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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE MITGLIEDER DES "
CIRCOLO SAN PIETRO"

Clementina-Saal
Freitag, 25. September 2020

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Liebe Mitglieder des »Circolo San Pietro«, willkommen!

Mein Dank geht an den neuen Präsidenten, Graf Niccolò Sacchetti, für die freundlichen Worte, die er an mich gerichtet hat. Ich wünsche ihm alles Gute für diese neue Aufgabe. Euer Motto ist: »Gebet – Aktion – Opfer«. Diese drei Worte stehen für die drei Grundprinzipien, auf die das Leben der Vereinigung gegründet ist. Bei unserer Begegnung im vergangenen Jahr galten meine Gedanken ersterem, dem Gebet (vgl. Ansprache an die Mitglieder des »Circolo San Pietro«, 19. Februar 2019).

In diesem Jahr möchte ich dagegen etwas zur »Aktion« sagen. Die Pandemie mit ihrer Notwendigkeit des zwischenmenschlichen Abstandhaltens hat euch gezwungen, die konkrete Art und Weise der karitativen Werke zu überdenken, die ihr normalerweise für die Armen Roms durchführt. Zu den Bedürfnissen der Menschen, denen ihr normalerweise dient, kam die Notwendigkeit hinzu, auf die Nöte vieler Familien zu antworten, die sich von heute auf morgen in finanziellen Engpässen befanden. Und man darf nicht erschrecken: Es wird immer mehr und mehr geben, denn die Auswirkungen der Pandemie werden schrecklich sein. Auf eine außergewöhnliche Situation kann man keine gewohnte Antwort geben, sondern es ist eine neue, andersartige Reaktion vonnöten. Um dies zu tun, ist es notwendig, ein Herz zu haben, das die Wunden der Gesellschaft zu »sehen« weiß, und ebenso Hände zu haben, die beim wohltätigen Werk kreativ sind.

Ein Herz, das sieht, und Hände, die handeln. Diese beiden Aspekte sind wichtig, damit karitatives Handeln stets fruchtbar sein kann. Zuerst ist es dringend notwendig, in der sich schnell verändernden Stadt die neuen Formen der Armut zu erkennen. Armut ist normalerweise beschämend, sie schämt sich: man muss hingehen, um zu entdecken, wo es sie gibt… Die neuen Formen der Armut, ihr wisst sehr gut, dass es viele gibt: materielle Formen der Armut, menschliche Formen der Armut, soziale Formen der Armut. Wir haben die Aufgabe, sie mit den Augen des Herzens wahrzunehmen. Man muss die menschlichen Wunden mit dem Herzen zu sehen wissen, um sich das Leben des anderen »zu Herzen zu nehmen«. So ist dieser nicht mehr nur ein Fremder, der Hilfe braucht, sondern vor allem ein Bruder, ein Bruder, der um Liebe bettelt. Nur wenn wir uns jemanden zu Herzen nehmen, können wir dieser Erwartung entsprechen. Das ist die Erfahrung der Barmherzigkeit, »Misericordia«, »miseri-cor-dare«, den Elenden Barmherzigkeit schenken, den Elenden das Herz geben. Wie der heilige Johannes Paul II. vor 40 Jahren bemerkte, »scheint« unsere Welt »für das Erbarmen keinen Raum zu lassen« (Enzyklika Dives in misercordia, 2).

Jeder von uns ist aufgerufen, einen neuen Kurs einzuschlagen. Und das ist möglich, wenn wir uns als erste selbst von der Macht der Barmherzigkeit Gottes berühren lassen. Bevorzugter Rahmen für diese Erfahrung ist das Sakrament der Versöhnung. Wenn wir unser Elend vor den Herrn bringen, werden wir in das Erbarmen des Vaters eingehüllt. Und diese Barmherzigkeit ist es, die zu leben und zu schenken wir aufgerufen sind. Immer: Gott, wir und die anderen. Nachdem wir die Wunden der Stadt, in der wir leben, gesehen haben, fordert uns die Barmherzigkeit auf, »Phantasie« in den Händen zu haben. Das ist es, was ihr in dieser Zeit der Pandemie getan habt, das ist viel: Nachdem ihr die Herausforderung angenommen hattet, auf eine konkrete Situation zu antworten, wusstet ihr euren Dienst den neuen, vom Virus auferlegten Bedingungen anzupassen. Ich möchte auch an eine kleine-große Geste erinnern, eine Geste der Gruppe der jungen Mitglieder des »Circolo« gegenüber den älteren Mitgliedern: eine telefonische Nachfrage, um zu sehen, ob alles in Ordnung war, und um ihnen ein wenig Gesellschaft zu leisten. Das ist die Phantasie der Barmherzigkeit.

Ich ermutige euch, mit Einsatz und Freude eure karitativen Werke fortzusetzen, immer aufmerksam und bereit, mutig auf die Nöte der Armen zu antworten. Bittet den Heiligen Geist im persönlichen und gemeinschaftlichen Gebet unermüdlich um diese Gnade! Ich danke euch, weil ihr ein konkreter Ausdruck der Nächstenliebe des Papstes seid, die sich der verschiedenen Formen der Armut Roms annimmt. Der Armen und der verschiedenen Formen der Armut. Und ich bin euch dankbar für den »Peterspfennig«, den ihr jedes Jahr in den Kirchen der Stadt sammelt und den ihr mir heute bringt. Ich vertraue euch, eure Familien und alle Menschen, denen ihr tagtäglich beisteht, Maria, »Salus Populi Romani«, an und auch der Fürsprache der Schutzheiligen Roms, Petrus und Paulus. Und ich bitte euch, weiterhin für mich zu beten. Danke.



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