EVANGELII GAUDIUM - page 83

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sich selbst ein Akt der Evangelisierung.«
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Tun wir dieser missionarischen
Kraft keinen Zwang an und maßen wir uns nicht an, sie zu kontrollieren!
125. Um diese Wirklichkeit zu verstehen, muss man sich ihr mit dem Blick
des Guten Hirten nähern, der nicht darauf aus ist, zu urteilen, sondern zu
lieben. Allein von der natürlichen Hinneigung her, die die Liebe schenkt,
können wir das gottgefällige Leben würdigen, das in der Frömmigkeit der
christlichen Völker, besonders bei den Armen, vorhanden ist. Ich denke an
den festen Glauben jener Mütter am Krankenbett des Sohnes, die sich an
einen Rosenkranz klammern, auch wenn sie die Sätze des
Credo
nicht
zusammenbringen; oder an den enormen Gehalt an Hoffnung, der sich mit
einer Kerze verbreitet, die in einer bescheidenen Wohnung angezündet
wird, um Maria um Hilfe zu bitten; oder an jene von tiefer Liebe erfüllten
Blicke auf den gekreuzigten Christus. Wer das heilige gläubige Volk Gottes
liebt, kann diese Handlungen nicht einzig als eine natürliche Suche des
Göttlichen ansehen. Sie sind der Ausdruck eines gottgefälligen Lebens,
beseelt vom Wirken des Heiligen Geistes, der in unsere Herzen eingegossen
ist (vgl.
Röm
5,5).
126. Da die Volksfrömmigkeit Frucht des inkulturierten Evangeliums ist,
ist in ihr eine aktiv evangelisierende Kraft eingeschlossen, die wir nicht
unterschätzen dürfen; anderenfalls würden wir die Wirkung des Heiligen
Geistes verkennen. Wir sind vielmehr aufgerufen, sie zu fördern und zu
verstärken, um den Prozess der Inkulturation zu vertiefen, der niemals
abgeschlossen ist. Die Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit haben
vieles, das sie uns lehren können, und für den, der imstande ist, sie zu
deuten, sind sie ein
theologischer Ort
. Diesem sollen wir Aufmerksamkeit
schenken, besonders im Hinblick auf die neue Evangelisierung.
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Ebd.
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