EVANGELII GAUDIUM - page 39

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das Finanzwesen und die Wirtschaft erfasst, macht ihre
Unausgeglichenheiten und vor allem den schweren Mangel an einer
anthropologischen Orientierung deutlich – ein Mangel, der den Menschen
auf nur eines seiner Bedürfnisse reduziert: auf den Konsum.
56. Während die Einkommen einiger weniger exponentiell steigen, sind
die der Mehrheit immer weiter entfernt vom Wohlstand dieser glücklichen
Minderheit. Dieses Ungleichgewicht geht auf Ideologien zurück, die die
absolute Autonomie der Märkte und die Finanzspekulation verteidigen.
Darum bestreiten sie das Kontrollrecht der Staaten, die beauftragt sind,
über den Schutz des Gemeinwohls zu wachen. Es entsteht eine neue,
unsichtbare, manchmal virtuelle Tyrannei, die einseitig und unerbittlich
ihre Gesetze und ihre Regeln aufzwingt. Außerdem entfernen die Schulden
und ihre Zinsen die Länder von den praktikablen Möglichkeiten ihrer
Wirtschaft und die Bürger von ihrer realen Kaufkraft. Zu all dem kommt
eine verzweigte Korruption und eine egoistische Steuerhinterziehung hinzu,
die weltweite Dimensionen angenommen haben. Die Gier nach Macht und
Besitz kennt keine Grenzen. In diesem System, das dazu neigt, alles
aufzusaugen, um den Nutzen zu steigern, ist alles Schwache wie die
Umwelt wehrlos gegenüber den Interessen des vergötterten Marktes, die
zur absoluten Regel werden.
Nein zu einem Geld, das regiert, statt zu dienen
57. Hinter dieser Haltung verbergen sich die Ablehnung der Ethik und
die Ablehnung Gottes. Die Ethik wird gewöhnlich mit einer gewissen
spöttischen Verachtung betrachtet. Sie wird als kontraproduktiv und zu
menschlich angesehen, weil sie das Geld und die Macht relativiert. Man
empfindet sie als eine Bedrohung, denn sie verurteilt die Manipulierung
und die Degradierung der Person. Schließlich verweist die Ethik auf einen
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