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VIDEOBOTSCHAFT VON PAPST FRANZISKUS
ZUM 30. WELTTAG DER KRANKEN

11. Februar 2022

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Mein Gruß gilt euch allen, die ihr am Webinar zum Thema »Welttag der Kranken: Bedeutung, Ziele und Herausforderungen« teilnehmt, organisiert vom Dikasterium für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen aus Anlass des 30. Welttags der Kranken. Mit Dankbarkeit denke ich an all jene, die in Kirche und Gesellschaft den Leidenden liebevoll zur Seite stehen.

Die Erfahrung der Krankheit bewirkt, dass wir unsere Schwäche spüren und feststellen, dass wir die anderen brauchen. Nicht nur das. »Die Krankheit zwingt zu einer Sinnfrage, die sich im Glauben an Gott richtet: eine Frage auf der Suche nach einer neuen Bedeutung und einer neuen Richtung der Existenz. Manchmal findet sie nicht sofort eine Antwort.«1

Der heilige Johannes Paul II. hat ausgehend von seiner persönlichen Erfahrung die Richtung dieses Weges der Suche gewiesen. Es geht nicht darum, sich auf sich selbst zurückzuziehen, sondern, im Gegenteil, sich einer größeren Liebe zu öffnen: »Wenn ein Mensch an den Leiden Christi teilhat, dann deshalb, weil Christus sein Leiden dem Menschen geöffnet hat; weil er in seinem Erlöserleiden gewissermaßen selbst an allen menschlichen Leiden teilhat. Wenn der Mensch im Glauben das Erlöserleiden Christi entdeckt, findet er darin zugleich seine eigenen Leiden; im Glauben sieht er sie nun bereichert durch einen neuen Inhalt und eine neue Bedeutung« (Apostolisches Schreiben Salvifici doloris, 11. Februar 1984, 20).

Man darf »niemals die Einzigartigkeit eines jeden Patienten mit seiner Würde und seinen Schwächen«2 vergessen. Die Person als Ganze braucht Pflege und Heilung: Leib, Geist, Gefühle Freiheit und Willen, das geistliche Leben… Man kann die Behandlung nicht zergliedern, weil man den Menschen nicht zergliedern kann. Wir könnten paradoxerweise den Leib retten und die Menschlichkeit verlieren. Die Heiligen, die sich um die Kranken gekümmert haben, haben stets die Lehre des Meisters befolgt: die Wunden des Leibes und der Seele heilen; beten und handeln für körperliche und geistliche Heilung gleichermaßen.

Diese Zeit der Pandemie lehrt uns, die Krankheit als globales und nicht nur als individuelles Phänomen in den Blick zu nehmen, und fordert uns auf, über andere »Krankheiten« nachzudenken, die die Menschheit und die Welt bedrohen: Individualismus und Gleichgültigkeit gegenüber dem anderen sind Formen des Egoismus, die sich leider in der Gesellschaft des konsumistischen Wohlstands und des Wirtschaftsliberalismus noch verstärken; und die daraus folgenden Ungleichheiten sind auch im Gesundheitswesen zu finden, wo einige in den Genuss der sogenannten »Exzellenz« kommen und viele andere kaum Zugang zur Grundversorgung haben. Das Gegenmittel gegen diesen sozialen »Virus« ist die Kultur der Geschwisterlichkeit, gegründet auf das Bewusstsein, dass wir als Menschen alle gleich sind; wir sind alle gleich, Kinder des einen Vaters (vgl. Fratelli tutti, 272). Auf dieser Grundlage wird eine wirksame Behandlung möglich sein, und das für alle. Aber wenn wir nicht davon überzeugt sind, dass wir alle gleich sind, dann wird es nicht gut ausgehen.

Stets das Gleichnis vom barmherzigen Samariter vor Augen (vgl. ebd., Kapitel II) sollen wir daran denken, dass wir weder Komplizen der Straßenräuber sein dürfen, die einen Mann ausrauben und dann verletzt am Weg liegen lassen, noch der mit dem Gottesdienst Beauftragten, die ihn sehen und weitergehen (vgl. Lk 10,30-32). In der Nachfolge Jesu, des Barmherzigen Samariters der Menschheit, hat sich die Kirche stets für die Leidenden eingesetzt und insbesondere den Kranken große sowohl personelle als auch wirtschaftliche Ressourcen gewidmet. Ich denke an die Krankenstationen und Gesundheitsstrukturen in den Entwicklungsländern; ich denke an die vielen Brüder und Schwestern, die als Missionare ihr Leben eingesetzt haben, um mittellose Kranke zu behandeln; zuweilen waren sie selbst Kranke unter Kranken. Und ich denke an die vielen heiligen Männer und Frauen, die in der ganzen Welt im Gesundheitswesen Werke ins Leben gerufen haben, indem sie Gefährten und Mitstreiter einbezogen und so zur Entstehung von Ordenskongregationen beigetragen haben. Diese Berufung und Sendung für die ganzheitliche Sorge um den Menschen muss auch heute im Gesundheitswesen die Charismen neu beleben, damit es nicht an der Nähe zu den Leidenden fehlt.

Voller Dankbarkeit gehen meine Gedanken zu all jenen, die in Leben und Arbeit Tag für Tag den Kranken nahe sind: Familien und Freunde, die sich liebevoll um die ihnen Nahestehenden kümmern und deren Freuden und Hoffnungen, Schmerzen und Ängste teilen; Ärzte, Krankenpfleger, Krankenschwestern, Apotheker und alle im Gesundheitswesen tätigen Frauen und Männer wie auch die Krankenhausseelsorger, die Ordensleute der Krankenpflegeorden und die vielen Ehrenamtlichen; es gibt sehr viele Ehrenamtliche. Sie alle versichere ich meines Gebetsgedenkens, auf dass der Herr ihnen die Fähigkeit schenken möge, den Kranken zuzuhören, Geduld mit ihnen zu haben und sich ihrer in ganzheitlicher Weise anzunehmen in Bezug auf den Leib, den Geist und die Beziehungen.

Und ganz besonders bete ich für alle Kranken in jedem Teil der Welt, besonders für diejenigen, die ganz allein sind und keinen Zugang zur medizinischen Grundversorgung haben. Liebe Brüder und Schwestern, ich vertraue euch dem mütterlichen Schutz Marias, Heil der Kranken, an. Euch und alle, die für euch Sorge tragen, sende ich von Herzen meinen Segen.

Fußnoten

(1) Botschaft zum 29. Welttag der Kranken (20. Dezember 2020), 2.
(2) Botschaft zum 30. Welttag der Kranken (10. Dezember 2021), 3.



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