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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 22. April 1992

DE  - ES  - IT

1. In dieser Osterwoche feiern wir voll Freude das Geheimnis der Auferstehung Christi. Darin erreicht das Schicksal des Gottessohnes, der unter den Menschen Fleisch angenommen hat, seinen Höhepunkt. Der vom Erlöser errungene Sieg über den Tod ist das „Ereignis” der Offenbarung schlechthin. Deshalb ist das Osterfest das höchste Fest des liturgischen Jahres.

Die Auferstehung des Herrn verleiht dem Christentum die charakteristische Atmosphäre der Freude, wie die der Frauen und Jünger vor ihrem wieder lebendigen Meister. Es ist eine anhaltende Freude, denn der auferstandene Christus kann nicht sterben, und die Auswirkungen seiner Auferstehung werden immer mehr offenbar. Die am Tag der Auferstehung erwachte Freude wurde der Kirche als unversiegbare Freude weitergegeben und dazu bestimmt, bis zum Ende der Welt zu wachsen und die Herzen der Menschen immer mehr zu erfüllen.

Wir alle sind aufgerufen, diese Freude in unser Leben einzubeziehen. Sie wird uns jeden Tag in der Eucharistie geschenkt, in der sich das Ostermysterium erneuert: In geheimnisvoller, sakramentaler Weise wird das Opfer Christi mit seiner Krönung im Auferstehungsgeheimnis gegenwärtig. Das Gnadenleben, das wir in uns tragen, ist Leben des auferstandenen Christus. Folglich pulsiert mit der Gnade in uns eine Freude, die uns von niemandem genommen werden kann, so wie Jesus seinen Jüngern verheißen hat: „Dann wird euer Herz sich freuen, und niemand nimmt euch eure Freude” (Joh 16,22).

2. Wir können jedoch das Auferstehungsgeheimnis nicht betrachten, ohne einen Blick auf das zu werfen, was vorausgegangen ist: Der an Ostern errungene Sieg hat seine Voraussetzung im Erlösungsopfer Christi.

Der göttliche Meister, der seine Auferstehung mehrmals angekündigt hatte, hatte zugleich betont, dass er zuvor den Leidensweg gehen müsse: „Dann begann er, sie darüber zu belehren, der Menschensohn müsse vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er werde getötet, aber nach drei Tagen werde er auferstehen” (Mk 8,31). Als er erklärte, dass sein Leiden notwendig sei, wollte Jesus zeigen, dass seine Sendung sich nach dem Willen des Vaters durch den Opfertod erfüllen müsse.

In der Osterfreude dürfen wir doch nicht das Leiden des Erlösers vergessen, der durch das Kreuz das Heil der Menschheit gewirkt hat. Das Kreuz hat in der Heilssendung Christi eine entscheidende Rolle gespielt, wie er selbst nach der Auferstehung zu den Jüngern von Emmaus im Evangelium der Messe von heute sagt: „Musste nicht der Messias all das erleiden, um so in seine Herrlichkeit zu gelangen?” (Lk 24,26). Den beiden Jüngern, die traurig und bestürzt über sein Leidensgeschehen waren, erklärt Jesus den Sinn der prophetischen Schriften und zeigt, dass der Messias durch den Leidensweg zum glorreichen Sieg gelangen musste.

Weshalb überrascht es uns dann, wenn das Gesetz des Kreuzes, das mit dem Leben und der Heilstat Jesu so eng verbunden ist, auch auf unser Leben zutrifft? Allen, die heute in tragischer Weise vor das Geheimnis des Leidens gestellt und entmutigt und verzweifelt sind, soll man die von Christus gelehrte und gelebte Wahrheit in Erinnerung rufen: Das Kreuz ist in unserem Leben notwendig, aber als Weg, der zum Sieg der Liebe führt. Wir alle sind gerufen, uns mit dem Erlösungsopfer Christi zu vereinen, um mit ihm die Freude der Auferstehung zu teilen. In dieser Osterwoche richtet die Kirche an alle, die leiden, an alle, die unter der Last ihrer Prüfungen seufzen, ein Wort voll Hoffnung: „Euer Kummer wird sich” – wie Jesus verheißen hat – „in Freude verwandeln” (Joh 16,20).

3. Den Jüngern von Emmaus wirft Jesus Mangel an Glauben vor, der sie daran hindert, ihn als den auferstandenen Erlöser zu erkennen: „Wie schwer fällt es euch, alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben” (Lk 24,25). Durch seine Erscheinung liefert der auferstandene Christus den Beweis für das neue Leben, das er hat, aber seinen Jüngern fällt es schwer, dies zu verstehen und anzunehmen. Die Auferstehung ist ein Geheimnis, die Glaubenszustimmung erfordert.

Während Johannes, der Lieblingsjünger, als er das Grab leer vorfindet, an den auferstandenen Meister glaubt (vgl. Joh 20,8), äußert sich Thomas hingegen skeptisch und verlangt, den Finger in die Wunden Christi zu legen. Als er sich schließlich von der offensichtlichen Tatsache überzeugt und ausruft: „Mein Herr und mein Gott!” (Joh 20,28), sagt Jesus mit liebevollem Tadel zu ihm: „Weil du mich gesehen hast, glaubst du”, und er fügt hinzu: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben” (Joh 20,29).

Die, die nicht sehen und aufgerufen sind, doch zu glauben, sind diejenigen, die nicht den Vorzug hatten, Jesus bei seinem Erscheinen als Auferstandenen zu sehen. Auch wir gehören zu ihnen. Deshalb sind wir aufgefordert, an die Auferstehung Christi zu glauben: Wir sind glücklich zu nennen, wenn wir endlich mit Thomas glaubend ausrufen können: „Mein Herr und mein Gott!”

4. Was hat sich am dritten Tag ereignet? Niemand hat gesehen, wie der Leib des Erlösers wieder lebendig wurde oder, besser, direkt vom Tod in ein höheres Leben, das himmlische Leben, überging. Er wurde mit dem Leben des Heiligen Geistes erfüllt.

So wurde er ein verherrlichter Leib. Es war derselbe Leib, der ans Kreuz genagelt worden war, aber nun besaß er höhere Eigenschaften als der menschliche Leib während des Lebens auf Erden. Jesus hat nach seiner Auferstehung die irdische Existenz nicht wieder aufgenommen: Er ist einfach denen, die zum Glauben bereit waren, erschienen. Wenn er erschien, konnte er sich bewegen, wie er wollte, und auch in einen Raum mit verschlossenen Türen eintreten (vgl. Joh 20,19). Damit zeigte er, dass sein wahres Leben der himmlischen Ordnung angehörte.

Nachdem er vierzig Tage lang wiederholt erschienen ist, verschwindet er endgültig von der Erde, indem er zum Himmel aufsteigt. Von diesem Augenblick an beginnt er, in der Menschheit das göttliche Leben auszustreuen, von dem sein Leib erfüllt ist. Er ist für uns auferstanden, um uns das Heil zu bringen und sein göttliches Leben mitzuteilen: „Ich lebe, und auch ihr werdet leben”, hat er gesagt (vgl. Joh 14,19). Bevor er die Erde verließ, um seine himmlische Herrschaft anzutreten, kündigt Jesus die Sendung des Heiligen Geistes an. Er will, dass dieses Leben des Heiligen Geistes, das seinen auferstandenen Leib erfüllt, das Leben der Menschheit werde, damit alle an der Frucht seiner Auferstehung teilhaben können.

5. Am Pfingsttag wird der verheißene Heilige Geist auf die Frauen und die Jünger herabkommen, um sie zu Zeugen des auferstandenen Christus zu machen. So wird die Kirche geboren.

Von da an lässt der Heilige Geist den auferstandenen Christus in den Glaubenden leben. Besser gesagt: Er entwickelt in jedem Einzelnen ein Leben „als Kinder”, die an der Gottessohnschaft Christi teilhaben. Er weckt in ihnen das Gebet der Kindschaft, das sie wie Jesus selbst rufen lässt: „Abba! Vater!” (vgl. Gal 4,6; Röm 8,15). Andererseits vereint der Heilige Geist in der Gemeinschaft der Kirche alle, die denselben Glauben an den auferstandenen Christus haben. Er baut die Gemeinschaft auf und belebt sie, indem er die Liebe entfaltet, die Christus durch sein Kommen in der Welt entzünden wollte, die Liebe, die in dem Opfer auf Golgota ihren Höhepunkt erreicht hat und dazu bestimmt ist, die Beziehungen unter seinen Jüngern zu nähren, die das neue Gebot empfangen haben, einander zu lieben, wie er selbst sie geliebt hat (vgl. Joh 13,34; 15,12).

Die Begeisterung, die die Apostel erfasst hatte, als sie begannen, die Wundertaten Gottes zu verkünden, ist nichts anderes als die österliche Freude in Fülle, die vom Heiligen Geist unaufhörlich erneuert und verbreitet wird.

6. In dieser Osterzeit richten wir unseren Blick auf den auferstandenen Christus.

Wir wissen, dass wir aufgerufen sind, vor ihm unseren Glauben zu bekennen und unseren Willen, für ihn Zeugnis abzulegen.

Wir betrachten ihn als die Quelle unserer Hoffnung in dem Bewusstsein, dass der Heilige Geist, mit dem er erfüllt ist, sich uns mitteilt, um neue Wundertaten in unserer Welt zu vollbringen.

Wir erwarten von dem siegreichen Christus einen neuen Antrieb der Liebe, jener Liebe, dank derer er Hass und Feindschaft durch seinen Opfertod überwunden hat. Wir schöpfen aus Christus, der voll des Lebens ist, die Freude, die wir brauchen, um „als Kinder” zu leben und beharrlich fortzufahren in dem Bemühen, vollkommen zu sein, wie unser Vater im Himmel vollkommen ist (vgl. Mt 5,48).

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Liebe Brüder und Schwestern!

In dieser Osterwoche feiern wir das Geheimnis der Auferstehung Christi. Der Triumph unseres Erlösers über den Tod ist das herausragende „Ereignis” der Offenbarung. Deswegen ist Ostern das größte Fest des Kirchenjahres.

Die Auferstehung des Herrn verleiht dem Christentum den Charakter der Freude: eine überwältigende Freude, wie jene der Frauen und der Jünger vor ihrem wieder lebendigen Meister. Es ist eine beständige Freude, da der auferstandene Christus nicht mehr dem Tod verfallen kann.

Wir sind alle dazu aufgerufen, diese Freude in unser Leben einzubeziehen. Sie wird uns täglich in der Eucharistie wieder zuteil, in der sich das Geheimnis der Auferstehung erneuert: Auf sakramentale, mystische Weise wird das Opfer Christi gegenwärtig mit seinem Höhepunkt im Geheimnis der Auferstehung.

Wir können jedoch das Geheimnis der Auferstehung nicht betrachten, ohne einen Blick auf das Vorausgehende zu werfen: Der zu Ostern errungene Sieg hat seine Voraussetzung im Erlösungsopfer Christi. Jesus wollte deutlich machen, dass seine Sendung nach dem Willen des Vaters durch das Opfer vollendet werden musste. In der Osterfreude dürfen wir nicht das Leiden des Erlösers vergessen, der durch das Kreuz das Heil der Menschheit gewirkt hat. Das Kreuz hat eine entscheidende Rolle in der Heilssendung Christi. Wir dürfen uns nicht verwundern, dass das Gesetz des Kreuzes auch für unser Leben gilt. Alle, die sich auf tragische Weise mit dem Leid konfrontiert sehen und deren Leben durch Niedergeschlagenheit und Verzweiflung gekennzeichnet ist, mögen sich an die von Christus gelebte Wahrheit erinnern: Das Kreuz ist notwendig in unserem Leben, aber als ein Weg, der zum Sieg der Liebe führt. Es ist also ein Wort voller Hoffnung, das die Kirche in dieser Osterwoche an alle richtet, die vom Leid betroffen sind.

In seinen Erscheinungen liefert der auferstandene Christus den Beweis seines neuen Lebens, aber die Jünger stoßen bei dessen Verständnis und Annahme auf Schwierigkeiten. Die Auferstehung ist ein Geheimnis, das den Glauben voraussetzt. Zu denen, die nicht gesehen haben und aufgerufen sind zu glauben, gehören auch wir. Jesus ist denen erschienen, die zum Glauben bereit waren.

Mit dieser kurzen Betrachtung grübe ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher sehr herzlich. Mein besonderer Grub giltden Seminaristen des Priesterseminars Innsbruck und den Alumnen des dritten Jahrgangs des Wiener Priesterseminars. Ferner grübe ich die Jugendlichen der Diözese Regensburg, die an der traditionellen Osterromfahrt teilnehmen sowie die Pilgergruppe des Katholischen Bildungswerkes Marktredwitz-Brand und die Pilger der Pfarrei St. Elisabeth in Kareth. Wir alle mögen in dieser Osterzeit unseren Blick auf den auferstandenen Herrn richten. Wir sind aufgerufen, unseren österlichen Glauben zu bekennen und dafür Zeugnis abzulegen. Dazu erteile ich Euch aüen und Euren lieben Angehörigen zu Hause sowie den mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbundenen Gläubigen von Herzen meinen Apostolischen Segen.

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Vergesst nicht eure Heimatländer: Kroatien und Bosnien-Herzegowina, wo jetzt der Krieg entbrannt ist und Abertausende von Menschen dringend humanitäre Hilfe benötigen, vor allem Nahrung und Medikamente.

Der auferstandene Christus, unser Herr, mache euch und alle geliebten Völker des Balkans zu Bauleuten seines Friedens, der eine Frucht seines Kreuzes ist.