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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN HERRN AMANZHOL ZHANKULIYEV,
NEUER BOTSCHAFTER VON KASACHSTAN
BEIM HL. STUHL

Donnerstag, 18. Dezember 2008

 

Herr Botschafter!

Mit Freude empfange ich Eure Exzellenz im Vatikan zur Überreichung des Schreibens, mit dem Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Kasachstan beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden, und danke Ihnen herzlich dafür, daß Sie mir die höfliche Botschaft Seiner Exzellenz Herrn Nurseltan Nazarbayev, Präsident der Republik, überbracht haben.

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ihm im Gegenzug meine besten Wünsche für ihn persönlich sowie für die Verantwortlichen des zivilen und religiösen Lebens und für das ganze kasachische Volk übermitteln.

Die geographische Lage Kasachstans stellt es zu großen geopolitischen Räumen in Verbindung: Europa, Rußland, China und zu mehrheitlich muslimischen Ländern. Seine vielfältige Bevölkerung umfaßt Völker sehr verschiedener Sprachen und kultureller Traditionen. Diese beiden Elemente sind zusammen mit den natürlichen Reichtümern, die Ihr Land besitzt, ein Geschenk Gottes, das es gut zu verwalten gilt. Dieses Geschenk bietet große Möglichkeiten und eröffnet Perspektiven, die die Zukunft des Menschen betreffen und zur Bestätigung seiner Würde beitragen können. Ihr Präsident wollte aus Ihrem Land einen Ort der Begegnung und des Dialogs machen, eine Art Versuchslabor, wo man unter Respektierung der kulturellen und religiösen Verschiedenheit miteinander zu leben versucht, einen Raum, der den anderen Völkern und Nationen zeigen könnte, daß es den Menschen möglich ist, würdig und in Frieden zu leben und den Glauben und die Eigenart eines jeden zu achten. Ich kann all diese Initiativen, die sowohl innerhalb wie außerhalb Ihrer Grenzen für den Dialog zwischen den Menschen, zwischen den Kulturen und zwischen den Religionen ergriffen werden, nur nachdrücklich unterstützen. Die Welt dürstet nach Frieden, und Gott wünscht, daß der Friede wächst und sich harmonisch entfaltet. In diesem Sinn begrüße ich die von Ihrem Land eingeschlagenen mutigen und offenen Wege des Dialogs, die in Ihrer Nation selbst Früchte tragen und die Stabilität in der Region konsolidieren werden.

Sie, Herr Botschafter, wissen um die positive Rolle, die die Religionen in der Gesellschaft spielen können, wenn sie einander achten und für gemeinsame Ziele zusammenarbeiten. Die Gewährleistung der vollen Religionsfreiheit fällt sicher in die Zuständigkeit des Staates; aber es muß auch sein Anliegen sein, den religiösen Bereich achten zu lernen, indem er vermeidet, sich in den Glaubensbereich und in das Gewissen des Bürgers einzumischen. Für jeden Staat besteht die große Versuchung, die genaue Bestimmung der politischen und religiösen Einflußbereiche unklar zu lassen; auf diese Weise läuft er Gefahr, nicht zu erkennen, was nicht in seine Zuständigkeit fällt. Jeder Staat ist daher aufgerufen, wachsam zu bleiben, um die negativen Auswirkungen der Einmischung in den religiösen Bereich und dessen mißbräuchliche Verwendung zu verhüten sowie die religiöse Sphäre des Einzelnen zu respektieren, der lediglich verlangt, sich einfach und frei äußern zu können. Mit Aufmerksamkeit beobachten viele Kasachstan und die neue Art und Weise, wie das Land die Beziehungen zwischen dem Religiösen und dem Staatlichen regelt, um daraus zu lernen. Das ist eine einzigartige Gelegenheit, die sich Ihrem Land bietet, die bestmöglich ergriffen und nicht versäumt werden darf. Der Heilige Stuhl unterstützt alle Initiativen und Aktivitäten zugunsten des Friedens und der Freundschaft zwischen den Nationen, denn sie fördern die gegenseitige

Die von Gott heilig und edel gewollte menschliche Natur ist nicht gegen Herausforderungen gefeit, und das Herz des Menschen ist mit seinem Egoismus und seiner Lüge behaftet und zeigt wenig Neigung zu Solidarität und Mitleid. Die verschiedenen religiösen Traditionen, die in Ihrer Nation zusammenleben, werden positive Orientierungen vorschlagen können, um zu deren Aufbau und Entwicklung auf gelungene Weise beizutragen. Sie werden nicht versäumen, ihren Gläubigen dabei zu helfen, sich nach dem Willen Gottes zu richten und für das Gemeinwohl zu arbeiten. Die Solidarität ist in den zwischenmenschlichen und in den Beziehungen zwischen den Staaten wichtig. Ihr Land, das der Allmächtige mit menschlichen und natürlichen Reichtümern ausgestattet hat, wird Wege finden, um seinen Mitbürgern und den Nationen, die weniger gut ausgestattet sind und daher noch verschiedene Hilfen brauchen, diesen Reichtum vorteilhaft zugute kommen zu lassen. Vordringlich wird die gerechte Güterverteilung nicht nur deshalb, weil sie die politische Stabilität auf nationaler und internationaler Ebene fördert, sondern auch weil sie dem göttlichen Willen entspricht, die Menschen als Brüder und Schwestern zu erschaffen.

Die katholische Gemeinde, die ich Sie, Herr Botschafter, bitte, in meinem Namen zu grüßen, ist in Ihrem Land seit langem präsent und hat viele historische Wechselfälle durchgemacht. Sie ist treu geblieben dank der Opferbereitschaft ihrer Priester, Ordensleute und Laien und dank der Flamme des Glaubens, die im Herzen der Gläubigen nicht verloschen ist (vgl. Ansprache beim »Ad-limina«-Besuch der Bischöfe Zentralasiens, 2. Oktober 2008). Die kasachischen Katholiken möchten ihren Glauben aufrichtig leben und ihn weiterhin in Ruhe ausüben können, zu ihrer persönlichen Vervollkommnung, aber durch ihren eigenen religiösen Beitrag auch zur geistlichen Bereicherung ihres Landes. Die katholische Gemeinde hat durch ihre Anwesenheit, durch ihr Gebet und durch ihre Werke teil an der Stabilität und religiösen Eintracht der ganzen edlen kasachischen Gesellschaft. Das vor nunmehr zehn Jahren unterzeichnete und in Kraft getretene Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Kasachstan garantiert die Rechte und Verpflichtungen der Katholiken Ihres Landes und die Rechte und Verpflichtungen Ihres Staates ihnen gegenüber. Als Richtschnur Ihrer Ansprache haben Sie, Exzellenz, unsere bilateralen Beziehungen bezeichnet, denn sie sind – so sagten Sie – auf »das volle gegenseitige Verständnis und auf das Vertrauen« gegründet. Sie hatten gut daran getan, dies zu betonen, und ich bin mit Ihnen glücklich darüber. Gott segne dieses gegenseitige Vertrauen und stärke es immer mehr!

Während Sie, Herr Botschafter, Ihr hohes Amt mit der Zusicherung antreten, daß Sie bei meinen Mitarbeitern stets offene Aufmerksamkeit finden werden, spreche ich Ihnen meine besten Wünsche für eine geglückte Erfüllung Ihrer Aufgabe aus, damit die harmonischen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Kasachstan fortgesetzt und weiterentwickelt werden können. Auf Eure Exzellenz, Ihre Familie und das ganze Personal der Botschaft sowie auch auf den Präsidenten der Republik, die anderen Verantwortlichen und alle Einwohner Ihrer Nation rufe ich die Fülle des göttlichen Segens herab.

 

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