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BOTSCHAFT VON BENEDIKT XVI.
AN JACQUES DIOUF, GENERALDIREKTOR DER FAO,
ANLÄSSLICH DES WELTERNÄHRUNGSTAGES 2005

 

An Herrn Jacques Diouf,
Generaldirektor der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation
der Vereinten Nationen (FAO)

In diesem Jahr, in dem der 60. Jahrestag der Gründung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen begangen wird, erinnert uns die Feier des Welternährungstages daran, daß Hunger und Unterernährung zu den größten Skandalen gehören, von denen das Leben der Menschheitsfamilie leider noch immer betroffen ist. In Anbetracht dieser Tatsache ist die Initiative, die die FAO unter Ihrer Leitung ergriffen hat, von immer dringenderer Notwendigkeit.

Die Millionen von Menschen, die in ihrer Existenz bedroht sind, da ihnen das zum Leben notwendige Minimum an Nahrungsmitteln fehlt, erfordern Beachtung von Seiten der internationalen Gemeinschaft, denn wir alle haben die Pflicht, für unsere Brüder und Schwestern Sorge zu tragen. Hungersnöte hängen nämlich nicht nur von geographischen oder klimatischen Gegebenheiten oder von schlechten Ernten ab. Sie werden ebenso vom Menschen selbst und von seinem Egoismus hervorgerufen, der zum Ausdruck kommt in Mängeln im gesellschaftlichen Gefüge und in starren Wirtschaftsstrukturen, die allzuoft nur auf Profit ausgerichtet sind, wie auch in Praktiken, die sich gegen das menschliche Leben richten, und in ideologischen Systemen, die den Menschen seiner Würde berauben und ihn instrumentalisieren.

Für eine authentische, weltweite, organische und ganzheitliche Entwicklung, die von allen Menschen erstrebt wird, ist es dagegen erforderlich, die verschiedenen menschlichen Gegebenheiten auf sachliche Art und Weise miteinander in Zusammenhang zu bringen, die wahren Ursachen des Elends herauszustellen und konkrete Antworten zu geben, wobei eine entsprechende Ausbildung von Personen und Gemeinschaften den Vorrang haben sollte. So werden echte Freiheit und Verantwortlichkeit, die das Charakteristikum des menschlichen Handelns sind, zur Anwendung kommen.

Das für diesen Welternährungstag gewählte Thema »Landwirtschaft und Dialog der Kulturen«, lädt dazu ein, den Dialog als ein Mittel zu betrachten, das dazu geeignet ist, die Voraussetzungen für die Ernährungssicherheit zu schaffen. Der Dialog verlangt von Einzelpersonen und Nationen, sich mit vereinten Kräften in den Dienst am Wohl der Allgemeinheit zu stellen. Der gegenseitige Gedankenaustausch zwischen den Beteiligten kann in Verbindung mit einer tatkräftigen Zusammenarbeit dazu beitragen, den wahren Frieden aufzubauen, denn ein solcher Austausch macht es möglich, die immer wiederkehrende Versuchung, Konflikte auszutragen, die aus kulturellen, ethnischen oder entwicklungsbedingten Meinungsverschiedenheiten entstehen können, zu überwinden.

Ebenso wichtig ist die Aufmerksamkeit, die man den menschlichen Lebensumständen zuwendet. Sie sollte das Ziel haben, die unterschiedlichen Entwicklungsmodelle und technischen Hilfsleistungen so zu unterstützen, wie es den jeweiligen Gegebenheiten in den einzelnen Ländern und Gemeinschaften entspricht, sowohl im Hinblick auf wirtschaftliche oder umweltbedingte als auch hinsichtlich sozialer, kultureller oder religiöser Gegebenheiten.

Der technische Fortschritt wird nur dann tatsächlich Früchte tragen, wenn er innerhalb einer umfassenderen Perspektive angesiedelt wird, in der der Mensch im Mittelpunkt steht, und all seinen Bedürfnissen und Zielen Rechnung getragen wird, denn »der Mensch lebt nicht nur von Brot«, wie die Heilige Schrift sagt (Dtn 8,3; Mt 4,4). Dann wird es außerdem jedem Volk möglich sein, aus seinem Erbe an Werten zu schöpfen und seinen geistlichen und materiellen Reichtum mit anderen zu teilen, was dem Wohl aller Menschen dienen wird.

Die hohen und komplexen Ziele, die Ihre Organisation sich setzt, können nur dann erreicht werden, wenn der Schutz der Würde des Menschen, die Ursprung und Ziel aller Grundrechte ist, zum Kriterium wird, das alle Bemühungen anregt und ihnen die Richtung weist. Die katholische Kirche, die auch an jenen Initiativen mitwirkt, die eine wirklich harmonische Entwicklung zum Ziel haben, und dabei mit den im jeweiligen Bereich tätigen Partnern zusammenarbeitet, möchte die FAO ermutigen, durch ihre Arbeit und Bemühungen auf der ihr eigenen Ebene einen wahren Dialog der Kulturen zu schaffen und gleichzeitig dazu beizutragen, die Ernährungslage der Weltbevölkerung unter Rücksichtnahme auf die Biodiversität zu verbessern. Der Mensch darf nämlich nicht das natürliche Gleichgewicht, das Frucht der Schöpfungsordnung ist, leichtsinnig aufs Spiel setzen, sondern er muß im Gegenteil darüber wachen, daß den zukünftigen Generationen eine Erde hinterlassen wird, die imstande ist, diese zu ernähren.

In diesem Geiste bitte ich den Allmächtigen um seinen Segen für die so notwendige Arbeit der FAO und für das Engagement seiner Leiter und Angestellten, das in der Absicht geschieht, jedem Mitglied der Menschheitsfamilie das tägliche Brot zu gewährleisten.

Vatikanstadt, 12. Oktober 2005.

BENEDIKT PP. XVI.

 

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