LEO XIV.
GENERALAUDIENZ
Audienzhalle
Mittwoch, 13. August 2025
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Begrüßung vor Beginn der Generalaudienz:
Buongiorno! Good morning everyone! Buenos días!
[Anschließend erläuterte der Papst zunächst auf Englisch]:
Heute Vormittag werden wir die Audienz an mehreren Orten und zu verschiedenen Zeiten abhalten, um uns ein wenig vor der Sonne und der extremen Hitze zu schützen. Wir danken euch für eure Geduld und wir danken Gott für das wunderbare Geschenk des Lebens, des guten Wetters und alle seine Wohltaten.
[Auf Spanisch wiederholte er]:
Wir werden die Audienz heute Vormittag in zwei Teilen abhalten, weil auch hier nebenan jemand ist, Leute in der Basilika und auch auf dem Platz. Herzlich willkommen alle miteinander. Nach und nach werden wir soweit wie möglich alle Gruppen begrüßen.« Abschließend sagte er auf Italienisch : »Also, wir halten heute diese Audienz zu verschiedenen Zeiten, um uns ein wenig vor der Sonne und der extremen Hitze zu schützen. Danke, dass ihr gekommen seid! Herzlich willkommen alle miteinander!
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Liebe Brüder und Schwestern!
Wir setzen unseren Weg in der Schule des Evangeliums fort und folgen den Schritten Jesu in den letzten Tagen seines Lebens. Heute wollen wir bei einer vertraulichen, dramatischen, aber auch zutiefst wahren Szene verweilen: bei jenem Augenblick während des Paschamahls, in dem Jesus offenbart, dass einer der Zwölf ihn verraten wird: »Einer von euch wird mich ausliefern, einer, der mit mir isst« (Mk 14,18).
Sehr direkte Worte. Jesus spricht sie nicht, um zu verurteilen, sondern um zu zeigen, wie sehr die Liebe, wenn sie wahr ist, nicht ohne die Wahrheit auskommen kann. Der Raum im Obergeschoss, wo kurz zuvor alles sorgfältig vorbereitet worden war, füllt sich plötzlich mit einem stillen Schmerz aus Fragen, Verdächtigungen, Verletzlichkeit. Das ist ein Schmerz, den auch wir gut kennen, wenn sich der Schatten des Verdachts in die vertrautesten Beziehungen einschleicht.
Und doch spricht Jesus auf eine überraschende Art und Weise von dem, was geschehen wird. Er wird nicht laut, zeigt nicht mit dem Finger, spricht den Namen »Judas« nicht aus. Er spricht so, dass jeder sich selbst fragen kann. Und genau das ist es, was geschieht. Der heilige Markus sagt uns: »Da wurden sie traurig und einer nach dem andern fragte ihn: Doch nicht etwa ich?« (Mk 14,19).
Liebe Freunde, diese Frage – »Doch nicht etwa ich?« – ist vielleicht eine der aufrichtigsten Fragen, die wir uns selbst stellen können. Es ist nicht die Frage des Unschuldigen, sondern die Frage des Jüngers, der seine Schwachheit erkennt. Es ist nicht der Aufschrei des Schuldigen, sondern das Flüstern dessen, der zwar lieben will, der aber auch weiß, dass er verletzen kann. Und mit diesem Bewusstsein beginnt der Weg des Heils.
Jesus klagt nicht an, um zu demütigen. Er sagt die Wahrheit, weil er retten will. Und um gerettet zu werden, muss man spüren: spüren, dass man selbst betroffen ist, dass man trotz allem geliebt wird, spüren, dass das Böse Wirklichkeit ist, aber nicht das letzte Wort hat. Nur wer die Wahrheit einer tiefen Liebe kennengelernt hat, kann auch die Wunde des Verrats akzeptieren.
Die Jünger reagieren nicht mit Wut, sondern mit Trauer. Sie empören sich nicht, sondern sie werden traurig. Es handelt sich um einen Schmerz, der der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit entspringt, betroffen zu sein. Und wenn diese Traurigkeit aufrichtig akzeptiert wird, wird gerade sie zu einem Ort der Umkehr. Das Evangelium lehrt uns nicht, das Böse zu leugnen, sondern es zu erkennen als schmerzlichen Anlass für einen Neubeginn.
Dann fügt Jesus ein Wort hinzu, das uns beunruhigt und nachdenklich macht: »Weh dem Menschen, durch den der Menschensohn ausgeliefert wird! Für ihn wäre es besser, wenn er nie geboren wäre« (Mk 14,21). Das sind sicherlich harte Worte, aber sie müssen richtig verstanden werden: Es handelt sich nicht um eine Verfluchung, es ist vielmehr ein Schmerzensschrei. Auf Griechisch klingt das »Weh dem« wie eine Klage, ein »Ach, leider«, ein Ausruf aufrichtigen und tiefen Mitleids.
Wir sind gewohnt zu verurteilen. Gott dagegen akzeptiert es zu leiden. Wenn er Böses sieht, rächt er sich nicht, sondern trauert. Und dieses »es wäre besser, wenn er nie geboren wäre« ist keine Verurteilung a priori, sondern eine Wahrheit, die jeder von uns erkennen kann: Wenn wir die Liebe verleugnen, die uns hervorgebracht hat, wenn wir durch Verrat uns selbst untreu werden, dann geht uns wirklich der Sinn unseres Daseins auf dieser Welt verloren und wir schließen uns selbst vom Heil aus.
Und doch verlöscht gerade hier am dunkelsten Punkt das Licht nicht. Vielmehr beginnt es zu erstrahlen. Denn wenn wir unsere Grenzen anerkennen, wenn wir uns vom Schmerz Christi berühren lassen, dann können wir endlich neu geboren werden. Der Glaube erspart uns nicht die Möglichkeit zu sündigen, aber er bietet uns immer einen Weg an, um die Sünde zu überwinden: den Weg der Barmherzigkeit.
Jesus ist nicht empört über unsere Schwäche. Er weiß sehr wohl, dass keine Freundschaft gegen die Gefahr des Verrats gefeit ist. Aber Jesus vertraut weiter. Er setzt sich weiter mit den Seinen an den Tisch. Er lässt nicht davon ab, auch für denjenigen das Brot zu brechen, der ihn verraten wird. Das ist die stille Kraft Gottes: Er verlässt niemals den Tisch der Liebe, auch dann nicht, wenn er weiß, dass er allein gelassen wird.
Liebe Brüder und Schwestern, auch wir können uns heute aufrichtig die Frage stellen: »Doch nicht etwa ich?« Nicht um zu spüren, dass wir angeklagt werden, sondern um der Wahrheit unseres Herzens Raum zu geben. Das Heil beginnt hier: bei dem Bewusstsein, dass wir es sein könnten, das Vertrauen in Gott zu brechen, aber dass auch wir es sein können, die es gewinnen, bewahren, erneuern.
Im Grunde genommen ist dies Hoffnung: zu wissen, dass Gott uns niemals im Stich lässt, auch wenn wir versagen können. Auch wenn wir Verrat begehen können, hört er nicht auf, uns zu lieben. Und wenn wir uns von dieser – demütigen, verletzten, aber immer treuen – Liebe erreichen lassen, dann können wir wirklich neu geboren werden. Und wir können beginnen, nicht länger als Verräter zu leben, sondern als immerfort geliebte Kinder.
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Liebe Pilger deutscher Sprache, am kommenden Freitag feiern wir das Hochfest der Aufnahme der seligen Jungfrau Maria in den Himmel. Vertrauen wir uns ihrer Führung an, damit wir ihrem Beispiel vollkommener Treue zum Herrn folgen und so zur himmlischen Herrlichkeit gelangen können. Du getreue Jungfrau, bitte für uns!
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Improvisierte Grußworte an die Gläubigen im Petriano-Hof:
Vielen Dank für eure Geduld! Ein Applaus für euch alle! Nach diesen Worten auf Italienisch fuhr er auf Spanisch fort : Ich danke euch allen, und dann auch noch in der Sonne, wo es sehr heiß ist… Ihr seid aber daran gewöhnt. Ich begrüße euch! Auf Italienisch sagte er : Gott segne euch alle! Er halte euch stets in seinen Händen. Wieder auf Spanisch : Und möge er euch immer die Gnade schenken, erkennen zu können, dass Gott barmherzig ist.
Und der Segen des allmächtigen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, komme auf euch alle herab, heute und immerdar. Abschließend sagte er auf Englisch : Gott segne euch alle!
Im Petersdom angekommen, richtete Leo XIV. einige Worte an die Anwesenden und begrüßte anschließend einzelne Pilger.
Buongiorno a tutti! Buenos días! Good morning!
Auf Italienisch fuhr er fort : Wenn ihr alle die Katechese gehört habt, habt ihr gehört, dass Jesus uns nie verlässt, dass Jesus uns immer zur Umkehr einlädt und dazu, den Weg zu suchen, der uns zu ihm bringt, zu Gott, dem Vater. Lasst uns also diesen Augenblick der Begrüßung mit der Freude leben, einander zu begegnen und unseren Glauben zu erneuern, hier, zu Füßen des heiligen Petrus; den Geist der Hoffnung zu erneuern, der in diesem Heiligen Jahr so wichtig ist.
Auf Spanisch : Möge Gott bei euch allen sein, möge er stets Quelle des Lichts, der Gnade sein. Jesus, der uns niemals verlässt, wird stets bei allen sein, wenn unsere Herzen offen sind, wenn sie bereit sind, im Glauben vereint zu leben.
Auf Englisch : Gott segne euch alle. Mögt ihr eure Reise wohlbehalten durchführen. Möge die Gnade des Herrn bei euch sein und in euren Herzen jenen Wunsch erfüllen, der uns allen gemeinsam ist: echte Umkehr zu leben, vereint in der Kirche unterwegs zu sein, um unseren Glauben zu erneuern und wahre Zeugen Jesu Christi und seines Evangeliums in aller Welt zu sein.
Der Papst schloss die Generalaudienz auf Italienisch ab : Brüder und Schwestern, der Herr sei mit euch. Der allmächtige Gott segne euch und sei immer bei euch.
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Viele Segenswünsche für euch alle! Gott segne euch.
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