Index   Back Top Print

[ DE  - EN  - FR  - IT  - PT ]

BOTSCHAFT VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE TEILNEHMER DER TAGUNG
“KINDERSCHUTZ IN ZEITEN VON
COVID-19 UND DARÜBER HINAUS FÖRDERN”

                                                                [Rom, 4. November 2021]

                                                        ___________________________________

            

 

Liebe Brüder und Schwestern!

Ich richte meinen Gruß an euch alle, die ihr – vor Ort und aus der Ferne – an der Tagung »Kinderschutz in Zeiten von Covid-19 und darüber hinaus fördern« teilnehmt. Sie wurde von der Gemeinschaft »Papa Giovanni XXIII« zusammen mit der Katholischen Aktion in Italien und dem »Centro Sportivo Italiano« organisiert, in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Viktimologie und Sicherheit der Universität Bologna. Ich grüße mit Dankbarkeit die Vertreter des Europäischen und des Italienischen Parlaments sowie weiterer Institutionen, insbesondere der »Polizia Postale«.

Im Schreiben an das Volk Gottes (20. August 2018) habe ich gesagt: »Schauen wir in die Zukunft, so wird es nie zu wenig sein, was wir tun können, um eine Kultur ins Leben zu rufen, die in der Lage ist, dass sich solche Situationen nicht nur nicht wiederholen, sondern auch keinen Raum finden, wo sie versteckt überleben könnten.« Ihr seid heute versammelt, um gemeinsam nachzudenken und die Früchte von zwei Jahren des Zuhörens, der Suche und der Ausbildung zu ernten. Diese Arbeit ist »von der Basis« ausgegangen, als Ausdruck der aktiven Teilnahme des Gottesvolkes am Weg der persönlichen und gemeinschaftlichen Umkehr. Diesen Weg müssen wir als Kirche alle gemeinsam gehen, angespornt vom Schmerz und von der Scham, dass wir nicht immer gute Hüter gewesen sind und die Kinder und Jugendlichen, die uns im Bereich von Erziehung und Bildung sowie in der Gesellschaft anvertraut wurden, nicht immer geschützt haben.

Dieser Umkehrprozess erfordert dringend eine erneuerte Ausbildung aller, die Verantwortung in Erziehung und Bildung tragen und in Umfeldern tätig sind, in denen Minderjährige anwesend sind: in der Kirche, in der Gesellschaft, in der Familie. Nur so, durch ein systematisches Vorgehen in einem Bündnis, das der Vorbeugung dient, wird es möglich sein, die Kultur des Todes, deren Trägerin jede Form von Missbrauch – sexueller Missbrauch, Gewissensmissbrauch, Machtmissbrauch – ist, auszurotten. 

Wenn der Missbrauch ein Vertrauensbruch ist, der alle zum Tode verurteilt, die ihn erleiden, und er tiefe Risse in dem Umfeld erzeugt, in dem er geschieht, so muss die Vorbeugung ein beständiger Weg der Förderung einer immer wieder erneuerten und sicheren Vertrauenswürdigkeit gegenüber dem Leben und der Zukunft sein, auf die die Kinder und Jugendlichen zählen können müssen. Und das müssen wir als Erwachsene ihnen garantieren, indem wir die Berufung als »Erziehungshandwerker« neu entdecken und uns zu bemühen, ihr treu zu sein. Das bedeutet, den Ausdruck der Talente derer zu fördern, die wir begleiten; ihre Zeiten, ihre Freiheit und ihre Würde zu achten; mit allen Mitteln den Versuchungen, zu verführen und in Versuchung zu führen, die nur scheinbar die Beziehungen zu den jungen Generationen erleichtern können, entgegenzuwirken.

Ich blicke mit Vertrauen und Hoffnung insbesondere auf die vielen jungen Menschen, die in eurem Projekt ausgebildet wurden. Besonders sie bitten uns um einen entschlossenen Schritt der Erneuerung angesichts der Wunden des Missbrauchs, denen sie bei ihren Altersgenossen begegnet sind. Mir kommt ein Wort des heiligen Paul VI. in den Sinn: »Jugendliche als Apostel für die Jugend« (vgl. Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi, 72). Ich meine, dass es auch in diesem Sinne umgesetzt werden kann: als geschwisterliche und solidarische Nähe. Außerdem ist der Beitrag der jungen Menschen wertvoll, um gefährliche Situationen zu erkennen und die ganze Gemeinschaft mutig zur Verantwortung zu rufen zum Schutz der Kinder und Jugendlichen. Dabei muss die Beziehung zu den jungen Generationen überdacht werden, damit die Schönheit, einander zu begegnen, miteinander zu sprechen, zu spielen und zu träumen, ihnen wieder gewährleistet wird.

Den Erwachsenen, die diesen Weg mit den jungen Menschen geteilt haben, wünsche ich, auch weiterhin glaubwürdig zu sein, also verantwortungsbewusst in der Fürsorge und konsequent im Zeugnis. Mögen sie Förderer und Hüter eines erneuerten Bildungsbündnisses zwischen den Generationen und zwischen den verschiedenen Umfeldern sein, in denen Kinder und Jugendliche aufwachsen. Mögen sie in der Lage sein, unter ihnen Impulse zu geben für eine generative und schützende Verbindung, vor allem in dieser schwierigen Zeit der Pandemie.

Abschließend rufe ich euch als Laienverbände dazu auf, diese Tätigkeit der Ausbildung zur Mitverantwortung, zum Dialog und zur Transparenz fortzusetzen. Der Schutz der Kinder und Jugendlichen möge immer konkreter eine alltägliche Priorität in der Erziehungs- und Bildungsarbeit der Kirche sein; er möge einen offenen, zuverlässigen und maßgeblichen Dienst fördern, in entschiedenem Gegensatz zu jeder Form von Herrschaft, von Verletzung der Intimsphäre und der stillschweigenden Mitwisserschaft.

Liebe Brüder und Schwestern, ich wünsche euch eine fruchtbringende Tagung, die die feste Grundlage sein möge, um gemeinsam den Dienst an den Kindern und Jugendlichen sowie an der ganzen kirchlichen und zivilen Gesellschaft fortzusetzen. Ich versichere euch meines Gebets und segne euch von Herzen.

Rom, Sankt Johannes im Lateran, 21. Oktober 2021

                                                                                Papst Franziskus



Copyright © Dicastero per la Comunicazione - Libreria Editrice Vaticana