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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 22. Februar 1995

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1. In den hauptsächlich aus Priestern bestehenden Ordensgemeinschaften fehlt es nicht an „Brüdern“, die ihre vollgültigen Mitglieder sind, auch wenn sie nicht die heiligen Weihen empfangen haben. Ihr Berufsstand wird manchmal mit der Bezeichnung „Kooperatoren“ oder mit anderen gleichbedeutenden Worten umschrieben. In den alten Bettelorden nannten sie sich im Allgemeinen „Laienbrüder“. „Brüder“ bedeutet hier „Ordensmänner“, und die nähere Angabe „Laien“ heißt „nicht zu Priestern geweiht“. Bedenkt man dann, daß diese Ordensmänner in einigen alten Orden „Konversen“ genannt wurden, erhält man in den meisten Fällen leicht einen Hinweis auf die Geschichte ihrer Berufung, das heißt einen Bezug auf die „Konversion“, die sie am Anfang zur ganzen Selbsthingabe an Gott im Dienst an den „Priesterbrüdern“ gedrängt hat, nachdem sie Jahre ihres Lebens in verschiedenen weltlichen Berufen – in der Verwaltung, im Staat, im Militär, in der Wirtschaft usw. – tätig waren.
Entscheidend ist jedenfalls die Aussage des II. Vatikanischen Konzils, nach dem „das Ordensleben der Laien ... in vollwertiger Weise den Stand der Verpflichtung auf die evangelischen Räte“ verwirklicht (Perfectae caritatis, Nr. 10). Der Einsatz im priesterlichen Dienst wird von der mit dem Ordensstand verbundenen Weihe nicht verlangt, und deshalb kann ein Ordensmann sein Gottgeweihtsein auch ohne Priesterweihe voll verwirklichen.

2. Betrachtet man die geschichtliche Entwicklung des gottgeweihten Lebens in der Kirche, dann stellt man eine wichtige Tatsache fest: Die Mitglieder der ersten Ordensgemeinschaften wurden unterschiedslos Brüder genannt und empfingen meistens nicht die Priesterweihe, weil sie keine Berufung zum Dienstamt hatten. Ein Priester konnte in die Gemeinschaft eintreten, durfte aber keine Bevorzugung aufgrund der Weihe beanspruchen. Wegen Priestermangels wurden einige „Brüder“ für den sakramentalen Dienst in der Gemeinschaft geweiht. Im Laufe der Jahrhunderte wuchs die Zahl der Ordenspriester oder -diakone im Verhältnis zu den Nichtpriestern allmählich an. Nach und nach entstand eine Trennung zwischen den Klerikern und den Laienbrüdern oder Konversen. Das Ideal eines gottgeweihten Lebens ohne Priestertum ist noch in der Gestalt des hl. Franz von Assisi lebendig, der persönlich keine Berufung zum priesterlichen Dienst fühlte, auch wenn er später einwilligte, zum Diakon geweiht zu werden. Franziskus darf als Vorbild der Heiligkeit eines „laikalen“ Ordenslebens betrachtet werden; er gibt Zeugnis von der Vollkommenheit, die man mit dieser Lebensweise erlangen kann.

3. Das laikale Ordensleben hat im Laufe der Jahrhunderte nie zu blühen aufgehört. Auch in unserer Zeit entfaltet und verwirklicht es sich auf einer zweifachen Ebene. Auf der einen Seite haben wir eine bestimmte Anzahl von Laienbrüdern in verschiedenen Klerikergemeinschaften. Das II. Vatikanische Konzil empfiehlt in dieser Hinsicht: „Damit aber das brüderliche Band unter den Mitgliedern noch inniger werde, sollen diejenigen, die man als Konversen, Kooperatoren oder ähnlich bezeichnet, eng mit dem Leben und Arbeiten der Gemeinschaft verbunden werden“ (Perfectae caritatis, Nr. 15).
Es gibt dann laikale Institute, die als solche von der kirchlichen Autorität anerkannt sind und die kraft ihrer Natur, ihrer Eigenart und ihrer Zielsetzung eine eigene, vom Stifter oder durch eine rechtmäßige Überlieferung festgelegte Aufgabe haben, die nicht die Ausübung der heiligen Weihe einschließt (vgl. CIC, can. 588, § 3). Diese sogenannten „Brüdergemeinschaften“ haben eine eigene Aufgabe, die in sich selbst Wert besitzt und einen ganz bestimmten Nutzen im Leben der Kirche bedeutet.

4. Das II. Vatikanische Konzil denkt besonders an diese laikalen Gemeinschaften, wenn es seine Hochschätzung für den laikalen Ordensstand zum Ausdruck bringt: „Das Ordensleben der Laien ... dient dem Seelsorgsauftrag der Kirche in Jugenderziehung, Krankenpflege und anderen Diensten. Darum schätzt die Heilige Synode es hoch ein, bestärkt die Mitglieder in ihrer Berufung und fordert sie zur Anpassung ihrer Lebensweise an die heutigen Verhältnisse auf“ (Perfectae caritatis, Nr. 10). Die jüngere Kirchengeschichte bestätigt die wichtige Rolle, die die Ordensmänner dieser Gemeinschaften vor allem im Bildungswesen und im karitativen Bereich spielen. Man kann sagen, daß es an vielen Orten sie waren, die für die christliche Erziehung der Jugend gesorgt haben, indem sie Schulen jeder Art und jeder Stufe gründeten. Sie sind es auch, die Pflegeheime für Kranke und physisch und psychisch Behinderte geschaffen und unterhalten haben, indem sie auch die notwendigen Häuser und Einrichtungen bereitstellten. Deshalb ist ihr Zeugnis des christlichen Glaubens, der Hingabe und der Opferbereitschaft bewundernswert und lobenswert, während man gleichzeitig wünscht, die Hilfe der Wohltäter – wie es nach bester christlicher Tradition der Fall war – und die in der modernen Gesetzgebung vorgesehenen Zuwendungen mögen es ihnen immer mehr erlauben, für die Armen zu sorgen.
Die vom Konzil bekräftigte „Hochschätzung“ zeigt, daß die kirchliche Autorität die Hingabe der „Brüder“, die diese der christlichen Gesellschaft jahrhundertelang gewidmet haben, und ihre Mitarbeit bei der Evangelisierung, bei der Seelsorge und sozialen Fürsorge der Völker sehr hoch bewertet. Heute kann und muß man die geschichtliche Rolle und ihre kirchliche Rolle als Zeugen und Diener des Reiches Christi anerkennen.

5. Das Konzil ordnet an, daß die Brüdergemeinschaften den für die Entfaltung ihres Ordenslebens notwendigen Seelsorgedienst beanspruchen dürfen. Das ist der Sinn der Erklärung, mit der es ein Problem gelöst hat, das mehrmals innerhalb und außerhalb dieser verdienstvollen Gemeinschaften erörtert wurde; das heißt, „es stehe nichts im Wege, daß in Brüdergemeinschaften nach Ermessen des Generalkapitels einige Mitglieder für den priesterlichen Dienst in den eigenen Häusern die heiligen Weihen empfangen“ (Perfectae caritatis, Nr. 10). Diese Gelegenheit ist entsprechend den zeitlichen und örtlichen Bedürfnissen, aber auch im Einklang mit der ältesten Tradition der Mönchsgemeinschaften wahrzunehmen, die auf diese Weise wieder fortgesetzt werden kann. Das Konzil erkennt diese Möglichkeit an und erklärt, daß der Verwirklichung kein Hindernis entgegensteht, aber es überläßt der obersten Leitung dieser Gemeinschaften – dem Generalkapitel – die Entscheidung, ohne dazu ausdrücklich zu ermutigen, gerade weil ihm die Fortdauer der Brüdergemeinschaften auf der Ebene ihrer Berufung und Sendung am Herzen liegt.

6. Ich kann dieses Thema nicht abschließen, ohne die reiche Spiritualität hervorzuheben, die mit der Bezeichnung „Brüder“ verbunden ist. Diese Ordensmänner sind berufen, Brüder Christi zu sein, mit Ihm, dem „Erstgeborenen von vielen Brüdern“ (Röm 8,29), eng verbunden; Brüder untereinander zu sein in der gegenseitigen Liebe und in der Zusammenarbeit im selben Dienst zum Wohl der Kirche; Brüder eines jeden Menschen zu sein durch das Zeugnis der Liebe Christi gegenüber allen, besonders den Niedrigsten und Bedürftigsten; Brüder zu sein für eine größere Brüderlichkeit in der Kirche.
Leider zeigt sich in jüngster Zeit in einigen Ländern eine Abnahme der Anzahl der Berufungen zum laikalen Ordensleben, sowohl in den klerikalen als auch in den laikalen Gemeinschaften. Es ist notwendig, neue Anstrengungen zur Förderung des Aufschwungs solch wichtiger und edler Berufungen zu unternehmen: verstärkte Anstrengungen, um die Berufungen zu fördern, durch erneuten Einsatz des Gebets. Die Möglichkeit eines geweihten laikalen Lebens muß als ein Weg echter religiöser Vollkommenheit auch in den alten und in den neuen Männerorden deutlich werden.
Zugleich ist es sehr wichtig, daß in den klerikalen Instituten, zu denen auch „Laienbrüder“ gehören, diese eine angemessene Aufgabe haben, damit sie aktiv am Leben und am Apostolat der Gemeinschaft mitwirken. Man soll die laikalen Gemeinschaften ermutigen, auf dem Weg ihrer Berufung zu beharren, während sie sich dem gesellschaftlichen Fortschritt anpassen, aber den Geist der Ganzhingabe an Christus und an die Kirche immer bewahren und vertiefen, der in ihrem besonderen Charisma zum Ausdruck kommt. Ich bitte den Herrn, daß eine immer größere Zahl von Brüdern die Heiligkeit und die Sendung der Kirche bereichern möge.

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Liebe Schwestern und Brüder!

Wie das II. Vatikanische Konzil betont, gibt es neben den Ordenspriestern auch die sogenannten Brüder, die nicht die heiligen Weihen empfangen haben (Perfectae caritatis, Nr. 10). Sie leben entweder in eigenen Brüdergemeinschaften oder bilden zusammen mit den Patres eine Kommunität.

Die jüngere Vergangenheit der Kirche bestätigt die bedeutsame Rolle dieser Orden, die vor allem im schulischen und karitativen Bereich tätig sind. In vielen Gegenden waren es Brüdergemeinschaften, die Schulen gründeten und der Jugend eine christliche Erziehung vermittelten.

Wir können nicht von diesen Gemeinschaften sprechen, ohne ihre reiche Spiritualität zu unterstreichen. Ihre Mitglieder sind berufen, Brüder Christi zu werden und untereinander in gegenseitiger Liebe brüderlich verbunden zu sein. So wirken sie gemeinschaftlich, um im Dienst zum Wohl der Kirche und in der Bezeugung der Liebe Christi allen Menschen Brüder zu sein, vor allem den Kleinen und Bedürftigen.

Auch wenn sich in einigen Ländern ein Rückgang an Berufungen zeigt, muß die Möglichkeit eines „laikalen“ Ordenslebens in den alten wie in den neuen Gemeinschaften als Form der Lebensvervollkommnung herausgestellt werden. Es ist notwendig, neue Anstrengungen zu unternehmen, um Berufungen zu fördern, vor allem durch das Gebet.

Mit dem Wunsch, daß auch Ihr, liebe Schwestern und Brüder, Euch dieses Anliegen der geistlichen Berufungen im Gebet zu eigen macht, heiße ich Euch alle sehr herzlich willkommen. Mein besonderer Gruß gilt der Studiengruppe vom Philosophisch-Theologischen Studium in Erfurt und den heute zahlreich anwesenden Pilgern aus Österreich.

Euch allen, euren lieben Angehörigen in der Heimat sowie all jenen, die uns in diesem Augenblick geistig verbunden sind, erteile ich von Herzen meinen Apostolischen Segen.

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Herzlich begrüße ich alle lieben kroatischen Pilger. Insbesondere begrüße ich die Gruppe kroatischer Unternehmer, die gekommen sind, um mir für meinen Pastoralbesuch im September vergangenen Jahres in Zagreb zu danken, der in ganz Kroatien Bewegung ausgelöst hat.

In meinem Herzen bewahre ich die schönen Erinnerungen an die unvergesslichen Stunden, die ich mit dem lieben kroatischen Volk verbringen konnte. Ich bitte Gott, den Allmächtigen, daß dieses Ereignis der Gnade reiche Früchte des geistlichen und materiellen Fortschritts und des so heiß ersehnten Friedens in Gerechtigkeit bringen möge, nicht nur in Kroatien und Bosnien und Herzegowina, die von der schrecklichen Geißel des Krieges betroffen sind, sondern auch im gesamten südosteuropäischen Raum.

Von Herzen erteile ich jedem von Euch und Euren Familien den Apostolischen Segen.

Gelobt seien Jesus und Maria!