PASTORALBESUCH IN DER DIÖZES TURIN
PREDIGT VON PAPST JOHANNES PAUL II.
13. April 1980
1. „Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten ..." (Joh 20, 9). Mit diesen Worten beginnt heute die Lesung des Evangeliums nach Johannes. "Die Türen waren verschlossen ... aus Furcht."
Bereits am Morgen erreichte die Apostel, die im Abendmahlssaal versammelt waren, die Nachricht, daß das Grab, in das man Christus gelegt hatte, leer war. Der Stein, der auf Ersuchen des Hohen Rates von den römischen Behörden versiegelt wurde, war weggerollt worden. Die Wachen, die auf Initiative und Anordnung des Hohen Rates am Grab Wache halten sollten, waren nicht da.
Die Frauen, die sich frühmorgens zum Grab Jesu begeben hatten, konnten mühelos das Grab betreten. Nachher konnte das auch Petrus tun, der von ihnen benachrichtigt worden war, und mit ihm Johannes. Petrus ging in das Grab, sah die Leinenbinden und daneben das Schweißtuch liegen, in die man den Leib des Meisters gehüllt hatte. Beide stellten fest, daß das Grab leer und verlassen war. Sie glaubten also den zuverlässigen Worten, mit denen die Frauen, vor allem Maria von Magdala, ihnen berichtet hatten; doch ™ das Schriftwort, daß Er von den Toten auferstehen sollte, hatten sie noch nicht begriffen (vgl. Joh 20, 1 ff.).
Sie kehrten also in den Abendmahlssaal zurück, um die weitere Entwicklung der Ereignisse abzuwarten. Wenn der Evangelist Johannes, der persönlich an all dem teilgenommen hat, schreibt, daß die Jünger (im Abendmahlssaal) aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, so soll das heißen, daß an jenem Tag in ihnen die Furcht stärker war als andere Gefühle. Sie erwarteten sich nichts Gutes von der Tatsache, daß das Grab leer war; sie erwarteten vielmehr neue Belästigungen und Schikanen von Seiten der Vertreter der jüdischen Behörden. Es war eine gewöhnliche, menschliche Furcht, die aus der un-
mittelbaren Bedrohimg herrührte. Doch hinter dieser unmittelbaren, sie selbst betreffenden Angst und Furcht stand eine tiefere Furcht, die von den Geschehnissen der vorangegangenen Tage hervorgerufen wurde. Diese Furcht hatte in der Nacht des Gründonnerstags eingesetzt, im Verlauf des Karfreitags ihren Höhepunkt erreicht und hielt nach der Grablegung Jesu noch an, wodurch sämtliche Initiativen lahmgelegt wurden.
Es war die Furcht, die aus dem Tode Christi geboren war.
Als sie einmal von ihm gefragt wurden: „Für wen halten die Leute, den Menschensohn?" (Mt 16, 13), hatten sie verschiedene Stimmen und Meinungen über Christus wiedergegeben; und dann, als sie direkt gefragt wurden: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?" (Mt 16, 15), hatten sie die Worte des Simon Petrus gehört und diese schweigend als ihre eigenen angenommen: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes" (Mt 16, 16).
Am Kreuz ist demnach der Sohn des lebendigen Gottes gestorben.
Die Furcht, von der die Herzen der Apostel erfaßt wurden, hatte ihre tiefsten Wurzeln in diesem Tod: es war sozusagen die Furcht, die durch den Tod Gottes ausgelöst wurde.
2. Diese Furcht quält auch die Menschen unserer Zeit. Sie erfahren sie in verstärktem Maß. Tiefer empfinden sie wahrscheinlich diejenigen, die sich der Gesamtsituation des Menschen stärker bewußt sind und zugleich den Tod Gottes in der Welt des Menschen angenommen haben.
Diese Furcht liegt nicht an der Oberfläche des menschlichen Lebens. An der Oberfläche wird sie durch die verschiedenen Mittel der modernen Zivilisation und Technik kompensiert, die es dem Menschen ermöglichen, sich von seinem Inneren freizumachen und in der Dimension des homo oeconomicus, des homo technicns, des homo poli-ticus und in gewissem Grade auch des homo ludens zu leben.
Gegenwärtig besteht und wächst mit ausreichender Motivierung das Bewußtsein eines beschleunigten Fortschritts des Menschen im Bereich seiner Beherrschung der sichtbaren Welt und der Natur.
Der Mensch in seiner planetarischen Dimension war sich noch nie so sehr aller Kräfte bewußt, die er gebrauchen und - in seinen Dienst stellen kann, und er hat sich ihrer auch nie zuvor in solchem Ausmaß bedient. Von diesem Gesichtspunkt her und in dieser Dimension ist die Überzeugung vom Fortschritt der Menschheit voll gerechtfertigt.
In den Ländern und im Bereich des größten technischen Fortschritts und materiellen Wohlstandes geht mit dieser Überzeugung eine Haltung einher, die man gewöhnlich als „konsumistisch" bezeichnet. Sie ist ein Beweis dafür, daß die Überzeugung hinsichtlich des menschlichen Fortschritts nur teilweise gerechtfertigt ist. Ja, sie ist ein Beweis dafür, daß diese Einstellung zum Fortschritt im Menschen das töten kann, was das zutiefst und wesentlich Menschliche ist.
Wenn Mutter Teresa von Kalkutta — eine jener Frauen, die keine Angst haben, in der Nachfolge Christi in alle Dimensionen des Menschseins, in alle Situationen des Menschen unserer heutigen Welt hinabzusteigen — hier anwesend wäre, würde sie uns sagen, daß auf den Straßen Kalkuttas und anderer Städte der Welt die Menschen ververhungern ...
Diese Konsumhaltung berücksichtigt nicht die ganze Wahrheit vom Menschen — weder die historische, noch die soziale, noch die innere und metaphysische. Sie stellt vielmehr eine Flucht vor der Wahrheit dar. Sie zieht nicht die ganze Wahrheit vom Menschen in Betracht. Der Mensch ist zur Glückseligkeit geschaffen. Gewiß! Aber das Glück des Menschen ist nicht gleichzusetzen mit dem Genuß! Der konsumorientierte Mensch verliert beim Genießen die volle Dimension • seines Menschseins, er verliert das Bewußtsein des tieferen Sinnes des Lebens. Dieses Verständnis von Fortschritt tötet also im Menschen das, w-as in tieferem und wesenhafterem Sinn menschlich ist.
3. Aber der Mensch flieht vor dem Tod. Der Mensch hat Angst vor dem Tod. Der Mensch wehrt sich gegen den Tod. Und die Gesellschaft sucht ihn vor dem Tod zu schützen.
Der Fortschritt, der mit soviel Schwierigkeiten, mit solcher Energieverschwendung und so gewaltigen Ausgaben von den einzelnen Generationen der Menschheit aufgebaut wurde, schließt jedoch in seinem Gesamtumfang einen potentiellen Todesfaktor ein. Ist es nötig, das der Gesellschaft zu beweisen, die nur zu gut Bescheid weiß um die Zerstörungsmöglichkeiten in den heutigen Waffen-ünd Atömarsenalen?
Der Mensch von heute hat also Angst. Angst haben die Supermächte, die über jene Arsenale verfügen —, und Angst haben die anderen: die Kontinente, die Nationen, die Städte ...
Diese Angst ist berechtigt. Es gibt nicht nur bisher unbekannte Zerstörungs- und Vernichtungsmöglichkeiten, sondern schon heute töten Menschen in großer Zahl andere Menschen! Sie töten in den Wohnungen, in den Büros, in den Universitäten. Die mit modernen Waffen ausgerüsteten Menschen töten wehrlose und unschuldige Menschen. Vorfälle dieser Art hat es immer gegeben, doch heute ist es zum System geworden. Wenn Menschen behaupten, man müsse andere Menschen töten, um den Menschen und die Gesellschaft zu ändern und zu bessern, dann müssen wir fragen, ob wir in der Folge dieses gigantischen materiellen Fortschritts, an dem unsere Zeit teilnimmt, nicht schon soweit gekommen sind, den Menschen selbst, einen so fundamentalen und ele-mentalen Wert, auszulöschen! Sind wir nicht schon bei der Leugnung jenes Grundprinzips angelangt, das der antike christliche Denker mit dem Satz ausgedrückt hat: „Der Mensch muß leben"? (Ire-näiLs).
So quält also eine berechtigte Furcht die Generation der heutigen Menschen. Wird diese Einstellung und Ausrichtung auf einen gigantischen Fortschritt, der zum Wortführer unserer Zivilisation geworden ist, nicht zum Anfang des gewaltigen und programmierten Todes des Menschen werden?
Sind die schrecklichen Todeslager, deren Spuren noch manche unserer Zeitgenossen am eigenen Leib tragen, in unserem Jahrhundert auch eine Vorankündigung und eine Vorwegnahme dafür gewesen?
4. Die im Abendmahlssaal in Jerusalem versam-.melten Apostel wurden von Angst ergriffen: „Als
die Jünger aus Furcht ... die Türen verschlossen hatten." Der Sohn Gottes war am Kreuz gestorben.
Wird die Furcht, die die modernen Menschen quält, in ihrer tiefsten Wurzel nicht vielleicht auch vom „Tod Gottes" hervorgerufen?
Nicht vom Tod am Kreuz, der zum Anfang der Auferstehung und zur Quelle der Verherrlichung des Gottessohnes und zugleich zum Fundament der menschlichen Hoffnung und zum Zeichen des Heils geworden ist — nicht von jenem Tod.
Sondern von dem Tod, mit welchem der Mensch Gott in seinem Inneren sterben läßt und besonders im Verlauf der letzten Abschnitte seiner Geschichte, in seinem Denken, in seinem Gewissen, in seinem Handeln. Das ist gleichsam ein gemeinsamer Nenner für viele Initiativen des menschlichen Denkens und Wollens. Der Mensch entfernt sich selbst , und die Welt von Gott. Und er nennt das ,3efreiung von der religiösen Entfremdung". Der Mensch entzieht sich selbst und die Welt Gott, weil er glaubt, daß er nur in ihren vollen Besitz eintreten kann, wenn er zum Herrn der Welt und seines eigenen Seins wird. Der Mensch läßt also in sich und in anderen Gott „sterben". Diesem Zweck dienen ganze phüosophische Systeme, gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Programme. Wir leben somit in einer Zeit des gewaltigen materiellen Fortschritts, die gleichzeitig die einer zuvor nie gekannten Leugnung Gottes ist.
Das ist das Bild unserer Zivüisation.
Aber warum hat der Mensch Angst? Vielleicht gerade deshalb, weil er infolge dieser Leugnung Gottes im letzten allein bleibt: metaphysisch allein ... innerlich allein.
Oder vielleicht ... deshalb, weil der Mensch, der Gott sterben läßt, auch keinen entscheidenden Zügel finden wird, der ihn vom Töten des Menschen abhalten könnte. Dieser entscheidende Zügel ist Gott. Der letzte Grund, warum der Mensch lebt, das Leben des Menschen achtet und schützt, liegt in Gott. Und der letzte Grund für den Wert und die Würde des Menschen, für den Sinn seines Lebens ist die Tatsache, daß er Abbild und Ebenbild Gottes ist!
5. Am Abend des ersten Tages der Woche, als die Jünger „aus Furcht vor den Juden" hinter verschlossenen Türen saßen, kam Jesus zu ihnen. Er trat ein, trat in ihre Mitte und sagte: „Friede sei mit euch!" (Joh 20, 19).
Er lebt also! Das leere Grab bedeutet nichts anderes, als daß er auferstanden war, wie er vorausgesagt hatte. Er lebt — und nun kommt er zu ihnen, an denselben Ort, den er mit ihnen zusammen am Abend des Gründonnerstags nach dem Paschamahl verlassen hatte. Er lebt — in seiner eigenen Leiblichkeit. In der Tat, nachdem er sie begrüßt hatte, „zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite" (Joh 20, 20). Warum? Sicher deshalb, weil hier die Zeichen der Kreuzigung noch sichtbar waren. Es ist also derselbe Christus, der gekreuzigt worden und am Kreuz gestorben war — und der jetzt lebt. Es ist der auferstandene Christus. Am Morgen desselben Tages hatte er sich von Magdalena nicht festhalten lassen; und jetzt „zeigte er ihnen — den Jüngern — die Hände und die Seite".
„Da freuten sich die Jünger, daß sie den Herrn sahen" (Joh 20, 20). Sie freuten sich! Das ist ein einfaches und zugleich tiefes Wort. Es spricht nicht direkt von der Tiefe und Macht der Freude, deren die Zeugen des Auferstandenen teilhaftig wurden — doch es läßt sie uns ahnen. Wenn die Furcht ihre tiefsten Wurzeln im Ereignis des Todes des Gottessohnes hatte, dann mußte die Freude über die Begegnung mit dem Auferstandenen die Ausmaße jener Furcht haben. Sie mußte größer sein als die Furcht. Diese Freude war um so größer, je schwieriger es menschlich fiel, sie anzunehmen. Und wie schwer das gefallen sein muß, das beweist das nachfolgende Verhalten des Thomas, der ,nicht bei ihnen war, als Jesus kam" (Joh 20, 24).
Diese Freude läßt sich kaum beschreiben. Es ist kaum möglich, sie mit dem Maßstab des menschlichen Fassungsvermögens zu messen. Sie ist einfach, von der ganzen Einfachheit des Evangeliums, und zugleich ist sie tief, von der ganzen Tiefe des Evangeliums. Die Tiefe des Evangeliums besteht aber darin, daß in ihm der ganze Mensch vollständig enthalten ist. Er ist überreich in ihm enthalten: mit seinem ganzen Wollen, mit der ganzen Erwartung seines Geistes und mit allen Wünschen seines Herzens. Er ist in ihm auch enthalten mit der ganzen Tiefe jener Furcht, die aus dem „Tod Gottes" und auch im Hinblick auf den „Tod des Menschen" entsteht.
Gerade die Zeit, in der wir leben — wo sich im menschlichen Denken, im Bewußtsein und Handeln die Perspektive des aus dem „Tod Gottes" erwachsenen „Todes des Menschen" entwickelte — gerade diese Zeit verlangt in besonderer Weise nach der Wahrheit der Auferstehung des Gekreuzigten. Sie verlangt nach dem Zeugnis der Auferstehung, das ausdrucksvoll wie nie zuvor sein muß.
Nicht umsonst hat das Zweite Vatikanum die Aufmerksamkeit der ganzen Kirche auf das myste-rium paschale, das Ostergeheimnis, gelenkt.
6. Wir erleben also heute dieses Geheimnis mit der ganzen Kirche hier in Turin. Vor dieser Stadt und der Gesellschaft geben wir Zeugnis von der Auferstehung Christi. Ganz Turin soll zu einem Abendmahlssaal dieser Begegnung mit dem Auferstandenen werden, zu der uns die heilige Liturgie heute hinführt.
Es gibt dafür reiche historische Gründe, die bis in die Antike zurückreichen. Vor allem aber finden sich solche Gründe in der jüngsten Geschichte eurer Stadt und eurer Kirche. Das Ostergeheimnis hat hier einige seiner hervorragenden Zeugen und Apostel gefunden, im besonderen am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Es konnte ja auch gar nicht anders sein in der Stadt, die eine so ungewöhnliche und geheimnisvolle Reliquie bewahrt wie das heilige Leichentuch, einen einzigartigen Zeugen für Ostern — wenn wir die Argumente zahlreicher Wissenschaftler gelten lassen: ein Zeugnis für das Leiden, den Tod und die Auferstehung; ein stummer, aber zugleich staunenerregender, beredter Zeuge!
Aber hat in all jenen Männern, die hier in Turin ihre Spuren und eine so wunderbare Saat der Heiligkeit hinterlassen haben: Don Bosco, Cottolengo, Cafasso — hat, so wiederhole ich, in diesen Männern nicht der gekreuzigte und auferstandene Christus gewirkt?
Jemand wird nun sagen: das ist Geschichte von gestern>Das Heute ist anders, völlig anders, Das Heute tritt das Gestern mit Füßen. Hier ist nicht mehr das Turin der Heiligen, sondern das Turin der Großindustrie und der großen Verweltlichung, das Turin des täglichen Klassenkampfes und der unaufhörlichen Gewalttätigkeit. Die Heiligen gehören der Vergangenheit an, sie genügen nicht für die heutige Zeit — so mag der eine oder andere sprechen.
Aber Christus gibt es. Und er genügt für jede Zeit: „Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit!" (Hebr 13, 8). Noch mehr. Hören wir uns die Geheime Offenbarung des Apostels Johannes an. Er gibt ein besonderes Zeugnis für
diesen Christus von gestern, heute und morgen-JUb ich ihn sah, fiel ich wie tot vor seüieri Fußen nieder. Er aber legte seine rechte Hand auf mich und sagte: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige Ich war tot, doch nun lebe ich in alle Ewigkeit und ich habe die Schlüssel zum Tod und zur Unterwelt" (0//b 1, 17—18).
Macht über den Tod ...
Ja. Den einzigen Schlüssel gegen den „Tod des Menschen" besitzt er: der Sohn des lebendigen Gottes. Er, der Zeuge des lebendigen Gottes: „Der Erste und der Letzte und der Lebendige."
Das wird uns Menschen des Zeitalters eines gigantischen Fortschritts gesagt — und des Zeitalters einer Angst, die mit den menschlichen Erfolgen und seinen Bedrohungen ständig wächst.
Das ist uns gesagt.
7. Vielleicht sind unter uns heute die Nicht-glaubenden zahlreicher als die Glaubenden? Vielleicht ist der Glaube gestorben und von einer Schicht profaner Alltäglichkeit oder gar von Leugnimg und Verachtung überdeckt ...
In dem Geschehen, das uns das Evangelium der heutigen Liturgie berichtet, gibt es auch einen ungläubigen Jünger, der auf seinem Nichtglauben beharrt: „Wenn ich nicht ... sehe, glaube ich nicht" (Joh 20, 25).
Christus sagt: „Siehe" ... überzeuge dich selbst ... „und sei nicht ungläubig" Uoh 20, 27). Oder vielleicht verbirgt sich unter dem Nichtglauben gerade die Sünde, die eingefleischte Sünde, die die fortschrittlichen Menschen nicht mehr beim Namen nennen wollen, damit der Mensch sie nicht nennt und dadurch die Vergebung sucht. Christus sagt: „Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert" Uoh 20, 22—23). Der Mensch darf die Sünde beim Namen nennen, er ist nicht gezwungen, sie in sich zu verfälschen, denn die Kirche hat von Christus die Macht und die Gewalt über die Sünde erhalten zum Heil des menschlichen Gewissens.
Auch das sind wesentliche Einzelheiten der heutigen Osterbotschaft.
Die ganze Kirche verkündet heute allen Menschen die Osterfreude, in der der Sieg über die Furcht des Menschen seinen Widerhall findet, über die Furcht im Gewissen der Menschen, die aus der Sünde geboren ist. über die Furcht vor dem Dasein, die im Menschen aus dem „Tod Gottes" geboren ist, in dem sich die Perspektiven eines vielfachen „Todes des Menschen" auftun.
Und das ist die Freude der im Abendmahlssaal in Jerusalem versammelten Jünger, die österliche Freude der Kirche, die in diesem Abendmahlssaal ihren Anfang nimmt. Sie hat ihren Ursprung in dem verlassenen Grab unter Golgota — und in den Herzen jener einfachen Männer,, die „am Abend dieses ersten Tages der Woche" den Auferstandenen sehen und aus seinem Munde den Gruß hören: „Friede sei mit euch!"
Möge diese Freude, die mächtiger ist als jede Furcht des Menschen, dieser Kirche und dieser Stadt, der antiken Augusta Taurinorum, zuteil werden, in die eine Pilgerreise zu unternehmen mir unwürdigem Nachfolger Petri geschenkt wurde. Amen.
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