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ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.
AN DIE TEILNEHMER DER 
INTERNATIONALEN KONFERENZ
DER KONGREGATION FÜR DAS 
KATHOLISCHE BILDUNGSWESEN

Donnerstag, 5. Dezember 2002

 

Meine Herren Kardinäle, 
verehrte Rektoren und Professoren der Katholischen Universitäten, 
liebe Freunde

1. Mit Freude richte ich meinen herzlichen Gruß an euch und spreche euch meine Wertschätzung für den kulturellen Einsatz und die Evangelisierungsarbeit der katholischen Universitäten in der ganzen Welt aus. Eure Anwesenheit bietet mir die Gelegenheit, mich an den akademischen Lehrkörper, die Mitarbeiter und die Studenten eurer Einrichtungen zu wenden, die alle zusammen die Universitätsgemeinschaft bilden. Das heutige Treffen erinnert mich mit innerer Bewegtheit an die Zeit, als ich selbst in der Hochschullehre tätig war. 

Ich danke Herrn Kardinal Zenon Grocholewski für die Worte, mit denen er euer aller Empfindungen zum Ausdruck gebracht hat; zugleich legte er die Beweggründe und Perspektiven dar, welche die eifrige Forschungs- und Lehrtätigkeit an euren Hochschulen beseelen. [Nach den einführenden Worten auf italienisch sprach der Papst auf spanisch weiter:] 

2. Euer Kongreß, der von der Kongregation für das Katholische Bildungswesen und vom Internationalen Verband der Katholischen Universitäten zum Thema »Globalisierung und Katholische Universität« organisiert wurde, scheint besonders sinnvoll, denn er stellt die Tatsache heraus, daß die Katholische Universität in ihren Überlegungen stets die Veränderungen innerhalb der Gesellschaft berücksichtigen muß, um neue Denkansätze vorschlagen zu können. Die universitären Einrichtungen entstanden im Schoße der Kirche in den wichtigsten Städten Europas, wie Paris, Bologna, Salamanca, Padua, Oxford, Coimbra, Rom, Krakau und Prag; durch sie wurde die Rolle der Kirche im Bereich der Lehre und Forschung aufgewertet. 

Ausgehend von Menschen, die zugleich Theologen und Humanisten waren, wurde der Hochschulunterricht nicht nur auf theologischem und philosophischem Gebiet, sondern auch in den meisten weltlichen Disziplinen abgehalten. Bis zum heutigen Tag spielen die katholischen Universitäten eine wichtige Rolle im weiten Feld der internationalen Wissenschaft, und sie sind dazu berufen, sich aktiv an der Forschung und der Wissensentfaltung zu beteiligen für die Förderung der einzelnen und das Wohl der Menschheit. 

3. Die neuen wissenschaftlichen Fragestellungen erfordern besondere Umsicht sowie ernsthafte und genaue Studien. Sie stellen zahlreiche Herausforderungen sowohl an die Gemeinschaft der Wissenschaftler als auch an die Menschen, die vor allem auf politischem und rechtlichem Gebiet Entscheidungen zu treffen haben. Ich ermutige euch daher, wachsam zu sein, um in den wissenschaftlichen und technischen Fortschritten sowie im Phänomen der Globalisierung einerseits das zu erkennen, was für den Menschen und die Menschheit erfolgversprechend ist, andererseits aber auch die Gefahren, die ihnen im Hinblick auf die Zukunft innewohnen. Unter den Themen, die gegenwärtig von besonderem Interesse sind, möchte ich auf jene hinweisen, die direkt die Würde des Menschen und seine Grundrechte betreffen und mit denen die großen Fragen der Bioethik, wie der Status des menschlichen Embryos und der Stammzellen, zutiefst verknüpft sind. Diese sind heute Gegenstand beunruhigender Experimente und Manipulationen, die in moralischer wie wissenschaftlicher Hinsicht nicht immer gerechtfertigt sind. [Von der spanischen ging Johannes Paul II. zur englischen Sprache über:]

4. Globalisierung ist sehr oft das Ergebnis wirtschaftlicher Faktoren, die heute mehr denn je die politischen, rechtlichen und bioethischen Entscheidungen beeinflussen, oft zum Nachteil menschlicher und sozialer Interessen. Die akademische Welt sollte sich um eine Analyse jener Faktoren bemühen, die solchen Entscheidungen zugrunde liegen, und sollte ihrerseits dazu beitragen, sie wirklich zu sittlich vertretbaren und der menschlichen Person würdigen Handlungen zu machen. Dies beinhaltet, die zentrale Bedeutung der unveräußerlichen Würde des Menschen in der wissenschaftlichen Forschung und in der Sozialpolitik mit Nachdruck hervorzuheben. Die Dozenten und Studenten eurer Institute sind berufen, der wissenschaftlichen Gemeinschaft durch ihre Tätigkeit ein klares Zeugnis ihres Glaubens zu geben, indem sie ihren Einsatz für die Wahrheit und ihre Achtung vor dem Menschen unter Beweis stellen. In der Tat sollen die Christen ihre wissenschaftliche Forschung im Licht des Glaubens durchführen, der im Gebet, im Hören des Wortes Gottes, in der Tradition und in den Verlautbarungen des Lehramts wurzelt. 

5. Die Universitäten haben die Aufgabe, Männer und Frauen in den verschiedenen Disziplinen auszubilden. Dabei müssen sie die tiefe strukturelle Verbindung zwischen Glaube und Vernunft aufzeigen, »den beiden Flügeln, mit denen sich der menschliche Geist zur Betrachtung der Wahrheit erhebt« (vgl. Fides et Ratio, Einleitung). Man darf nicht vergessen, daß eine authentische Ausbildung ein vollständiges und transzendentes Bild der menschlichen Person darlegen und das Gewissen des einzelnen heranbilden muß. Ich kenne eure Bemühungen, bei der Unterweisung in den weltlichen Fächern den Studenten einen christlichen Humanismus zu vermitteln und ihnen im Laufe ihrer universitären Studien die Grundelemente der Philosophie, der Bioethik und der Theologie nahezubringen. Dies wird ihren Glauben stärken und ihr Gewissen formen (vgl. Ex corde Ecclesiae, 15). [Dann sagte der Papst auf französisch:] 

6. Die katholische Universität muß ihren Auftrag erfüllen, indem sie sich darum bemüht, ihre christliche Identität zu wahren, und indem sie sich am Leben der jeweiligen Ortskirche beteiligt. Obwohl sie wissenschaftliche Autonomie genießt, hat sie dennoch die Aufgabe, die Weisungen des kirchlichen Lehramts in ihre unterschiedlichen Forschungsbereiche einzubringen. Die Konstitution Ex corde Ecclesiae betont diese zweifache Sendung: Als Universität ist sie »eine akademische Gemeinschaft, die in strenger und kritischer Methode zum Schutz und zur Förderung der menschlichen Würde und zugleich des Kulturerbes ihren Beitrag leistet durch Forschung und Lehre und durch die verschiedenen Dienste, die sie […] erbringt« (Nr. 12). Und da sie katholisch ist, bekundet sie ihre auf dem katholischen Glauben gründende Identität in ihrer Treue zu den Lehren und Weisungen der Kirche, um »angesichts der großen Fragestellungen in Gesellschaft und Kultur in institutionalisierter Form das Christliche im universitären Bereich präsent zu machen« (Nr. 13). In der Tat ist es Aufgabe jedes Dozenten oder Wissenschaftlers, aber auch der ganzen Universitätsgemeinschaft und der Institution als solche, diesen Einsatz als Dienst für das Evangelium, die Kirche und den Menschen zu leben. Die akademischen Einrichtungen haben ihrerseits die Pflicht, über die Rechtmäßigkeit und die Wahrung der katholischen Grundsätze im Rahmen von Lehre und Forschung an ihren Instituten zu wachen. Es ist offenkundig, daß jenen akademischen Einrichtungen, die die Gesetze der Kirche und die Weisungen des Lehramts mißachten, und dies vor allem auf dem Gebiet der Bioethik, das Attribut einer »katholischen« Universität nicht zukommt. Ich lade daher jeden einzelnen und jede Universität ein, über die Art und Weise, auf die sie den charakteristischen Grundsätzen der katholischen Identität treu ist, nachzudenken und die sich hieraus ergebenden Entscheidungen zu treffen. 

7. Zum Abschluß unseres Treffens möchte ich euch mein Vertrauen und meine Ermutigung aussprechen. Die katholischen Universitäten sind besonders wertvoll für die Kirche. Sie erfüllen ihren Auftrag im Dienst der Erkenntnis des Glaubens und der Entwicklung des Wissens, und sie bauen unermüdlich Brücken zwischen den Wissenschaftlern aller Disziplinen. Sie sind dazu aufgerufen, immer mehr zu Stätten des Dialogs mit der gesamten akademischen Welt zu werden, damit kulturelle Ausbildung und Forschung im Dienst am Gemeinwohl und am Menschen stehen, denn der Mensch darf nicht als bloßes Forschungsobjekt angesehen werden. 

Ich empfehle euch der Fürsprache der Jungfrau Maria, des hl. Thomas von Aquin und aller Kirchenlehrer und erteile euch, wie auch allen Personen und Einrichtungen, die ihr hier vertretet, den Apostolischen Segen.

 



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