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ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.
AN DIE PILGER AUS GÖRLITZ

Donnerstag, 18. März 1993

 

Lieber Herr Weihbischof!
Liebe Brüder und Schwestern aus Görlitz!

Anlässlich des siebenhundertfünfzigsten Todestages der heiligen Hedwig, der Patronin Eurer Apostolischen Administratur, heiße ich Euch am Höhepunkt Eurer Wallfahrt, die Ihr auf den Spuren dieser großen Frauengestalt unternommen habt, herzlich willkommen. Mit innerer Freude sehe ich Euch hier versammelt.

Die um das Jahr 1300 entstandene Legenda maior gibt zwei Hinweise, die das Leben der Heiligen charakterisieren: Sie habe sich eifrig dem Studium der Heiligen Schrift gewidmet, und bei allem sei der Heilige Geist ihr Lehrmeister gewesen. Das sind die Quellen, aus denen sie das ganze Leben hindurch Kraft schöpfte und die ihrem Apostolat zugrundelagen. Der Sinn dieses Apostolates ist auch für uns von großer Bedeutung. Wir tun gut daran, den Mut dieser Frau zu bewundern, die ihre bayerische Heimat verließ, um mit ihrem Gemahl die christliche Botschaft in eine andere Kultur zu tragen.

Den Menschen in jeder Notlage zu helfen war die vornehmste Aufgabe der Herzogin. Ihre unermüdliche Güte und Hilfsbereitschaft, gerade gegenüber den Ärmsten und Verlassensten, gewannen Hedwig auch die Zuneigung der slawischen Untertanen.

Die Heilige steht über all die Jahrhunderte vor uns als leuchtendes Beispiel des Friedens und der Versöhnung. Deutsche und Polen wissen sich einig in der Verehrung und Wertschätzung der Heiligen. Tragender Grund ihrer Aktivität war die Kontemplation. Fromme Werke und Taten der Nächstenliebe füllten ihren Alltag; doch geschahen sie nie um ihrer selbst willen. Hedwigs Blick war immer auf Christus gerichtet; ihr Glaube lieb ihn den Menschen lebendig werden. Sie hatte das Wohl aller Menschen, der Slawen und der deutschen Siedler, vor Augen. Sie liebte alle gleichermaßen, ohne jeden Anflug von Diskriminierung. Sie legte Wert darauf, ihnen bei der Verteidigung ihrer eigenen Identität zu helfen und sie an dem von Christus gebrachten Heil teilhaben zu lassen.

Der Friede der Menschen mit Gott und untereinander, wie ihn die heilige Hedwig wollte und gelebt hat, soll uns allen als Beispiel dienen: im persönlichen Leben, in der Familie und unter den Völkern.
Als Christen müssen wir offen sein für die Bedürfnisse des anderen, auch dadurch, dass wir unentgeltlich unsere Zeit und unsere Kräfte zur Verfügung stellen, gemäß den im Evangelium wurzelnden Begründungen. Das Beispiel Christi, der gekommen ist, ”nicht um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen“, hat zu allen Zeiten der Geschichte das Herz der Gläubigen angesprochen und von ihnen Antworten erhalten, die auch bei denen Bewunderung weckten, die ihren Glauben nicht teilten.

Das Zeugnis der heiligen Hedwig liegt genau auf dieser Linie des Dienstes, den sie außerhalb jeder Aussicht auf menschliche Belohnung dem Mitmenschen ”freiwillig“ geleistet hat.

Im Tagesgebet am Festtag dieser großen Heiligen ist ihr Lebenszeugnis treffend zusammengefasst: ”Allmächtiger Gott, du hast die heilige Herzogin Hedwig zu einer Botin des Friedens gemacht und ihr die Gnade geschenkt, inmitten weltlicher Aufgaben ein Beispiel barmherziger Liebe zu geben. Hilf auf ihre Fürsprache auch uns, für Versöhnung und Frieden unter den Menschen zu wirken und dir in den Notleidenden zu dienen“.

Dazu erteile ich Euch, Eurem lieben Bischof Bernhard Huhn und allen Gläubigen Eurer Administratur von Herzen meinen Apostolischen Segen.

 

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