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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 31. März 1999

     

Liebe Schwestern und Brüder!

1. Mit dem vergangenen Sonntag, dem Palmsonntag, sind wir in die Karwoche eingetreten, die auch »heilige« Woche genannt wird, weil wir in ihr das Gedächtnis der zentralen Ereignisse unserer Erlösung begehen. Der Kern dieser Woche sind die Drei Österlichen Tage vom Leiden, vom Tod und von der Auferstehung des Herrn, die, wie es im Römischen Meßbuch heißt »Höhepunkt des ganzen Kirchenjahres« sind, denn: »Das Werk der Erlösung der Menschen und der vollendeten Verherrlichung Gottes hat Christus, der Herr, vor allem vollzogen durch das Paschamysterium, indem er durch seinen Tod unseren Tod überwunden und in der Auferstehung das Leben wiederhergestellt hat« (Meßbuch, Grundordnung des Kirchenjahres und des neuen Römischen Generalkalenders, Nr. 18). In der Geschichte der Menschheit hat sich nichts Bedeutenderes und nichts von größerem Wert ereignet. So gehen wir also am Ende der Fastenzeit daran, diese für unseren Glauben wichtigsten Tage mit andächtiger Teilnahme zu leben, und verstärken unser Bemühen, Christus, dem Erlöser des Menschen, mit immer größerer Treue nachzufolgen. 

2. Die Karwoche führt uns zur Meditation über den Sinn des Kreuzes, in dem »die Offenbarung der erbarmenden Liebe ihren Höhepunkt erreicht« (vgl. Dives in misericordia, 8). Ganz besonders regt uns zu dieser Betrachtung das Thema dieses dritten Jahres der unmittelbaren Vorbereitung auf das Große Jubiläum des Jahres 2000 an: Gottvater. Sein unendliches Erbarmen hat uns gerettet. Um die Menschheit zu erlösen, hat er aus freiem Entschluß seinen eingeborenen Sohn dahingegeben. Wie sollte man ihm nicht danken? Die Geschichte wird erleuchtet und auf ihrem Weg geleitet durch das unvergleichliche Ereignis der Erlösung: Gott, der voll Erbarmen ist, hat durch das Opfer Christi seine unendliche Güte über jeden Menschen ausgeschüttet. Wie können wir auf angemessene Weise unsere Dankbarkeit ausdrücken? Wenn die Liturgie dieser Tage uns einerseits einen Dankeshymnus erheben läßt zum Herrn, dem Sieger über den Tod, fordert sie uns doch zugleich auf, alles aus unserem Leben zu entfernen, was uns daran hindert, Ihm gleichgestaltet zu werden. Wir betrachten Christus im Glauben und lassen die entscheidenden Augenblicke des von ihm bewirkten Heils an uns vorbeiziehen. Wir erkennen uns als Sünder an und bekennen unseren Undank, unsere Untreue und unsere Gleichgültigkeit gegenüber seiner Liebe. Wir bedürfen seiner Vergebung, die uns reinwäscht und uns stützt im Bemühen innerer Umkehr und steter Erneuerung im Geist. 

3. »Gott, sei mir gnädig nach deiner Huld, tilge meine Frevel nach deinem reichen Erbarmen! Wasch meine Schuld von mir ab, und mach mich rein von meiner Sünde!« (Ps 51,3-4). Diese Worte, die wir am Aschermittwoch gebetet haben, haben uns auf dem ganzen Weg durch die Fastenzeit begleitet. Sie hallen mit besonderer Eindringlichkeit in uns wider beim Herannahen der heiligen Tage, in denen das außerordentliche Geschenk der Sündenvergebung, das Christus uns am Kreuz erworben hat, uns neu geboten wird. Wie sollten wir vor dem Gekreuzigten, dem beredten Anruf des göttlichen Erbarmens, nicht unsere Sünden bereuen und zur Liebe umkehren? Wie sollten wir anderen zugefügtes Unrecht nicht konkret wiedergutmachen und unehrlich erworbenes Gut nicht zurückerstatten? Vergebung erfordert konkrete Gesten: Die Reue ist nur dann aufrichtig und wirksam, wenn sie sich in greifbaren Taten der Umkehr und gerechten Wiedergutmachung niederschlägt. 

4. »Gott, hilf mir in deiner Treue!« So läßt uns heute die Liturgie vom Mittwoch in der Karwoche beten, die bereits ganz auf die Heilsereignisse ausgerichtet ist, die wir in den kommenden Tagen feiern werden. Wenn wir heute das Evangelium nach Matthäus vom Paschamahl und dem Verrat des Judas lesen, denken wir bereits an die feierliche Messe vom Letzten Abendmahl, bei der wir morgen abend der Einsetzung des Priesteramts und der Eucharistie sowie des »neuen« Gebots brüderlicher Liebe, das der Herr uns am Abend vor seinem Tod hinterlassen hat, gedenken werden. 

Dieser eindrucksvollen Feier geht am morgigen Vormittag die Chrisam-Messe voraus, die in allen Bischofskirchen der Welt vom Bischof in Gemeinschaft mit seinen Priestern gefeiert wird. Dabei werden die heiligen Öle geweiht: das Katechumenenöl, das Krankenöl und der Chrisam. In der Nacht ist dann nach der Abendmahlsmesse Zeit für die Anbetung gewissermaßen in Antwort auf die Einladung, die Jesus in der dramatischen Nacht der Todesangst an seine Jünger richtete: »Bleibt hier und wacht mit mir!« (Mt 26,38). 

Der Karfreitag ist der Tag großer Betroffenheit, an dem die Kirche uns von neuem die Erzählung der Passion Christi vernehmen läßt. Die »Verehrung« des Kreuzes steht im Mittelpunkt des liturgischen Geschehens, das an diesem Tag stattfindet, während die kirchliche Gemeinschaft eindringlich für die Anliegen der Glaubenden und der ganzen Welt betet. 

Danach folgt eine Zeit tiefer Stille. Alles schweigt bis zur Nacht des Karsamstags. Mitten in die Finsternis brechen Licht und Freude herein mit den eindrucksvollen Riten der Feier der Osternacht und dem festlichen Gesang des Halleluja. Es ist die Begegnung im Glauben mit dem auferstandenen Christus, und die österliche Freude breitet sich über die ganzen fünfzig folgenden Tage aus. 

5. Liebe Brüder und Schwestern, machen wir uns bereit, diese Ereignisse mit inniger Anteilnahme zu leben zusammen mit der allerheiligsten Maria, die im Augenblick des Leidens ihres Sohnes anwesend und Zeugin seiner Auferstehung war. In einem polnischen Lied heißt es: »Heiligste Mutter, zu deinem vom Leidensschwert durchbohrten Herzen schreien wir empor …« Maria nehme unsere Gebete und die Opfer der Leidenden auf; sie besiegle unsere Vorsätze aus der Fastenzeit und begleite uns, während wir Jesus in die Stunde der äußersten Prüfung folgen. Der gemarterte und gekreuzigte Christus ist Quelle der Kraft und Zeichen der Hoffnung für alle Glaubenden und für die ganze Menschheit. 


Mit dem Palmsonntag sind wir in die Karwoche eingetreten. Während dieser heiligen Woche gedenken wir der zentralen Ereignisse der Erlösung. Im Herzen dieser Woche stehen die heiligen drei Tage sowie die Nacht der Auferstehung des Herrn. Mit der Feier dieser Tage erreicht das Kirchenjahr seinen Höhepunkt. Das Erlösungswerk und die Verherrlichung Gottes in Jesus Christus vollziehen sich im Ostermysterium. Es ist das große Geheimnis unseres Glaubens: In seinem Tod hat Jesus unseren Tod vernichtet und in seiner Auferstehung uns das Leben zurückgegeben.

In der Geschichte der Menschheit kommt keinem Ereignis größere Bedeutung zu. Keines hat höheren Wert.

So erleben wir am Ende der Fastenzeit die wichtigsten Ereignisse unseres Glaubens. Diese Tage mögen ein Anlaß sein, um uns für die Nachfolge Christi Kraft zu holen.

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Mit diesen Gedanken grüße ich die Pilger und Besucher, die aus den Ländern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.

   



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