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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 17. August 1994

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1. Wir können die Rolle der Kinder für die Kirche nicht vernachlässigen. Wir können nur mit großer Zuneigung über sie sprechen. Sie sind das Lächeln des Himmels, das der Erde geschenkt wird. Sie sind die wahre Krönung der Familie und der Gesellschaft. Sie sind eine Wonne für die Kirche. Sie sind wie die „Lilien auf dem Feld,” über die Jesus sagte: „Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen” (Mt 6,28-29). Sie sind die Lieblinge Jesu, und die Kirche und der Papst können nicht umhin, in ihrem eigenen Herzen für sie die Gefühle der Liebe zu empfinden, die Christus in seinem Herzen empfand.

Tatsächlich finden wir schon im Alten Testament Zeugnisse für die Aufmerksamkeit, die den Kindern zuteil wurde. Im ersten Buch Samuel (1-3) wird beschrieben, wie Gott den Knaben Samuel ruft, ihm eine Botschaft verkündet und einen Auftrag zum Wohle des Volkes erteilt. Die Kinder nehmen am Gottesdienst und an den Gebeten der Volksversammlungen teil. Beim Propheten Joel (2,16) können wir nachlesen: „Holt die Kinder zusammen, auch die Säuglinge.“ Im Buch Judit (4,10) lesen wir über das reuevolle Flehen aller, „ihre Frauen und ihre Kinder” eingeschlossen. Bereits im Buch Exodus zeigt Gott eine besondere Liebe für die Waisenkinder, die unter seinem Schutz stehen (Ex 22,21 f.; vgl. Ps 68,8).

Im Psalm 131 ist das Kind Ausdruck der völligen Hingabe an die göttliche Liebe: „Wie ein kleines Kind bei der Mutter ist meine Seele still in mir” (V. 2).

Es ist auch bezeichnend, dass in der Heilsgeschichte die mächtige Stimme des Propheten Jesaja (7,14 f.; 9,1-6) die Verwirklichung der messianischen Hoffnung in der Geburt des Immanuels ankündigt, eines Kindes, das dazu bestimmt ist, die Herrschaft Davids wiederherzustellen.

2. Das Evangelium sagt uns, dass das von Maria geborene Kind eben jener verheißene Immanuel ist (vgl. Mt 1,22-23; Jes 7,14); dieses Kind wird Gott geweiht bei der Darstellung im Tempel (vgl. Lk 2,22), gesegnet vom Propheten Simeon (Lk 2,28-35) und empfangen von der Prophetin Hanna, die Gott lobte und über das Kind sprach, „zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten” (Lk 2,38).

In seinem öffentlichen Wirken trägt Jesus den Kindern große Liebe entgegen. Der Evangelist Markus bezeugt (10,16): „Und er nahm die Kinder in seine Arme; dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie.“ Mit seiner „zarten und warmen Liebe” (Christifideles laici, Nr. 47) zog er die Kinder und auch deren Eltern an, über die man liest: „Da brachte man Kinder zu ihm, damit er ihnen die Hände auflegte” (Mk 10,13). Die Kleinen, wie ich im Schreiben Christifideles laici mitgeteilt habe, „sind sprechendes Symbol und herrliches Vorbild der moralischen und geistlichen Haltung, die Voraussetzung ist, um in das Himmelreich zu gelangen und in der Logik einer Ganzhingabe an den Herrn zu leben” (Nr. 47). Die Jünger werden aufgerufen, den Kindern gleich zu sein, da die „Unmündigen” die Offenbarung als Geschenk des Wohlwollens des Vaters empfangen haben. Auch deshalb müssen die Kinder von ihnen aufgenommen werden wie Jesus selbst: „Und wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf” (Mt 18,5). Jesus bringt den Kindern tiefen Respekt entgegen, und er mahnt: „Hütet euch davor, einen von diesen Kleinen zu verachten! Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters” (Mt 18,10). Und wenn die Kinder im Tempel zu Ehren Jesu rufen: „Hosanna dem Sohn Davids”, würdigt Jesus dies und rechtfertigt ihr Handeln als Gotteslob (vgl. Mt 21,15-16). Ihr Lobpreis steht im Gegensatz zur Ungläubigkeit der Widersacher.

3. Die Liebe und die Achtung Jesu den Kindern gegenüber sind das Licht für die Kirche, die dem Beispiel ihres Gründers folgt. Sie kann die Kinder nur aufnehmen, wie er sie aufgenommen hat.

Man beachte, dass eine solche Aufnahme sich schon in der Taufe der Kinder, auch der neugeborenen, zeigt. Mit diesem Sakrament werden sie zu Gliedern der Kirche. Vom Beginn ihrer menschlichen Existenz an regt die Taufe in ihnen die Entwicklung des Lebens als Gnade Gottes an. Das Wirken des Heiligen Geistes richtet ihre ersten inneren Anlagen aus, auch wenn sie zu einer bewussten Glaubensbezeugung noch nicht fähig sind: Sie werden es später sein und somit jenes erste Wirken bestätigen.

So erklärt sich die Wichtigkeit der Kindstaufe, die die Kinder von der Erbsünde befreit, sie zu Kindern Gottes in Christus macht und sie teilhaben lässt an der Gnadensphäre der Gemeinschaft der Christen.

4. Die Präsenz der Kinder in der Kirche ist ein Geschenk auch für uns Erwachsene: Sie lässt uns besser verstehen, dass das christliche Leben vor allem eine freie Gabe Gottes ist: „Die Kinder erinnern uns ständig daran, dass die missionarische Fruchtbarkeit der Kirche nicht in den menschlichen Mitteln und Verdiensten, sondern in der absolut freien Gabe Gottes ihre Lebenswurzel hat” (Christifideles laici, Nr. 47). Und abermals: Die Kinder liefern uns ein Beispiel der Unschuld, die uns die Einfachheit der Heiligkeit wiederentdecken lässt. Sie leben nämlich eine Heiligkeit, die ihrem Alter entspricht, und auf diese Weise nehmen sie am Aufbau der Kirche teil. Bedauerlicherweise sind die leidenden Kinder zahlreich: körperliches Leiden durch Hunger, Not, Krankheit oder Gebrechen; moralisches Leiden durch Misshandlungen seitens der Eltern, durch deren Trennung, durch Ausbeutung, die die Kinder manchmal dem zynischen Egoismus der Erwachsenen aussetzt.

Wie sollte man sich nicht im Innersten gepeinigt fühlen angesichts bestimmter Situationen unsäglicher Not, in die schutzlose Kreaturen hineingeraten, die keine andere Schuld trifft als die, lebendig zu sein? Wie sollte man nicht für sie protestieren, indem man ihnen, die ihre eigenen Rechte nicht geltend machen können, seine Stimme leiht? Der einzige Trost in solchem Elend ist die Botschaft des Glaubens, die uns versichert, dass die Gnade Gottes dieses Leiden in Gelegenheiten der geheimnisvollen Vereinigung mit dem Opfer des unschuldigen Lamms verwandelt.

Dieses Leiden trägt so dazu bei, dem Leben dieser Kinder selbst Wert zu verleihen, und es hat Teil am geistlichen Fortschritt der Menschheit (vgl. Christifideles laici, Nr. 47).

5. Die Kirche fühlt sich dazu verpflichtet, die christliche Erziehung der Kinder, die häufig nicht gewährleistet wird, zu fördern. Es geht darum, sie durch die christliche Lehre zum Glauben, zur Nächstenliebe, zum Gebet hinzuführen, gemäß den schönsten Traditionen der christlichen Familien, die für viele von uns unvergesslich und immer segensreich bleiben werden!

In psychologischer und pädagogischer Hinsicht ist bekannt, dass das Kind leicht und freiwillig in das Gebet hineinfindet, wenn es dazu angeregt wird, wie es die Erfahrung so vieler Eltern, Erzieher, Katechisten und Freunde gezeigt hat. Die Verantwortung der Familie und der Schule muss ständig darauf hinweisen.

Die Kirche fordert Eltern und Erzieher dazu auf, sich der Erziehung der Kleinen zum Leben mit den Sakramenten zu widmen, insbesondere im Hinblick auf das Sakrament der Vergebung und die Teilnahme an der Eucharistiefeier. Und sie empfiehlt allen ihren Hirten und ihren Mitarbeitern, sich erheblich darum zu bemühen, sich den Fähigkeiten der Kinder anzupassen.

Soweit es möglich ist, sollte besonders bei religiösen Feiern, die ausschließlich für Kinder bestimmt sind, eine Anpassung gemäß den liturgischen Richtlinien vorgenommen werden. Wenn diese mit Klugheit ausgeführt wird, kann sie eine höchst eindrucksvolle Wirkung hervorrufen.

6. In dieser dem Laienapostolat gewidmeten Katechese möchte ich spontan mit einem einprägsamen Wort meines Vorgängers Pius X. schließen. Als er begründete, warum das Alter der Erstkommunikanten herabgesetzt worden war, sagte er: „Es werden Heilige unter den Kindern sein.” Nun, Heilige hat es wirklich gegeben. Aber wir können heute hinzufügen: „Es werden Apostel unter den Kindern sein.”

Beten wir, dass diese Voraussage, diese Vorahnung sich immer bewahrheiten möge, so wie sich die Voraussage Pius’ X. bewahrheitet hat.

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Liebe Schwestern und Brüder!

Heute wollen wir über die Rolle der Kinder in der Kirche nachdenken. Bereits im Alten Testament finden wir Zeichen besonderer Beachtung ihnen gegenüber. Und im Evangelium wird uns verkündet, dass das aus Maria geborene Kind der verheißene Emmanuel, „der Gott mit uns” ist (vgl. Mt 1,22-23), der im Tempel dargestellt und vom Propheten Simeon gesegnet wird (vgl. Lk 2,22.28-35).

Während seines öffentlichen Wirkens bringt Jesus den Kindern eine besondere Liebe entgegen, wie im Evangelium berichtet wird: „Er nahm die Kinder in seine Arme, dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie” (Mk 10,16). Er lädt auch die Jünger ein, den Kindern ähnlich zu werden, da die „Unmündigen” die Offenbarung als Geschenk des Wohlwollens des Vaters empfangen haben (vgl. Mt 18,10).

Die Liebe und das Verhalten Jesu den Kindern gegenüber sind ein Licht für die Kirche. Dies zeigt sich deutlich darin, dass die Kinder, auch die neugeborenen, durch die Taufe Glieder der Kirche werden. Ihre Gegenwart in der Kirche ist ein Geschenk auch für die Erwachsenen; sie macht uns allen deutlich, dass das christliche Leben vor allem ein unverdientes Geschenk der göttlichen Gnade ist.

Indem ich Euch, liebe Schwestern und Brüder, herzlich bitte, den Kindern weiterhin Liebe und Geborgenheit zukommen zu lassen, sowie für ihre religiöse Erziehung und den Empfang der Sakramente Sorge zu tragen, grübe ich Euch alle, besonders die Ordensschwestern, recht herzlich und wünsche Euch zugleich erholsame Ferientage. Euch, Euren lieben Angehörigen und Freunden zu Hause erteile ich von Herzen meinen Apostolischen Segen.