EVANGELII GAUDIUM - page 30

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42. Das hat eine große Relevanz in der Verkündigung des Evangeliums,
wenn es uns wirklich am Herzen liegt zu erreichen, dass seine Schönheit
besser wahrgenommen und von allen angenommen wird. In jedem Fall
können wir die Lehren der Kirche nie zu etwas machen, das leicht
verständlich ist und die uneingeschränkte Würdigung aller erfährt. Der
Glaube behält immer einen Aspekt des Kreuzes, eine gewisse
Unverständlichkeit, die jedoch die Festigkeit der inneren Zustimmung
nicht beeinträchtigt. Es gibt Dinge, die man nur von dieser inneren
Zustimmung her versteht und schätzt, die eine Schwester der Liebe ist,
jenseits der Klarheit, mit der man ihre Gründe und Argumente erfassen
kann. Darum ist daran zu erinnern, dass jede Unterweisung in der Lehre
in einer Haltung der Evangelisierung geschehen muss, die durch die Nähe,
die Liebe und das Zeugnis die Zustimmung des Herzens weckt.
43. In ihrem bewährten Urteil kann die Kirche auch dazu gelangen,
eigene, nicht direkt mit dem Kern des Evangeliums verbundene, zum Teil
tief in der Geschichte verwurzelte Bräuche zu erkennen, die heute nicht
mehr in derselben Weise interpretiert werden und deren Botschaft
gewöhnlich nicht entsprechend wahrgenommen wird. Sie mögen schön
sein, leisten jedoch jetzt nicht denselben Dienst im Hinblick auf die
Weitergabe des Evangeliums. Haben wir keine Angst, sie zu revidieren! In
gleicher Weise gibt es kirchliche Normen oder Vorschriften, die zu anderen
Zeiten sehr wirksam gewesen sein mögen, aber nicht mehr die gleiche
erzieherische Kraft als Richtlinien des Lebens besitzen. Der heilige Thomas
von Aquin betonte, dass die Vorschriften, die dem Volk Gottes von Christus
und den Aposteln gegeben wurden, » ganz wenige « sind.
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Summa Theologiae
I-II, q. 107, a. 4.
Indem er den
heiligen Augustinus zitierte, schrieb er, dass die von der Kirche später
hinzugefügten Vorschriften mit Maß einzufordern sind, » um den Gläubigen
das Leben nicht schwer zu machen « und unsere Religion in eine Sklaverei
zu verwandeln, während » die Barmherzigkeit Gottes wollte, dass sie frei
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