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PAPST FRANZISKUS

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 8. Juni 2016

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Katechese. 22. Das erste Zeichen der Barmherzigkeit: Kana (Joh 2,1-11)

Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!

Bevor ich mit der Katechese beginne, möchte ich eine Gruppe von Ehepaaren begrüßen, die den 50. Hochzeitstag feiern. Das ist wirklich »der gute Wein« der Familie! Von eurem Zeugnis können die Neuvermählten – die ich nachher begrüßen werde – und die jungen Menschen lernen. Es ist ein schönes Zeugnis. Danke für euer Zeugnis. Nachdem wir einige Gleichnisse über die Barmherzigkeit kommentiert haben, verweilen wir heute beim ersten der Wunder Jesu, die der Evangelist Johannes »Zeichen« nennt. Denn Jesus hat sie nicht getan, um Staunen zu erwecken, sondern um die Liebe des Vaters zu offenbaren. Vom ersten dieser wunderbaren Zeichen berichtet Johannes selbst (2,1-11), und es wird in Kana in Galiläa vollbracht. Es handelt sich um eine Art »Eingangspforte«, in die Worte und Sätze gemeißelt sind, die das ganze Geheimnis Christi erleuchten und das Herz der Jünger für den Glauben öffnen. Betrachten wir einige davon. In der Einleitung finden wir den Ausdruck »Jesus und seine Jünger« (V. 2). Jene, die Jesus berufen hat, ihm nachzufolgen, hat er in einer Gemeinschaft an sich gebunden. Und jetzt sind alle, wie in einer einzigen Familie, zur Hochzeit eingeladen.

Zu Beginn seines öffentlichen Wirkens auf der Hochzeit in Kana zeigt Jesus sich als der Bräutigam des Gottesvolkes, der von den Propheten verkündigt wurde. Und er offenbart uns die Tiefe der Beziehung, die uns mit ihm vereint: Es ist ein neuer Liebesbund. Was ist die Grundlage unseres Glaubens? Ein Akt der Barmherzigkeit, mit dem Jesus uns an sich gebunden hat. Und das christliche Leben ist die Antwort auf diese Liebe; es ist gleichsam die Geschichte von zwei Verliebten. Gott und der Mensch begegnen einander, suchen einander, finden einander, feiern einander und lieben einander: genau wie der Geliebte und die Geliebte im Hohelied. Alles Übrige ist eine Folge dieser Beziehung. Die Kirche ist die Familie Jesu, über die sich seine Liebe ergießt; diese Liebe ist es, die die Kirche bewahrt und allen Menschen schenken will.

Im Kontext des Bundes versteht man auch die Bemerkung der Gottesmutter: »Sie haben keinen Wein mehr« (V. 3). Wie ist es möglich, Hochzeit zu halten und ein Fest zu feiern, wenn das fehlt, auf das die Propheten als typisches Element des messianischen Mahls verwiesen haben (vgl. Am 9, 13- 14; Joël 2,14; Jes 25,6)? Wasser ist lebensnotwendig, aber der Wein bringt die Üppigkeit des Mahls und die Freude des Festes zum Ausdruck. Es ist ein Hochzeitsfest, auf dem der Wein fehlt; die Neuvermählten schämen sich dafür.

Stellt euch vor, am Ende eines Hochzeitsfestes Tee zu trinken; das wäre eine Schande. Der Wein ist notwendig für das Fest. Indem er das Wasser der Krüge, die »der Reinigungsvorschrift der Juden« entsprachen (V. 6), in Wein verwandelt, vollbringt Jesus eine beredte Geste: Er verwandelt das Gesetz des Mose in das Evangelium, als Überbringer der Freude. An anderer Stelle sagt Johannes auch: »Das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus« (1,17).

Die Worte, die Maria an die Diener richtet, krönen das hochzeitliche Bild von Kana: »Was er euch sagt, das tut!« (V. 5). Das ist interessant: Es sind die letzten Worte, die von ihr in den Evangelien überliefert sind; sie sind das Erbe, das sie uns allen hinterlässt. Auch heute sagt die Gottesmutter zu uns allen: »Was er euch sagt – was Jesus euch sagt –, das tut!« Es ist das Erbe, das sie uns hinterlassen hat: Das ist schön! Es handelt sich um ein Wort, das die Glaubensformel in Erinnerung ruft, die vom Volk Israel auf dem Sinai gebraucht wurde, als Antwort auf die Verheißung des Bundes: »Alles, was der Herr gesagt hat, wollen wir tun« (Ex 19,8). Und tatsächlich gehorchen die Diener in Kana. »Jesus sagte zu den Dienern: Füllt die Krüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis zum Rand. Er sagte zu ihnen: Schöpft jetzt, und bringt es dem, der für das Festmahl verantwortlich ist. Sie brachten es ihm« (V. 7-8). Auf dieser Hochzeit wird wirklich ein neuer Bund geschlossen, und den Dienern des Herrn, also der ganzen Kirche, ist die neue Sendung anvertraut: »Was er euch sagt, das tut!« Dem Herrn dienen bedeutet, sein Wort zu hören und danach zu handeln. Es ist die einfache, aber wesentliche Empfehlung der Mutter Jesu, und es ist der Lebensplan des Christen.

Aus dem Krug zu schöpfen ist für jeden von uns gleichbedeutend damit, auf das Wort Gottes zu vertrauen, um seine Wirkkraft im Leben zu erfahren. Dann können auch wir zusammen mit dem, der für das Festmahl verantwortlich war und das Wasser gekostet hat, das zu Wein geworden war, ausrufen: Du »hast den guten Wein bis jetzt zurückgehalten« (V. 10). Ja, der Herr behält sich auch jetzt noch den guten Wein für unser Heil vor, so wie er weiter aus der durchbohrten Seite des Herrn fließt. Der Abschluss des Berichts klingt wie ein Urteil: »So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn« (V. 11). Die Hochzeit in Kana ist viel mehr als ein einfacher Bericht über das erste Wunder Jesu. Wie ein Schrein bewahrt Jesus das Geheimnis seiner Person und das Ziel seines Kommens: Der erwartete Bräutigam setzt die Hochzeit in Gang, die im Ostergeheimnis vollbracht wird. Auf dieser Hochzeit bindet Jesus seine Jünger an sich in einem neuen und endgültigen Bund. In Kana werden die Jünger Jesu zu seiner Familie, und in Kana entsteht der Glaube der Kirche. Zu dieser Hochzeit sind wir alle eingeladen, auf dass der neue Wein nie mehr ausgehen möge!

* * *

Einen herzlichen Gruß richte ich an alle Pilger deutscher Sprache, besonders an die Priester aus dem Erzbistum Paderborn, die ihr 25-jähriges Weihejubiläum feiern, sowie an die vielen Schülerinnen und Schüler aus Deutschland. Ich wünsche euch einen guten Aufenthalt in Rom und segne euch alle von Herzen.

 

 



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