EVANGELII GAUDIUM - page 100

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vergessen, dass manchmal »auch der Satan sich als Engel des Lichts tarnt«
(
2 Kor
11,14).
153. Es ist gut, sich in der Gegenwart Gottes bei einer ruhigen Lektüre des
Textes zum Beispiel zu fragen: Herr, was sagt
mir
dieser Text? Was
möchtest du mit dieser Botschaft an meinem Leben ändern? Was stört
mich in diesem Text? Warum interessiert mich das nicht? – oder: Was
gefällt mir, was spornt mich an in diesem Wort? Was zieht mich an?
Warum zieht es mich an? – Wenn man versucht, auf den Herrn zu hören,
ist es normal, Versuchungen zu haben. Eine von ihnen besteht einfach
darin, sich gestört oder beklommen zu fühlen und sich zu verschließen;
eine andere sehr verbreitete Versuchung ist, daran zu denken, was der
Text den anderen sagt, um zu vermeiden, ihn auf das eigene Leben
anzuwenden. Es kommt auch vor, dass man beginnt, Ausreden zu suchen,
die einem erlauben, die spezifische Botschaft eines Textes zu verwässern.
Andere Male meinen wir, Gott verlange eine zu große Entscheidung von
uns, die zu fällen wir noch nicht in der Lage sind. Das führt bei vielen
Menschen dazu, die Freude an der Begegnung mit dem Wort Gottes zu
verlieren, doch das würde bedeuten zu vergessen, dass niemand geduldiger
ist als Gottvater, dass niemand versteht und abzuwarten weiß wie er. Er
lädt immer ein, einen Schritt mehr zu tun, verlangt aber nicht eine
vollständige Antwort, wenn wir noch nicht den Weg zurückgelegt haben,
der ihn ermöglicht. Er möchte einfach, dass wir ehrlich auf unser Leben
schauen und es ohne Täuschungen vor seine Augen führen; dass wir bereit
sind, weiter zu wachsen, und dass wir ihn um das bitten, was wir noch
nicht zu erlangen vermögen.
Ein Ohr beim Volk
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