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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTAE"

 

Gott verliert nicht gern

Donnerstag, 7. November 2013

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 46, 15. November 2013

 

Gott ist ein Vater, »der nicht gerne verliert.« Er sucht freudig und »mit der Schwäche der Liebe« nach den verlorenen Schafen, wodurch er oft »die Musik der Hypokrisie« der Besserwissenden hervorruft. Das ist der Schlüssel, den Papst Franziskus im Verlauf seiner Predigt in der Messe, die er am Donnerstag früh, 7. November, in der Kapelle von Santa Marta feierte, zur Auslegung der Schriftlesung zum Tage aus dem Lukasevangelium (15,1-19) vorschlug.

Der Papst begann seine Meditation damit, das Verhalten der Pharisäer und Schriftgelehrten zu beschreiben, die Jesus unter die Lupe nahmen, »um zu verstehen, was er tat«, wobei sie sich über »die Dinge, die er tat«, empörten. »Und sie raunten voller Empörung über ihn: »Aber dieser Mann ist gefährlich!« Die Schriftgelehrten und Pharisäer, so erläuterte der Heilige Vater, glaubten, dass Jesus eine Gefahr darstelle. Das ist der Grund dafür, dass sie am Karfreitag »die Kreuzigung fordern«. Und zuvor, so erinnerte er, waren sie so weit gegangen, zu sagen: »Es ist besser, dass ein einziger Mensch für das Volk stirbt, und dass nicht die Römer kommen. Dieser Mann ist gefährlich!« Das, was sie am meisten empörte, so fuhr Papst Franziskus fort, war, zu sehen, dass Jesus »mit den Zöllnern und Sündern zu Mittag und zu Abend speiste und mit ihnen sprach.« Das löste die Reaktion aus: »Dieser Mann beleidigt Gott, er entweiht das Amt des Propheten, das ein heiliges Amt ist«; und er »entweiht es, um sich diesem Gesindel anzunähern.«

»Die Musik dieses Raunens« – und Jesus sagt es ihnen ins Gesicht – »ist die Musik der Hypokrisie «, bekräftigte der Papst, indem er hervorhob, wie Jesus in der Schriftlesung »auf diese raunerische Hypokrisie mit einem Gleichnis« antworte. Vier Mal, so präzisierte der Papst, komme in diesem kurzen Textabschnitt »das Wort Freude bzw. Frohsinn vor: dreimal Freude und einmal Frohsinn.«

Es sei praktisch so, sagte der Bischof von Rom, als ob Jesus sage: »Ihr empört euch, aber mein Vater freut sich.« Gerade das sei »die tiefere Botschaft: die Freude Gottes.« Eines Gottes, »der nicht gerne verliert. Und deshalb, um nicht zu verlieren, geht er aus sich heraus und geht auf die Suche.« Er ist »ein Gott, der all die sucht, die fern von ihm sind.« Gerade so »wie der Hirte« aus dem Gleichnis, das der Evangelist Lukas nacherzählt, »der das verlorene Schaf suchen geht« und, obwohl es dunkel ist, die anderen Schafe »in Sicherheit « zurücklässt »und geht, um das zu finden «, das fehlt, »er geht und sucht es.« Unser Gott sei folglich »ein suchender Gott. Seine Arbeit«, so betonte der Papst, »besteht im Suchen: gehen und suchen, um erneut einzuladen. Wie wir es bereits gestern gehört haben: Alle werden zum Fest eingeladen, die Guten wie die Schlechten.« Im Wesentlichen heißt das, dass Gott »es nicht duldet, dass eines seiner Schafe verloren geht. Das wird dann auch Gegenstand des Gebetes sein, das Jesus am Gründonnerstag spricht: Vater, keiner von denen, die du mir gegeben hast, soll verloren gehen.«

Er ist folglich »ein Gott, der hinausgeht, um dich zu suchen«, betonte Papst Franziskus, »und er hat eine gewisse Schwäche der Liebe für jene, die sich am weitesten entfernt haben, die sich verirrt haben. Er geht und sucht sie. Und wie sucht er? Er sucht bis ans Ende. Wie dieser Hirte, der in die Dunkelheit hinausgeht und sucht, bis er« das verlorene Schaf »findet«; oder »wie die Frau, die, als sie eine Drachme verliert, die Lampe anzündet, das Haus fegt und gründlich sucht.« Gott sucht, weil er denkt: »Diesen Sohn verliere ich nicht, er gehört mir! Und ich will ihn nicht verlieren!« Er »ist unser Vater. Er sucht uns immer.«

Aber die »Arbeit« Gottes besteht nicht nur darin, zu suchen und zu finden. Denn, so bekräftigte der Papst, »wenn er uns findet, wenn er das Schaf gefunden hat«, dann sondert er es nicht ab, noch fragt er: »Warum hast du dich verirrt, warum bist du gefallen?« Vielmehr bringt er es an seinen ihm zustehenden Platz zurück. »Wir können sagen, indem wir das Wort etwas uminterpretieren «, dass Gott »es erneut unterbringt, er bringt von neuem« auch den Menschen unter, den er gesucht und wiedergefunden hat; damit dann, wenn der Hirte das verlorene Schaf wieder zu den anderen bringt, es nicht zu hören bekommt: »Du bist verloren«, sondern: »Du bist eines von uns.« Es hat »jedes Recht dazu«, gerade so, wie die wiedergefundene Drachme »genauso wie die anderen Drachmen im Geldbeutel liegt. Es gibt keinen Unterschied zwischen ihnen.« Denn »ein suchender Gott ist ein Gott, der all diejenigen wieder in Ordnung bringt, die er gefunden hat. Und wenn er das tut, dann ist er ein Gott, der sich freut. Die Freude Gottes besteht nicht im Tod des Sünders, sondern in seinem Leben: sie ist Freude.«

Das biblische Gleichnis zeigt also, »wie weit dieses Volk, das gegen Jesus murrte, vom Herzen Gottes entfernt war. Es kannte ihn nicht. Sie dachten«, so sagte der Papst, »dass religiös sein, gute Menschen sein«, darin bestehe, »immer rechtschaffen zu sein, wohlerzogen, und oft auch nur so zu tun, als sei man wohlerzogen. Das ist die Heuchelei des Raunens. Die Freude Gottvaters hingegen ist die Freude der Liebe. Er liebt uns.« Auch dann, wenn wir sagen: »Aber ich bin ein Sünder: ich habe dieses, jenes und jenes andere getan …«. Gott antwortet uns: »Ich liebe dich trotzdem und gehe hinaus und suche dich und ich bringe dich nach Hause! So ist unser Vater«, sagte der Papst abschließend.

 

 



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