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APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS NACH CHILE UND PERU
(15.-22. JANUAR 2018)

GEBET DER TERZ MIT DEN KONTEMPLATIVEN ORDENSFRAUEN

PREDIGT DES HEILIGEN VATERS

Heiligtum Unseres Herrn der Wunder  (Lima)
Sonntag, 21. Januar 2018

[Multimedia]


 

Liebe Schwestern der verschiedenen Klöster kontemplativen Lebens,

wie gut ist es hier, in diesem Heiligtum „Señor de los Milagros“ (Herr der Wunder), zu sein, das von den Peruanern so sehr aufgesucht wird, um ihn um seine Gnade zu bitten und damit er uns seine Nähe und Barmherzigkeit erweise. Er, der »der Leuchtturm ist, der uns führt, der uns mit seiner göttlichen Liebe erhellt«. Wenn ich euch hier sehe, kommt mir ein böser Gedanke, dass ihr es [diese Gelegenheit] genutzt habt, um etwas aus dem Kloster herauszukommen und einen kleinen Spaziergang zu machen. Danke, Mutter Soledad für ihre Willkommensworte und euch allen, die ihr »von der klösterlichen Stille aus immer an meiner Seite geht«. Und erlaubt mir, weil es mein Herz rührt, von hier auch einen Gruß an meine vier Karmelitinnenklöster von Buenos Aires zu senden. Auch sie möchte ich vor den Herrn der Wunder tragen, weil sie mich in meinem Dienst in jener Diözese begleitet haben, und ich möchte, dass sie hier sind, damit der Herr sie segne. Ihr werdet nicht eifersüchtig, oder? (Antwort: „Nein!“).

Hören wir auf die Worte des heiligen Paulus und erinnern wir uns daran, dass wir den Geist der Sohnschaft empfangen haben, der uns zu Kindern Gottes macht (vgl. Röm 8,15-16). Diese wenigen Worte verdichten den Reichtum jeder christlichen Berufung: die Freude um das Wissen unserer Sohnschaft. Dies ist die Erfahrung, die unser Leben trägt, das immer eine dankbare Antwort auf diese Liebe sein will: Wie wichtig ist es, tagtäglich diese Freude zu erneuern! Vor allem in den Augenblicken, in denen die Freude zu schwinden scheint oder die Seele betrübt ist oder es Dinge gibt, die man nicht verstehen kann; dann wieder darum bitten und erneuern: „Ich bin Tochter, ich bin Tochter Gottes“.

Ein privilegierter Weg für euch, um diese Gewissheit zu erneuern, ist das Gebetsleben, das gemeinschaftliche und persönliche Gebetsleben. Das Gebet ist der Kern eures geweihten Lebens, eures kontemplativen Lebens und der Weise, die Liebeserfahrung zu pflegen, welche unseren Glauben trägt, und, wie uns Mutter Soledad gut gesagt hat, es ist ein immer missionarisches Gebet. Es ist nicht ein Gebet, das von den Klostermauern abprallt und wieder zurückkommt, nein, es ist ein Gebet, das hinausgeht und geht und geht…

Dem missionarischen Gebet gelingt es, sich mit den Geschwistern in den verschiedenen Situationen, in denen sie sich befinden, zu vereinen und für sie zu beten, damit es ihnen nicht an Liebe und Hoffnung fehlt. So sagte es die heilige Theresia vom Kinde Jesus: »Ich erkannte, dass die Liebe allein die Glieder der Kirche in Tätigkeit setzt, und würde die Liebe erlöschen, so würden die Apostel das Evangelium nicht mehr verkünden, die Märtyrer sich weigern, ihr Blut zu vergießen. Ich begriff, dass die Liebe alle Berufungen in sich schließt, dass die Liebe alles ist, dass sie alle Zeiten und Orte umspannt, mit einem Wort, dass sie ewig ist. […] Im Herzen der Kirche, meiner Mutter, werde ich die Liebe sein.«[1] Möge eine jede von euch dies sagen können. Wenn eine etwas lau ist und das Feuer der Liebe in ihr am Erlöschen ist, bitte darum, bitte darum! Es ist ein Geschenk Gottes lieben zu können.

Die Liebe sein! Dies bedeutet, den vielen Brüdern und Schwestern in ihrem Leiden zur Seite zu stehen und mit dem Psalmisten zu sagen: »Aus der Bedrängnis rief ich zum Herrn, der Herr antwortete und schuf mir Weite« (Ps 118,5). So erreicht eurer Leben in der Klausur eine missionarische und universale Tragweite und »eine grundlegende Rolle im Leben der Kirche. Ihr betet und tretet ein für unsere vielen Brüder und Schwestern, die Gefangene, Migranten, Flüchtlinge und Verfolgte sind, für so viele verwundete Familien, für die Arbeitslosen, für die Armen, für die Kranken, für die Suchtopfer – um nur einige Situationen zu nennen, die jeden Tag dringender werden. Ihr seid wie jene Freunde die den Gelähmten vor den Herrn trugen, damit er ihn heilte (vgl. Mk 2,1-12). Sie schämten sich nicht, sie waren „schamlos“, aber im guten Sinn. Sie schämten sich nicht, ein Loch in das Dach zu machen und den Gelähmten hinunterzulassen. Seid „schamlos“, schämt euch nicht, mit dem Gebet zu bewirken, dass das Elend der Menschen sich der Macht Gottes annähere. Dies ist eurer Gebet. Durch euer Gebet tragt ihr Tag und Nacht das Leben vieler Brüder und Schwestern vor den Herrn, die aus verschiedenen Gründen nicht zu ihm gelangen und die Erfahrung seiner heilenden Barmherzigkeit machen können, während er sie erwartet, um ihnen Gnade zu erweisen. Mit eurem Gebet könnt ihr die Wunden vieler Mitmenschen heilen«.[2]        

Gerade deshalb können wir bekräftigen, dass das Leben in der Klausur das Herz nicht einsperrt und nicht einengt, sondern es weitmacht. Wehe der Ordensfrau, die ein eingeengtes Herz hat. Bitte, sucht Abhilfe! Man kann mit einem eingeengten Herzen nicht kontemplative Ordensschwester sein. Sie möge wieder atmen, sie möge wieder ein großes Herz sein. Darüber hinaus sind die Ordensschwestern mit einem eingeengten Herzen Ordensschwestern, die die Fruchtbarkeit verloren haben und nicht Mütter sind; sie beklagen sich über alles, sie sind verbittert, sie suchen ständig nach Belanglosigkeiten, um sich zu beklagen. Die heilige Mutter [Theresia von Jesus] sagte: »Wehe der Ordensschwester, die sagt: „Man hat mir grundlos Unrecht getan!“«. Im Kloster gibt es keinen Platz für die „Sammlerinnen von Ungerechtigkeiten“, sondern es gibt Platz für diejenigen, die ihr Herz öffnen und das Kreuz zu tragen wissen, das fruchtbringende Kreuz, das Kreuz der Liebe, das lebensspendende Kreuz.

Die Liebe macht das Herz weit und deshalb gehen wir mit dem Herrn voran, weil er uns befähigt, auf neue Weise den Schmerz, das Leiden, das Scheitern, das Unglück vieler Geschwister zu spüren, die Opfer in dieser „Wegwerfkultur“ unserer Zeit sind. Möge die Fürbitte für die Notleidenden das Merkmal eures Gebets sein. Bittet mit nach oben ausgestreckten Armen wie Moses, mit dem so hingestreckten Herzen. Und wenn es möglich ist, helft ihnen, nicht nur mit dem Gebet, sondern auch mit dem konkreten Dienst. Wie viele eurer Klöster können, ohne die Klausur zu verletzen, in der Beobachtung des Schweigens, in einigen Augenblicken im Besuchszimmer so viel Gutes tun.

Das Bittgebet, das in euren Klöstern verrichtet wird, steht im Einklang mit dem Herzen Jesu, das den Vater bittet, dass wir alle eins sind, damit die Welt glaubt (vgl. Joh 17,21). Wie sehr benötigen wir die Einheit in der Kirche! Dass alle eins sind. Wie sehr haben wir es nötig, dass die Getauften eins sind, dass die Gottgeweihten eins sind, dass die Priester eins sind, dass die Bischöfe eins sind! Heute und immer! Vereint im Glauben. Vereint durch die Hoffnung. Vereint durch die Liebe. Diese Einheit entspringt aus der Gemeinschaft mit Christus, der uns mit dem Vater im Geist und in der Eucharistie untereinander in diesem großen Geheimnis der Kirche vereint. Ich bitte euch darum, viel um die Einheit dieser geliebten peruanischen Kirche zu beten, weil sie durch Spaltung versucht wird. Euch vertraue ich die Einheit an, die Einheit der Kirche, die Einheit der pastoralen Mitarbeiter, der Gottgeweihten, des Klerus und der Bischöfe. Der Teufel ist lügnerisch und darüber hinaus klatschhaft, es entzückt ihn, von der einen Seite zur anderen zu treiben, er sucht zu trennen, er will, dass in der Gemeinschaft die einen schlecht über die anderen reden. Dies habe ich viele Male gesagt, so dass ich mich wiederhole: Wisst ihr, was die klatschhafte Ordensfrau ist? Sie ist ein Terrorist, schlimmer als die von Ayacucho vor Jahren, schlimmer, weil das Gerede wie eine Bombe ist. Sie geht und „pst, pst, pst“ wie der Teufel wirft sie die Bombe, zerstört und geht ruhig wieder weg. Keine terroristischen Ordensfrauen, ohne Gerede. Ihr wisst schon, dass die beste Abhilfe, um nicht in das Gerede zu geraten, darin besteht, sich auf die Zunge zu beißen. Die Krankenschwester wird zu tun haben, weil sich euch die Zunge entzünden wird, aber wenigstens habt ihr keine Bombe geworfen. Es möge also kein Gerede im Kloster geben, weil der Teufel es eingibt, weil er von Natur aus klatschhaft und lügnerisch ist. Und erinnert euch an die Terroristen von Ayacucho, wenn euch nach Gerede ist.       

Bemüht euch im schwesterlichen Leben und macht so aus jedem Kloster einen Leuchtturm, der mitten in der Uneinigkeit und Trennung strahlen kann. Helft wahrzumachen, dass dies möglich ist. Möge jeder, der sich in eure Nähe begibt, die Seligkeit der geschwisterlichen Liebe kosten, die dem geweihten Leben eigen ist und für die Welt von heute und in unseren Gemeinden so notwendig ist.

Wenn man die Berufung in Treue lebt, wird das Leben zur Verkündigung der Liebe Gottes. Ich bitte euch nicht aufzuhören, dieses Zeugnis zu geben. In dieser Kirche der Unbeschuhten Nazarenerinnen-Karmelitinnen erlaube ich mir, an die Worte der geistlichen Lehrmeisterin, der heiligen Theresia von Jesus, zu erinnern: »Wenn sie den Führer – den guten Jesus – verlieren, werden sie den richtigen Weg nicht finden […]« Immer ihm nach. „Ach, Pater, aber manchmal endet Jesus auf Kalvaria“. Dann gehe auch du dahin, denn auch dort wartet er auf dich, weil er dich liebt. »Denn der Herr sagt selbst, dass er der Weg sei; außerdem sagt der Herr, dass er das Licht sei und dass niemand zum Vater gelangen kann, außer durch ihn.[3]

Liebe Schwestern, wisst, dass die Kirche euch nicht duldet, sie braucht euch. Die Kirche braucht euch! Seid mit eurem gläubigen Leben Leuchttürme und weist auf den hin, der Weg, Wahrheit und Leben ist, den einzigen Herrn, der unserem Dasein Erfüllung verleiht und uns Leben in Fülle schenkt.[4]

Betet für die Kirche, betet für die Hirten, für die Gottgeweihten, für die Familien, für die Leidenden, für diejenigen, die die Böses tun und so viele Menschen zerstören, für diejenigen, die ihre Geschwister ausbeuten. Und bitte, wenn ich die Liste der Sünder fortsetze, vergesst nicht für mich zu beten. Danke.

 

 


[1] Selbstbiographische Schriften: Brief an Schwester Marie du Sacré-Cœur (8. September 1896), Handschrift B [3v].

[2] Apostolische Konstitution Vultum Dei quaerere über das kontemplative Leben in Frauenorden (29. Juni 2016), 16.

[3] Die innere Burg, VI, Kap. 7, Nr. 6.

[4] Vgl. Apostolische Konstitution Vultum Dei quaerere über das kontemplative Leben in Frauenorden (29. Juni 2016), 6.

 



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