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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 30. März 1983

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1. Heiliges Jahr, Heilige Pforte, Heilige Stätten, Heilige Woche …: Diese herkömmliche Anerkennung der „Heiligkeit“ räumlicher oder zeitlicher Gegebenheiten beweist, dass die Volksseele oder sogar die Kirche in ihnen eine besondere Beziehung zu Gott entdeckt und somit die Bezeichnung „geweiht“ für gerechtfertigt hält.

Für uns Christen ist die sakrale Bedeutung dieser heiligen Tage durch das Gedenken an das Leiden und den Tod Christi gegeben, das wir in ihrem Verlauf mit lebendigem Glauben feiern – mit tiefer Frömmigkeit und bewusstem Ernst, mit unserem liturgischen und spirituellen Miterleben jenes Geheimnisses der Erlösung, das jeden Tag im Credo zum Ausdruck kommt: „Er wurde auch für uns gekreuzigt …, hat gelitten und wurde begraben.“

Es sind also die Tage des Kreuzes, die Tage, an denen den Christen unwillkürlich der uralte liturgische Hymnus auf die Lippen kommt, der von Generation zu Generation weitergegeben und von Millionen von Gläubigen zu allen Zeiten wiederholt wurde, auch während des ersten von Papst Bonifaz VIII. im Jahre 1300 ausgerufenen Heiligen Jahres: „Die Banner des Königs wallen empor, es leuchtet das Geheimnis des Kreuzes …“

Das Kreuz ist das Zeichen Christi, das wir verehren und besingen. Ja, aufgrund seiner Funktion als Werkzeug unserer Erlösung, das entsprechend dem Plan des Vaters aufs Engste mit dem verbunden ist, der daran wie an einem Galgen aufgehängt wurde, verehren wir es gleichsam durch eine Ausweitung des Kultes, den wir dem menschgewordenen Gott vorbehalten.

Tatsächlich bedeutet das Kreuz verehren (wie wir es in liturgischer Form am Karfreitag tun werden), Christus selbst verehren: „Wir beten dich an, Christus, und preisen dich; denn durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst.“

2. Das Kreuz gehört in der Tat wesentlich zu unserer Existenz, wie uns die Alltagserfahrung beweist. Ja, man könnte sagen, das Kreuz hat seinen Ursprung im Wesen der geschaffenen Dinge selbst.

Der Mensch ist sich der Werte, aber auch der Grenzen bewusst. Hier haben wir das Problem des Bösen, das unter bestimmten Umständen physischer, psychischer und geistlicher Unruhe und Verwirrung Schmerz, Leiden und sogar Sünde ist. Warum gibt es das Böse, warum gibt es den Schmerz, warum gibt es dieses menschliche Kreuz, das zwar unserer Natur wesensentsprechend, doch in vielen Fällen so absurd zu sein scheint? Das sind Fragen, die seit jeher Verstand und Herz des Menschen quälen und auf die es vielleicht theoretische Teilantworten geben mag, die aber in der Wirklichkeit des Lebens immer wieder und mitunter in dramatischer Weise aufgeworfen werden – besonders dann, wenn es sich um den Schmerz der Unschuldigen, der Kinder, auch um den Schmerz von Gruppen von Menschen und von ganzen Völkern handelt, die von gewalttätigen Kräften unterdrückt werden, welche in der Welt den Triumph der Bosheit anzuzeigen scheinen. Wer von uns würde sich nicht angesichts so vieler schmerzlicher Vorkommnisse, so vieler Kreuze, im Herzen verwundet fühlen?

Es stimmt, dass die allgemeine Erfahrung uns auch die heilsamen Auswirkungen des Schmerzes als Quelle von Reife, Weisheit, Güte, Verständnis und Solidarität für viele Menschen lehrt, sodass man von seiner Fruchtbarkeit sprechen kann. Aber diese Feststellung lässt das Grundproblem ungelöst und beseitigt nicht die Versuchung Ijobs, vor der auch der Christ steht, wenn er sich veranlasst fühlt, Gott zu fragen: Warum?

Ja, für viele stellt das Problem des Bösen und des Schmerzes einen Widerspruch zur Vorsehung Gottes, wenn nicht gar einen Einwand gegen seine Existenz dar. Die Wirklichkeit des Kreuzes wird dann zu einem Ärgernis, weil es sich um ein Kreuz ohne Christus handelt – die drückendste und unerträglichste Wirklichkeit, mitunter schrecklich bis zur Tragödie!

3. Das Kreuz mit Christus ist die große Offenbarung der Bedeutung des Schmerzes und des Wertes, den er im Leben und in der Geschichte besitzt. Wer das Kreuz begreift, wer es umfängt, schlägt einen ganz anderen Weg ein als den der Anklage oder Anfechtung Gottes: Im Kreuz findet er vielmehr den Antrieb zu einem neuen Aufstieg zu Ihm – auf dem Weg Christi, der eben der Weg des Kreuzes ist.

Das Kreuz ist der Beweis einer unendlichen Liebe, die eben in der Hostie (d. h. im Opfer) der Sühne und der Versöhnung das Prinzip der Wiederherstellung der Welt und insbesondere der Erlösung des Menschen niedergelegt hat: Erlösung von der Sünde und, wenigstens in ihren Wurzeln, vom Bösen, vom Schmerz und vom Tod.

Das Kreuz fordert uns jedoch auf, die Liebe mit Liebe zu beantworten. Wir können Gott, der uns zuerst geliebt hat, den Beweis unserer innersten Anteilnahme und Mitwirkung an seinem Heilsplan geben. Es wird uns nicht immer gelingen, in diesem Plan das Warum der Schmerzen aufzudecken, denen wir auf unserem Lebensweg begegnen. Wenn wir uns auf den Glauben stützen, können wir jedoch zu der Gewissheit kommen, dass es sich um einen Plan der Liebe handelt, in welchem sich die ganze unendliche Skala der großen und kleinen Kreuze in dem einen Kreuz aufzulösen trachtet.

Das Kreuz ist daher für uns eine Gewähr des Lebens, der Auferstehung und der Rettung, weil es die erneuernde Kraft der Erlösung Christi in sich enthält und den Gläubigen mitteilt. In ihm ist nach dem hl. Paulus auch die künftige Auferstehung und himmlische Verherrlichung, die in der Ewigkeit die glorreiche Mitteilung des von Christus mit seinem Leiden und seinem Tod errungenen Sieges darstellen wird, bereits Wirklichkeit.

Wir sind mit der Erfahrung unseres täglichen Schmerzes dazu aufgerufen, an diesem Geheimnis teilzuhaben, das gewiss Leiden, aber auch Herrlichkeit bedeutet.

4. In diesen Tagen der Karwoche und des Heiligen Jahres sind wir eingeladen, auf Christus zu blicken, der uns so sehr geliebt hat, dass er für uns am Kreuz gestorben ist.

Wir sind eingeladen, uns mit der Kirche zu vereinen, die insbesondere mit der Feier der das Erdenleben Christi abschließenden Mysterien uns ein lebendigeres Bewusstsein für das Erlösungsgeheimnis einflößen möchte; das ist auch das Grundanliegen des Jubiläumsjahres.

Im Kreuz, dem Zeichen und Werkzeug Christi, des Erlösers, grüßen wir das Fundament unserer Hoffnung, weil wir in ihm den Beweis der allmächtigen und erbarmenden Liebe Gottes für den Menschen erkennen und erfahren.

Wir wenden uns an das Kreuz und an den gekreuzigten Christus in dieser Passionszeit: einer Zeit, die nicht nur liturgischen, sondern auch geschichtlichen, sozialen und spirituellen Charakter trägt und in der wir sehen, wie viele Schmerzen, wie viele „Passionen“ und wie viele Kreuze leider ohne Christus sich über der Welt zusammenballen!

Wir bitten den Erlöser im Namen seines Kreuzes darum, dass er seiner Kirche und der ganzen Menschheit die Gnade des Heiligen Jahres, die Gaben der Umkehr und der Heiligkeit gewähren möge, deren wir bedürfen.

Das will das Heilige Jahr, und darum bittet uns Christus vom Kreuz herab: eine größere Offenheit für seine Erlösung, indem wir unsere Sünden bereuen und nach Heiligkeit streben.

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Liebe Brüder und Schwestern!

Mit besonderer Freude grüße ich euch heute zu dieser ersten Audienz im Jubiläumsjahr der Erlösung hier auf dem weiten Petersplatz.

Ich grüße jeden Einzelnen, die Familien und versammelten Gruppen, vor allem den großen Diözesanpilgerzug aus Münster unter der Leitung des hochwürdigsten Herrn Weihbischofs Ostermann.

Unsere heutige Begegnung in der Mitte der Heiligen Woche ist ein gemeinsames Zeugnis unseres Glaubens an Christus, den Gekreuzigten, der uns durch sein Leiden und Sterben erlöst hat.

Das Kreuz ist das Siegeszeichen Christi, unseres Erlösers. Zugleich gehört das Kreuz als Erfahrung von Leid, Schmerz und Tod zu unserem persönlichen Leben im Alltag.

Auf die Frage nach dem Warum gibt es letztlich nur vom Kreuze Christi her eine Antwort. Er hat in seinem Sterben alles menschenmögliche Leid zutiefst verwandelt und uns dadurch auch unser Kreuz als Mittel und Weg zur Erlösung und Auferstehung aufgezeigt.

Öffnen wir uns neu für diese trostreiche und ermutigende Heilsbotschaft der Heiligen Woche und des Jubiläumsjahres der Erlösung! Mit besten österlichen Wünschen erteile ich euch allen von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen.

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Liebe Brüder und Schwestern!

Mit besonderer Freude grübe ich euch heute zu dieser ersten Audienz im Jubiläumsjahr der Erlösung hier auf dem weiten Petersplatz. Ich grübe jeden einzelnen, die Familien und verlesenen Gruppen, vor allem den groben Diözesanpilgerzug aus Münster unter der Leitung des hochwürdigsten Herrn Weihbischofs Ostermann.

Unsere heutige Begegnung in der Mitte der Heiligen Woche ist ein gemeinsames Zeugnis unseres Glaubens an Christus, den Gekreuzigten, der uns durch sein Leiden und Sterben erlöst hat. Das Kreuz is das Siegeszeichen Christi, unseres Erlösers. Zugleich gehört das Kreuz als Erfahrung von Leid, Schmerz und Tod zu unserem persönlichen Leben im Alltag. Auf die Frage nach dem”Warum“gibt es letztlich nur vom Kreuze Christi her eine Antwort. Er hat in seinem Sterben alles menschenmögliche Leid zutiefst verwandelt und uns dadurch auch unser Kreuz als Mittel und Weg zu Erlösung und Auferstehung aufgezeigt. Öffnen wir uns neu für diese trostvolle und ermutigende Heilsbotschaft der Heiligen Woche und des Jubiläumsjahres der Erlösung! Mit besten österlichen Wünschen erteile ich euch allen von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen.

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Gebet an Unsere Liebe Frau von Jasna Góra

Allerseligste Mutter!

An dein vom Schwert des Schmerzes durchbohrtes Herz ergeht unser Ruf!

Karwoche 1983.

Durch dein mütterliches Herz nähern wir uns dem unerforschlichen Geheimnis des Leidens Christi, dem Geheimnis seines Kreuzes.

So geschieht es im ganzen polnischen Land: in allen Kirchen, Kapellen, Pfarreien, Gemeinden – in allen Herzen.

Während der ganzen Fastenzeit denken wir über das Leiden und Sterben Christi nach. Wir erleben die Tage der Karwoche: den Donnerstag, Freitag und Samstag.

Nimm, Mutter von Jasna Góra, unseren Willen an, mit Christus gekreuzigt und begraben zu werden.

Nimm all das an, was in der Fastenzeit zur Bekehrung und zur Änderung des Lebens getan wurde.

Nimm alle geistlichen Übungen an, die Tage der Einkehr, die Kreuzwege, die Klagelieder.

Nimm alle Beichten und heiligen Kommunionen an. Nimm alle Gebete an.

Nimm auch die Opfer aller derer an, die in Polen leiden: jenes ganz neue Kapitel des Leidens, das sich vor nunmehr zwei Jahren in unsere Geschichte einzuschreiben begann.

Dein Sohn, Jesus Christus, der gepeinigt, gekreuzigt und begraben wurde – der Christus der Karwoche –, werde für uns auch in diesem Jahr zur Quelle der Kraft und zum Zeichen der Hoffnung.