zoomText
  • A
  • A
  • A
pdf
PDF-Erstellung läuft.....

JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 19. September 1990

DE  - ES  - IT

1. Im Neuen Testament gibt sich der Heilige Geist als Person, in der Einheit der Dreifaltigkeit mit dem Vater und dem Sohn, durch das Handeln zu erkennen, das ihm von den inspirierten Autoren zugeschrieben wird. Nicht immer wird man vom Handeln auf eine Eigentümlichkeit der Person im streng theologischen Sinn schließen können; aber für unsere Katechese genügt es, das zu entdecken, was der Heilige Geist in der göttlichen Wirklichkeit ist, durch die Ereignisse, bei denen er nach dem Neuen Testament die Hauptrolle spielt. Und das ist im Übrigen der von den Kirchenvätern und -lehrern verfolgte Weg (vgl. Thomas von Aquin, Summa Theologica, I, q.30, aa.7-8).

2. In der heutigen Katechese beschränken wir uns darauf, einige Texte der Synoptiker anzuführen. Später werden wir auch auf die anderen Bücher des Neuen Testaments zurückgreifen.

Wir haben gesehen, dass in dem Verkündigungsbericht der Heilige Geist sich kundtut als der, der handelt: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten“ (Lk 1,35), sagt der Engel zu Maria. Wir können deshalb erkennen, dass der Heilige Geist die entscheidende handelnde Kraft ist, besonders bei der Menschwerdung. Gerade weil er die ewige Liebe (Eigentümlichkeit der dritten Person) ist, wird ihm die Handlungsgewalt zugeschrieben: eine Kraft der Liebe. Die ersten Kapitel des Lukasevangeliums sprechen mehrmals vom Wirken des Heiligen Geistes in den mit dem Geheimnis der Menschwerdung eng verbundenen Personen. So bei Elisabeth, die beim Besuch Marias vom Heiligen Geist erfüllt wird und ihre gesegnete Verwandte unter dem göttlichen Einfluss begrüßt (vgl. Lk 1,41-45). Und noch mehr beim greisen Simeon, dem sich der Heilige Geist in persönlicher Weise offenbarte und ihm ankündigte, er werde den Tod nicht schauen, ehe er den „Messias des Herrn“ gesehen habe (Lk 2,26). Unter der Eingebung und Anregung des Heiligen Geistes nimmt er das Kind in seine Arme und spricht jene prophetischen Worte, die in einer so dichten und bewegenden Zusammenfassung die ganze Heilssendung des Sohnes Marias enthalten (vgl. Lk 2,27 f.). Mehr als jeder andere stand die Jungfrau Maria unter dem Einfluss des Heiligen Geistes (vgl. Lk 1,35), der ihr gewiss die innere Erkenntnis des Geheimnisses und den Antrieb im Herzen gab, ihre Sendung anzunehmen und den Lobpreis bei der Betrachtung des Heilsplanes der göttlichen Vorsehung anzustimmen (vgl. Lk 1,26 f.).

3. In diesen heiligen Personen zeichnet sich beispielhaft das Wirken des Heiligen Geistes ab, der allmächtigen Liebe, die Licht, Kraft, Trost und Schwung zum Handeln schenkt. Aber das Beispiel wird noch deutlicher im Leben Jesu selbst, das sich ganz unter dem Antrieb und der Leitung des Geistes entfaltet, indem es die Weissagung des Jesaja über die Sendung des Messias verwirklicht: „Der Geist des Herrn ruht auf mir, denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze“ (Lk 4,18; vgl. Jes 61,1). Wie wir wissen, hat Jesus diese prophetischen Worte in der Synagoge von Nazaret laut gelesen und von jenem Augenblick an bekräftigt, dass sie sich in ihm erfüllten (vgl. Lk 4,21).

In Wirklichkeit waren die Taten und Worte Jesu die Ausführung der Heilssendung, in der der Geist des Herrn am Werk war, gemäß der Ankündigung des Propheten. Das Wirken des Heiligen Geistes war verborgen im ganzen Ablauf dieser Sendung, die Jesus sichtbar, öffentlich und geschichtlich vollbrachte; diese gab aber Zeugnis und offenbarte auch das Werk und die Person des Heiligen Geistes gemäß den Worten Jesu, auf die sich die Evangelisten und andere kirchliche Verfasser beziehen.

4. Manchmal unterstreichen die Evangelisten besonders die handelnde Gegenwart des Heiligen Geistes in Christus. So wenn sie vom Fasten und von der Versuchung Christi sprechen: „Dann wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt; dort sollte er vom Teufel in Versuchung geführt werden“ (Mt 4,1; vgl. Mk 1,12). Die vom Evangelisten verwandten Worte stellen den Geist als eine Person dar, die eine andere führt. Diese Betonung des Handelns des Heiligen Geistes in Christus von Seiten der Evangelisten heißt, dass seine messianische Sendung — ausgerichtet auf die Überwindung des Bösen — von Anfang an den Kampf gegen den mit sich bringt, der „ein Lügner und der Vater der Lüge“ ist (Joh 8,44): der Geist der Ablehnung des Reiches Gottes. Der Sieg Christi über den Satan zu Beginn der messianischen Tätigkeit ist das Vorspiel und die Ankündigung seines endgültigen Sieges am Kreuz und in der Auferstehung.

Jesus selbst schreibt dem Heiligen Geist diesen Sieg zu in jedem Abschnitt seiner messianischen Sendung: „Ich aber [treibe] die Dämonen durch den Geist Gottes aus“, bekräftigt er (vgl. Mt 12,28). In diesem Kampf und diesem Sieg Christi wird also die Kraft des Geistes offenbar, die dabei der innere Urheber und unermüdliche Antrieb ist. Deshalb warnt Jesus seine Zuhörer so heftig vor der Sünde, die er „Lästerung gegen den Geist“ nennt (Mt 12,31-32; vgl. Mk 3,29; Lk 12,10). Auch hier stellen die vom Evangelisten verwandten Worte den Geist als Person dar. Tatsächlich wird ein Vergleich angestellt zwischen dem, der etwas gegen die Person des Menschensohnes sagt**,** und dem, der etwas gegen die Person des Heiligen Geistes sagt (Mt 12,32; Lk 12,10), und die Beleidigung des Geistes wird als schwerer bezeichnet. „Lästerung gegen den Heiligen Geist“ heißt, sich auf die Seite des Geistes der Finsternis stellen, sodass der Mensch sich innerlich dem Heilswirken des Geistes Gottes verschließt. Das ist der Grund, weshalb Jesus erklärt, dass diese Sünde nicht vergeben werden kann, „weder in dieser noch in der zukünftigen Welt“ (Mt 12,32). Die innere Ablehnung des Heiligen Geistes ist die Verweigerung der Quelle des Lebens und der Heiligkeit selbst. Der Mensch schließt sich von allein und freiwillig aus dem Bereich des Heilswirkens Gottes aus. Die Warnung Jesu vor der Sünde gegen den Heiligen Geist beinhaltet, wenn auch stillschweigend, eine weitere Offenbarung der Person und des Heilswirkens dieser Person der Dreifaltigkeit, die Hauptfigur im Kampf gegen den Geist des Bösen und im Sieg des Guten ist.

5. Den Synoptikern entsprechend ist das Wirken des Heiligen Geistes die Quelle tiefster, innerer Freude. Jesus selbst erfährt diese besondere „Freude im Heiligen Geist“, als er die Worte ausruft: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen“ (Lk 10,21; vgl. Mt 11,25-26). Im Text des Lukas und Matthäus folgen die Worte Jesu über die Kenntnis des Vaters seitens des Sohnes und des Sohnes seitens des Vaters: die Erkenntnis, die der Sohn gerade den „Unmündigen“ mitteilt.

Es ist also der Heilige Geist, der auch den Jüngern Jesu nicht nur die Kraft zum Sieg über das Böse, über die „Dämonen“ (Lk 10,17) gibt, sondern auch die übernatürliche Freude der Erfahrung Gottes und des Lebens in ihm durch seinen Sohn.

6. Die Offenbarung des Heiligen Geistes durch die Kraft des Handelns, die die ganze Sendung Christi erfüllt, begleitet auch die Apostel und Jünger bei dem Werk, das sie im göttlichen Auftrag vollbringen. Jesus selbst kündigt ihnen an: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein … bis an die Grenzen der Erde“ (Apg 1,8). Auch wenn sie im Verlauf dieses Zeugnisses Verfolgungen, Kerkerhaft und Gerichtsverhören begegnen sollten, versichert Jesus: „Es wird euch in jener Stunde eingegeben, was ihr sagen sollt. Nicht ihr werdet dann reden, sondern der Geist eures Vaters wird durch euch reden“ (Mt 10,19-20; vgl. Mk 13,11). Sprechen werden die Personen; eine nichtpersönliche Kraft kann bewegen, antreiben, zerstören, aber sie kann nicht sprechen. Der Geist hingegen spricht. Er ist Licht und Beistand in den schwierigen Stunden der Apostel und der Kirche: eine weitere Eigenschaft seines Wirkens, eine weitere Erhellung des Geheimnisses seiner Person.

7. Wir können also bestätigen, dass bei den Synoptikern der Heilige Geist als Person offenbar wird, die in der ganzen Sendung Christi am Werk ist, im Leben und in der Geschichte der Jünger Christi vom Bösen befreit, die Kraft zum Kampf gegen den Geist der Finsternis schenkt und auch in der Not die übernatürliche Freude der Erkenntnis Gottes und des Zeugnisses für ihn spendet. Eine Person, die mit göttlicher Macht am Werk ist, vor allem in der messianischen Sendung Jesu und dann dadurch, dass sie die Menschen zu Christus hinzieht und zu denen, die berufen sind, an seiner Heilssendung teilzuhaben.

___________________________

Liebe Schwestern und Brüder!

In den Schriften des Neuen Testaments begegnet uns der Heilige Geist in der Einheit der Dreifaltigkeit als dritte göttliche Person, die nach dem Zeugnis der biblischen Autoren im Handeln nach außen hin in vielfältiger Weise ihre Wirksamkeit entfaltet. So erweist sich der Geist im Bericht von der Verkündigung an die Jungfrau Maria als der eigentlich Handelnde: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten“ (Lk 1,35), sagt der Engel zu Maria. Wir erkennen, dass der Heilige Geist von allem Anfang an im Geheimnis der Menschwerdung die entscheidende handelnde Kraft ist. Aber nicht nur im Leben Mariens und vieler anderer biblischer Gestalten erweist sich der Geist als personaler Urgrund des göttlichen Handelns, als allmächtige Liebe des Vaters, als heilende und tröstende Kraft. In einzigartiger Weise tritt die dritte göttliche Person in Jesus selbst hervor, dessen gesamtes irdisches Leben unter der Führung des Geistes steht: „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht, damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze“ (Lk 4,18; vgl. Jes 61,1), so erklärt Jesus mit den Worten des Propheten Jesaja seine messianische Sendung. Das Handeln des Heiligen Geistes erweist sich also öffentlich sichtbar und historisch konkret im irdischen Leben Jesu.

Die innere Ablehnung und Zurückweisung des Heiligen Geistes bedeutet demnach Zurückweisung des göttlichen Lebens und der Heiligkeit selbst. Doch für Jesus und für die, die ihm nachzufolgen bereit sind, ist der Heilige Geist Quelle tiefster Freude und Zuversicht. Auch wenn der Weg des Glaubens durch Verdächtigung, Ablehnung oder gar Verfolgung erschwert sein mag, so ist den Jüngern Jesu eine tröstende Zusage geschenkt: „Macht euch keine Sorgen, wie und was ihr reden sollt; denn es wird euch in jener Stunde eingegeben, was ihr sagen sollt. Nicht ihr werdet dann reden, sondern der Geist eures Vaters wird durch euch reden“ (Mt 10,19 f.).

Mit dieser kurzen Betrachtung grüße ich alle Pilger und Besucher deutscher Sprache sehr herzlich. Mein besonderer Grugilt den Teilnehmern an der von der Kirchenzeitung für das Erzbistum Köln organisierten Pilgerfahrt, der Besuchergruppe des Turnund Sportvereins Pressath sowie den zahlreichen Schülergruppen, darunter Schülerinnen des Clara-Fey-Gymnasiums aus Bad Godesberg und der Realschule der Armen Schulschwestern aus Regensburg. Euch allen und Euren lieben Angehörigen in der Heimat sowie den mit uns über Radio Vatikan verbundenen Hörerinnen und Hörern erteile ich von Herzen meinen Apostolischen Segen.

___________________________

„Wenn alle Lichter in unseremm Land schon ausgegangen sind, bleibt Jasna Góra und die Schwarze Muttergottes.“ Mit diesem Zyklus von Jasna Góra kehren wir nach fünfzig Jahren zu jenem September zurück. Wir erinnern uns an die Tage: 1. September, 17. September … Und dann häufen und verbreiten sich die Daten: viele, so viele Daten, so viele schmerzvolle Jahrestage, die in den Schicksalen der Töchter und Söhne unseres Landes eingeschrieben sind; in der Geschichte der Familien und der Gemeinschaften; in der Geschichte der Dörfer und Städte; in der Geschichte der gesamten Nation. Diese Daten häufen und verbreiten sich mit dem Krieg von Polen nach Osten, von Norden (Narvik) nach Süden, von Westen bis Monte Cassino.

Zeit der Prüfung! Die Zeit der schrecklichen Prüfung! Die Schrift spricht vom Gold, das im Feuer geprüft wird (vgl. 1 Petr 1,7). Wir gedenken voll Ehrfurcht jener, die diese Prüfung siegreich überwunden haben. Wir empfehlen dem Erbarmen Gottes jene, die sie nicht bestanden haben. Und zum Schluss denken wir an jene, die schuldig geworden sind durch diese schreckliche Prüfung. An all jene, die Entscheidungen getroffen, gefoltert, getreten, zum Tod in den Hungerbunkern verurteilt und mit einem Genickschuss getötet haben.

Auschwitz, Dachau, Ravensbrück, Treblinka, die sibirische Taiga, Katyn! Wie viele Orte, wie viele Gräber, wie viele Opfer ohne Grab und ohne Kreuz!

Fünfzig Jahre sind vergangen seit jenem September. Ist es erlaubt, ständig in die Vergangenheit zu schauen? Der Mensch ist auf die Zukunft ausgerichtet, so auch die Völker und Europa.

Unsere Liebe Frau von Jasna Góra, du bist die Mutter Christi, die Mutter Gottes; die Mutter dessen, der dem Bund treu blieb bis zum Tod auf Golgota. Zu wem sollen wir gehen? Er allein versteht die Kreuze unserer Vergangenheit. Hilf uns, in ihm unsere Zukunft neu zu lesen.