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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 9. Februar 1994

DE  - ES  - IT

1. Zu den Ämtern, die Christus eigen sind und die wir seinerzeit in den christologischen Katechesen dargelegt haben, gehört auch das Königtum, das in der im Alten Testament vorhandenen messianischen Tradition bereits vorgesehen und angekündigt war. Christus gibt der von ihm gestifteten Kirche Anteil an seinem Königtum, wie wir in den ekklesiologischen Katechesen erläutert haben. Wir können und müssen jetzt auf die Laien diese Lehre über die Kirche anwenden, die mystische und pastorale Gemeinschaft, die in der Welt fortdauernd die Erlösung wirkt. Wenn die Laien Teil der Kirche, ja die Kirche sind, wie Pius XII. in der berühmten Ansprache von 1946 sagte, so folgt daraus, dass sie auch dem obersten Hirten der Kirche in seinem Königtum gleichsam einverleibt sind.

2. Wie das II. Vatikanische Konzil in der Konstitution Lumen Gentium in Erinnerung ruft, hat Jesus Christus, der zu unserem Heil menschgewordene Sohn Gottes, nachdem er auf Erden das im Kreuzesopfer und in der Auferstehung gipfelnde Heilswerk vollendet hatte, vor seiner Himmelfahrt zu den Jüngern gesagt: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde.“ (Mt 28,18)

An diese Bekräftigung knüpfte er selbst die Übertragung der Sendung und Vollmacht an die Jünger, alle Völker, alle Menschen zu evangelisieren und sie zu lehren, alle seine Gebote zu befolgen (vgl. Mt 28,20). Darin bestand ihre Teilhabe an seinem Königtum.

Christus ist tatsächlich König, weil er Offenbarer der Wahrheit ist, die er vom Himmel auf die Erde gebracht hat (vgl. Joh 18,37) und den Aposteln und der Kirche anvertraut hat, damit sie sie im Laufe der ganzen Geschichte in der Welt verbreiten. In der von Christus empfangenen Wahrheit zu leben und für ihre Verbreitung in der Welt zu wirken, ist also Pflicht und Aufgabe aller Glieder der Kirche, auch der Laien, wie das Konzil bekräftigt (Lumen Gentium, Nr. 36) und das Apostolische Schreiben Christifideles laici (Nr. 14) hervorhebt.

3. Die Laien sind berufen, das „christliche Königtum“ mit der inneren Verwirklichung der Wahrheit durch den Glauben und mit dem äußeren Zeugnis durch die Liebe zu leben (Christifideles laici, Nr. 14), während sie sich außerdem bemühen, so zu wirken, dass Glaube und Liebe durch sie auch zum Sauerteig eines neuen Lebens für alle werden. Wie man in der Konstitution Lumen Gentium liest, will ja der Herr „sein Reich auch durch die gläubigen Laien ausbreiten, das Reich der Wahrheit und des Lebens, das Reich der Heiligkeit und der Gnade, das Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens“ (Lumen Gentium, Nr. 36).

Gemäß dem Konzil entfaltet sich diese Teilhabe der Laien an der Entwicklung des Reiches besonders durch ihre direkte und konkrete Tätigkeit in der zeitlichen Ordnung. Während die Priester und Ordensleute sich dem besonderen spirituellen und religiösen Bereich für die Bekehrung der Menschen und das Wachstum des mystischen Leibes Christi widmen, sind die Laien berufen, sich darum zu bemühen, dass sich der Einfluss Christi in der zeitlichen Ordnung ausbreite, indem sie diese Ordnung direkt aufbauen (vgl. Apostolicam actuositatem, Nr. 7).

4. Das setzt in den Laien und in der ganzen Kirche eine Weitsicht und insbesondere eine Urteilsfähigkeit hinsichtlich der menschlichen Wirklichkeiten voraus, die deren positiven Wert und zugleich die religiöse Dimension erkennt, die bereits im Buch der Weisheit erwähnt wird: „Den Menschen hast du durch deine Weisheit erschaffen, damit er über deine Geschöpfe herrscht. Er soll die Welt in Heiligkeit und Gerechtigkeit leiten“ (Weish 9,2-3).

Die zeitliche Ordnung darf nicht als ein in sich abgeschlossenes System betrachtet werden. Diese im Eigenen bleibende und „weltliche“, auf philosophischer Ebene unhaltbare Auffassung wird vom Christentum entschieden abgelehnt, das vom hl. Paulus, dem Sprachrohr Jesu, die Ordnung und den finalistischen Dynamismus der Schöpfung gelernt hat: „Alles gehört euch“, schrieb der Apostel an die Korinther, um gleichsam die neue christliche Würde und Vollmacht hervorzuheben. Er fügte aber gleich hinzu: „Ihr aber gehört Christus, und Christus gehört Gott“ (1 Kor 3,22-23). Man kann diesen Text paraphrasieren, ohne ihn zu verfälschen, indem man sagt, die Bestimmung des ganzen Universums ist an diese Zugehörigkeit gebunden.

5. Diese Sicht der Welt, angefangen vom Königtum Christi, an dem die Kirche teilhat, bildet das Fundament einer authentischen Theologie der Laien hinsichtlich des christlichen Einsatzes der Laien in der zeitlichen Ordnung. Wir lesen in der Konstitution Lumen Gentium: „Die Gläubigen müssen also die innerste Natur der ganzen Schöpfung, ihren Wert und ihre Hinordnung auf das Lob Gottes anerkennen. Sie müssen auch durch das weltliche Wirken sich gegenseitig zu einem heiligeren Leben verhelfen. So soll die Welt vom Geist Christi erfüllt werden und in Gerechtigkeit, Liebe und Frieden ihr Ziel wirksamer erreichen. In der Erfüllung dieser allgemeinen Pflicht haben die Laien einen besonderen Platz. Sie sollen also durch ihre Zuständigkeit in den profanen Bereichen und durch ihre innerlich von der Gnade Christi erhöhte Tätigkeit einen gültigen Beitrag leisten, dass die geschaffenen Güter gemäß der Ordnung des Schöpfers und im Lichte seines Wortes durch menschliche Arbeit, Technik und Kultur zum Nutzen wirklich aller Menschen entwickelt und besser unter ihnen verteilt werden und in menschlicher und christlicher Freiheit auf ihre Weise dem allgemeinen Fortschritt dienen. So wird Christus durch die Glieder der Kirche die ganze menschliche Gesellschaft mehr und mehr mit seinem heilsamen Licht erleuchten.“ (Lumen Gentium, Nr. 36)

6. Und weiter: „Außerdem sollen die Laien, auch in Zusammenarbeit, die Einrichtungen und Verhältnisse der Welt, dort, wo Gewohnheiten zur Sünde aufreizen, so zu heilen suchen, dass dies alles nach der Norm der Gerechtigkeit umgestaltet wird und der Ausübung der Tugenden eher förderlich als schädlich ist. Auf diese Weise erfüllen sie die Kultur und die menschlichen Leistungen mit sittlichem Wert“ (ebd.; vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 909).

„Jeder Laie muss vor der Welt Zeuge der Auferstehung des Lebens Jesu, unseres Herrn, und ein Zeichen des lebendigen Gottes sein. Alle zusammen und jeder Einzelne zu seinem Teil müssen die Welt mit den Früchten des Geistes nähren, in sie hinein den Geist ausgießen, der jene Armen, Sanftmütigen und Friedfertigen beseelt, die der Herr im Evangelium seligpries. Mit einem Wort: ‚Was die Seele im Leibe ist, das sollen der Welt die Christen sein‘“ (Lumen Gentium, Nr. 38).

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Liebe Schwestern und Brüder!

Was wir in unseren Katechesen über den priesterlichen Dienst der Laien gesagt haben, wird durch die Worte des scheidenden Christus an seine Jünger vertieft: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde … Geht zu allen Völkern … und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“ (Mt 28,18.20). Hierin besteht die Teilhabe an seinem Königtum; Christus ist in der Tat ein König, insofern er die Wahrheit offenbart, die er auf die Erde gebracht hat (vgl. Joh 18,37) und deren Verkündigung er der ganzen Kirche und all ihren Gliedern, so auch den Laien, anvertraut hat. In diesem Zusammenhang hebt das Zweite Vatikanische Konzil hervor: „Der Herr will ja sein Reich auch durch die gläubigen Laien ausbreiten, das Reich der Wahrheit und des Lebens, das Reich der Heiligkeit und der Gnade, das Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens“ (Lumen Gentium, Nr. 36).

Diese Mitwirkung der Laien an der Ausbreitung des Reiches Christi vollzieht sich durch ihr konkretes Wirken in der weltlichen Ordnung. Sie setzt in ihnen insbesondere die Fähigkeit voraus, die menschliche Wirklichkeit einzuschätzen und deren positiven Wert und zugleich die religiöse Dimension anzuerkennen, die bereits im Alten Testament ausgesprochen wurde: „Den Menschen hast du durch deine Weisheit erschaffen, damit er über deine Geschöpfe herrscht. Er soll die Welt in Heiligkeit und Gerechtigkeit leiten und Gericht halten in rechter Gesinnung“ (Weish 9,2-3). Durch die Kraft der Gnade Christi sollen die Gläubigen dazu beitragen, dass die geschaffenen Güter gemäß der Ordnung des Schöpfers und im Lichte seines Wortes dem allgemeinen Fortschritt dienen.

Mit dem innigen Wunsch, liebe Schwestern und Brüder, Ihr möget Euch dieser besonderen Aufgabe in der Welt und in der menschlichen Gesellschaft neu bewußt werden, erteile ich Euch, Euren lieben Angehörigen und allen, die Euch nahestehen, von Herzen meinen Apostolischen Segen.