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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DEN VERBAND DER CHRISTLICHEN ORGANISATIONEN DES INTERNATIONALEN FREIWILLIGENDIENSTES (FOCSIV)

Aula Paolo VI
Donnerstag, 4. Dezember 2014

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Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Gerne treffe ich aus Anlass des Internationalen Tages des Ehrenamtes mit euch zusammen. Ich begrüße euch herzlich und danke dem Präsidenten, der eure Mission im aktuellen Kontext vorgestellt hat. Euer Verband, in dem christlich inspirierte Organisationen des Freiwilligendienstes zusammengefasst sind, leistet in der Welt wertvolle Arbeit. Sie zeigt das Bild einer Kirche, die sich das Leinentuch umgürtet und sich niederbeugt, um den Brüdern in Schwierigkeiten zu dienen (vgl. Joh 13,4). Denn die verschiedenen Realitäten, aus denen sich der Verband FOCSIV zusammensetzt, bemühen sich, den Erfahrungsschatz der eigenen Mitglieder in Bezug auf die Dimension des Freiwilligendienstes für die Armen zu verbinden mit dem Stil des barmherzigen Samariters und in Einklang mit den Werten des Evangeliums. Ausgehend von eurer christlichen Identität seid ihr »Freiwillige Helfer in der Welt« mit zahlreichen Entwicklungsprojekten, um konkrete Antworten zu geben auf den Skandal des Hungers und der Kriege.

Ich danke euch für das, was ihr tut, und auch dafür, wie ihr es tut! Eure Einsätze an der Seite der Männer und Frauen in Schwierigkeiten sind eine lebendige Verkündigung der Zärtlichkeit Christi, der zu jeder Zeit mit der Menschheit auf dem Weg ist. Geht auf diesem Weg des freiwilligen und uneigennützigen Einsatzes weiter. Es besteht eine sehr große Notwendigkeit, den Wert der Unentgeltlichkeit zu bezeugen: die Armen dürfen nicht Gelegenheit zur Gewinnmacherei werden! Die Formen der Armut ändern heute ihr Gesicht – es gibt die neuen Formen der Armut! – und bei einigen Armen reifen andersartige Erwartungen heran: sie möchten Protagonisten sein, sie organisieren sich und vor allem praktizieren sie jene Solidarität, die es unter den Leidenden, den Geringsten gibt. Ihr seid aufgerufen, diese Zeichen der Zeit zu erkennen und ein Werkzeug im Dienst des Protagonismus der Armen zu werden. Solidarität mit den Armen bedeutet denken und handeln unter dem Begriff der Gemeinschaft, der Priorität des Lebens aller vor der Aneignung der Güter durch einige wenige. Es bedeutet auch, gegen die strukturellen Ursachen der Armut zu kämpfen: Ungleichheit, Arbeits- und Wohnungsmangel, Nichtanerkennung der sozialen Rechte und der Arbeitsrechte. Solidarität ist eine Art und Weise, Geschichte mit den Armen zusammen zu gestalten und vermeintlich altruistische Aktivitäten zu vermeiden, die den anderen zur Passivität verurteilen.

Eine der Hauptursachen für die Armut ist ein Wirtschaftssystem, das die Natur ausbeutet – ich denke vor allem an die Abholzung von Wäldern, aber auch an die Umweltkatastrophen und den Verlust der biologischen Vielfalt. Es muss erneut betont werden, dass die Schöpfung kein Eigentum ist, über das wir nach Belieben verfügen können, und noch weniger das Eigentum einer kleinen Gruppe. Die Schöpfung ist das wunderbare Geschenk, das Gott uns gegeben hat, damit wir dafür Sorge tragen und es mit Respekt zum Wohl aller gebrauchen. Deshalb ermutige ich euch, euer Engagement fortzusetzen, damit die Schöpfung ein Gut aller bleibt, das in seiner ganzen Schönheit den kommenden Generationen übergeben werden muss. Viele der Länder, in denen ihr tätig seid, erleben den Skandal des Krieges. Indem ihr für die Entwicklung der Völker arbeitet, tragt ihr zum Aufbau des Friedens bei, wenn ihr mit ausdauernder Hartnäckigkeit die Gemüter zu entwaffnen, die Menschen einander näher zu bringen und Brücken zwischen Kulturen und Religionen zu bauen sucht. Der Glaube wird euch helfen, dies auch in den schwierigsten Ländern zu tun, wo die Spirale der Gewalt der Vernunft keinen Raum zu gewähren scheint. Ein Zeichen des Friedens und der Hoffnung ist eure Arbeit in den Flüchtlingslagern, wo ihr verzweifelten Menschen begegnet, von Unterdrückung gezeichneten Gesichtern, Kindern, die hungern nach Nahrung, Freiheit und Zukunft. Wie viele Menschen auf der Welt fliehen vor den Schrecken des Krieges!

Wie viele Menschen werden aufgrund ihres Glaubens verfolgt und gezwungen, ihr Zuhause, ihre Gotteshäuser, ihr Land, die Menschen, denen sie in Zuneigung verbunden sind, zu verlassen! Wie viele zerbrochene Leben! Wie viel Leid und wie viel Zerstörung! Angesichts all dessen weicht der Jünger Christi nicht zurück, wendet den Blick nicht ab, sondern euch mit einer dem Evangelium entsprechenden Nähe und Annahme bemüht, für diese leidende Menschheit zu sorgen. Ich denke an die Migranten und Flüchtlinge, die versuchen, harte Lebensbedingungen und Gefahren jeder Art hinter sich zu lassen. Die Zusammenarbeit aller ist notwendig – der Institutionen, NGOs und kirchlichen Gemeinschaften –, um Wege des harmonischen Zusammenlebens zwischen unterschiedlichen Menschen und Kulturen zu fördern. Die Migrationsbewegungen erfordern angemessene Modalitäten der Aufnahme, die die Migranten nicht dem Meer und skrupellosen Schlepperbanden ausliefern. Zugleich ist eine effektive Zusammenarbeit zwischen den Staaten notwendig, um diese Phänomene wirksam zu regulieren und anzugehen.

Liebe Brüder und Schwestern, in den über vierzig Jahren eures Bestehens haben in eurem Verband Freiwillige gearbeitet, die echte Zeugen der Nächstenliebe, Friedensstifter, Urheber von Gerechtigkeit und Solidarität waren. Ich ermutige euch, freudig diesen Weg der Treue zum Menschen und zu Gott weiterzugehen und dabei die Person Jesu immer mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Das wird euch eine große Hilfe sein, jeden Tag Zeit für die persönliche Begegnung mit Gott im Gebet zu finden: das wird eure Kraft sein in den schwierigsten Augenblicken, den Augenblicken der Enttäuschung, der Einsamkeit, des Unverständnisses. Jeden von euch und die Organisationen eures Verbandes vertraue ich dem Schutz der allerseligsten Jungfrau Maria an. Mein Segen begleite euch! Und denkt daran, für mich zu beten! Danke.

 



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