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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 9. Juni 1993

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Die Gläubigen in aller Welt blicken in diesen Tagen nach Sevilla, wo, wie ihr wisst, der Internationale Eucharistische Kongress gefeiert wird und wohin ich zu meiner Freude am kommenden Samstag und Sonntag fahren werde.

Zu Beginn unserer Begegnung heute, bei der wir über die Bedeutung der Eucharistie für das spirituelle Leben des Priesters nachdenken werden, lade ich euch herzlich ein, euch im Geist dieser großen und wichtigen Feier anzuschließen, die alle zu einer Erneuerung des Glaubens und der Verehrung der wirklichen Gegenwart Christi in der Eucharistie ruft.

1. Die Katechesen, die wir über das geistliche Leben des Priesters halten, gelten vor allem für den Klerus, sind aber an alle Gläubigen gerichtet. Denn es ist gut, dass alle die Lehre der Kirche über das Priesteramt kennen und das, was es von denen erfordert, die damit bekleidet sind und sich dem erhabenen Bild Christi – des ewigen Priesters und der heiligen Hostie des Heilsopfers – gleichförmig gemacht haben. Dieses Bild ist im Hebräerbrief und in den anderen Texten der Apostel und der Evangelisten dargestellt und wird von der Überlieferung des Denkens und Lebens der Kirche getreu weitergegeben. Auch heute ist es notwendig, dass der Klerus diesem Bild treu bleibt, in dem sich die lebendige Wahrheit Christi, des Priesters und Opfers, widerspiegelt.

2. Die Wiedergabe dieses Bildes verwirklicht sich in den Priestern hauptsächlich durch ihre lebendige Teilhabe am eucharistischen Geheimnis, worauf das christliche Priestertum wesentlich hingeordnet und woran es gebunden ist. Das Konzil von Trient hat betont, dass das zwischen Priestertum und Opfer bestehende Band vom Willen Christi abhängt, der seinen Dienern „die Gewalt übertragen hat, (Brot und Wein in) seinen Leib und sein Blut zu verwandeln und diese darzubringen und auszuteilen” (vgl. DS 1764). Hierin liegt ein Geheimnis der Gemeinschaft mit Christus im Sein und im Handeln vor, das sich in einem spirituellen Leben ausdrücken will, das vom Glauben und von der Liebe zur Eucharistie durchdrungen ist.

Der Priester weiß wohl, dass er sich nicht auf seine eigenen Kräfte verlassen kann, um die Ziele des Dienstes zu erreichen, sondern dass er berufen ist, als Werkzeug des siegreichen Handelns Christi zu dienen, dessen Opfertod, auf dem Altar gegenwärtig gesetzt, der Menschheit die Fülle der göttlichen Gaben vermittelt.

Aber er weiß auch, dass er, um an Christi Statt die Wandlungsworte: „Das ist mein Leib“ – „Das ist der Kelch … mein Blut“ würdig zu sprechen, in tiefer Vereinigung mit Christus leben und versuchen muss, dessen Antlitz in sich selbst wiederzugeben. Je intensiver er aus dem Leben Christi lebt, umso wahrer kann er die Eucharistie feiern.

Das Zweite Vatikanische Konzil hat daran erinnert: „Vor allem beim Meßopfer handeln die Priester in besonderer Weise an Christi Statt” (Presbyterorum ordinis, Nr. 13); deshalb kann es ohne Priester kein eucharistisches Opfer geben. Aber das Konzil hat auch betont, dass alle, die dieses Opfer darbringen, ihre Rolle demütig und in enger geistlicher Verbundenheit mit Christus als seine Diener im Dienst der Gemeinschaft spielen sollen. Sie müssen „das nachahmen, was sie vollziehen; weil sie das geheimnisvolle Geschehen des Todes unseres Herrn vergegenwärtigen, sollen sie auch ihren Leib mit seinen Fehlern und Begierden töten zu trachten” (Presbyterorum ordinis, Nr. 13). Indem sie das eucharistische Opfer darbringen, sollen die Priester sich selbst mit Christus darbringen und alle Verzichte und Opfer annehmen, die das Priesterleben erfordert. „Sacerdos et Hostia“ – mit Christus und wie Christus.

3. Wenn der Priester diese ihm und allen Gläubigen als Stimme des Neuen Testamentes und der Überlieferung vorgelegte Wahrheit „spürt“, versteht er die dringende Ermutigung des Konzils zur täglichen Eucharistiefeier, die „auch dann, wenn keine Gläubigen dabei sein können, ein Akt Christi und der Kirche” ist (Presbyterorum ordinis, Nr. 13). Damals neigte man dazu, nur in Anwesenheit von Gläubigen Eucharistie zu feiern. Wenn es nach dem Konzil wahr ist, dass man sein Möglichstes tun muss, um die Gläubigen zum Gottesdienst zu versammeln, ist es auch wahr, dass das vom Priester – auch wenn er allein ist – an Christi Statt vollzogene eucharistische Opfer die Wirksamkeit besitzt, die von Christus kommt und der Kirche immer neue Gnaden liefert. Deshalb empfehle auch ich den Priestern und dem ganzen christlichen Volk, den Herrn zu bitten, er möge den Glauben hinsichtlich dieser Bedeutung der Eucharistie stärken.

4. Die Bischofssynode von 1971 hat die Konzilslehre aufgegriffen und erklärt: „Die Feier der heiligen Eucharistie bleibt immer, auch wenn sie ohne die Teilnahme der Gläubigen geschieht, das Zentrum des kirchlichen Lebens und die Herzmitte der priesterlichen Existenz” (Der priesterliche Dienst, 11,3: O.R.dt., 1971, Nr. 11, S. 5). Ein wichtiges Wort: „Zentrum des kirchlichen Lebens.“ Die Eucharistie baut Kirche, so wie die Kirche ihrerseits eucharistisch begründet ist. Der Priester, der beauftragt ist, Kirche zu bauen, verwirklicht diese Aufgaben im Wesentlichen durch die Eucharistie. Auch wenn keine Gläubigen teilnehmen, hilft er mit, die Menschen durch das eucharistische Opfer in der Kirche um Christus zu sammeln.

Die Synode spricht außerdem von der Eucharistie als der „Herzmitte der priesterlichen Existenz“. Das heißt, dass der Priester, der wünscht, persönlich tief mit Christus verbunden zu sein, als erster in der Eucharistie das Sakrament findet, das diese enge Verbundenheit bewirkt, die weiter wachsen und sogar den Grad mystischer Identifizierung erreichen kann.

5. Auch auf dieser Stufe so vieler heiliger Priester kapselt sich die Priesterseele nicht ein, denn gerade aus der Eucharistie schöpft sie die „Liebe dessen, der sich seinen Gläubigen zur Speise gibt” (Presbyterorum ordinis, Nr. 13). Sie fühlt sich deshalb angespornt, sich ganz den Gläubigen zu schenken, an die sie den Leib Christi austeilt. Und gerade indem sie sich von diesem Leib nährt, fühlt sie sich angetrieben, den Gläubigen zu helfen, dass diese sich ihrerseits derselben Gegenwart öffnen, während sie sich von seiner unendlichen Liebe nähren, um aus dem Sakrament noch reichere Frucht zu schöpfen.

Zu diesem Zweck kann und soll der Priester die für eine gewinnbringende Eucharistiefeier notwendige Atmosphäre schaffen: die Atmosphäre des Gebets, des liturgischen Gebets, zu dem das Gottesvolk gerufen und erzogen werden sollte; des persönlichen betrachtenden Gebets; des Gebets gesunder christlicher Volkstraditionen, das die Messe vorbereiten und in gewisser Weise auch begleiten kann; des Gebets der heiligen Stätten, der sakralen Kunst, des Kirchenlieds, der musikalischen Aufführungen (besonders mit der Orgel), das in den Formeln und Riten beinahe verkörpert ist und ständig alles belebt und wiederbelebt, damit es an der Verherrlichung Gottes und an der geistlichen Erhebung des christlichen Volkes teilhaben kann, das zur Eucharistiefeier versammelt ist.

6. Das Konzil empfiehlt dem Priester über die tägliche Messfeier hinaus auch besonders „die tägliche Zwiesprache mit Christus dem Herrn beim Besuch und in persönlicher Andacht vor der Heiligsten Eucharistie” (vgl. Presbyterorum ordinis, Nr. 18). Der Glaube und die Liebe zur Eucharistie können nicht zulassen, dass die Gegenwart Christi im Tabernakel unbeachtet bleibt (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1418). Schon im Alten Testament wusste man, dass Gott in einem „Zelt” (oder „Tabernakel”) wohnte, das „Offenbarungszelt” (Ex 33,7) genannt wurde. Die Offenbarung war von Gott gewollt. Man kann sagen, dass auch im Tabernakel der Eucharistie Christus gegenwärtig ist im Hinblick auf ein Zwiegespräch mit seinem neuen Volk und mit den einzelnen Gläubigen. Der Priester ist als erster gerufen, in dieses Offenbarungszelt einzutreten und Christus, der im Tabernakel gegenwärtig ist, zu einem „täglichen Zwiegespräch” zu besuchen.

Zum Schluss möchte ich daran erinnern, dass der Priester mehr als jeder andere dazu berufen ist, an der grundlegenden Verfügung Christi in diesem Sakrament teilzuhaben, das heißt an der „Gnadenwirkung”, nach der es benannt ist. Verbunden mit Christus, dem Priester und Opfer, teilt der Priester nicht nur seine Hingabe, sondern auch sein Gefühl, seine Bereitschaft zur Dankbarkeit gegenüber dem Vater für die Wohltaten, die er der Menschheit, jedem Menschen, dem Priester selbst und all denen erweist, die im Himmel und auf Erden zur Teilhabe an der Herrlichkeit Gottes berufen sind. „Gratias agimus tibi propter magnam gloriam tuam …” So setzt der Priester den Beschuldigungen und Auflehnungen gegenüber Gott – die man oft in der Welt hört – den gemeinsamen Lobpreis und Segen entgegen, der von denen aufsteigt, die im Menschen und in der Welt die Zeichen einer unendlichen Güte zu erkennen wissen.

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Liebe Schwestern und Brüder!

Herzlich begrüße ich euch, die Pilger und Besucher aus den deutschsprachigen Ländern, die ihr so zahlreich zur heutigen Audienz in die Petersbasilika gekommen seid.

Mit der Bitte, für die Heiligung unserer Priester Euch im Gebet zu vereinen, grüße ich Euch alle sehr herzlich. Gern erteile ich Euch, Euren lieben Angehörigen zu Hause sowie den mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbundenen Gläubigen meinen Apostolischen Segen.