheimnis des Kreuzes wirkende „ewige Geist“ wird dann am Pfingsttag auf die im Gebet versammelten Apostel wie „Feuerzungen“ herabkommen, um so durch den apostolischen Dienst der Kirche nach und nach in der Geschichte der Menschheit seine Wirksamkeit zu entfalten.

Auch wir, liebe Schwestern und Brüder, sind gerufen, in den Wirkungskreis dieser heilenden Kraft einzutreten, die vom Kreuz ausgeht, um in immer tiefere Gemeinschaft mit dem dreifaltigen Gott geführt zu werden.

Mit diesen kurzen Worten der Betrachtung grüße ich alle Pilger und Besucher deutscher Sprache sehr herzlich. Allen, die in diesen Wochen Ferien machen, wünsche ich erholsame Tage. Euch und euren lieben Angehörigen in der Heimat sowie den über Radio Vatikan verbundenen Hörerinnen und Hörern erteile ich von Herzen meinen Apostolischen Segen.

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„Maria, du bist seit Jahrhunderten die Königin Polens, sprich ein Wort zu unserer Hilfe!“ Mutter, dieses dein Wort zu unserer Hilfe gewinnt besondere Bedeutung an dem Tag, an dem wir des Aufstandes von Warschau gedenken. Jedes Jahr müssen wir wieder daran denken. Warschau und Polen erinnern sich an diesen Aufstand. Doch denken auch Europa und die Welt daran?

Wir können nicht anders: Wir müssen an diesen heroischen Kampf erinnern. Mag es vielen absurd, anderen unnötig erscheinen, wir können nicht umhin, uns vor den Menschen zu verneigen, die bereit waren, ihr junges Leben auf dem brennenden Altar der Hauptstadt hinzugeben. Und viele von ihnen blieben unter den Trümmern dieser Stadt, die der Primas der Jahrtausendfeier „unbesiegbar“ genannt hat. Sind sie denn wirklich nicht besiegt worden? Was war die Logik dieser Tat? Sie bleibt schwer verständlich, ohne den September 1939 und die heroische Anstrengung des „heimlichen Polen“ in Betracht zu ziehen: der Nation und der Armee.

Dieses Verlangen, die Heimat in ihrer Existenz unabhängig zu machen, koste es auch die größten Opfer.

Bis zum Ausbruch – im August 1944 – mussten die Augen jener Generation auf die Zukunft gerichtet sein. Denn was würden die Verträge ergeben, die von jenen geschlossen wurden, bei denen die Entscheidung lag – leider über jene hinweg, die im Kampf um „eure und unsere“ Freiheit so viel bezahlt haben? Welche Unabhängigkeit sollte Polen zuerkannt werden?

Hat der Aufstand von Warschau etwas ändern können? Für den Augenblick änderte er nichts. Aber er hat eine erschütternde Herausforderung für die Zukunft hinterlassen. Für einen anderen August!

Mutter von Jasna Góra, Patronin der August-Monate Polens! „Nimm die ganze Nation unter deinen Schutz! … Nimm unter deinen Schutz!“

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Die dramatischen Nachrichten, die aus Liberia kommen, zwingen mich leider, von Neuem meine Stimme zu erheben und Gott innig für dieses Volk zu bitten, das so grausamen Prüfungen ausgesetzt ist.

Fürchterliche Gewalttaten und Massaker fordern auch unter den schutzlosen Bürgern Todesopfer und schonen nicht einmal die Krankenhäuser und Kirchen, die als Zufluchtsorte dienen. So ein Los ist diesen unseren Menschenbrüdern beschieden.

Ich bitte inständig die Konfliktparteien und insbesondere diejenigen, die sie im Bruderkrieg anführen, diesem einem ganzen Volk auferlegten Leiden ein Ende zu setzen.

Ich bitte dringend darum, dass der hochherzige Einsatz der Hilfsorganisationen nicht behindert werde; das Hilfspersonal riskiert oft sein Leben, bemüht sich, Heilung und Trost zu bringen und die unschuldigen Leben zu schützen.

Von Neuem appelliere ich an die weltweite Solidarität: Die Nachbarländer und jene, die mit Liberia traditionsgemäß verbunden sind, dürfen nicht erlauben, dass unter der Gleichgültigkeit der öffentlichen Meinung das vollzogen wird, was man wirklich einen Bruderkrieg nennen kann.

Ich lade euch ein, euch meinem Gebet anzuschließen, damit Gott auf die mütterliche Fürsprache der Jungfrau Maria allen Liberiern helfe, die Werte des menschlichen Lebens, der Brüderlichkeit und des Friedens zu entdecken, ohne die die Zukunft dieses geliebten Volkes nicht gebaut werden kann.