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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN HERRN ALPO RUSI,
NEUER BOTSCHAFTER DER REPUBLIK FINNLAND
BEIM HL. STUHL

Donnerstag, 17. Dezember 2009

 

Sehr geehrter Herr Botschafter!

Ich freue mich, Sie im Vatikan begrüßen und von Ihnen das Beglaubigungsschreiben in Empfang nehmen zu dürfen, mit dem Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Finnland beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen für die freundlichen Worte und Grüße, die Sie mir im Namen Ihrer Präsidentin, Frau Tarja Halonen, überbringen. Bitte übermitteln Sie Ihrer Exzellenz auch meine guten Wünsche und versichern Sie sie meiner ständigen Gebete für das Wohlergehen aller Bürger Ihres Landes.

Wie Sie bereits angemerkt haben, unterhält der Heilige Stuhl seit mehr als sechzig Jahren herzliche diplomatische Beziehungen zu Finnland, und es gibt in der Tat viele gemeinsame Ziele, die eine Zusammenarbeit in internationalen Fragen erforderlich machen. Ihre Nation hat sich nachhaltig für den Aufbau harmonischer Beziehungen innerhalb Europas eingesetzt, besonders für die Beziehungen, die die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zueinander unterhalten. Finnlands Grenze zu Rußland macht es zu einer Brücke zu diesem Land, seine strategische Nähe zu den baltischen Staaten ist der Zusammenarbeit und dem gegenseitigen Austausch zuträglich. Das gilt nicht nur für das Baltikum, sondern auch für die nordischen Länder. Der Heilige Stuhl hat den Wunsch, Initiativen zu unterstützen, die die Brüderlichkeit unter den Nationen fördern. Er weiß, daß die technischen Aspekte der Zusammenarbeit und der Koexistenz nicht ausreichend sind für die Schaffung einer dauerhaften Freundschaft unter den Völkern oder die Überwindung jedweder Teilung. Das hängt vielmehr von der geschwisterlichen Liebe ab, die ein göttliches Geschenk ist, das Gerechtigkeit in den menschlichen Beziehungen sowohl voraussetzt als auch transzendiert (vgl. Caritas in veritate, 19,34). Nationen wie die Ihre haben anerkannt, daß die Kirche gerade in diesem Bereich einen wesentlichen Beitrag zu internationalen Angelegenheiten leisten kann – und das gilt bereits seit der Anknüpfung unserer diplomatischen Beziehungen in den dunklen Tagen des Zweiten Weltkriegs.

Finnland nimmt seit vielen Jahren eine führende Rolle in den diplomatischen Beziehungen zur Verteidigung des Friedens und der Menschenrechte ein. So verbindet man ja schon den Namen Ihrer Hauptstadt – Helsinki – mit diesem wertvollen Ziel, das im Bewußtsein zahlloser Menschen lebendig ist. Ihre Nation hat sich aktiv an Initiativen zur Friedensbewahrung beteiligt und erst unlängst den Vorsitz in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa geführt, einer Einrichtung, die ihre Entstehung im Jahr 1975 der Schlußakte von Helsinki zu verdanken hat: auch dieses Resultat konnte durch die Präsenz Ihres Landes auf der internationalen Bühne erreicht werden.

In diesem Zusammenhang schätzt der Heilige Stuhl besonders die Initiativen, die Ihre Regierung unlängst ergriffen hat, um die Beziehungen zu den afrikanischen Nationen auszubauen. Vergangenen Oktober habe ich bei der Eröffnung der Zweiten Sonderversammlung der Bischofssynode für Afrika über den großen geistlichen Beitrag gesprochen, den die Völker jenes Kontinents zu einer Welt leisten können, die eine vielschichtige Glaubens- und Hoffnungskrise durchmacht (vgl. Homilie, 4. Oktober 2009). Während man dem afrikanischen Volk auf der einen Seite aus Gründen der Gerechtigkeit wirtschaftliche Hilfe und Technologietransfer zukommen lassen müßte, können diese Menschen mit ihrer Vitalität und Lebensfreude der übrigen Welt viel beibringen. In diesem Zusammenhang zeigt der Einsatz Ihres Landes für die Entwicklung in vorbildlicher Weise, wie man »die Globalisierung der Menschheit im Sinne von Beziehung, Gemeinschaft und Teilhabe leben und ausrichten« kann (Caritas in veritate, 42).

Die Finnen können in ihrem Einsatz für humanitäre Hilfen auf eine lange Geschichte zurückblicken. Ihre Bereitschaft, jene Völker zu unterstützen, die weniger begünstigt sind als sie selbst, sieht man auch an der Gastfreundschaft gegenüber den Immigranten. In diesem Bereich kann die Kirche insofern helfen, als die harmonische Eingliederung von Ausländern in ihre Gastländer deutlich erleichtert wird, wenn sie dort auch ein geistliches Zuhause vorfinden. Besonders kleine katholische Gemeinden sind sich der Gemeinschaft mit ihren katholischen Glaubensbrüdern und -schwestern auf der ganzen Welt bewußt. Daß im September vergangenen Jahres ein gebürtiger Finne zum katholischen Bischof von Helsinki geweiht werden konnte, verweist nicht nur auf die alten Wurzeln der finnischen katholischen Kirche, sondern auch auf ihr Wachstum in den letzten Jahren. In diesem Zusammenhang freut es mich, feststellen zu dürfen, daß es zwischen den verschiedenen christlichen Gemeinschaften in Finnland zu wachsender Zusammenarbeit und Dialog kommen konnte. Ich danke Ihnen für die Grüße der lutherischen und orthodoxen Erzbischöfe, die ich gerne erwidere. Diese sichtlich wachsende Brüderlichkeit unter den Jüngern Christi ist eine gute Voraussetzung für die Entwicklung gegenseitigen Verständnisses und einer respektvollen Beziehung zwischen den neu angekommenen Immigranten verschiedener Religionen und ihren finnischen Gastgebern.

Alle religiösen Gruppen in Ihrem Land wie auch anderswo in Europa können einen aktiven Beitrag hierzu leisten, wenn sie die Aufmerksamkeit auf gewisse Werte lenken, die vom Prozeß der Säkularisierung ausgehöhlt zu werden drohen.

Ich verstehe, welchem Druck die Regierungen ausgesetzt sind, wenn sie im Namen der Toleranz, der Akzeptanz einer breiten Vielfalt von Ansichten und Lebensstilen, mit den beharrlichen Forderungen gewisser Interessengruppen konfrontiert werden. Wie ich bereits mehrfach herausgestellt habe, dient man der Tugend der Toleranz nicht, wenn man ihr die Wahrheit opfert, vor allem die Wahrheit hinsichtlich der Menschenwürde. Ich bitte Ihre Regierung, auch weiterhin den ethischen Perspektiven Rechnung zu tragen, die in dem Naturgesetz gründen, das in das uns gemeinsame Menschsein eingeschrieben ist, jene authentischen menschlichen Werte, die Sie gerade angesprochen haben. Möge sich Finnland bei seinem Umgang mit heiklen sozialen Fragen, die sich langfristig auf das Wohlergehen jeder menschlichen Gesellschaft auswirken, stets von seiner bewährten Achtung vor der Familie und vor dem Leben tragen lassen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg für Ihre Mission. Die verschiedenen Ämter der Römischen Kurie werden Ihnen bei der Ausübung Ihrer Aufgaben jederzeit gerne zur Seite stehen. Ihnen und dem finnischen Volk erteile ich gerne Gottes reichen Segen.

 

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