JOHANNES PAUL II.
GENERALAUDIENZ
Mittwoch, 15. Februar 1995
1. Zwischen dem Priestertum und dem Ordensleben bestehen tiefgreifende Ähnlichkeiten. Im Verlauf der Jahrhunderte ist tatsächlich eine zahlenmäßige Zunahme von Ordenspriestern festzustellen. In den meisten Fällen handelt es sich um Männer, die in einen Orden eingetreten sind und dort die Priesterweihe empfangen haben; weniger häufig – aber doch beachtlich – sind die Fälle, in denen sich Priester, die in einer Diözese inkardiniert sind, später einem Orden angeschlossen haben. In beiden Fällen zeigt sich, dass im Ordensleben von Männern die Ordensberufung sehr häufig mit der Berufung zum priesterlichen Dienst verbunden ist.
2. Wir können uns fragen, wieweit das Ordensleben zum priesterlichen Dienst beiträgt und warum nach dem göttlichen Plan so viele Männer zu diesem Dienst im Rahmen des Ordenslebens berufen sind. Die Antwort lautet, dass zwar die Priesterweihe selbst eine Weihe der Person mit sich bringt, der Eintritt in das Ordensleben die Persönlichkeit aber befähigt, die Gnade der Weihe besser anzunehmen und deren Anforderungen umfassender zu erfüllen. Die Gnade der evangelischen Räte und des Gemeinschaftslebens erweist sich als besonders geeignet für das Erreichen der „Heiligkeit“, die vom Priestertum aufgrund des Amtes in Bezug auf den eucharistischen wie auch mystischen Leib Christi gefordert wird.
Das Streben nach Vollkommenheit, das das Ordensleben näher bestimmt und kennzeichnet, spornt außerdem zur asketischen Anstrengung an, um in der Tugend zu wachsen, den Glauben, die Hoffnung und vor allem die Liebe zu entfalten und ein den Idealen des Evangeliums entsprechendes Leben zu führen. Von den Instituten wird eine Bildung in diesem Sinne vermittelt, damit die Ordensleute sich von Anfang an entschlossener auf einen Weg der Heiligkeit einstellen und tragfähige Überzeugungen sowie dem Evangelium gemäße ernste Lebensgewohnheiten annehmen. Unter solchen geistlichen Bedingungen können sie die Gnaden besser ausschöpfen, die die Priesterweihe begleiten.
3. Die Ordensgelübde bedeuten übernommene Verpflichtungen in Bezug auf den Orden und das Amt; sie haben jedoch in sich selbst einen Wert als Antwort der aufopfernden Liebe auf die Hingabe dessen, der mit grenzenloser Liebe für uns „sein Leben dem Tod preisgab“ (vgl. Jes 53,12; Hebr 9,28). So ergibt sich die Verpflichtung zum Zölibat nicht in erster Linie als ein für das Diakonat oder das Priesteramt erforderlicher Anspruch, sondern als Zustimmung zu einem Ideal, das die ganze Selbsthingabe an Christus verlangt.
Wir fügen hinzu, dass die Ordensmänner mit dieser Verpflichtung vor der Weihe den Diözesanpriestern helfen können, den Wert des Zölibats besser zu verstehen und höher zu schätzen. Es ist zu wünschen, dass sie die Glaubwürdigkeit dieser Wahl nicht im Geringsten in Zweifel ziehen und die Diözesanpriester zur Treue in diesem Bereich ermutigen. Es ist eine schöne und heilige kirchliche Aufgabe, die die Ordensinstitute über ihre Grenzen hinaus für die ganze christliche Gemeinschaft leisten.
Die Zugehörigkeit zu einem Orden ermöglicht es dem Priester, radikaler die evangelische Armut zu leben. In der Tat gibt das Leben in Gemeinschaft den Mitgliedern einer Einrichtung die Möglichkeit, auf persönliches Eigentum zu verzichten, während der Diözesanpriester normalerweise selbst für seinen Unterhalt aufkommen muss. Von den Ordenspriestern ist deshalb ein immer sichtbarer werdendes Zeugnis der evangelischen Armut zu erwünschen und zu erwarten, das sie nicht nur auf ihrem Weg zur Vollkommenheit in der Liebe unterstützt, sondern die Diözesanpriester ermutigt, Handlungsweisen für ein Leben in mehr Armut zu finden, besonders durch die gemeinsame Nutzung bestimmter Mittel.
Schließlich ist das Gehorsamsgelübde der Ordensleute darauf angelegt, einen vorteilhaften Einfluss auf ihr Verhalten im priesterlichen Dienst auszuüben, indem es sie zur Folgsamkeit gegenüber den Oberen der Gemeinschaft anleitet, die ihnen hilft, zur Gemeinschaft im Geist des Glaubens mit denen, die für sie den göttlichen Willen darstellen, und zur Achtung der Autorität der Bischöfe und des Papstes bei der Erfüllung des heiligen Dienstes zu gelangen. Von den Ordenspriestern ist deshalb nicht nur ein formeller Gehorsam zur Hierarchie der Kirche, sondern eine Gesinnung treuer, freundschaftlicher und hochherziger Zusammenarbeit mit ihr zu wünschen und zu erwarten. Durch ihre Formung im evangelischen Gehorsam können sie leichter die Versuchungen zur Auflehnung, zur systematischen Kritik, zu Misstrauen überwinden und in den Oberhirten den Ausdruck einer göttlichen Autorität erkennen. Auch das ist eine wertvolle Hilfe, die – wie im Dekret Christus Dominus des II. Vatikanischen Konzils zu lesen ist – sie den geweihten Hirten der Kirche heute wie in der Vergangenheit und auch in Zukunft leisten sollen: „angesichts der wachsenden Notlage der Seelen … und weil die Anforderungen des Apostolats gewachsen sind“ (Christus Dominus, Nr. 34).
4. Und weiterhin: Die Ordenspriester können durch ihr Leben in Gemeinschaft die Liebe bezeugen, die das Priestertum beleben soll. Nach der von Christus beim letzten Abendmahl ausgesprochenen Absicht ist das Gebot der gegenseitigen Liebe an die Priesterweihe gebunden. In den für die Vollkommenheit der Liebe enger geknüpften Beziehungen können die Ordensleute die Bruderliebe bezeugen, die diejenigen verbindet, die im Namen Christi den priesterlichen Dienst ausüben. Es ist einleuchtend, dass diese brüderliche Liebe auch ihre Beziehungen zu den Diözesanpriestern und zu den Mitgliedern der verschiedenen Institute außer dem eigenen kennzeichnen soll. Das ist die Quelle, aus der die vom Konzil empfohlene „geordnete Zusammenarbeit“ erwachsen kann (vgl. Christus Dominus, Nr. 35,5).
5. Dem Konzil entsprechend sind die Ordensleute immer aufgrund der bei ihrer Profess abgelegten Gelübde der evangelischen Räte grundsätzlich zum Dienst an der Kirche verpflichtet (vgl. Lumen Gentium, Nr. 44). Dieser Dienst besteht vor allem im Gebet, in den Werken der Buße und des vorbildlichen Lebens, aber auch in der Teilhabe „an den äußeren Werken des Apostolats, wobei die Eigenart eines jeden Verbandes zu berücksichtigen ist“ (Christus Dominus, Nr. 33). Durch diese ihre Teilhabe an der Seelsorge und an den Werken des Apostolats unter der Autorität der Oberhirten sind die Ordenspriester gleichsam „als zum Klerus der Diözese gehörend“ zu betrachten (Christus Dominus, Nr. 34) und sollen deshalb „den Bischöfen als Gehilfen beistehen“ (Christus Dominus, Nr. 35,1), ebenso aber den „Geist des eigenen Ordens“ bewahren und der Observanz ihrer Ordensregel treu bleiben (vgl. Christus Dominus, Nr. 35,2).
Es ist zu hoffen, dass durch das Wirken der Ordenspriester in den Diözesen und in der ganzen Kirche die Einheit und Eintracht immer mehr verwirklicht werden, die Jesus für diejenigen gefordert hat, die es annehmen, wie er „in der Wahrheit geheiligt zu werden“ (vgl. Joh 17,17), und dass so in der Welt das „irnago Ecclesiae Caritatis“ aufleuchtet.
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Liebe Schwestern und Brüder!
Mit dieser kurzen Betrachtung grüe ich Euch, liebe Schwestern und Brüder, sehr herzlich. Einen besonderen Willkommensgru richte ich an die Priesteramtskandidaten der Erzdiözese Köln und an die Pilgergruppe der Pfarrei St. Rochus, Wien. Euch allen sowie Euren lieben Angehörigen und Freunden in der Heimat erteile ich von Herzen meinen Apostolischen Segen.
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Liebe Pilger aus Böhmen und Mähren, liebe Lehrer und Professoren der „Komenium Konzult“ von Prag: Gelobt sei Jesus Christus.
Gestern haben wir das Fest der hl. Kyrill und Method, Schutzpatrone Europas, begangen. Die beiden Evangelisierer der slawischen Völker haben einen bedeutenden Beitrag zur europäischen Kultur von heute geleistet. Mögen sie für Euch zu Leitbildern werden im Aufbau einer „Zivilisation des Friedens und der Liebe“, die von der persönlichen Bekehrung ausgehen muss, und zwar vom Herzen eines jeden einzelnen Christen.
Mit diesen Wünschen segne ich Euch und Eure Heimat.
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Besonders nahe denen, die durch die Gewalt in Sierra Leone leiden, möchte ich meinen Aufruf zugunsten der Personen wiederholen, die kürzlich von den Aufständischen entführt wurden und von ihnen immer noch festgehalten werden.
Ich teile von Herzen die Gefühle derer, die sorgenvoll auf die Rückkehr der Ordensschwestern vom hl. Franz Xaver warten, und ich verfolge mit großer Aufmerksamkeit die Initiativen derer, die sich um einen guten Ausgang dieser schmerzlichen Angelegenheit bemühen.
Ich lade Euch alle ein, mit mir zu beten, damit die entführten Personen so bald wie möglich freigelassen werden.
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