EVANGELII GAUDIUM - page 76

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charakteristische Weise ihrer Glieder, miteinander, mit den anderen
Geschöpfen und mit Gott in Beziehung zu treten. So verstanden, umfasst
die Kultur die Gesamtheit des Lebens eines Volkes.
84
Jedes Volk entwickelt
in seinem geschichtlichen Werdegang die eigene Kultur in legitimer
Autonomie
.
85
Das ist darauf zurückzuführen, dass die menschliche Person
»von ihrem Wesen selbst her des gesellschaftlichen Lebens durchaus
bedarf«
86
und immer auf die Gesellschaft bezogen ist, wo sie eine konkrete
Weise lebt, mit der Wirklichkeit in Beziehung zu treten. Der Mensch ist
immer kulturell beheimatet: »Natur und Kultur hängen engstens
zusammen.«
87
Die Gnade setzt die Kultur voraus, und die Gabe Gottes
nimmt Gestalt an in der Kultur dessen, der sie empfängt.
116. In diesen zwei Jahrtausenden des Christentums haben unzählige
Völker die Gnade des Glaubens empfangen, haben sie in ihrem täglichen
Leben erblühen lassen und sie entsprechend ihrer eigenen kulturellen
Beschaffenheit weitergegeben. Wenn eine Gemeinschaft die Verkündigung
des Heils aufnimmt, befruchtet der Heilige Geist ihre Kultur mit der
verwandelnden Kraft des Evangeliums. So verfügt das Christentum, wie wir
in der Geschichte der Kirche sehen können, nicht über ein einziges
kulturelles Modell, sondern »es bewahrt voll seine eigene Identität in totaler
Treue zur Verkündigung des Evangeliums und zur Tradition der Kirche
und trägt auch das Angesicht der vielen Kulturen und Völker, in die es
hineingegeben und verwurzelt wird
88
. In den verschiedenen Völkern, die
die Gabe Gottes entsprechend ihrer eigenen Kultur erfahren, drückt die
Kirche ihre authentische Katholizität aus und zeigt die »Schönheit dieses
vielseitigen Gesichtes
89
84
Vgl. III. G
ENERALVERSAMMLUNG DER
B
ISCHÖFE VON
L
ATEINAMERIKA UND DER
K
ARIBIK
,
Dokument von
Puebla
(23. März 1979), 386-387.
. In den christlichen Ausdrucksformen eines
85
Z
WEITES
V
ATIKANISCHES
K
ONZIL
, Past. Konst.
Gaudium et spes
der Welt von heute, 36.
86
Ebd.
, 25.
87
Ebd.
, 53.
88
J
OHANNES
P
AUL
II., Apostolisches Schreiben
Novo Millennio ineunte
(6. Januar 2001), 40:
AAS
93
(2001), 294-295.
89
Ebd.
, 40:
AAS
93 (2001), 295.
1...,66,67,68,69,70,71,72,73,74,75 77,78,79,80,81,82,83,84,85,86,...185
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