JOHANNES PAUL II.
GENERALAUDIENZ
Mittwoch, 1. April 1992
1. Während wir auf der Grundlage des Konzilstextes fortfahren, der lautet: „Das heilige und organisch verfasste Wesen dieser priesterlichen Gemeinschaft vollzieht sich sowohl durch die Sakramente als auch durch ein tugendhaftes Leben” (Lumen Gentium, Nr. 11), entwickeln wir in der heutigen Katechese diese Wahrheit über die Kirche weiter und richten unsere Aufmerksamkeit auf das Sakrament der Firmung. Wir lesen in Lumen Gentium: „Durch das Sakrament der Firmung werden sie [die getauften Gläubigen] vollkommener der Kirche verbunden und mit einer besonderen Kraft des Heiligen Geistes ausgestattet. So sind sie in strengerer Weise verpflichtet, den Glauben als wahre Zeugen Christi in Wort und Tat zugleich zu verbreiten und zu verteidigen” (Lumen Gentium, Nr. 11).
2. Ein erstes Zeugnis dieses Sakramentes erscheint in der Apostelgeschichte. Dort wird erzählt, dass der Diakon Philippus (nicht identisch mit dem Apostel Philippus), einer der sieben von den Aposteln geweihten Männer, voll des Geistes und der Weisheit, in die Hauptstadt Samariens gekommen war, um die Frohe Botschaft zu verkünden. „Und die Menge achtete einmütig auf die Worte des Philippus; sie hörten zu und sahen die Wunder, die er tat … Als sie … dem Philippus Glauben schenkten, der das Evangelium vom Reich Gottes und vom Namen Jesu Christi verkündete, ließen sie sich taufen, Männer und Frauen … Als die Apostel in Jerusalem hörten, dass Samarien das Wort Gottes angenommen hatte, schickten sie Petrus und Johannes dorthin. Diese zogen hinab und beteten für sie, sie möchten den Heiligen Geist empfangen. Denn er war noch auf keinen von ihnen herabgekommen; sie waren nur auf den Namen Jesu, des Herrn, getauft. Dann legten sie ihnen die Hände auf, und sie empfingen den Heiligen Geist” (Apg 8,6-17).
Dieses Ereignis zeigt uns die Verbindung, die von den Anfängen der Kirche an zwischen der Taufe und dem „Auflegen der Hände” bestand, dem neuen sakramentalen Akt, um das Geschenk des Heiligen Geistes zu empfangen und zu vermitteln. Dieser Ritus wird als eine Vervollkommnung der Taufe betrachtet. Er wird als wichtig erachtet – so sehr, dass Petrus und Johannes ausdrücklich zu diesem Zweck von Jerusalem nach Samaria gesandt werden.
3. Dieses Wirken der beiden Apostel für das Geschenk des Heiligen Geistes begründet die dem Bischof im lateinischen Ritus der Kirche zugeschriebene Rolle. Der Ritus enthält die Auflegung der Hände, von der Kirche vom 2. Jahrhundert an praktiziert, wie uns die apostolische Tradition von Hippolyt Romano (um das 2. Jahrhundert) bestätigt, der von einem zweifachen Ritus spricht: von der Salbung, die der Priester vor der Taufe vornimmt, und dann von der Auflegung der Hände auf die Täuflinge, die von einem Bischof vorgenommen wird, der ihr Haupt mit Chrisamöl salbt. So zeigt sich der Unterschied zwischen der Salbung bei der Taufe und der Salbung bei der Firmung.
4. In den christlichen Jahrhunderten setzten sich verschiedene Bräuche im Osten und im Westen bei der Spendung der Firmung durch.
In der orientalischen Kirche wird die Firmung gleich nach der Taufe gespendet (die Taufe wird ohne Salbung vollzogen). In der Kirche des Westens hingegen wird die Firmung, wenn das Kind getauft ist, dann gespendet, wenn es Vernunft erlangt hat oder zu einem von der Bischofskonferenz bestimmten späteren Zeitpunkt (vgl. CIC, can. 891).
Im Osten spendet der Priester, der tauft, zugleich die Firmung. Im Westen ist es der Bischof, aber es gibt auch Priester, die die Vollmacht haben, das Firmsakrament zu spenden.
Außerdem besteht der orientalische Ritus wesentlich in einer einzigen Salbung; im Westen wird die Salbung mit dem Auflegen der Hände vollzogen (vgl. can. 880).
Zu diesen Unterschieden zwischen Ost und West kommt die Vielfalt der Richtlinien, die in der Kirche des Westens hinsichtlich des für die Firmung angemessenen Alters, des Zeitpunktes, des Ortes und der geistlichen und kulturellen Umstände gegeben sind. Und das aufgrund der Freiheit, die die Kirche bei der Bestimmung der besonderen Bedingungen für die Feier des sakramentalen Ritus bewahrt.
5. Die wesentliche Wirkung des Sakramentes der Firmung ist die Vervollkommnung des in der Taufe empfangenen Geschenks des Heiligen Geistes, um den Empfänger zu befähigen, für Christus mit seinem Wort und seinem Leben Zeugnis abzulegen. Die Taufe bewirkt Reinigung, Befreiung von der Sünde und teilt neues Leben mit. Die Firmung legt den Akzent auf den positiven Aspekt der Heiligung und auf die Kraft, die dem Christen vom Heiligen Geist geschenkt wird, für ein echt christliches Leben und ein tatkräftiges Zeugnis.
6. Wie bei der Taufe, so wird auch vom Sakrament der Firmung ein besonderes Prägemal in die Seele eingedrückt. Es ist eine Vervollkommnung der Taufweihe, die durch zwei rituelle Gesten gespendet wird: die Handauflegung und die Salbung. Auch die schon in der Taufe empfangene Fähigkeit, Gottesdienst zu feiern, wird durch die Firmung bekräftigt. Das allgemeine Priestertum fasst im Menschen tiefer Wurzeln und wird wirksamer ausgeübt. Die besondere Funktion der Firmung ist es, zum christlichen Zeugnis und Handeln zu veranlassen, das bereits Petrus als Ableitung aus dem allgemeinen Priestertum bezeichnete (vgl. 1 Petr 2,11 f.). Der heilige Thomas von Aquin sagt, dass der Firmling für den Namen Christi Zeugnis ablegt und durch die „besondere Macht” des Prägemals die guten Taten des Christen zum Schutz und zur Verbreitung des Glaubens vollbringt (vgl. Summa theologiae, III, q.72, a.5 in c. und ad 1), weil er mit einer besonderen Funktion und einem besonderen Auftrag bekleidet ist. Es ist eine „Teilhabe des Priestertums Christi in den Gläubigen, die zum Gottesdienst berufen sind, der sich im Christentum aus dem Priestertum Christi ableitet” (ebd., q.63, a.3). Auch das öffentliche Zeugnis für Christus gehört in den Bereich des allgemeinen Priestertums der Gläubigen, die dazu „quasi ex officio” berufen sind (ebd., q.72, a.5 ad 2).
7. Die vom Firmsakrament gespendete Gnade ist genauer ein Geschenk des Starkmuts. Das Konzil sagt, dass die Getauften durch die Firmung „mit einer besonderen Kraft des Heiligen Geistes ausgestattet” werden (Lumen Gentium, Nr. 11). Dieses Geschenk entspricht dem Bedürfnis nach einer höheren Kraft, um den „geistigen Kampf” des Glaubens und der Liebe (vgl. Summa theologiae, III, q.72, a.5) aufzunehmen, den Versuchungen zu widerstehen und das Zeugnis des Wortes und des christlichen Lebens mit Mut, Begeisterung und Ausdauer in die Welt zu tragen. Im Firmsakrament wird diese Kraft des Heiligen Geistes mitgeteilt.
Jesus hatte auf die Gefahr hingewiesen, sich seines Glaubensbekenntnisses zu schämen: „Denn wer sich meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich der Menschensohn schämen, wenn er in seiner Hoheit kommt und in der Hoheit des Vaters und der heiligen Engel” (Lk 9,26; vgl. Mk 8,38). Sich Christi zu schämen setzt sich oft in jene Formen „menschlicher Achtung” um, durch die man den eigenen Glauben verbirgt und Kompromisse schließt, die für den, der wirklich sein Jünger sein will, unannehmbar sind. Wie viele Menschen, auch unter den Christen, schließen heute Kompromisse!
Durch das Firmsakrament gießt der Heilige Geist dem Menschen den Mut ein, den Glauben an Christus zu bekennen. Diesen Glauben bekennen heißt – nach dem Konzilstext, von dem wir ausgegangen sind – ihn „in Wort und Tat zu verbreiten und zu verteidigen” als konsequente und treue Zeugen.
8. Bereits seit dem Mittelalter hat die Theologie, die in Verbindung mit dem großmütigen Einsatz für den „geistigen Kampf” für Christus entwickelt wurde, nicht gezögert, die Kraft hervorzuheben, die das Firmsakrament den Christen verleiht, die berufen sind, „im Dienst Gottes tätig zu sein”. Die Theologie hat aber auch in diesem Sakrament die Bedeutung des Opfers und der Weihe gesehen, die es enthält, infolge der „Gnadenfülle” Christi (vgl. Summa theologiae, III, q.72, a.1 ad 4). Der Unterschied und die Folge der Firmung in Bezug auf die Taufe wurde vom heiligen Thomas von Aquin so erklärt: „Das Firmsakrament ist gleichsam die Krönung der Taufe in dem Sinn, dass, wenn der Christ in der Taufe – nach dem heiligen Paulus – zu einem geistigen Bau geformt wird (vgl. 1 Kor 3,9) und wie ein geistiger Brief geschrieben wird (vgl. 2 Kor 3,2-3), dieser geistige Bau im Firmsakrament dazu bestimmt ist, Tempel des Heiligen Geistes zu sein, und dieser Brief wird mit dem Zeichen des Kreuzes besiegelt” (ebd., q.72, a.11).
9. Bekanntlich bestehen pastorale Probleme in Bezug auf die Firmung, genauer auf das angemessenste Alter für den Empfang dieses Sakraments.
Man tendiert dahin, die Spendung des Sakraments hinauszuschieben, bis der Empfänger das 15. bis 18. Lebensjahr erreicht hat, damit seine Persönlichkeit gereifter ist und er bewusst eine ernstere und dauerhafte Verpflichtung zum christlichen Lebenszeugnis auf sich nehmen kann.
Andere ziehen ein jüngeres Alter vor. Wünschenswert ist auf jeden Fall eine vertiefte Vorbereitung auf dieses Sakrament, die ihm erlaubt, im vollen Bewusstsein der Gnadengaben, die er empfängt, und der Verpflichtungen, die er auf sich nimmt, das Taufversprechen erneuern zu können. Ohne eingehende und ernsthafte Vorbereitung würden sie Gefahr laufen, das Sakrament auf eine reine Formsache oder einen nur äußerlichen Ritus zu beschränken oder den wesentlichen sakramentalen Aspekt aus den Augen zu verlieren, indem sie die moralische Verpflichtung einseitig hervorheben.
10. Zum Abschluss erinnere ich daran, dass die Firmung das geeignete Sakrament ist, um das Engagement der Gläubigen hervorzurufen und zu unterstützen, die ein christliches Zeugnis in der Gesellschaft ablegen wollen. Ich wünsche allen jungen Christen, dass vor allem sie mit Hilfe der Firmgnade die Anerkennung des Apostels Johannes verdienen: „Ich schreibe euch …, dass ihr stark seid, dass das Wort Gottes in euch bleibt und dass ihr den Bösen besiegt habt” (1 Joh 2,14).
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Mit dieser kurzen Betrachtung grübe ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher sehr herzlich. Mein besonderer Grub gilt der Gruppe des Weltverbandes der mund- und fubmalenden Künstler, den Pilgern des Behindertenverbandes Meiningen sowie den Mitgliedern des Chores aus Ternitz. Euch allen wünsche ich, dab Ihr mit Hilfe der Firmgnade ein christliches Zeugnis in der Welt ablegt und dab für Euch gilt, was der heilige Johannes in seinem Brief geschrieben hat: ”Ich schreibe euch, . . . dab ihr stark seid, dab das Wort Gottes in euch bleibt und dab ihr den Bösen besiegt habt“. Dazu erteile ich Euch, Euren Lieben zu Hause sowie den mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbundenen Gläubigen von Herzen meinen Apostolischen Segen.
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