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EINLEITUNG

1. Der Gute Hirte, der Herr Jesus Christus (vgl. Joh 10,11.14) hat die Sendung, Menschen in allen Völkern zu Jüngern zu machen und jeder Kreatur das Evangelium zu verkünden, den Bischöfen als Nachfolgern der Apostel und in besonderer Weise dem Bischof von Rom als dem Nachfolger des Petrus in der Weise aufgetragen, daß dadurch die Kirche, das Volk Gottes, begründet wird und daß die Aufgabe der Hirten dieses Volkes ein wahrhafter Dienst ist, der „in der Heiligen Schrift bezeichnenderweise mit dem Wort ,Diakonia’, d.h. Dienst benannt wird.“[1]

Dieser Dienst oder diese Diakonia zielt vor allem darauf ab, daß im gesamten Organismus der Kirche immer mehr die Communio eingepflanzt werde, Geltung habe und fortfahre, ihre wunderbaren Früchte zu bringen. Tatsächlich drückt sich ja, wie das II. Vatikanische Konzil in umfassender Weise gelehrt hat, das Geheimnis der Kirche, vom Heiligen Geist auf angenehmste Weise eingerichtet, in vielfältigen Weisen dieser Communio aus: tatsächlich führt der Geist „die Kirche in alle Wahrheit ein (vgl. Joh 16,13), eint sie in Gemeinschaft und Dienstleistung, bereitet und lenkt sie durch die verschiedenen hierarchischen und charismatischen Gaben ... erneut sie immerfort und geleitet sie zur vollkommenen Vereinigung mit ihrem Bräutigam.“[2] Deshalb werden, wie dasselbe Konzil bekräftigt, „jene der Gemeinschaft der Kirche voll eingegliedert, die, im Besitze des Geistes Christi, ihre ganze Ordnung und alle in ihr eingerichteten Heilsmittel annehmen und in ihrem sichtbaren Verband mit Christus, der sie durch den Papst und die Bischöfe leitet, verbunden sind, und dies durch die Bande des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen Leitung und Gemeinschaft.“[3]

Den Begriff dieser Communio haben nicht nur die Dokumente des II. Vatikanischen Konzils und in besonderer Weise die Dogmatische Konstitution über die Kirche in umfassender Weise dargelegt, sondern ihm haben auch die Synodenväter ihre Aufmerksamkeit geschenkt, die im Jahre 1985 und gleichfalls zwei Jahre später die Generalversammlungen der Bischofssynode gefeiert haben: in dieser Definition der Kirche verbinden sich sowohl das Geheimnis der Kirche selbst[4] als auch die Stände des messianischen Gottesvolkes[5] als auch die hierarchische Verfassung der Kirche[6]. Um das alles mit einem zusammenfassenden Begriff zu beschreiben und unter Verwendung der Worte jener genannten Konstitution ist die Kirche „in Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit.“[7] Deshalb ist diese heilige Communio in der ganzen Kirche Christi lebendig, „die – wie unser Vorgänger Paul VI. zutreffend geschrieben hat – in den verschiedenen christlichen Gemeinschaften, nämlich den Ortskirchen, die über den ganzen Erdkreis verstreut sind, lebt und tätig ist.“[8]

2. Auf der Grundlage dieser Communio, welche die Universalkirche gleichsam zusammenhält, erklärt sich auch die hierarchische Verfassung dieser Kirche und wird zu ihrer Wirksamkeit geführt: sie ist vom Herrn selbst zugleich mit kollegialer als auch primatialer Natur ausgestattet worden, als er „die Apostel nach Art eines Kollegiums oder eines festen Kreises einsetzte, an dessen Spitze er den aus ihrer Mitte erwählten Petrus gestellt hat.“[9] Hier handelt es sich vor allem um jene besondere Art und Weise, auf welche die Hirten der Kirche am dreifachen Dienst Christi teilhaben, nämlich am Dienst des Lehrens, des Heiligens und des Leitens: wie das nämlich die Apostel gemeinsam mit Petrus getan haben, so tun das in nicht unähnlicher Weise die Bischöfe gemeinsam mit dem Bischof von Rom. Um noch einmal die Worte des II. Vatikanischen Konzils zu gebrauchen, haben „die Bischöfe also das Dienstamt in der Gemeinschaft zusammen mit ihren Helfern, den Priestern und den Diakonen, übernommen. An Gottes Stelle stehen sie der Herde vor, deren Hirten sie sind, als Lehrer in der Unterweisung, als Priester im heiligen Kult, als Diener in der Leitung. Wie aber das Amt fortdauern sollte, das vom Herrn ausschließlich dem Petrus, dem ersten der Apostel, übertragen wurde und auf seine Nachfolger übergehen sollte, so dauert auch das Amt der Apostel, die Kirche zu weiden, fort und muß von der heiligen Ordnung der Bischöfe immerdar ausgeübt werden.“[10] So geschieht es, daß „dieses Kollegium“ – der mit dem Papst verbundenen Bischöfe nämlich – „insofern es aus vielen zusammengesetzt ist, die Vielfalt und Universalität des Gottesvolkes, insofern es unter einem Haupt versammelt ist, die Einheit der Herde Christi“ darstellt[11].

Die Vollmacht der Bischöfe aber und ihre Autorität haben den Charakter der Diakonia, entsprechend dem Vorbild Jesu Christi selbst, der „nicht gekommen ist, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele“ (Mk 10, 45). Die Vollmacht, die in der Kirche vorhanden ist, muß also vornehmlich nach dem Maß des Dienens sowohl verstanden als auch ausgeübt werden, so daß die Autorität dieser Art sich vor allem eines pastoralen Charakters erfreut.

Dies betrifft die einzelnen Bischöfe in ihrer jeweiligen Teilkirche; und um so mehr betrifft es den Bischof von Rom, dem es obliegt, den Petrusdienst zum Wohl und zum Nutzen der Universalkirche auszuüben: Die Römische Kirche nämlich steht „der weltweiten Versammlung der Liebe“ vor,[12] und folglich dient sie der Liebe. Daraus vornehmlich sind jene ehrwürdigen Worte „Diener der Diener Gottes“ hervorgegangen, mit denen der Nachfolger des Petrus benannt und beschrieben wird.

Aus diesem Grunde trägt der Papst stets auch gewissenhaft Sorge um die Angelegenheiten der Teilkirchen, die ihm von den Bischöfen unterbreitet werden oder deren Kenntnis er auf andere Weise erlangt hat, damit er, nachdem er eine vollere Erkenntnis bezüglich dieser Dinge erlangt hat, kraft seines Amtes, das heißt als Stellvertreter Christi und als Hirte der gesamten Kirche, seine Brüder im Glauben stärken kann (vgl. Lk 22,32). Er ist nämlich davon überzeugt, daß die wechselseitige Communio zwischen den auf dem gesamten Erdkreis eingesetzten Bischöfen und dem Bischof von Rom im Bande der Einheit, der Liebe und des Friedens, den größten Vorteil für die Einheit des Glaubens und der Disziplin bringt, die in der gesamten Kirche zu fördern und zu schützen sind.[13]

3. Nach diesen Vorbemerkungen besteht die so verstandene Diakonia, die dem Petrus und seinen Nachfolgern eigen ist, darin, daß sie notwendigerweise bezogen wird auf die Diakonia der übrigen Apostel und deren Nachfolger, die einzig darauf hin zielt, die Kirche in dieser Welt aufzubauen.

Diese notwendige Beziehung und Verbindung des Petrusamtes zum Dienst und Amt der übrigen Apostel machte seit alters her irgendein Zeichen erforderlich und muß es auch fordern, das nicht nur nach Art eines Symbols, sondern auch tatsächlich bestand. Von dieser Notwendigkeit hatten unsere Vorgänger, von der Last der apostolischen Tätigkeit betroffen, eine klare und präzise Vorstellung, wie beispielsweise die Worte Innozenz III. bestätigen, die er im Jahre 1198 an die Bischöfe und Prälaten von Gallien richtete, als er ihnen einen seiner Legaten sandte: „Weil uns die Fülle der kirchlichen Vollmacht, die uns vom Herrn übertragen wurde, zu Schuldnern aller Christgläubigen gemacht hat, können wir doch nicht den Zustand und die Ordnung des menschlichen Lebens vervielfältigen ... Weil nämlich das Gesetz des menschlichen Lebens das nicht erlaubt, können wir auch nicht in eigener Person die Last aller Sorgen tragen, sondern wir sind bemüht, das mit Hilfe unserer Brüder auszuüben, die Glieder unseres Leibes sind, was wir viel lieber persönlich erledigen würden, wenn es die Zweckmäßigkeit der Kirche erlaubte.“[14]

Von hier aus wird die Natur jener Einrichtung gesehen und verstanden, deren sich der Nachfolger des Petrus zur Ausübung seiner eigenen Sendung zum Wohl der Universalkirche bedient hat, wie auch die Handlungsweise, mit der er dieser Einrichtung Aufgaben übertragen hat, um sie zum Erfolg zu führen: von der Römischen Kurie sprechen wir, die sich seit alters her bemüht, bei der Ausübung des Petrusdienstes Hilfe zu leisten.

Damit nämlich jene fruchtbare Communio, von der wir sprachen, immer kräftiger würde und immer bessere Früchte hervorbrächte, ist die Römische Kurie zu dem Zweck entstanden, daß sie den Dienst des Hirten der Kirche immer wirksamer macht, der dem Petrus und seinen Nachfolgern von Christus selbst übertragen wurde, und der im Lauf der Zeit zu immer größeren Dimensionen herangewachsen ist. So räumte nämlich schon unser Vorgänger Sixtus V. in der Apostolischen Konstitution Immensa aeterni Dei ein: „Der Papst, den Christus der Herr als sichtbares Haupt seines Leibes, nämlich der Kirche, eingesetzt hat, und der nach seinem Willen die Sorgen aller Kirchen tragen sollte, ruft und schart in dieser großen Verantwortung viele Mitarbeiter um sich ... damit er, nachdem er die ungeheure Fülle der Sorgen und Geschäfte unter diese (die Kardinäle) und die übrigen Mitarbeiter der Römischen Kurie aufgeteilt hat und er selbst den Schlüssel dieser so großen Vollmacht in Händen hält, mit Hilfe der göttlichen Gnade darunter nicht zusammenbreche.“[15]

4. Tatsächlich bedienten sich, um einige geschichtliche Gesichtspunkte aufzuzeigen, die Päpste schon seit frühesten Zeiten zur Ausübung ihres Dienstes zum Wohl der gesamten Kirche einzelner Männer wie auch einiger Einrichtungen, die aus der Römischen Kirche ausgewählt wurden, derselben Kirche, die von unserem Vorgänger Gregor dem Großen als die Kirche des seligen Apostels Petrus bezeichnet wurde.[16]

Zuerst bedienten sie sich nämlich der Hilfe von Priestern und Diakonen, die dieser Kirche angehörten, die entweder das Amt eines Legaten ausübten oder bei unterschiedlichen Aufgaben tätig waren oder die Päpste bei Ökumenischen Konzilien vertraten.

Wenn aber Dinge von besonderer Bedeutung zu behandeln waren, riefen die Päpste Synoden oder römische Konzilien zu Hilfe, zu denen Bischöfe, die in der römischen Kirchenprovinz ihren Dienst ausübten, zusammengerufen wurden; diese aber behandelten nicht nur Fragen der Lehre oder des Lehramtes, sondern nahmen auch die Funktion von Gerichten wahr, bei denen die Angelegenheiten der Bischöfe entschieden wurden, die dem Papst vorgetragen worden waren.

Seit der Zeit aber, als die Kardinäle begannen, eine besondere Bedeutung in der Römischen Kirche anzunehmen, besonders bei der Wahl des Papstes, die ihnen seit dem Jahr 1059 vorbehalten ist, haben sich die Päpste immer mehr der Mitarbeit der Kardinäle bedient, so daß die Aufgabe der Römischen Synoden oder Konzilien schrittweise an Bedeutung verlor, bis diese vollständig aufhörten.

Von daher kommt es, daß, vor allem seit dem XIV. Jahrhundert, der Papst alle Angelegenheiten der Kirche gemeinsam mit den Kardinälen behandelte, die im Konsistorium versammelt waren. So kam es, daß den nicht ständigen Einrichtungen wie den Konzilien oder Römischen Synoden etwas anderes, Beständiges nachfolgte, das dem Papst dauernd zur Verfügung stand.

Unser Vorgänger Sixtus V. gab durch die schon erwähnte Apostolische Konstitution Immensa aeterni Dei vom 22. Januar 1588, dem Jahr 1587 seit der Menschwerdung unseres Herrn Jesus Christus, der Römischen Kurie ihr formales Gefüge, indem er ein Gesamt von 15 Dikasterien einrichtete, mit dem Ziel, daß das eine Kardinalskollegium durch mehrere Kollegien ersetzt werden sollte, die aus einigen Kardinälen bestanden, deren Vollmacht aber auf ein bestimmtes Gebiet und eine bestimmte Materie begrenzt sein sollte; von daher konnten sich die Päpste der Hilfe dieser kollegialen Räte bestens bedienen. Seit dieser Zeit sind die Konsistorien gegenüber ihrer ursprünglichen Aufgabe und Bedeutung sehr viel weniger wichtig geworden.

Mit dem Wechsel der Jahrhunderte und der geschichtlichen Umstände und mit den Veränderungen der sachlichen Gegebenheiten wurden einige Anpassungen und Veränderungen vorgenommen, vor allem als im 19. Jahrhundert Kardinalskommissionen eingerichtet wurden, deren Aufgabe es war, neben den übrigen Dikasterien der Römischen Kurie dem Papst zur Seite zu stehen. Schließlich ist durch die Anstrengungen und auf Geheiß unseres Vorgängers, des hl. Pius X., die Apostolische Konstitution Sapienti consilio herausgegeben worden, und zwar am 29. Juni 1908, in der er, auch unter der Rücksicht, daß die kirchlichen Gesetze im Codex Iuris Canonici zusammengefaßt werden sollten, schrieb: „Es erschien als sehr angebracht, bei der Römischen Kurie den Anfang zu machen, damit diese, in geeigneter und in für alle verständlicher Form geordnet, dem Papst und der Kirche ihre Hilfe leichter und ihren Beistand vollkommener gewähren könne.“[17] Die hervorragenden Ergebnisse dieser Reform waren: Die heilige Römische Rota, die im Jahr 1870 aufgehoben worden war, wurde dadurch wieder eingerichtet, damit sie die gerichtlichen Angelegenheiten behandle, während die Kongregationen, nach dem Verlust der gerichtlichen Kompetenzen, ausschließlich zu Verwaltungsorganen wurden. Außerdem wurde der Grundsatz eingeführt, daß sich die Kongregationen ihres eigenen, unübertragbaren Rechts erfreuen sollten, das bedeutet, daß die einzelnen Angelegenheiten von ihrem jeweils zuständigen Dikasterium und nicht von mehreren zugleich behandelt werden sollten.

Diese Reform von Pius X. wurde später im Codex Iuris Canonici, der von unserem Vorgänger Benedikt XV. im Jahre 1917 promulgiert wurde, bekräftigt und vervollständigt, und blieb praktisch unverändert bis zum Jahre 1967, nicht lange nach dem Abschluß des II. Vatikanischen Konzils, während dessen die Kirche ihr eigenes Geheimnis tiefer erforschte und die Leitlinien ihrer eigenen Sendung mit größerem Engagement entwarf.

5. Die auf diese Weise vermehrte Erkenntnis der Kirche über sich selbst mußte von sich aus zu einer neuen Angleichung der Römischen Kurie führen, die unserer Zeit entsprach. Auch wenn die Väter des hochheiligen Konzils anerkannt haben, daß sie bislang dem Papst sowie den Hirten der Kirche sehr wertvolle Hilfe geleistet haben, so wünschten sie doch zugleich, daß die Dikasterien der Römischen Kurie einer neuen Ordnung unterworfen werden sollten, die den Erfordernissen der Zeit sowie der einzelnen Regionen und Riten besser entsprechen könnte.[18] In Entsprechung zu diesen Wünschen des Konzils hat unser Vorgänger Paul VI. umgehend die Neuordnung der Kurie verwirklicht und zwar mit der Veröffentlichung der Apostolischen Konstitution Regimini Ecclesiae universae vom 15. August 1967.

Tatsächlich hat jener Papst mit dieser Konstitution die Struktur der Römischen Kurie, ihre Zuständigkeit und die Vorgehensweise ihrer bereits bestehenden Dikasterien sehr genau bestimmt, er hat neue errichtet, deren Aufgabe es sein sollte, bestimmte pastorale Initiativen in der Kirche zu fördern, während die übrigen fortfuhren, ihren Aufgaben der Jurisdiktion und der Leitung zu obliegen; so ist es dazu gekommen, daß die Zusammensetzung der Kurie das vielfältige Bild der Universalkirche deutlicher wiedergab. Unter anderem berief er Diözesanbischöfe in die Kurie, und zugleich sorgte er für die interne Zusammenarbeit der Dikasterien durch periodisch stattfindende Versammlungen der leitenden Kardinäle, um auf diese Weise gemeinsame Probleme in gegenseitiger Beratung zu lösen. Er führte die zweite Sektion beim Gerichtshof der Apostolischen Signatur ein, um so die höchsten und grundlegenden Rechte der Gläubigen wirkungsvoller zu schützen.

Weil er freilich sehr wohl wußte, daß die Reform einer so alten Einrichtung eines vertieften Studiums bedurfte, ordnete derselbe Papst an, daß nach Ablauf von fünf Jahren seit der Promulgation der Konstitution die erneuerte Ordnung der Kurie vertieft erwogen und zugleich geprüft werden sollte, ob sie wirklich mit den Wünschen des II. Vatikanischen Konzils übereinstimmte und den Bedürfnissen des christlichen Volkes und der weltlichen Gesellschaft entsprach, und auch, um eine geeignetere Form zu finden, soweit dies erforderlich war. Um diesen Auftrag zu erfüllen, wurde eine Kommission, das heißt eine besondere Körperschaft von Prälaten unter dem Vorsitz eines Kardinals bestimmt, die ihrer Aufgabe bis zum Tod dieses Papstes aktiv nachging.

6. Nachdem wir durch den unergründlichen Ratschluß der Vorsehung in das Amt gerufen wurden, die Universalkirche zu weiden, haben wir uns seit Beginn des Pontifikats darum bemüht, in dieser so schwerwiegenden Angelegenheit nicht nur die Meinung der Dikasterien zu erforschen, sondern auch das Urteil des gesamten Kardinalskollegiums zu erbitten. Die Kardinäle widmeten sich dieser Frage bei zwei allgemeinen Konsistorien, zu denen sie zusammenkamen, und gaben ihren Rat ab hinsichtlich des Weges und der Methode, die bei der Ordnung der Römischen Kurie beachtet werden sollten. Die Kardinäle nämlich sind mit dem Dienst des Bischofs von Rom durch ein sehr enges und besonderes Band verbunden, und „sie stehen dem Papst zur Seite, und zwar entweder durch kollegiales Handeln, wenn sie zur Behandlung wichtigerer Fragen zusammengerufen werden, oder als einzelne in Ausübung verschiedener Ämter, womit sie ihm ... vornehmlich in der täglichen Sorge für die Gesamtkirche Hilfe leisten“ [19]: diese waren daher als erste in einer so bedeutenden Angelegenheit zu fragen.

Die sehr breit angelegte Erhebung von Meinungen bei den Dikasterien der Römischen Kurie, die wir oben erwähnt haben, wurde, wie es recht war, durchgeführt. Die Frucht dieser allgemeinen Beratung war das Schema des Spezialgesetzes über die Römische Kurie, an dessen Vorbereitung eine Kommission aus Prälaten unter dem Vorsitz eines Kardinals beinahe zwei Jahre arbeitete; dieses wurde den einzelnen Kardinälen, den Patriarchen der Orientalischen Kirchen, den Bischofskonferenzen über ihre Vorsitzenden und den Dikasterien der Römischen Kurie zur Prüfung vorgelegt und ist in der Plenarversammlung der Kardinäle im Jahre 1985 diskutiert worden. Was die Bischofskonferenzen anbelangt, war es erforderlich, daß wir uns über die Erfordernisse der Teilkirchen sowie über deren Erwartungen und Wünsche in dieser Sache, welche die Römische Kurie betrafen, durch eine wahrhaft weltweite Meinungsbildung Gewißheit verschafften; für dies alles, wie wir gut erinnern werden, bot die außerordentliche Bischofssynode, die im Jahre 1985 gefeiert wurde, eine außerordentlich gute Gelegenheit, wie wir bereits erwähnt haben.

Schließlich hat eine Kommission aus Kardinälen, die zu diesem Zweck eigens eingerichtet worden war, unter Beachtung der Beobachtungen und Anregungen aus den vorangegangenen vielfältigen Beratungen, und nachdem sie auch die Stellungnahme einiger Einzelpersonen erbeten hatte, das Spezialgesetz für die Römische Kurie erarbeitet, das dem neuen Codex Iuris Canonici in entsprechender Weise angepaßt ist.

Dieses Spezialgesetz wollen wir mit der hier vorliegenden Apostolischen Konstitution promulgieren, am Ende des vierten Jahrhunderts seit der bereits erwähnten Apostolischen Konstitution Sixtus V. Immensa aeterni Dei, und im achtzigsten Jahr seit der Apostolischen Konstitution Pius X. Sapienti consilio, nach Ablauf von zwanzig Jahren schließlich seit dem Inkrafttreten der Apostolischen Konstitution Pauls VI. Regimini Ecclesiae universae, mit welcher diese unsere Konstitution eng verbunden ist, weil beide, übereinstimmend in Geist und Absicht, in gewisser Weise ihren Ursprung aus dem II. Vatikanischen Konzil herleiten.

7. Diese Absicht und dieser Geist, die mit dem II. Vatikanischen Konzil übereinstimmen, stärken und bezeichnen die Aktivität der erneuerten Römischen Kurie. Dies freilich bekräftigt das Konzil mit folgenden Worten: „Zur Ausübung der höchsten, vollen und unmittelbaren Vollmacht über die Gesamtkirche bedient sich der Papst der Behörden der Römischen Kurie. Diese versehen folglich ihr Amt in seinem Namen und mit seiner Vollmacht zum Wohle der Kirchen und als Dienst, den sie den geweihten Hirten leisten.“[20]

Es ist also offenkundig, daß der Dienst der Römischen Kurie, obgleich sie nicht zur eigentlichen, im göttlichen Recht gründenden Verfassung der Kirche gehört, dennoch einen wahrhaft kirchlichen Charakter hat, weil sie nämlich vom Hirten der Universalkirche ihre Existenz und ihre Zuständigkeit herleitet. Diese nämlich besteht und wirkt nur insofern, als sie sich auf das Petrusamt bezieht und in ihm gründet. Weil aber der Dienst des Petrus, gleichsam als „Diener der Diener Gottes“, sowohl gegenüber der Universalkirche als auch gegenüber den Bischöfen der ganzen Kirche ausgeübt wird, bezieht sich auch die Römische Kurie, die dem Nachfolger des Petrus dient, in gleicher Weise auf die Universalkirche und gleichermaßen darauf, den Bischöfen zu dienen.

Völlig klar erscheint daher, daß die vorrangige Eigenschaft aller sowie der einzelnen Dikasterien der Römischen Kurie ihr Dienstcharakter ist, wie die bereits erwähnten Worte aus dem Dekret Christus Dominus bestätigen, und vor allem dieser Ausdruck: „Der Papst bedient sich der Dikasterien der Römischen Kurie“[21]. In deutlicher Weise wird mit diesen Worten nämlich der instrumentelle Charakter der Kurie ausgedrückt, und diese wird in gewisser Weise als ein Werkzeug in den Händen des Papstes beschrieben, so daß jene sich weder irgendeiner Gewalt noch Vollmacht erfreut außer jener, die sie von diesem höchsten Hirten empfängt. Jener Paul VI. nämlich hat schon zwei Jahre, bevor er das Dekret Christus Dominus promulgierte, also im Jahre 1963, die Römische Kurie beschrieben als ein Instrument der unmittelbaren Anhänglichkeit und des vollkommenen Gehorsams, dessen sich der Papst zur Erfüllung seiner universalen Sendung bedient. Diese Bezeichnung ist an verschiedenen Stellen der Apostolischen Konstitution Regimini Ecclesiae universae aufgegriffen worden.

Dieser dienende und instrumentelle Charakter scheint in geeignetster Weise die Natur dieser sehr wohlverdienten und verehrungswürdigen Einrichtung zu beschreiben und ihre Aktivität zu bezeichnen, die vollständig darin bestehen, daß sie dem Papst um so wirksamer und wirkungsvoller Hilfe leistet, als sie sich darum bemüht, immer mehr mit seinem Willen übereinzustimmen und diesem treu zu sein..

8. Über diesen Dienstcharakter hinaus wurde vom II. Vatikanischen Konzil der, wie wir sagen, Stellvertretungscharakter der Römischen Kurie stärker ins Licht gerückt, weil jene nämlich, wie wir schon gesagt haben, nicht aus eigenem Recht und nicht aus eigenem Antrieb handelt: sie übt nämlich die Vollmacht aus, die sie vom Papst empfangen hat, aufgrund der wesentlichen und ursprünglichen Beziehung, die sie zu ihm hat, und weil das Eigentümliche dieser Vollmacht darin besteht, daß sie ihre Handlungsanstrengungen immer mit dem Willen dessen verbindet, von dem sie ihren Ursprung hat, und mit der Zielrichtung, daß sie sich als treue Interpretin seines Willens in Übereinstimmung, ja sogar in Gleichheit mit ihm zeigt und erweist, zum Wohl der Kirche und zum Dienst an den Bischöfen. Aus diesem Charakter schöpft die Römische Kurie ihre Kraft und Stärke, aber sie findet darin auch in gleicher Weise die Grenzen ihres Tuns und einen Verhaltenskodex.

Die Fülle dieser Vollmacht hat ihren Sitz im Haupt, das heißt in der Person des Stellvertreters Christi selbst, der davon den Dikasterien der Kurie zuteilt gemäß der Zuständigkeit und dem Handlungsfeld der einzelnen. Weil sich aber der Petrusdienst des Papstes, wie wir gesagt haben, aufgrund seiner eigenen Natur auf den Dienst des Kollegiums seiner Brüder, der Bischöfe, bezieht, und zugleich danach trachtet, daß die Universalkirche ebenso wie die einzelnen Partikularkirchen aufgebaut, gekräftigt und ausgeweitet werden, bezieht sich die Diakonia der Kurie, deren sich jener zur Ausübung seines Amtes bedient, notwendig und in gleicher Weise auf den persönlichen Dienst der Bischöfe, sei es als Mitglieder des Bischofskollegiums, sei es als Hirten der Teilkirchen.

Aus diesem Grunde ist es nicht nur undenkbar, daß die Römische Kurie die persönlichen Beziehungen und Kontakte zwischen den Bischöfen und dem Papst in gewisser Weise wie eine Trennwand behindere oder beeinflusse, sondern im Gegenteil ist sie und muß sie immer mehr Dienerin der Gemeinschaft und der Teilhabe an den Anliegen sein.

9. Aufgrund ihrer Diakonia, die mit dem Petrusdienst verbunden ist, ist zu folgern, daß die Römische Kurie sowohl mit den Bischöfen des gesamten Erdkreises aufs engste verbunden ist, und daß auch dieselben Hirten und ihre Kirchen die ersten und vorrangigen Nutznießer der Tätigkeit der Kurie sind. Dies findet seine Bestätigung in der Zusammensetzung der Kurie.

Tatsächlich setzt sich die Kurie aus allen Kardinälen zusammen, die aufgrund ihrer eigenen Bezeichnung zur Römischen Kirche gehören,[22] und die dem Papst bei der Leitung der Universalkirche am nächsten helfend zur Seite stehen, und die darüber hinaus alle, sei es zu ordentlichen, sei es zu außerordentlichen Konsistorien zusammengerufen werden, wenn das aufgrund von dringenderen Angelegenheiten und deren Behandlung sinnvoll erscheint;[23] auf diese Weise geschieht es also, daß sie, welche die Bedürfnisse des ganzen Gottesvolkes umfassender kennen, fortfahren, für das Wohl der Universalkirche zu sorgen.

Dazu kommt, daß die meisten Leiter der einzelnen Dikasterien Bischöfe sind und sich der bischöflichen Gnade erfreuen, und so zu dem einen Bischofskollegium gehören, und von daher auch zur selben Sorge für die Universalkirche angehalten sind, durch die alle Bischöfe, in hierarchischer Gemeinschaft mit dem Papst als ihrem Haupt, verbunden sind.

Darüber hinaus sind unter die Mitglieder der Dikasterien einige Diözesanbischöfe berufen worden, „damit sie die Ansichten, Wünsche und Anliegen aller Kirchen dem Papst ausführlicher unterbreiten können.“[24] So wird durch die Römische Kurie die kollegiale Zuneigung, die zwischen den Bischöfen und ihrem Haupt herrscht, zur konkreten Anwendung gebracht, und zugleich auf den ganzen mystischen Leib ausgedehnt, „der ja auch der Leib der Kirchen ist.“[25]

Eine solche kollegiale Zuneigung wird auch zwischen den verschiedenen Dikasterien gepflegt. Alle Kardinäle nämlich, die Vorsteher von Dikasterien sind, oder ihre Vertreter, kommen zu bestimmten Zeiten gemeinsam zusammen, wenn besondere Fragen zu behandeln sind, damit sie durch gemeinsame Beratung über die wichtigeren Fragen informiert werden und zu deren Lösung ihre gegenseitige Hilfe beitragen und auf diese Weise dafür sorgen, daß eine Einheit des Handelns und des Denkens in der Römischen Kurie bewahrt werde.

Über diese mit der bischöflichen Vollmacht begabten Männer hinaus sind für die Tätigkeit der Dikasterien sehr viele Mitarbeiter erforderlich, die mit ihrer Arbeit, nicht selten im Verborgenen und weder leicht noch einfach, dem Petrusamt dienen und helfen.

So werden nämlich in die Römische Kurie sowohl Diözesanpriester aus dem gesamten Erdkreis berufen, die mit den Bischöfen durch die Teilhabe am priesterlichen Dienst eng verbunden sind; ebenso Ordensangehörige, von denen die meisten Priester sind, aber auch Ordensfrauen, die in unterschiedlicher Weise ihr Leben den evangelischen Räten angleichen, um das Wohl der Kirche zu mehren und um ein einzigartiges Zeugnis für Christus vor der Welt abzulegen; ferner Laien, Männer und Frauen, die ihr eigenes Apostolat aufgrund von Taufe und Firmung ausüben. Diese vereinten Kräfte sorgen dafür, daß alle Stände der Kirche dem Papst, eng verbunden mit seinem Dienst, dabei helfen, daß der pastorale Dienst der Römischen Kurie bei seiner Ausübung immer wirkungsvoller werde. Von daher leuchtet es auch ein, daß dieser Dienst aller Stände der Kirche in der weltlichen Gesellschaft nichts vergleichbares findet, und daß deren Arbeit im Geist des wirklichen Dienens geleistet werden muß, in der Nachfolge und Nachahmung der Diakonie Christi selbst.

10. Von daher scheint deutlich auf, daß der Dienst der Römischen Kurie, sei es, daß er für sich selbst betrachtet wird, sei es wegen seiner Beziehungen zu den Bischöfen der Universalkirche, sei es wegen der Ziele, die sie verfolgt und wegen der einträchtigen Zuneigung in Liebe, nach der sie sich richten muß, sich in gewisser Weise durch einen kollegialen Charakter auszeichnet, auch wenn die Kurie selbst in keiner Weise mit irgendeiner Art von Kollegium verglichen werden kann; dieser Charakter befähigt sie zum Dienst am Bischofskollegium und versieht sie mit den Mitteln, die dafür geeignet sind. Noch viel mehr, sie bringt auch die Besorgnis der Bischöfe um die Universalkirche zum Ausdruck, insofern die Bischöfe an dieser Sorge und Besorgnis „mit Petrus und unter Petrus“ teilhaben.

Dies freilich wird auf höchste Weise deutlich und nimmt eine symbolische Kraft an, wenn die Bischöfe, wie wir weiter oben schon gesagt haben, berufen werden, um in einzelnen Dikasterien mitzuarbeiten. Darüber hinaus bleibt allen sowie den einzelnen Bischöfen das Recht und die Pflicht, den Nachfolger des seligen Petrus unmittelbar anzugehen, insbesondere bei den Besuchen an den Gräbern der Apostel.

Diese Besuche nehmen aufgrund der oben dargelegten ekklesiologischen und pastoralen Grundsätze eine eigene und ganz besondere Bedeutung an. Sie bieten nämlich vor allem eine Gelegenheit von hervorragender Bedeutung und stellen so etwas wie den Mittelpunkt jenes höchsten Dienstes dar, der dem Papst aufgetragen ist: bei dieser Gelegenheit nämlich trifft sich der Hirte der Universalkirche mit den Hirten der Teilkirchen und tauscht sich mit ihnen aus, wenn sie zu ihm kommen, um in ihm Kephas zu sehen (vgl. Gal 1,18), die vor ihm und in privater Form mit ihm die Angelegenheiten ihrer Diözesen behandeln und so gemeinsam mit ihm an der Sorge für alle Kirchen teilnehmen (vgl. 2 Kor 11,28). Aus diesem Grund werden durch die Ad-limina-Besuche die Communio und die Einheit im inneren Leben der Kirche in ganz besonderer Weise gefördert.

Diese geben darüber hinaus den Bischöfen die Möglichkeit und die Gelegenheit, daß sie mit den zuständigen Dikasterien der Römischen Kurie sowohl solche Studien bedenken und erforschen, die sich auf die Lehre und die pastorale Tätigkeit beziehen, als auch Initiativen des Apostolats wie auch Schwierigkeiten zu besprechen, die sich der ihnen aufgetragenen Sendung, für das ewige Heil zu sorgen, entgegenstellen.

11. Da sich also die Tätigkeit der Römischen Kurie, die mit dem Petrusamt verbunden und in ihm begründet ist, dem Wohl sowohl der Universalkirche als auch dem der Teilkirchen widmet, ist sie vor allem dazu berufen, jenen Dienst an der Einheit zu erfüllen, der dem Papst in einzigartiger Weise aufgetragen ist, insofern er von Gott als dauerhaftes und sichtbares Fundament der Kirche eingesetzt ist. Deshalb ist die Einheit in der Kirche ein wertvoller Schatz, der bewahrt, verteidigt, geschützt, gefördert und ständig verwirklicht werden muß, unter eifriger Mithilfe von allen, besonders aber von jenen, die ihrerseits in ihren Teilkirchen das sichtbare Prinzip und Fundament der Einheit sind.[26]

Die Mitarbeit also, welche die Römische Kurie für den Papst leistet, stützt sich auf diesen Dienst an der Einheit: diese ist vor allem Einheit im Glauben, welche sich nach dem heiligen Glaubensgut richtet und darauf aufbaut, deren erster Wächter und Verteidiger der Nachfolger des Petrus ist und auf die hin ihm der höchste Dienst übertragen wurde, die Brüder zu stärken. Sie ist zugleich Einheit in der Ordnung, wobei es sich um die allgemeine Ordnung der Kirche handelt, die in einem Gefüge von Gesetzen und Sitten besteht, das die grundlegende Verfassung der Kirche bildet und die Heilsmittel sowie deren rechte Verwaltung sicherstellt, in Einklang mit dem geordneten Gefüge des Volkes Gottes.

Dieselbe Einheit, welche die Leitung der Universalkirche seit jeher zu verteidigen trachtet gegenüber den verschiedenen Weisen des Seins und des Handelns, die aus der Verschiedenheit der Personen und der Kulturen entstehen, ohne jedoch der unerschöpflichen Vielfalt der Gaben Schaden zufügen zu wollen, welche der Heilige Geist ausgießt, wird ständig bereichert, solange daraus nicht Versuche entstehen, sich gleichsam wie in einer Flucht vom Mittelpunkt zu trennen, sondern wenn im Gegenteil alles in der vertieften Ordnung der einen Kirche zusammenfließt. Unser Vorgänger Johannes Paul I. hat diesen Grundsatz in vorzüglicher Weise erwähnt, als er in einer Ansprache an die Kardinäle über die Einrichtungen der Römischen Kurie folgendes bekräftigte: diese „bieten dem Stellvertreter Christi die Möglichkeit, daß dieser den apostolischen Dienst, den er der Universalkirche schuldet, sicher und bestimmt leisten kann, und deshalb stellen sie sicher, daß sich die legitime Freiheit im Handeln in organischer Weise ausdrücken kann, unbeschadet jedoch der erforderlichen Beachtung jener Einheit in der Ordnung und im Glauben, die zur Natur der Kirche gehört, und für die Christus am Abend vor seinem Leiden gebetet hat.“[27]

Daraus folgt, daß der oberste Dienst an der Einheit der Universalkirche die legitimen Gewohnheiten, die Sitten der Völker und auch die Vollmacht, die aufgrund göttlichen Rechts den Hirten der Teilkirchen zukommt, achtet. Es ist aber offenkundig, daß der Papst jedesmal dann eingreifen muß, wenn schwerwiegende Gründe das fordern, um die Einheit im Glauben, in der Liebe und in der Ordnung zu schützen.

12. Weil also der Dienst der Römischen Kurie ein kirchlicher ist, erfordert er auch die Mitwirkung der gesamten Kirche, auf die er ausgerichtet ist. Tatsächlich ist ja niemand in der Kirche von den übrigen getrennt, vielmehr bildet jeder einzelne zusammen mit allen anderen den Leib der Kirche.

Diese Art von Zusammenarbeit wirkt durch jene Communio, von der wir von Anfang an gesprochen haben, nämlich die Communio des Lebens, der Liebe und der Wahrheit, für deren Herstellung das messianische Gottesvolk von Christus dem Herrn eingesetzt wurde, das von ihm genutzt wird als Werkzeug der Erlösung und das in die ganze Welt gesandt ist gleichsam als Licht der Welt und als Salz der Erde.[28] Wie nämlich die Römische Kurie die Aufgabe hat, mit allen Kirchen in Verbindung zu stehen, so sollen auch die Hirten der Teilkirchen, die diese „als Stellvertreter und Gesandte Christi leiten“,[29] versuchen, mit der Römischen Kurie in Verbindung zu bleiben, damit sie durch diesen gegenseitigen vertrauensvollen Austausch mit einem immer stärkeren Band mit dem Nachfolger des Petrus verbunden werden.

Dieser gegenseitige Austausch zwischen dem Zentrum und der Peripherie der Kirche, wie wir sagen, wertet niemandes Autorität auf, sondern fördert in bester Weise die Communio zwischen allen, nach dem Vorbild eines lebendigen Leibes, der aus den wechselseitigen Beziehungen aller Glieder besteht und tätig wird. Dies brachte unser Vorgänger Paul VI. in treffender Weise zum Ausdruck: „Es ist offenkundig, daß der Bewegung hin zum Zentrum und gleichfalls zum Herzen der Kirche eine andere Bewegung entsprechen muß, die von der Mitte ausgeht nach außen und in gewisser Weise alle und die einzelnen Kirchen, alle und die einzelnen Hirten und Gläubigen erreicht, so daß ihnen jener Schatz der Wahrheit, der Gnade und der Einheit bekannt gemacht und gezeigt werde, als dessen Bewahrer und Verwalter Christus der Herr und Erlöser uns teilhaftig gemacht hat.“[30]

Das alles ist darauf ausgerichtet, daß ein und demselben Volk Gottes der Heilsdienst in wirksamerer Weise zur Verfügung steht; jener Dienst sagten wir, der vor allem anderen die gegenseitige Hilfe zwischen den Hirten der Teilkirchen und dem Hirten der Universalkirche erfordert, so daß alle in gemeinsamer Anstrengung darauf hinarbeiten, daß das höchste Gesetz verwirklicht werde, nämlich das Heil der Seelen.

Nichts anderes nämlich wollten die Päpste, als diesem Seelenheil immer fruchtbarer zu dienen, sei es, als sie die Römische Kurie einrichteten, sei es, als sie diese den neuen Erfordernissen der Kirche und der Zeit anglichen, wie das die Geschichte zeigt. Zu Recht hat daher Paul VI. von der Römischen Kurie das Bild eines zweiten Abendmahlssaales in Jerusalem gezeichnet, und die ganz dem Dienst an der Kirche geweiht ist.[31] Wir haben deshalb unterstrichen, daß es für alle, die in ihr mitarbeiten, nur eine einzige Handlungsanweisung und Norm gibt, nämlich den Dienst der Kirche und gegenüber der Kirche eifrig zu leisten.[32] Vielmehr, in diesem neuen Gesetz über die Römische Kurie habe ich festlegen wollen, daß alle Angelegenheiten von den Dikasterien behandelt würden „in pastoraler Form und nach pastoralen Gesichtspunkten und stets bedacht sowohl auf die Gerechtigkeit als auch auf das Wohl der Kirche wie auch besonders auf das Heil der Menschen.“[33]

13. Angelangt bei der Promulgation dieser Apostolischen Konstitution, durch die das neue Erscheinungsbild der Römischen Kurie geprägt werden soll, möchten wir die Grundsätze und Anliegen zusammenfassen, die uns geleitet haben.

Wir wollten vor allem, daß das Bild und Antlitz dieser Kurie den neuen Erfordernissen unserer Zeit besser entspreche, wobei wir den Veränderungen Rechnung getragen haben, die nach dem Erlaß der Apostolischen Konstitution Regimini universae Ecclesiae sowohl von unserem Vorgänger Paul VI. als auch von uns selbst vorgenommen worden sind.

Danach war es unsere Aufgabe, daß die Erneuerung der Gesetze der Kirche, die mit der Herausgabe des neuen Codex Iuris Canonici begonnen wurde und die weitergeführt werden wird mit der Revision des Codex des Rechts der Orientalischen Kirchen, in gewisser Weise vervollständigt und abgeschlossen werde.

Ferner hatte ich im Sinn, daß die von alters her überkommenen Dikasterien und Einrichtungen der Römischen Kurie geeigneter gemacht würden, damit sie ihre Ziele erfüllen können, zu denen sie eingerichtet worden sind, nämlich um teilzuhaben an den Aufgaben der Leitung, der Gesetzgebung und der Verwaltung; deshalb ist es geschehen, daß die Handlungsfelder dieser Dikasterien untereinander besser verteilt und genauer abgegrenzt wurden.

Ferner haben wir unter Berücksichtigung der Erfahrungen, die wir in diesen Jahren gemacht haben, sowie der immer neuen Erfordernisse der kirchlichen Gemeinschaft darüber nachgedacht, die rechtliche Gestalt und Ordnung jener Einrichtungen zu überdenken, die zu Recht als „nachkonziliar“ bezeichnet werden, um deren Zusammensetzung und Ordnung möglicherweise zu verändern. Wir haben das mit der Absicht unternommen, daß der Dienst dieser Einrichtungen immer nützlicher und fruchtbarer werde, nämlich in der Kirche besondere pastorale Aktivitäten sowie das Studium jener Probleme zu fördern, die zunehmend die Sorge der Hirten in Anspruch nehmen und rasche und sichere Antworten erfordern.

Schließlich sind auch neue und beständige Initiativen zur Verstärkung der gegenseitigen Zusammenarbeit zwischen den Dikasterien erdacht worden, mit deren Hilfe eine Handlungsweise erreicht werden soll, die aufgrund ihrer eigenen Natur den Charakter der Einheit an sich trägt.

Mit einem Wort, es war unser Anliegen, mutig voranzuschreiten, damit die Verfassung und die Handlungsweise der Römischen Kurie immer mehr den ekklesiologischen Grundsätzen entsprächen, die vom II. Vatikanischen Konzil aufgestellt worden sind, daß sie sich als immer geeigneter zur Erreichung der mit ihrer Verfassung verbundenen pastoralen Zielsetzungen erweisen, und daß sie den Bedürfnissen sowohl der kirchlichen wie auch der weltlichen Gesellschaft immer besser entgegenkommen sollten.

Wir sind nämlich davon überzeugt, daß die Tätigkeit der Römischen Kurie nicht wenig dazu beiträgt, daß die Kirche, an der Schwelle des dritten Jahrtausends nach Christi Geburt, dem Mysterium ihre Ursprungs treu bleiben kann,[34] während der Heilige Geist sie sich durch die Kraft des Evangeliums verjüngen läßt.[35]

14. Nachdem wir dies alles überlegt und unter Mithilfe von Fachleuten, nach weisem Rat und unterstützt durch die kollegiale Zuneigung der Kardinäle und der Bischöfe die Natur und die Aufgabe der Römischen Kurie sorgfältig bedacht haben, haben wir die Vorbereitung dieser Apostolischen Konstitution angeordnet, geleitet von der Hoffnung, daß diese so verehrungswürdige und für die Leitung der Kirche so notwendige Einrichtung jenem neuen pastoralen Anstoß entspreche, aus dem heraus insbesondere seit der Feier des II. Vatikanischen Konzils sich alle Gläubigen, die Laien, die Priester und vor allem die Bischöfe bewegt fühlen, und durch den sie immer sorgfältiger darauf hören und das befolgen, was der Geist den Kirchen verkündet (vgl. Apg 2,7).

Wie nämlich alle Hirten der Kirche, und unter ihnen in besonderer Weise der Papst, sich selbst als „Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse Gottes“ (1 Kor 4,1) betrachten und danach streben, in allererster Linie treueste Helfer zu sein, deren sich der ewige Vater mit Leichtigkeit bedienen kann, um sein Heilswerk in dieser Welt zu vollenden, so strebt auch die Römische Kurie danach, daß sie in allen einzelnen Bereichen ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit von demselben Geist und von seinem Hauch durchdrungen werden: Der Geist des Menschensohnes nämlich, des eingeborenen Christus vom Vater, der „kam um zu retten, was verloren war“ (Mt 18,11), und dessen einziger und umfassender Wille dahin strebt, daß alle Menschen „das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10).

Deswegen legen wir mit Hilfe der Gnade Gottes und unter dem Schutz der seligen Jungfrau Maria, der Mutter der Kirche, diese Normen fest und erlassen sie, nach denen sich die Römische Kurie zu richten hat.


Anmerkungen

1) Vgl. Vat. II, Dogmatische Konstitution Lumen Gentium, 24.

2) Ebd., 4.

3) Ebd., 14. 4 Vgl. dort, Kap. 1.

5) Vgl. dort, Kap. 2.

6) Vgl. dort, Kap. 3.

7) Ebd., 1.

8) Apostolische Konstitution Vicariae potestatis, 6. Januar 1977: AAS 69 (1977) 6; vgl. Dogmatische Konstitution Lumen Gentium, 15.

9) Dogmatische Konstitution Lumen Gentium, 19.

10) Ebd., 20.

11) Ebd., 22.

12) Hl. Bischof Ignatius, Brief an die Römer, Einleitung: Apostolische Väter, Ausgabe Funk, Tübingen 19012, I, 252.

13) Vgl. Dogmatische Konstitution Lumen Gentium, 22, 23, 25.

14) Die Register Innozenz’ III., I, Graz - Köln 1964, S. 515 f.

15) Vorwort, Teil 1.

16) Reg. XIII, 42, II, S. 405, 12.

17) Vgl. AAS 1 (1909) 8.

18) Vgl. Dekret Christus Dominus, 9.

19) CIC, 349.

20) Dekret Christus Dominus, 9.

21) Ebd., 9.

22) Vgl. Apostolische Konstitution Vicariae potestatis, 6. Januar 1977: AAS 69 (1977) 6.

23) Vgl. CIC, 353.

24) Dekret Christus Dominus, 10.

25) Dogmatische Konstitution Lumen Gentium, 23.

26) Vgl. Dogmatische Konstitution Lumen Gentium, 23.

27) Ansprache an das Kardinalskollegium, 30. August 1978: AAS 70 (1978) 703.

28) Vgl. Dogmatische Konstitution Lumen Gentium, 9.

29) Ebd. 27.

30) MP Sollicitudo omnium Ecclesiarum über den Dienst der päpstlichen Gesandten, 24. Juni 1969: AAS 61 (1969) 475.

31) Vgl. Ansprache an die Teilnehmer an den Exerzitien im Apostolischen Palast, 17. März 1973: Insegnamenti di Paolo VI., XI, 1973, 257.

32) Vgl. Ansprache an die Römische Kurie, 28. Juni 1986: Insegnamenti di Giovanni Paolo II., IX, 1, 1986, S. 1954.

33) Art. 15.

34) Vgl. Enzyklika Dominum et vivificantem, 18. Mai 1986: AAS 78 (1986) 896 f.

35) Vgl. Dogmatische Konstitution Lumen Gentium, 4.

 

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