Index   Back Top Print

[ DE  - EN  - ES  - FR  - IT  - PT ]

APOSTOLISCHE REISE NACH MEXIKO
UND SAINT LOUIS (22.-28. JANUAR 1999)

EUCHARISTIEFEIER 

PREDIGT VON JOHANNES PAUL II.

Autodrom «Hermanos Rodríguez» (Mexiko-Stadt)
 Sonntag,
24. Januar 1999

    

Liebe Brüder und Schwestern!

1. »Seid ganz eines Sinnes und einer Meinung« (1 Kor 1,10). An diesem Morgen animieren uns die Worte des Apostels Paulus, auf eindringliche Weise diese Begegnung im Glauben zu erleben, wie es diese Eucharistiefeier ist, am »durch die Auferstehung des Herrn geehrten heiligen Sonntag, dem ersten aller Tage« (Dies Domini, 19). Es erfüllt mich mit großer Freude, dieser Meßfeier vorstehen zu können.

In Gottes Plan ist der Sonntag der Tag, an dem sich die christliche Gemeinde um den Tisch des Gotteswortes und der Eucharistie versammelt. Bei dieser wichtigen Zusammenkunft sind wir vom Herrn berufen, die Gabe des Glaubens zu erneuern und zu vertiefen. Ja, Brüder und Schwestern, der Sonntag ist der Tag des Glaubens und der Hoffnung, der Tag der Freude und der freudigen Antwort auf Christus, den Heiland, er ist der Tag der Heiligkeit! In dieser brüderlichen Versammlung erleben und feiern wir die Gegenwart des Meisters, der verheißen hat: »Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt« (Mt 28,20).

2. Für die freundlichen Worte, die Kardinal Norberto Rivera Carrera, der Primas von Mexiko, an mich gerichtet hat, möchte ich mich herzlich bedanken. Er hat mir dabei die Realität dieser geliebten kirchlichen Gemeinschaft vorgestellt. Ganz herzlich begrüße ich auch Kardinal Ernesto Corripio Ahumada, den Alterzbischof von Mexiko-City, sowie die übrigen Kardinäle und Bischöfe Mexikos und aus anderen Teilen des amerikanischen Kontinents und aus Rom. Der Papst möchte sie bei der Ausübung ihres Amtes ermutigen und ruft sie dazu auf, keine Mühen zu scheuen und nicht zaghaft zu sein, wenn es um die Verkündigung des Evangeliums Christi geht.

Auch begrüße ich die Priester und Ordensleute und spreche ihnen meine Hochachtung aus. Sie möchte ich ermutigen, sich durch ihre unverzichtbare Hingabe an Gott zu heiligen durch ihren Dienst an der Kirche und an der Neuevangelisierung, indem sie stets den Richtlinien ihrer Oberhirten folgen. Darin äußert sich die große Kraftanstrengung, Christus den Menschen besser zu verkünden, besonders jenen Menschen, die weit entfernt sind. Hier denke ich auch besonders an die vielen Nonnen, die in Klausur leben und für die Kirche, den Papst, die Bischöfe und Priester, die Missionare und alle Gläubigen beten.

Ein besonderer Gruß gilt den zahlreichen einheimischen Volksgruppen, die aus den verschiedenen Regionen Mexikos zu dieser Meßfeier zusammengekommen sind. Der Papst fühlt sich euch allen sehr nahe und bewundert eure kulturellen Werte. Auch ermutigt er euch, hoffnungsvoll die schwierigen Situationen zu überwinden, die ihr gerade durchmacht. Ich lade euch auch dazu ein, alle Anstrengungen für eure eigene Entwicklung und euren Fortschritt zu unternehmen. Baut mit Verantwortungsbewußtsein eure Zukunft und die eurer Kinder auf! Daher bitte ich alle Gläubigen dieses Landes, sich bei der Hilfe und Förderung der Bedürftigsten unter euch einzusetzen. Es ist erforderlich, daß alle und jeder einzelne in diesem Land wenigstens die für ein würdiges Leben notwendigsten Dinge haben. Alle Glieder der mexikanischen Gesellschaft sind gleich an Würde, denn sie sind Kinder Gottes, und daher gebührt ihnen jegliche Achtung. Sie haben das Recht, sich voll und ganz in Gerechtigkeit und Frieden selbst zu verwirklichen.

Das Wort des Papstes ist aber auch an die Kranken gerichtet, die heute nicht hier bei uns sein konnten. Auch ihnen fühle ich mich sehr nahe, und ich möchte ihnen Trost zusprechen und den Frieden Christi überbringen. Auch bitte ich sie, daß sie auf dem Wege ihrer Genesung ihre Krankheit für die Kirche aufopfern in dem Bewußtsein des Heilswertes und der Evangelisierungskraft, die dem menschlichen Leid, wenn es mit der Passion unseres Herrn Jesus verbunden ist, innewohnt.

In besonderer Weise spreche ich auch den zivilen Behörden meinen Dank für die Anwesenheit bei dieser Feier aus. Der Papst ermutigt sie, weiterhin mit Feingefühl für das Wohl aller zu arbeiten, erfüllt von einem tiefen Gerechtigkeitssinn gemäß der Verantwortung, die ihnen übertragen worden ist.

3. In der ersten Lesung sagt der Prophet, indem er sich auf die messianischen Erwartungen Israels bezieht: »Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht« (Jes 9,1). Dieses Licht ist Christus, das vor fast fünfhundert Jahren von den ersten aus Spanien kommenden Franziskanermissionaren hierhergebracht wurde. Heute sind wir Zeugen eines tief verwurzelten Glaubens und der überreichen Früchte, die das Opfer und die Selbstentsagung so vieler Missionare erbracht haben.

Das II. Vatikanische Konzil sagt: »Christus ist das Licht der Völker« (Lumen gentium, 1). Möge dieses Licht die mexikanische Gesellschaft, ihre Familien, Schulen und Universitäten, ihre Dörfer und Städte erhellen. Mögen die Werte des Evangeliums die Regierenden inspirieren, ihren Mitbürgern zu dienen, wobei sie immer die Bedürftigsten vor Augen haben sollten.

Der Glaube an Christus ist ein wesentlicher Bestandteil der mexikanischen Nation, denn er ist unauslöschlich in ihrer Geschichte eingeschrieben. Laßt nicht zu, daß dieses Licht des Glaubens erlischt! Mexiko braucht dieses Licht weiterhin, um eine gerechtere und brüderlichere Gesellschaft zu errichten, die sich denen gegenüber, die nichts haben und eine bessere Zukunft erwarten, solidarisch erweist. Umkehr und Buße im Geist des Evangeliums

Die heutige Welt vergißt gelegentlich die transzendenten Werte der menschlichen Person: ihre Würde und Freiheit, ihr unverletzliches Recht auf Leben und das unschätzbare Geschenk der Familie innerhalb eines Klimas der Solidarität und des sozialen Zusammenlebens. Die zwischenmenschlichen Beziehungen gründen nicht immer auf den Prinzipien der Liebe und gegenseitigen Hilfe. Im Gegenteil, andere Kriterien sind meist dominierend, so daß dabei die harmonische Entwicklung und der ganzheitliche Fortschritt der einzelnen Person und der Völker in Gefahr geraten. Deshalb müssen die Christen wie die »Seele« dieser Welt sein, das heißt, sie müssen sie mit Geist erfüllen, ihr Leben eingießen und bei der Errichtung einer neuen Gesellschaft zusammenarbeiten, welche durch die Liebe und die Wahrheit geleitet wird.

Ihr, liebe Söhne und Töchter, wußtet selbst in den schwierigsten Momenten der Geschichte den Meister zu erkennen, der »Worte des ewigen Lebens« hat (Joh 6,68). Sorgt dafür, daß das Wort Christi auch jene erreicht, die es bisher noch nicht kennen! Habt den Mut, das Evangelium in den Straßen und auf den Plätzen, in den Tälern und auf den Bergen dieses Landes zu bezeugen! Fördert die Evangelisierung gemäß den Richtlinien der Kirche!

4. Im Antwortpsalm haben wir gesungen: »Der Herr ist mein Licht und mein Heil« (Ps 27,1). Wen sollen wir fürchten, wenn Er mit uns ist. Seid also mutig, und sucht den Herrn, so werdet ihr in ihm auch den Frieden finden. Die Christen sind dazu berufen, »das Licht der Welt« (Mt 5,14) zu sein, und die gesamte Gesellschaft mit dem Zeugnis ihrer Werke zu erleuchten.

Schlägt man fest entschlossen den Weg des Glaubens ein, so läßt man die Verführungen, die die Kirche, den mystischen Leib Christi, zerreißen, hinter sich, und man schenkt jenen keine Aufmerksamkeit mehr, die der Wahrheit den Rücken zukehren und Trennung und Haß predigen (vgl . 2 Petr 2,1-2). Söhne und Töchter von Mexiko und ganz Amerika, sucht die Wahrheit des Lebens nicht in falschen und augenscheinlich neuen Ideologien! »Jesus ist die wahre Neuheit, die jede Erwartung der Menschheit übersteigt. Er wird es […] für immer bleiben« (Incarnationis mysterium, 1).

5. In diesem Autodrom, das sich heute in ein großes Gotteshaus gewandelt hat, hallen die Worte kraftvoll wider, mit denen Jesus seine Predigttätigkeit begonnen hatte: »Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe« (Mt 4,17). Seit ihren Anfängen hat die Kirche immer treu diese Botschaft der Umkehr weitergegeben, auf daß wir alle ein reineres Leben im Geist des Evangeliums führen können. Der Ruf zur Umkehr wird in diesem Moment der Vorbereitung auf das Große Jubiläum noch dringlicher. Dann werden wir nämlich des Mysteriums der Fleischwerdung des Sohnes Gottes vor zweitausend Jahren gedenken.

Am Beginn dieses liturgischen Jahres sagte ich durch die Bulle »Incarnationis mysterium«, »Die Jubiläumszeit führt uns in jene kraftvolle Sprache ein, welche die göttliche Pädagogik des Heiles anwendet, um den Menschen zur Umkehr und Buße anzuhalten« (Nr. 2). Daher ruft der Papst euch auf, eure Herzen zu Christus zu bekehren. Es ist notwendig, daß die ganze Kirche das neue Jahrtausend so beginnt, daß sie ihren Kindern hilft, sich von der Sünde und vom Übel zu reinigen, daß sie ihre Horizonte der Heiligkeit und Treue erweitert, um an der Gnade Christi teilzuhaben, der uns dazu berufen hat, Kinder des Lichtes zu sein und an der ewigen Herrlichkeit teilzuhaben (vgl. Kol 1,13).

6. »Folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen« (Mt 4,19).

Diese Worte Jesu, die wir vernommen haben, wiederholen sich im Laufe der Geschichte in allen Winkeln der Erde. Wie der Meister, so richte auch ich dieselbe Einladung an alle, besonders an die Jugendlichen, Christus nachzufolgen. Liebe Jugendliche! Jesus berief eines Tages den Simon Petrus und den Andreas. Sie waren Fischer und verließen ihre Netze, um ihm nachzufolgen. Ganz sicher beruft Christus auch einige unter euch, ihm nachzufolgen und euch ganz dem Anliegen des Evangeliums hinzugeben. Habt keine Angst, diese Einladung vom Herrn anzunehmen! Laßt nicht zu, daß eure Netze euch daran hindern, Jesus auf seinem Weg zu folgen! Seid großzügig, und hört nicht auf, dem Meister zu antworten, der euch ruft. Folgt ihm, um wie die Apostel zu sein, nämlich Menschenfischer.

Ebenso ermutige ich die Familienmütter und -väter, daß sie die ersten sein mögen, die den Samen für die Berufung in ihren Kindern keimen lassen, indem sie ihnen im eigenen Zuhause durch ihre Mühen und Opfer, ihre Hingabe und Verantwortung Beispiel der Liebe Christi sind. Liebe Eltern, bildet eure Kinder gemäß den Prinzipien des Evangeliums heran, damit sie im Dritten Jahrtausend die Verkünder des Evangeliums sein können. Die Kirche braucht mehr Verkünder des Evangeliums. Ganz Amerika, wozu auch ihr gehört, trägt eine große Verantwortung im Hinblick auf die Zukunft.

Mexiko hat sehr lange durch viele Zeugen Christi die selbstlose und großzügige Evangelisierungstätigkeit erfahren. Denken wir nur an solch herausragende Persönlichkeiten wie Juan de Zumárraga und Vasco de Quiroga. Andere haben bis in den Tod hinein Zeugnis abgelegt, wie zum Beispiel die seliggesprochenen Märtyrerkinder von Tlaxcala, Cristóbal, Antonio und Juan, oder der sel. Miguel Pro und viele andere Priester, Ordensangehörige und Märtyrer aus dem Laienstand. Schließlich gab es auch Bekenner wie den sel. Bischof Rafael Guizar.

7. Am Schluß möchte ich meine Gedanken nach Tepeyac zu Unserer Lieben Frau von Guadalupe wenden. Sie ist der Stern der ersten und der neuen Evangelisierung Amerikas. Ihr vertraue ich die Kirche an, die sich in Mexiko und auf dem ganzen amerikanischen Kontinent auf der Pilgerschaft befindet, und ich bitte sie inständig, daß sie ihre Kinder im Glauben und der Hoffnung auf dem Weg ins Dritte Jahrtausend begleiten möge.

Unter ihren mütterlichen Schutz stelle ich die Jugendlichen dieses Landes sowie das Leben und die Unschuld der Kinder, besonders jener, die in Gefahr sind, nicht einmal geboren zu werden. Ihrem liebenden Schutz stelle ich die Sache des Lebens anheim: Kein Mexikaner möge es wagen, das wertvolle und geheiligte Geschenk des Lebens im Mutterschoß zu verletzen!

Ihrer Fürsprache empfehle ich die Armen mit all ihren Bedürfnissen und Sehnsüchten. Vor ihr, der Jungfrau mit dem Antlitz einer Mestizin, lege ich die Sehnsüchte und Hoffnungen der einheimischen Volksgruppen mit ihrer eigenen Kultur nieder, die darauf hoffen, ihre berechtigten Bestrebungen und den ihnen zustehenden Fortschritt zu erreichen. Auch empfehle ich ihr die Afroamerikaner. In ihre Hände befehle ich schließlich die Arbeiter, Unternehmer sowie alle, die durch ihre Aktivitäten für den Fortschritt der heutigen Gesellschaft zusammenarbeiten.

Allerheiligste Jungfrau, laß uns, wie der sel. Juan Diego, auf dem Lebensweg, den wir eingeschlagen haben, dein Bild mit uns tragen, und laß uns die Frohe Botschaft von Christus allen Menschen verkünden.

 



Copyright © Dicastero per la Comunicazione - Libreria Editrice Vaticana