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BOTSCHAFT VON JOHANNES PAUL II.
ZUM FEST DER FAMILIE

 

Liebe Brüder und Schwestern!

1. Geistig mit euch vereint, die ihr hier an diesem ersten Samstag im Februar in dem nach Paul VI. benannten Saal versammelt seid, um am Vorabend des Tags für das Leben das Fest der Familie zu feiern, heiße ich alle herzlichst willkommen. Vor allem grüße ich den Kardinalvikar, den ich beauftragt habe, euch meine Glückwünsche zu vermitteln. Ferner begrüße ich den Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Familie, Alfonso Kardinal Lopez Trujillo, der bei diesem Treffen anwesend sein wollte, den Leiter des Zentrums für die Familienpastoral der Diözese Rom, Weihbischof Luigi Moretti, und Msgr. Renzo Bonetti, Leiter des nationalen Amtes für die Familienpastoral der Italienischen Bischofskonferenz (CEI).

Den Rosenkranz betend, wollt ihr alle Familien eurer Stadt der himmlischen Mutter anvertrauen, damit all ihre Erwartungen und Hoffnungen erhört werden und sie, dem Plan Gottes gemäß, ihrer besonderen Berufung in der Kirche und der Gesellschaft voll entsprechen. Diese bedeutsame Stunde des Gebets im Anschluß an die gestrige Studientagung an der Universität »La Sapienza« zum Thema: »Genom und Altwerden. Die Hoffnung des Menschen« dient zur Vorbereitung auf den Tag des Lebens, den morgen die gesamte Diözesangemeinde in andächtiger Kontemplation des großen Geschenks der Vater- und Mutterschaft und der damit verbundenen schwierigen Aufgaben feiert. Ich gratuliere euch zu diesen interessanten Initiativen, die die Bemühungen unserer Diözese für die Verkündigung und Bezeugung des »Evangeliums vom Leben und von der Familie« im Rahmen der Stadtmission hervorheben.

2. Vor dem Rosenkranzgebet hatten alle Gelegenheit, durch Lieder und Zeugnisse über die Familie zu betonen, wie wichtig die Verteidigung dieses ganz besonderen Geschenks für die bürgerliche und kirchliche Gemeinde ist. In diesem Zusammenhang möchte ich gemeinsam mit euch über eine Bibelstelle aus dem Alten Testament nachdenken, die die Geschichte Ruts schildert und uns hilft, die Berufung und Aufgabe der Familie noch besser zu verstehen.

Der Verfasser gibt folgende Worte wieder, die Rut an ihre Schwiegermutter Noomi richtet: »Wohin du gehst, dahin gehe auch ich, und wo du bleibst, da bleibe auch ich. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott« (Rut 1,16).

Anhand dieser komplexen und teilweise schmerzlichen Geschichte Ruts schildert uns das Alte Testament ein wunderbares Bild, in dem von Mutter- und Vaterschaft die Rede ist. Es zeigt uns, wie die Gesellschaft der Familie in schwierigen Situationen helfen kann. Rut, schon als junge Frau verwitwet, findet Hilfe bei ihrer Schwiegermutter, die, obwohl durch den Tod ihrer eigenen Kinder schwer geprüft, ihrer Berufung als Mutter dennoch treu bleibt und Rut wie eine Tochter zu sich nimmt. Ein Mann namens Boas heiratet die Witwe Rut nach israelischem Brauch. Somit gibt er ihr das wertvolle Gut der Familie wieder zurück und bietet ihr eine gesicherte Zukunft.

»Wohin du gehst, dahin gehe auch ich … und dein Gott ist auch mein Gott.«

Rut vertraut sich Gott an. Sie hat von ihm gehört; durch den Glauben der Schwiegermutter, die an den Gott Israels glaubt, hat sie ihn kennengelernt. Sie wendet sich ab von den heidnischen Göttern, um dem einen wahren Gott nachzufolgen. Gott Vater, Ursprung des Lebens, ist der Protagonist der Geschichte Ruts, die sich nicht durch außergewöhnliche Ereignisse auszeichnet, sondern durch eine von Glauben und Liebe durchtränkte Alltäglichkeit. Der göttlichen Vorsehung entspringt die Fruchtbarkeit der Erde ebenso wie die von Mann und Frau. Gott ist der Protagonist jeder Mutter- und Vaterschaft, durch die sich die Eheleute dem Geschenk eines neuen Lebens öffnen.

3. In Familiaris consortio betonte ich, daß »Liebe wesenhaft Gabe ist, und wenn die eheliche Liebe die Gatten zum gegenseitigen ›Erkennen‹ führt und zu ›einem Fleisch‹ macht, erschöpft sie sich nicht in der Gemeinschaft der beiden, sondern befähigt sie zum größtmöglichen Geben, zum Schenken des Lebens an eine neue menschliche Person, wodurch sie zu Mitarbeitern Gottes werden« (vgl. Nr. 14).

»Mutter- und Vaterschaft. Geschenk und Verpflichtung.« Das ist das für den Tag des Lebens gewählte Thema, den die italienische Kirche morgen, am 7. Februar, feiert. Niemand kann das Geschenk der Vater- oder Mutterschaft zurückweisen. Weder für sich selbst noch für andere. Es ist die besondere Aufgabe jedes Menschen, dieses Geschenk der jeweiligen Berufung entsprechend zu leben.

Vaterschaft und Mutterschaft ist auch ohne Zeugung möglich, aber Zeugung kann nicht von Vater- und Mutterschaft getrennt sein. Niemand kann sie von der Liebe eines Mannes und einer Frau trennen, die sich in der Ehe gegenseitig schenken und »ein Fleisch« werden. Andernfalls besteht die Gefahr, Mann und Frau nicht als Personen, sondern vielmehr als Objekte zu behandeln.

In dem eben zitierten Apostolischen Schreiben schrieb ich weiter: »Als Eltern empfangen die Eheleute von Gott die Gabe einer neuen Verantwortung. Ihre elterliche Liebe ist dazu berufen, für die Kinder zum sichtbaren Zeichen der Liebe Gottes selbst zu werden, von der jede Vaterschaft im Himmel und auf Erden ihren Namen hat« (ebd.).

Die Liebe der Eltern ist das bezeichnende Element ihrer Erziehungsaufgabe. Dieses Recht und die Pflicht zur Erziehung sind ursprünglich, wesentlich, unersetzlich und unveräußerlich.

4. »Wohin du gehst, dahin gehe auch ich … Dein Volk ist mein Volk …«

Trotz ihrer fremden Abstammung, sie gehört zum Volk der Moabiter, die die Israeliten nach dem Exil in Babylonien abgewiesen hatten, findet Rut Unterstützung in der Gesellschaft. Den damaligen Gesetzen entsprechend, konnte die Witwe hinter den Schnittern hergehen und die auf dem Boden liegenden Ähren auflesen. Auf Anweisung des Feldbesitzers lassen die Schnitter absichtlich einige Ähren fallen, damit Rut sie aufsammeln kann. Ihre Großzügigkeit und Solidarität geht somit über die von den Gesetzen gewährleistete Gerechtigkeit hinaus. Rut wird nicht nur unterstützt, es wird ihr erlaubt zu arbeiten, und sie verrichtet diese Tätigkeit mit großem Verantwortungsbewußtsein.

Ist das nicht eine Lehre für die Gesellschaft von heute? Die Gesetze der Gemeinschaft schützen die auf der Ehe begründete familiäre Einrichtung, und jede Familie hilft der anderen.

Das Vereinswesen unter den Familien ist in der heutigen Situation ein Weg, um wirksame Gesprächspartner zu werden und auf sozialer, politischer und kultureller Ebene tiefen Einfluß zu nehmen. Auf Einladung der Bischöfe Latiums haben die katholischen Familienverbände der Region einen regionalen Ausschuß gegründet. Von ganzem Herzen wünsche ich diesem Gremium, mit Erfolg für die Förderung der auf der Ehe begründeten Familie und für die Verteidigung des Lebens von der Zeugung bis zum natürlichen Tod zu arbeiten. Es ist meine Hoffnung, daß sich die Christen unserer Stadt in zunehmendem Maße an diesen Vereinigungen zur Unterstützung der Familie beteiligen.

Diese Wünsche verbinde ich mit der Versicherung, in meinem Gebet eurer stets zu gedenken, und den Schutz Marias, der Königin der Familie, für alle Familien unserer Stadt und der gesamten Welt erflehend, erteile ich jedem von euch und der ganzen Diözesangemeinschaft, Familie der Familien, einen besonderen Apostolischen Segen.

Aus dem Vatikan, am 6. Februar 1999.



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