EVANGELII GAUDIUM - page 91

- 90 -
hat, hört seine Sorgen an und lernt von ihm. Der Geist der Liebe, der in
einer Familie herrscht, leitet die Mutter ebenso wie das Kind in ihren
Gesprächen, wo gelehrt und gelernt wird, wo man korrigiert und das Gute
würdigt; und so geschieht es auch in der Homilie. Der Heilige Geist, der die
Evangelien inspiriert hat und der im Volk Gottes wirkt, inspiriert auch die
rechte Art, wie man auf den Glauben des Volkes hören muss und wie man
in jeder Eucharistie predigen muss. Die christliche Predigt findet daher im
Herzen der Kultur des Volkes eine Quelle lebendigen Wassers, sei es, um
zu wissen, was sie sagen soll, sei es, um die angemessene Weise zu finden,
es zu sagen. Wie es uns allen gefällt, wenn man in unserer Muttersprache
mit uns spricht, so ist es auch im Glauben: Es gefällt uns, wenn man im
Schlüssel der „mütterlichen Kultur“, im Dialekt der Mutter zu uns spricht
(vgl.
2 Makk
7,21.27), und das Herz macht sich bereit, besser zuzuhören.
Diese Sprache ist eine Tonart, die Mut, Ruhe, Kraft und Impuls vermittelt.
140. Dieser mütterlich-kirchliche Bereich, in dem sich der Dialog des
Herrn mit seinem Volk abspielt, muss durch die herzliche Nähe des
Predigers, die Wärme des Tons seiner Stimme, die Milde des Stils seiner
Sätze und die Freude seiner Gesten gefördert und gepflegt werden. Auch in
den Fällen, wo die Predigt sich als etwas langweilig herausstellt, wird sie,
wenn dieser mütterlich-kirchliche Geist gegeben ist, immer fruchtbar sein,
so wie die langweiligen Ratschläge einer Mutter mit der Zeit im Herzen der
Kinder Frucht bringen.
141. Voll Bewunderung steht man vor den Möglichkeiten, die der Herr
eingesetzt hat, um mit seinem Volk ins Gespräch zu kommen, um sein
Geheimnis allen zu offenbaren, um die Leute mit so erhabenen und so
anspruchsvollen Lehren zu faszinieren. Ich glaube, dass sich das
Geheimnis in jenem Blick Jesu auf das Volk verbirgt, der über dessen
Schwächen und Sünden hinausgeht: »Fürchte dich nicht, du kleine Herde!
Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben« (
Lk
12,32); in
1...,81,82,83,84,85,86,87,88,89,90 92,93,94,95,96,97,98,99,100,101,...185
Powered by FlippingBook