zoomText
  • A
  • A
  • A
pdf
PDF-Erstellung läuft.....

JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 6. Mai 1992

DE  - ES  - IT

1. Wie das II. Vatikanische Konzil lehrt, ist die Kirche eine „priesterliche Gemeinschaft”, deren „heiliges und organisch verfasstes Wesen” durch die Sakramente verwirklicht wird, unter denen dem Weihesakrament und dem Ehesakrament eine besondere Rolle zukommt.

In Bezug auf die Weihe lesen wir in der Konstitution Lumen Gentium: „Wer sodann unter den Gläubigen die heilige Weihe empfängt, wird im Namen Christi dazu bestellt, die Kirche durch das Wort und die Gnade Gottes zu weiden.” Und über den Ehebund: „Die christlichen Gatten … bezeichnen das Geheimnis der Einheit und der fruchtbaren Liebe zwischen Christus und der Kirche und bekommen daran Anteil (vgl. Eph 5,32). Sie fördern sich kraft des Sakramentes der Ehe gegenseitig zur Heiligung durch das eheliche Leben” (Lumen Gentium, Nr. 11).

In der heutigen Katechese behandeln wir ausschließlich das Sakrament der Ehe. Auf das Priestertum des Dienstes kommen wir zu gegebener Zeit zurück.

2. Wir haben schon in einer vorhergehenden Katechese darauf hingewiesen, dass sich das erste von Jesus gewirkte Wunder in Kana bei einem Hochzeitsmahl ereignet hat. Wenn auch die Bedeutung dieses Wunders, durch das Jesus „seine Herrlichkeit offenbarte” (vgl. Joh 2,11), die berichtete Tatsache weit übersteigt, können wir trotzdem auch die Hochschätzung unseres Herrn für die bräutliche Liebe und die Eheinstitution entdecken sowie seine Absicht, in diesem Grundbereich des Lebens und der menschlichen Gesellschaft Heil zu wirken. Er schenkt einen neuen Wein, das Symbol der neuen Liebe. Die Begebenheit von Kana gibt uns zu verstehen, dass die Ehe gefährdet ist, wenn die Liebe zu schwinden droht. Durch das Sakrament offenbart Jesus Christus wirksam sein eigenes Eingreifen, um durch das Geschenk der göttlichen Liebe die gegenseitige Liebe der Eheleute zu stärken und ihnen die Kraft zur Treue zu verleihen. Wir können hinzufügen, dass das von Jesus am Anfang seines öffentlichen Wirkens vollbrachte Wunder ein Zeichen für die Bedeutung der Ehe im Heilsplan Gottes und in der Formung der Kirche ist.

Und weiter kann man sagen, dass die Initiative Marias, die um das Wunder bittet und es erlangt, ihre zukünftige Rolle im Heilsplan der christlichen Ehe ankündigt: eine wohlwollende Anwesenheit, eine Fürsprache und Hilfe zur Überwindung der unausbleiblichen Schwierigkeiten.

3. In der Sicht von Kana wollen wir jetzt den Aspekt der Ehe herausstellen, der uns in diesem ekklesiologischen Katechesezyklus am meisten interessiert. Nämlich, dass das allgemeine Priestertum der Gläubigen in der christlichen Ehe in sichtbarer Weise ausgeübt wird, denn die Eheleute selbst sind die Spender des Sakraments.

Der menschliche Akt, „in dem sich die Eheleute gegenseitig schenken und annehmen” (Gaudium et spes, Nr. 48), wurde zur Würde eines Sakraments erhoben. Die Eheleute spenden sich gegenseitig das Sakrament durch ihre wechselseitige Zustimmung. Das Sakrament offenbart die Bedeutung der freien Zustimmung des Mannes und der Frau als Bekräftigung ihrer Person und Ausdruck der gegenseitigen Liebe.

4. Das Konzil sagt: „Die christlichen Gatten … bezeichnen das Geheimnis der Einheit und der fruchtbaren Liebe zwischen Christus und der Kirche und bekommen daran Anteil (vgl. Eph 5,32)” (Lumen Gentium, Nr. 11).

„Echte eheliche Liebe wird in die göttliche Liebe aufgenommen und durch die erlösende Kraft Christi und die Heilsvermittlung der Kirche gelenkt und bereichert, damit die Ehegatten wirksam zu Gott hingeführt werden und in ihrer hohen Aufgabe als Vater und Mutter unterstützt und gefestigt werden. So werden die christlichen Gatten in den Pflichten und der Würde ihres Standes durch ein eigenes Sakrament gestärkt und gleichsam geweiht” (Gaudium et spes, Nr. 48).

Diese letzte Aussage der Pastoralkonstitution Gaudium et spes ist sehr wichtig, das heißt, dass die Eheleute „durch ein eigenes Sakrament gleichsam geweiht” werden. Eben deshalb tritt die Ausübung ihres Priestertums als Getaufte und Gefirmte zutage.

5. Durch diese besondere Teilhabe am allgemeinen Priestertum der Kirche können die Eheleute ihre Heiligkeit verwirklichen. In der Tat empfangen sie durch das Sakrament die Kraft, ihre ehelichen und familiären Pflichten zu erfüllen und in der gegenseitigen Heiligung fortzuschreiten. „Sie fördern sich – sagt das Konzil – kraft des Sakramentes der Ehe gegenseitig zur Heiligung durch das eheliche Leben sowie in der Annahme und Erziehung der Kinder und haben so in ihrem Lebensstand und in ihrer Ordnung ihre eigene Gabe im Gottesvolk (vgl. 1 Kor 7,7)” (Lumen Gentium, Nr. 11).

6. Das Ehesakrament ist auf Fruchtbarkeit ausgerichtet. Es ist eine der menschlichen Natur innewohnende Neigung. Das Konzil sagt: „Durch ihre natürliche Eigenart sind die Institution der Ehe und die eheliche Liebe auf die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet und finden darin gleichsam ihre Krönung” (Gaudium et spes, Nr. 48).

Das Sakrament gibt die geistlichen Kräfte des Glaubens, der Liebe und der Hochherzigkeit zur Erfüllung der Pflicht zur Fortpflanzung und Erziehung der Nachkommenschaft. Es ist eine Quelle der göttlichen Gnade, die die rechte natürliche Neigung nährt und vervollkommnet und selbst die Psyche der Eheleute prägt, so dass sie sich der eigenen Sendung „zur Mitwirkung mit der Liebe des Schöpfers”, wie das Konzil sagt (Gaudium et spes, Nr. 50), bewusst werden.

Das Bewusstsein, am göttlichen Schöpfungswerk und an der Liebe, die dieses Werk beseelt, mitzuwirken, hilft den Eheleuten, den heiligen Charakter der Zeugung und der zeugenden Liebe besser zu verstehen, und verstärkt die Ausrichtung ihrer Liebe auf die Weitergabe des Lebens.

7. Das Konzil unterstreicht auch die erzieherische Sendung der Eheleute. Wir lesen in Gaudium et spes: „Die Gatten aber müssen in ihrer Würde und Aufgabe als Vater und Mutter die Pflicht der Erziehung, vornehmlich der religiösen, die ihnen in ganz besonderer Weise zukommt, sorgfältig erfüllen” (Gaudium et spes, Nr. 48). Aber diese Mahnung inspiriert sich am Geist von Lumen Gentium, wo es heißt: „In solch einer Art Hauskirche sollen die Eltern durch Wort und Beispiel für ihre Kinder die ersten Glaubensboten sein” (Lumen Gentium, Nr. 11). Das Konzil betrachtet also die Sendung der Eheleute und Eltern aus ekklesiologischer Sicht, insofern sie Glieder der Kirche, der priesterlichen und sakramentalen Gemeinschaft, sind.

Es ist klar, dass für die Glaubenden die christliche Erziehung das schönste Geschenk ist, das die Eltern ihren Kindern geben können, und das wahrste und höchste Bekenntnis ihrer Liebe. Die christliche Erziehung erfordert einen echten und folgerichtigen Glauben und ein Leben nach dem Glauben.

8. Das Konzil sagt auch, dass der Ehebund „als gegenseitiges Sichschenken zweier Personen wie auch das Wohl der Kinder die unbedingte Treue der Gatten verlangen und ihre unauflösliche Einheit fordern” (vgl. Gaudium et spes, Nr. 48). Die Treue und Einheit erwachsen aus der vom Sakrament geschenkten „besonderen Gabe seiner Gnade und Liebe” (vgl. Gaudium et spes, Nr. 49). Das Konzil bekräftigt, dass, so wie Christus die Kirche geliebt hat, „die Gatten sich in gegenseitiger Hingabe und ständiger Treue lieben” (Gaudium et spes, Nr. 48) können. Es handelt sich wiederum um eine Kraft, die der Gnade des Sakraments innewohnt.

9. Am Schluss lesen wir in der Konzilskonstitution: „Daher soll die christliche Familie – entsteht sie doch aus der Ehe, die das Bild und die Teilhabe an dem Liebesbund Christi und der Kirche ist – die lebendige Gegenwart des Erlösers in der Welt und die wahre Natur der Kirche allen kundmachen, sowohl durch die Liebe der Gatten, in hochherziger Fruchtbarkeit, in Einheit und Treue als auch in der bereitwilligen Zusammenarbeit aller ihrer Glieder” (Gaudium et spes, Nr. 48).

Nicht nur jeder Christ, einzeln betrachtet, sondern die gesamte Familie als solche, bestehend aus christlichen Eltern und Kindern, ist aufgerufen, Zeugin des Lebens, der Liebe und der Einheit zu sein, die die Kirche in sich trägt als Eigenschaften, die aus ihrem Wesen als heilige, in der Liebe Christi gestiftete und lebende Gemeinschaft erwachsen.

__________________________

Liebe Schwestern und Brüder!

Mit dieser kurzen Betrachtung richte ich einen herzlichen Willkommensgrub an die deutschsprachigen Pilger und Besu cher. Besonders heibe ich die Eltern, Angehörigen und Freunde der neuen Rekruten der Päpstlichen Schweizergarde willkommen, die zur Teilnahme an der heutigen feierlichen Vereidigung nach Rom gekommen sind; ebenso begrübe ich die Mitglieder der Marianischen Bürgersodalität aus Trier.

Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die uns in diesem Moment geistlich verbunden sind, erteile ich von Herzen meinen Apostolischen Segen.

___________________________

Die schwerwiegenden derzeitigen Ereignisse in Bosnien-Herzegowina bedrücken das Herz der Menschen guten Willens.

Heute wollen wir allen, die unter den Schrecken eines grausamen Krieges leiden, unsere brüderliche Teilnahme an der ungeheuren Prüfung aussprechen, der so viele, von dem tragischen Konflikt betroffene Einzelpersonen und Familien ausgesetzt sind.

Der Heilige Stuhl hat sich entsprechend den Möglichkeiten, die ihm sein religiöser Status erlaubt, dafür eingesetzt, die internationalen Instanzen einzuschalten im Hinblick auf eine Kampfeinstellung und eine Lösung, die des Menschen und Europas würdig ist.

Ich fordere euch auf, mit mir Gott, unseren Vater, eifrig zu bitten, damit er

- die Herzen aller am Konflikt Beteiligten bekehre, indem er in ihnen geschwisterliche Gefühle weckt;

- allen beistehe, die auf der Suche nach einer sicheren Zuflucht ihren Wohnsitz verlassen müssen;

- die Hochherzigkeit derer vermehre, die helfen und viele Flüchtlinge aufnehmen, und sie mit reichem Segen belohne.

Unser Herr schenke den Regierenden, den internationalen Organisationen und uns selbst Mut, damit jeder seine eigene Verantwortung wahrnehme und niemand gleichgültig gegenüber den Leiden der Völker im gemarterten Bosnien-Herzegowina bleibe.