zoomText
  • A
  • A
  • A
pdf
PDF-Erstellung läuft.....
DE  - ES  - IT

JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 18. September 1996

1. Im Zusammenhang mit dem Evangeliumsbericht von der Verkündigung des Herrn unterstreicht das Zweite Vatikanische Konzil in besonderer Weise die Zustimmung Marias zu den Worten des göttlichen Boten. Und im Unterschied zu dem, was in ähnlichen biblischen Erzählungen geschieht, wird diese von dem Engel ausdrücklich erwartet. „Der Vater der Erbarmungen wollte aber, dass vor der Menschwerdung die vorherbestimmte Mutter ihr empfangendes Ja sagte, damit auf diese Weise, so wie eine Frau zum Tode beigetragen hat, auch eine Frau zum Leben beitrüge“ (Lumen Gentium, Nr. 56).

Lumen Gentium erinnert hier an den Gegensatz zwischen dem Verhalten Evas und dem Marias, der vom hl. Irenäus folgendermaßen erläutert wird: „Wie nämlich jene – das heißt Eva – durch die Rede eines Engels verführt wurde, sich Gott zu entziehen und seinem Wort sich zu verschließen, so empfing diese durch das Wort des Engels die Kunde, dass sie Gott tragen sollte, weil sie seinem Wort gehorsam war. War jene Gott ungehorsam, so folgte diese Gott willig, damit die Jungfrau Maria die Anwältin der Jungfrau Eva wurde. Und wie das Menschengeschlecht durch eine Jungfrau mit dem Tode behaftet wurde, so wird es auch durch eine Jungfrau gerettet. Gleichmäßig aufgewogen wurde der Ungehorsam der Jungfrau durch den Gehorsam der Jungfrau …“ (Adv. Haer., 5,19.1; dt. in Bibliothek der Kirchenväter, Kempten-München 1912, Bd. Irenäus II, S. 202 f.).

2. Als Maria ihr ganzes „Ja“ zum göttlichen Plan spricht, ist sie völlig frei vor Gott. Zugleich fühlt sie sich persönlich verantwortlich gegenüber der Menschheit, deren Zukunft von ihrer Antwort abhängt.

Gott legt das Schicksal aller in die Hände einer jungen Frau. Das „Ja“ Marias schafft die Voraussetzung dafür, dass der Plan, den Gott für das Heil der Welt vorgesehen hat, sich verwirklichen kann. Der Katechismus der Katholischen Kirche fasst in synthetischer und einprägsamer Weise den entscheidenden Wert der freien Zustimmung Marias zum göttlichen Heilsplan für die ganze Menschheit zusammen: „Die Jungfrau Maria hat in freiem Glauben und Gehorsam zum Heil der Menschen mitgewirkt. Sie hat als Vertreterin der gesamten Menschennatur ihr Jawort gesprochen. Durch ihren Gehorsam ist sie zur neuen Eva, zur Mutter der Lebendigen geworden“ (Nr. 511).

3. Mit ihrem Verhalten erinnert Maria jeden von uns an die schwere Verantwortung, den göttlichen Plan für unser Leben anzunehmen. Ohne Einwände gehorcht sie dem heilbringenden Willen Gottes, der sich in den Worten des Engels kundtut. So wird sie zum Vorbild für diejenigen, die der Herr seligpreist, weil sie „das Wort Gottes hören und es befolgen“ (Lk 11,28). In seiner Antwort an die Frau aus der Menge, die seine Mutter seligpreist, nennt Jesus hier den wahren Grund der Seligkeit Marias: die Befolgung des Willens Gottes, die sie dazu gebracht hat, der Gottesmutterschaft zuzustimmen.

In der Enzyklika Redemptoris Mater habe ich darauf hingewiesen, dass die neue, geistliche Mutterschaft, von der Jesus spricht, an erster Stelle gerade sie meint: „Ist nicht gerade Maria die erste unter denen, ,die das Wort Gottes hören und danach handeln‘? Und bezieht sich nicht vor allem auf sie jene Seligpreisung, die von Jesus als Antwort auf die Worte der Frau aus der Menge ausgesprochen wird?“ (Nr. 20). Maria wird also in gewissem Sinn als erste Anhängerin ihres Sohnes (vgl. ebd.) gepriesen. Mit ihrem Beispiel lädt sie alle Glaubenden ein, großherzig auf die Gnade des Herrn zu antworten.

 

4. Das Zweite Vatikanische Konzil hebt deutlich die vollkommene Hingabe Marias an die Person und das Werk Christi hervor: Sie „gab sich als Magd des Herrn ganz der Person und dem Werk ihres Sohnes hin und diente so unter ihm und mit ihm in der Gnade des allmächtigen Gottes dem Geheimnis der Erlösung“ (Lumen Gentium, Nr. 56).

Die Hingabe an die Person und das Werk Jesu bedeutet für Maria eine innige Verbundenheit mit dem Sohn, mütterliche Fürsorge für sein menschliches Wachstum und Mitarbeit bei seinem Heilswerk.

Maria führt diesen letzten Aspekt ihrer Hingabe an Jesus „unter ihm“ aus, das heißt in einem Verhältnis der Unterordnung, das Frucht der Gnade ist. Es handelt sich jedoch um eine wirkliche Mitarbeit, weil sie „mit ihm“ vollbracht wird und – angefangen bei der Verkündigung – aktive Teilnahme am Erlösungswerk bedeutet. „Mit Recht also sind die heiligen Väter der Überzeugung – bemerkt das Zweite Vatikanische Konzil –, dass Maria nicht bloß passiv von Gott benutzt wurde, sondern in freiem Glauben und Gehorsam zum Heil der Menschen mitgewirkt hat. So sagt der hl. Irenäus, dass sie ,in ihrem Gehorsam für sich und das ganze Menschengeschlecht Ursache des Heils geworden ist‘ (Adv. Haer. 3,22,4)“ (ebd.).

Maria, Teilhaberin am Sieg Christi über die Sünde der Ureltern, erscheint als die wahre „Mutter der Lebendigen“ (ebd.). Ihre im Gehorsam gegenüber dem göttlichen Plan frei angenommene Mutterschaft wird zum Lebensquell für die ganze Menschheit.

_______________________________

Liebe Schwestern und Brüder!

Mit der innigen Bitte um den Schutz und die Fürsprache der Muttergottes für uns alle grüße ich euch, liebe Pilger und Besucher deutscher Sprache, sehr herzlich. Einen besonderen Willkommensgruß richte ich an die Mitglieder des Säkularinstituts der Schönstätter Marienschwestern. Ihr seid zusammengekommen, um euch auf das große Jubiläumsjahr vorzubereiten. Stellt euch durch eine Intensivierung des marianischen Apostolats auch in Zukunft ganz in den Dienst der Kirche. Ferner grüße ich die Pilgergruppe vom Niederrhein, die sich in besonderer Weise dem seligen Karl Leisner verbunden weiß, sowie die Gruppen von politisch engagierten Gläubigen aus Oberkochen, Aschaffenburg und dem Lahn-Dill-Kreis, die versuchen, den Prinzipien der Katholischen Soziallehre im Alltag gerecht zu werden. Schließlich begrüße ich die Mitglieder des Bundesverbandes Kreuzbundes und die zahlreichen Schüler und Jugendlichen. Euch, euren lieben Angehörigen und Freunden in der Heimat sowie allen, die euch verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.

________________________________

Morgen werde ich die Freude haben, einen erneuten Besuch bei der Kirche in Frankreich anzutreten. Er ist, wie die vorangegangenen, in erster Linie ein Pastoralbesuch: Der Bischof von Rom, Nachfolger Petri, besucht seine katholischen Brüder und Schwestern, um sie im Glauben zu bestärken und der Einheit zu dienen.

Ich werde die Freude haben, dieses Frankreich, das ich liebe, diese Nation, die mit der Würde des Menschen so fest verbunden ist, in ihrem eigenen Land zu begrüßen. Ich möchte dort wiederum zur Solidarität aufrufen – zur Solidarität mit allen, die an Leib und Seele leiden, mit denen, deren Leben ungewiss oder bedroht ist, sowohl in Frankreich als auch außerhalb seiner Grenzen.

An euch alle, Bewohner des französischen Territoriums, richte ich meinen herzlichen Gruß. Auf euch rufe ich den Segen Gottes herab und sage euch: „Bis morgen!“