EVANGELII GAUDIUM - page 44

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Bewegungen, die durch ihr subtiles Eindringen gekennzeichnet sind, füllen
innerhalb des herrschenden Individualismus eine Leere aus, die der
laizistische Rationalismus hinterlassen hat. Außerdem müssen wir
zugeben, dass, wenn ein Teil unserer Getauften die eigene Zugehörigkeit
zur Kirche nicht empfindet, das auch manchen Strukturen und einem
wenig aufnahmebereiten Klima in einigen unserer Pfarreien und
Gemeinden zuzuschreiben ist oder einem bürokratischen Verhalten, mit
dem auf die einfachen oder auch komplexen Probleme des Lebens unserer
Völker geantwortet wird. Vielerorts besteht eine Vorherrschaft des
administrativen Aspekts vor dem seelsorglichen sowie eine
Sakramentalisierung ohne andere Formen der Evangelisierung.
64. Der Säkularisierungsprozess neigt dazu, den Glauben und die Kirche
auf den privaten, ganz persönlichen Bereich zu beschränken. Außerdem
hat er mit der Leugnung jeglicher Transzendenz eine zunehmende ethische
Deformation, eine Schwächung des Bewusstseins der persönlichen und
sozialen Sünde und eine fortschreitende Zunahme des Relativismus
verursacht, die Anlass geben zu einer allgemeinen Orientierungslosigkeit,
besonders in der Phase des Heranwachsens und der Jugend, die gegenüber
Veränderungen leicht verletzlich ist. Während die Kirche auf der Existenz
objektiver, für alle geltender moralischer Normen besteht, gibt es, wie die
Bischöfe der Vereinigten Staaten von Amerika zu Recht festgestellt haben,
» solche, die diese Lehre als ungerecht bzw. als mit den menschlichen
Grundrechten unvereinbar darstellen. Diese Argumentationen entspringen
gewöhnlich aus einer Form von moralischem Relativismus, der sich – nicht
ohne inneren Widerspruch – mit einem Vertrauen auf die absoluten Rechte
des Einzelnen verbindet. In dieser Sichtweise nimmt man die Kirche wahr,
als fördere sie ein besonderes Vorurteil und als greife sie in die individuelle
Freiheit ein.
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U
NITED
S
TATES
C
ONFERENCE OF
C
ATHOLIC
B
ISHOPS
,
Ministry to Persons with a Homosexual
Inclination: Guidelines for Pastoral Care.
(2006), 17.
Wir leben in einer Informationsgesellschaft, die uns wahllos
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