HEILIGE MESSE MIT HEILIGSPRECHUNG DER SELIGEN:
- PIER GIORGIO FRASSATI
- CARLO ACUTIS
PAPSTMESSE
PREDIGT VON PAPST LEO XIV.
Petersplatz
23. Sonntag im Jahreskreis, 7. September 2025
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Papst Leo XIV. – Frei gesprochene Worte vor der Heiligen Messe mit dem Ritus der Heiligsprechung
Guten Morgen allerseits! Einen schönen Sonntag und herzlich willkommen! Danke!
Brüder und Schwestern, heute ist ein wunderschöner Festtag für ganz Italien, für die ganze Kirche, für die ganze Welt! Bevor wir mit der feierlichen Heiligsprechungszeremonie beginnen, möchte ich euch alle begrüßen und ein paar Worte an euch richten, denn obwohl es sich um eine sehr feierliche Zeremonie handelt, ist es auch ein Tag großer Freude! Ich möchte vor allem die vielen jungen Menschen begrüßen, die zu dieser Heiligen Messe gekommen sind! Es ist wirklich ein Segen des Herrn, dass wir uns alle versammeln können, die ihr aus verschiedenen Ländern gekommen seid. Es ist wirklich ein Geschenk des Glaubens, den wir miteinander teilen wollen.
Nach der Heiligen Messe hoffe ich, dass ihr ein wenig Geduld habt, damit ich kommen und euch auf dem Platz begrüßen kann. Wenn ihr jetzt weit weg seid, hoffen wir zumindest, dass wir uns begrüßen können...
Ich grüße die Familienangehörigen der beiden Seligen, fast schon Heiligen, die offiziellen Delegationen, die vielen Bischöfe und Priester, die gekommen sind. Ein Applaus für sie alle, danke auch euch, dass ihr hier seid! Ordensmänner und Ordensfrauen, die Katholische Aktion!
Wir bereiten uns auf diese liturgische Feier mit Gebet und offenem Herzen vor, weil wir diese Gnade des Herrn wirklich empfangen wollen. Und wir alle spüren in unseren Herzen dasselbe, was Pier Giorgio und Carlo erlebt haben: diese Liebe zu Jesus Christus, vor allem in der Eucharistie, aber auch in den Armen, in unseren Brüdern und Schwestern. Auch ihr alle, wir alle sind dazu berufen, heilig zu sein. Gott segne euch! Eine schöne Feier! Danke, dass ihr hier seid!
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Liebe Brüder und Schwestern,
in der ersten Lesung hörten wir eine Frage: »[Herr,] wer hätte deinen Willen erkannt, wenn du ihm nicht Weisheit gegeben und deinen heiligen Geist aus der Höhe gesandt hast?« (Weish 9,17). Wir haben sie gehört, nachdem zwei junge Selige, Pier Giorgio Frassati und Carlo Acutis, zu Heiligen erklärt wurden, und das war Vorsehung. Tatsächlich wird diese Frage im Buch der Weisheit einem jungen Mann wie ihnen zugeschrieben: dem König Salomo. Er hatte beim Tod seines Vaters David erkannt, dass er über vieles verfügte: Macht, Reichtum, Gesundheit, Jugend, Schönheit, das Königreich. Aber gerade dieser große Reichtum an Möglichkeiten hatte in seinem Herzen eine Frage aufkommen lassen: „Was muss ich tun, damit nichts verloren geht?“ Und er hatte erkannt, dass der einzige Weg, eine Antwort zu finden, darin bestand, Gott um ein noch größeres Geschenk zu bitten: die Weisheit, seine Pläne zu erkennen und sich treu an sie zu halten. Er hatte nämlich erkannt, dass nur auf diese Weise alles seinen Platz im großen Plan des Herrn finden würde. Ja, denn das größte Risiko im Leben besteht darin, es abseits von Gottes Plan zu verschwenden.
Auch Jesus spricht im Evangelium von einem Projekt, an dem man bis zum Ende festhalten muss. Er sagt: »Wer nicht sein Kreuz trägt und hinter mir hergeht, kann nicht mein Jünger sein« (Lk 14,27); und weiter: »Keiner von euch kann mein Jünger sein, wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet« (V. 33). Er ruft uns auf, uns ohne Zögern in das Abenteuer zu stürzen, das er uns vorschlägt, mit der Intelligenz und der Kraft, die von seinem Geist kommen und die wir in dem Maße annehmen können, in dem wir uns von uns selbst, von den Dingen und Ideen, an denen wir hängen, befreien, um auf sein Wort zu hören.
So viele junge Menschen standen im Laufe der Jahrhunderte an diesem Scheideweg in ihrem Leben. Denken wir an den heiligen Franz von Assisi: Wie Salomo war auch er jung und reich und dürstete nach Ruhm und Ehre. Deshalb war er in den Krieg gezogen, in der Hoffnung, zum ‚Ritter‘ geschlagen zu werden und Ehrungen zu erlangen. Aber unterwegs war ihm Jesus erschienen und hatte ihn zum Nachdenken über sein Tun gebracht. Als er zur Besinnung kam, stellte er Gott eine einfache Frage: »Was willst du, Herr, dass ich tun soll?«. [1] Und von da an kehrte er um und begann, eine andere Geschichte zu schreiben: die wunderbare Geschichte der Heiligkeit, die wir alle kennen, indem er sich aller Dinge entledigte, um dem Herrn zu folgen (vgl. Lk 14,33), indem er in Armut lebte und die Liebe zu seinen Brüdern und Schwestern, besonders zu den Schwächsten und Kleinsten, dem Gold und Silber und den kostbaren Stoffen seines Vaters vorzog.
Und wie viele andere heilige Männer und Frauen könnten wir noch nennen! Manchmal stellen wir sie als große Persönlichkeiten dar und vergessen dabei, dass für sie alles begann, als sie, noch jung, „Ja“ zu Gott sagten und sich ihm ganz schenkten, ohne etwas für sich zurückzubehalten. Der heilige Augustinus erzählt in dieser Hinsicht, dass ihm in dem »verwickelte[n] Knotengewirr« seines Lebens eine Stimme tief in seinem Innern sagte: »Dich will ich.« [2] Und so gab Gott ihm eine neue Richtung, einen neuen Weg, eine neue Denkweise, wobei nichts von seinem Leben verloren ging.
In diesem Zusammenhang blicken wir heute auf den heiligen Pier Giorgio Frassati und den heiligen Carlo Acutis: ein junger Mann des frühen 20. Jahrhunderts und ein Teenager unserer Zeit, beide voller Liebe zu Jesus und bereit, alles für ihn zu geben.
Pier Giorgio begegnete dem Herrn über schulische und kirchliche Gruppen - die Katholische Aktion, die Vinzenz-Konferenzen, die FUCI, den Dritten Orden der Dominikaner - und bezeugte ihn mit seiner Freude am Leben und einem christlichen Leben in Gebet, Freundschaft und Nächstenliebe. Seine Freunde, die ihn in den Straßen von Turin mit Karren voller Hilfsgüter für die Armen sahen, nannten ihn daher „Transportunternehmen Frassati“! Auch heute noch ist Pier Giorgios Leben wegweisend für die Spiritualität der Laien. Für ihn war der Glaube keine private Angelegenheit: Gestärkt von der Kraft des Evangeliums und der Mitgliedschaft in kirchlichen Vereinigungen, engagierte er sich großzügig in der Gesellschaft, leistete seinen Beitrag zum politischen Leben und widmete sich leidenschaftlich dem Dienst an den Armen.
Carlo wiederum lernte Jesus in seiner Familie kennen, dank seiner Eltern Andrea und Antonia – die heute mit seinen beiden Geschwistern Francesca und Michele hier anwesend sind – und dann auch in der Schule und vor allem durch die Feier der Sakramente in der Pfarrgemeinde. So wuchs er auf und verband als Kind und Jugendlicher ganz natürlich Gebet, Sport, Lernen und Nächstenliebe miteinander.
Sowohl Pier Giorgio als auch Carlo pflegten ihre Liebe zu Gott und ihren Brüdern und Schwestern mit einfachen Mitteln, die allen zugänglich sind: die tägliche Heilige Messe, das Gebet und insbesondere die Eucharistische Anbetung. Carlo sagte: »In der Sonne wird man braun. Vor der Eucharistie wird man heilig«, und weiter: »Traurig ist, wer auf sich selbst schaut, glücklich ist, wer auf Gott schaut. Bekehrung ist nichts anderes, als den Blick von unten nach oben zu lenken, eine einfache Bewegung der Augen genügt«. Eine weitere wichtige Sache für sie war die häufige Beichte. Carlo schrieb einmal: »Das Einzige, was wir wirklich fürchten sollten, ist die Sünde«; und er wunderte sich darüber, dass – das sind immer noch seine Worte – »die Menschen sich so sehr um die Schönheit ihrer Körper sorgen und sich nicht um die Schönheit ihrer Seelen kümmern«. Beide hatten eine große Verehrung für die Heiligen und die Jungfrau Maria, und sie übten großzügig Nächstenliebe. Pier Giorgio pflegte zu sagen: »Um die Armen und Kranken herum sehe ich ein Licht, das wir nicht haben.« [3] Er nannte die Nächstenliebe „das Fundament unserer Religion“ und wie Carlo praktizierte er sie vor allem in kleinen, oft verborgenen, konkreten Gesten und lebte das, was Papst Franziskus »die Heiligkeit „von nebenan“« genannt hat (Apostolisches Schreiben Gaudete et exsultate, 7).
Selbst als sie von Krankheiten heimgesucht wurden, die ihrem jungen Leben ein jähes Ende bereiteten, hielt sie das nicht davon ab, Gott zu lieben, sich ihm darzubringen, ihn zu loben und für sich selbst und für alle zu beten. Eines Tages sagte Pier Giorgio: »Der Tag, an dem ich sterbe, wird der schönste Tag meines Lebens sein«; [4] und auf sein letztes Foto, das ihn beim Erklimmen eines Berges im Lanzo-Tal zeigt, das Gesicht auf sein Ziel gerichtet, hatte er geschrieben: »Auf dem Weg nach oben«. [5] Und der noch jüngere Carlo sagte übrigens gerne, dass der Himmel uns schon immer erwartet und dass die Liebe zum Morgen darin besteht, dass man heute das Beste gibt.
Liebe Brüder und Schwestern, die Heiligen Pier Giorgio Frassati und Carlo Acutis sind eine Einladung an uns alle, vor allem an die jungen Menschen, das Leben nicht zu vergeuden, sondern es nach oben hin auszurichten und es zu einem Meisterwerk zu machen. Sie ermutigen uns mit ihren Worten: „Nicht ich, sondern Gott“, sagte Carlo. Und Pier Giorgio: „Wenn Gott im Zentrum deines Handelns steht, dann wirst du das Ziel erreichen“. Dies ist die einfache, aber erfolgreiche Formel ihrer Heiligkeit. Folgen wir auch ihrem Zeugnis, damit wir das Leben in seiner ganzen Fülle genießen und dem Herrn beim Fest im Himmel entgegengehen können.
[1] Die Dreigefährtenlegende, Kap. II: Franziskus-Quellen, 1401.
[2] Confessiones, II, 10.18.
[3]Nicola Gori, Al prezzo della vita: „L’Osservatore Romano“, 11. Februar 2021.
[4]Irene Funghi, I giovani assieme a Frassati: un compagno nei nostri cammini tortuosi: „Avvenire“, 2. August 2025.
[5] Ebd.
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