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ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.
AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG DER PÄPSTLICHEN KOMMISSION FÜR DIE 
KULTURGÜTER DER KIRCHE

Samstag, 19. Oktober 2002

 

Verehrte Mitbrüder im Bischofsamt, 
liebe Brüder und Schwestern! 

1. Mit Freude empfange ich euch zum Abschluß der 4. Vollversammlung der Päpstlichen Kommission für die Kulturgüter der Kirche. Ich richte einen herzlichen Willkommensgruß an einen jeden einzelnen und spreche euch meine tiefe Dankbarkeit für den bisher von euch geleisteten Dienst aus. 

Ich denke vor allem an Erzbischof Francesco Marchisano, den Präsidenten der Kommission, dem ich für die Empfindungen danke, die er in euer aller Namen zum Ausdruck gebracht, sowie für die eindrucksvolle Darlegung der durchgeführten Aktivitäten. Mein Dank gilt auch den Mitgliedern, den Beamten und den verschiedenen Fachleuten, die großherzig ihre tatkräftige und fruchtbringende Mitarbeit anbieten. Ich möchte allen meine Wertschätzung für das bekunden, was diese Kommission nicht nur für die Bewahrung und Aufwertung des reichen Erbes an Kunstwerken, Denkmälern und Kulturgütern tut, das die Christen im Lauf von 2000 Jahren hervorgebracht haben, sondern auch dafür, daß sie die geistige Quelle, aus der dieses Erbe hervorgegangen ist, besser verständlich machen. 

Die Kirche ist seit jeher der Überzeugung, daß die Kunst in ihren verschiedenen Ausdrucksformen in gewisser Weise etwas von der unendlichen Schönheit Gottes widerspiegelt und daß durch sie der menschliche Geist beinahe naturgemäß auf Gott hin ausgerichtet wird. Auch dank dieses Beitrages, an den das II. Vatikanische Konzil erinnert, »wird das Wissen um Gott besser verdeutlicht, die evangelische Botschaft wird dem Geist der Menschen zugänglicher« (Gaudium et spes, 62). 

2. Die gerade zu Ende gegangene Vollversammlung hat ihre Aufmerksamkeit auf das Thema »Die Kulturgüter im Hinblick auf die regionale Identität und den künstlerisch-kulturellen Dialog zwischen den Völkern« gerichtet. In unseren Tagen zeichnen sich die Politik der öffentlichen Verwaltung und die vielfältigen Initiativen von privaten Institutionen durch eine ausgeprägtere Sensibilität für die Bewahrung und die »Nutzung« der künstlerischen und kulturellen Ressourcen aus. 

Das Bewußtsein, daß Kunst, Architektur, Archive, Bibliotheken, Museen, sakrale Musik und Theater nicht nur ein »Depot« von historischkünstlerischen Arbeiten sind, sondern eine Gesamtheit von Gütern, die für alle zugänglich sein sollen, charakterisiert unsere Zeit. Aus diesem Grund hat eure Kommission ihre Aktivitäten zunehmend auf Weltebene ausgeweitet, im Bewußtsein, daß die kirchlichen Kulturgüter ein geeigneter Bereich für eine fruchtbaren interkulturellen Vergleich sind. In dieser Hinsicht ist es überaus wichtig, daß der rechtliche Schutz eines solchen Schatzes durch geeignete Richtlinien und Anordnungen gewährleistet wird, die die religiösen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung vor Ort berücksichtigen. 

3. Mit Empfindungen aufrichtiger Dankbarkeit möchte ich hier an den Beitrag der Rundschreiben und Richtlinien erinnern, die nach dem Abschluß der regelmäßigen Vollversammlungen eurer Kommission herausgegeben werden. Mit der Zeit wird einem bewußt, wie unerläßlich es ist, mit den zivilen Verwaltungsorganen und Institutionen zusammenzuarbeiten mit dem Ziel, gemeinsam, jeder aufgrund seiner eigenen Kompetenz, wirksame Handlungsstrategien zum Schutz und zur Bewahrung der Kunstschätze der Welt zu entwickeln. Der Kirche liegt die pastorale Erschließung ihres Kunstschatzes besonders am Herzen. Denn sie weiß wohl, daß für sie das Mittel der Kunst besonders nützlich ist, um alle Aspekte der ihr von Christus anvertrauten Botschaft weiterzugeben (vgl. Brief an die Künstler, 12). 

Die charakteristischen Eigenschaften der kirchlichen Kulturgüter erlauben es nicht, ihren ästhetischen Genuß vom religiösen Ziel zu trennen, das durch die Pastoralarbeit verfolgt wird. Der Kirchenbau zum Beispiel erreicht seine »ästhetische« Vollkommenheit gerade während der Feier der göttlichen Geheimnisse, denn in diesem Augenblick erscheint der Bau in seiner wahrsten Bedeutung. Die Elemente der Architektur, der Malerei, der Bildhauerkunst, der Musik, des Gesangs und des Lichts sind Teil einer Einheit, die zu den Liturgiefeiern die Gemeinschaft der Gläubigen aufnimmt, die aus »lebendigen Steinen« besteht, die ihrerseits ein »geistiges Haus« bilden (vgl. 1 Petr 2, 5).

4. Liebe Brüder und Schwestern! Die Päpstliche Kommission für die Kulturgüter der Kirche erweist seit mittlerweile zwölf Jahren der Kirche einen wertvollen Dienst. Ich möchte euch ermutigen, eure Tätigkeiten fortzusetzen und immer mehr Menschen einzubeziehen, die sich für die Pflege unseres historisch-künstlerischen Erbes einsetzen. Durch eure Aktivitäten soll der fruchtbare Dialog mit den zeitgenössischen Künstlern intensiviert werden, indem mit allen Mitteln die Begegnung und Einheit zwischen Kirche und Kunst gefördert wird. In diesem Zusammenhang habe ich in meinem Brief an die Künstler daran erinnert, daß »sich die Menschheit aller Zeiten – auch die heutige – vom Kontakt mit den Kunstwerken erwartet, über ihren Weg und ihre Bestimmung aufgeklärt zu werden« (Nr. 14).  

Die Kirche möchte einen Keim der Hoffnung anbieten, der den Pessimismus und die Verlorenheit auch durch die Kulturgüter überwindet. Sie können ein Nährboden sein für einen neuen Humanismus, auf den die Neuevangelisierung wirksamer aufgebaut werden kann. 

In diesem Sinne rufe ich die mütterliche Fürsprache Mariens, der »Tota Pulchra«, auf euch herab und erteile von Herzen euch und allen, die euch nahestehen, meinen Segen. 



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