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DIKASTERIUM FÜR DIE GLAUBENSLEHRE

Mater populi fidelis

Lehrmäßige Note zu einigen marianischen Titeln,
die sich auf das Mitwirken Marias am Heilswerk beziehen

 

Inhaltsverzeichnis

Vorwort
Einführung
Das Mitwirken Marias am Heilswerk
Titel, die sich auf das Mitwirken Marias am Heilswerk beziehen

Miterlöserin

Mittlerin

Maria in der einzigen Mittlerschaft Christi
Fruchtbar im auferstandenen Christus

Mutter der Glaubenden

Fürsprache
Mütterliche Nähe

Mutter der Gnade

Dort, wohin nur Gott gelangen kann
Das lebendige Wasser, das fließt
Liebe, die sich in der Welt mitteilt
Kriterien
Die Gnaden
Unsere Vereinigung mit Maria
Die erste Jüngerin

Mutter des gläubigen Volkes Gottes

Die Liebe hält inne, betrachtet das Mysterium und erfreut sich in der Stille daran

 

Vorwort

Diese Note antwortet auf zahlreiche Anfragen und Vorschläge, die in den letzten Jahrzehnten beim Heiligen Stuhl – insbesondere bei diesem Dikasterium – zu Fragen der Marienverehrung und zu einigen Marientiteln eingegangen sind. Es handelt sich um Fragen, die die letzten Päpste beschäftigt haben und die in den letzten dreißig Jahren in den verschiedenen Arbeitsbereichen des Dikasteriums, wie Kongressen, Ordentlichen Sitzungen des Dikasteriums usw. wiederholt erörtert wurden. Dies ermöglicht es diesem Dikasterium aus einem reichlichen und reichhaltigen Material für diese Überlegungen zu schöpfen.

Während der Text klarstellt, in welchem Sinne einige Titel und Ausdrücke, die sich auf Maria beziehen, annehmbar sind oder nicht, zielt er gleichzeitig darauf ab, in einer Vertiefung der angemessenen Grundlagen der Marienverehrung den Platz Marias in ihrer Beziehung zu den Gläubigen im Lichte des Mysteriums Christi als einzigem Mittler und Erlöser zu verdeutlichen. Dies setzt eine tiefe Treue zur katholischen Identität und gleichzeitig ein besonderes ökumenisches Bemühen voraus.

Der Leitfaden, der sich durch alle Seiten des Dokumentes zieht, ist die Mutterschaft Mariens im Hinblick auf die Gläubigen, eine Frage, die mehrfach erscheint, mit Aussagen, die immer wieder aufgenommen und auf einer höheren Ebene mit neuen Überlegungen angereichert und ergänzt werden.

Die aus ihrer Mutterschaft herrührende Verehrung Marias wird hier als Schatz der Kirche dargestellt. Die Verehrung des gläubigen Volkes Gottes, das in Maria Zuflucht, Kraft, Zärtlichkeit und Hoffnung findet, soll mit diesen Betrachtungen nicht korrigiert, sondern vielmehr zur Geltung gebracht, bewundert und gefördert werden, da sie ein mystagogischer und symbolischer Ausdruck einer evangeliumsgemäßen Haltung des Vertrauens auf den Herrn ist, die der Heilige Geist selbst in den Gläubigen frei hervorruft. Tatsächlich finden die Armen »im Angesicht Marias die Zärtlichkeit und Liebe Gottes. Darin sehen sie die wesentliche Botschaft des Evangeliums widergespiegelt«.[1]

Zugleich gibt es einige mariologische Kreise, Veröffentlichungen, neue marianische Andachtsformen und Anfragen nach marianischen Dogmen, die nicht die gleichen Merkmale der Volksfrömmigkeit aufweisen, sondern die letztendlich eine gewisse dogmatische Entwicklung vorschlagen und sich intensiv über soziale Netzwerke äußern, was bei den ganz einfachen Gläubigen häufig Zweifel hervorruft. Manchmal handelt es sich um Neuinterpretationen von Ausdrücken, die in der Vergangenheit mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet wurden. Das vorliegende Dokument berücksichtigt diese Anregungen, um aufzuzeigen, inwieweit einige von ihnen einer echten, vom Evangelium inspirierten Marienverehrung entsprechen, und inwieweit andere vermieden werden sollten, weil sie einer angemessenen Betrachtung der christlichen Botschaft in ihrer harmonischen Gesamtheit nicht zuträglich sind.

Andererseits zeigen verschiedene Passagen dieser Note eine umfangreiche biblische Entwicklung auf, die dazu beiträgt, zu zeigen, wie die authentische Marienverehrung nicht nur in der reichen Tradition der Kirche, sondern bereits in der Heiligen Schrift aufscheint. Diese klare biblische Prägung wird von Texten der Kirchenväter, der Kirchenlehrer und der letzten Päpste begleitet. Auf diese Weise versucht die Note weniger, Grenzen aufzuzeigen, als die Liebe zu Maria und das Vertrauen in ihre mütterliche Fürsprache zu begleiten und zu stärken.

Víctor Manuel Kard. Fernández
Präfekt

 

Einführung

1. [Mater populi fidelis] Christen betrachten die Mutter des gläubigen Volkes Gottes[2] mit Zuneigung und Bewunderung, denn da die Gnade uns Christus ähnlich macht, ist Maria der vollkommenste Ausdruck dieses ihres Wirkens, das unsere Menschlichkeit verwandelt. Sie ist die weibliche Äußerung all dessen, was die Gnade Christi in einem Menschen bewirken kann. Angesichts dieser Schönheit waren viele Gläubige aus Liebe immer bemüht, sich mit den schönsten Worten an die Mutter zu wenden und den besonderen Platz hervorzuheben, den sie zusammen mit Christus einnimmt.

2. Vor kurzem hat dieses Dikasterium Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene[3] veröffentlicht. Es kommt oft vor, dass im Zusammenhang mit den besagten Phänomenen im Bezug auf die Jungfrau Maria bestimmte Titel[4] und Bezeichnungen verwendet werden. Diese Titel, einige kommen bereits bei den Kirchenvätern vor, werden nicht immer präzise verwendet; manchmal wird deren Bedeutung verändert oder sie können missverstanden werden. Neben den terminologischen Problemen bereiten einige Titel auch inhaltlich große Schwierigkeiten, da sie häufig zu einem falschen Verständnis der Gestalt Mariens führen, was schwerwiegende Auswirkungen auf christologischer,[5] ekklesiologischer[6] und anthropologischer[7] Ebene hat.

3. Das Hauptproblem bei der Auslegung dieser auf die Jungfrau Maria angewandten Titel ist die Frage, wie das Mitwirken Marias am Erlösungswerk Christi zu verstehen ist, d.h. »was ist die Bedeutung dieses einzigartigen Mitwirkens Marias am Heilsplan?«[8] Das vorliegende Dokument versucht, ohne das Thema erschöpfend behandeln zu wollen und ohne Anspruch auf Vollständigkeit, das notwendige Gleichgewicht zu wahren, das innerhalb der christlichen Glaubensgeheimnisse zwischen der einzigartigen Mittlerschaft Christi und dem Mitwirken Mariens am Heilswerk gewahrt werden muss, und versucht ebenso aufzuzeigen, wie dies in den verschiedenen marianischen Titeln zum Ausdruck kommt.

Das Mitwirken Marias am Heilswerk

4. Traditionell wird das Mitwirken Marias am Heilswerk aus einer doppelten Perspektive betrachtet, nämlich ihrer Teilnahme an der objektiven Erlösung, welche Christus während seines Lebens und besonders im Paschageschehen gewirkt hat, und dann im Hinblick auf ihren heutigen Einfluss auf die Erlösten. In Wirklichkeit sind diese Fragen miteinander verknüpft und können nicht isoliert betrachtet werden.

5. Diese Teilhabe Marias am Erlösungswerk Christi ist in der Heiligen Schrift bezeugt, die das in Jesus Christus verwirklichte Heilsgeschehen in den Schriften des Alten Testaments als Verheißung und im Neuen Testament als Verwirklichung darstellt. So erahnt man in Gen 3,15 Maria, denn sie ist die Frau, die am endgültigen Sieg über die Schlange teilhat. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Jesus Maria in der Szene auf dem Kalvarienberg als »Frau« anspricht (Joh 19,26). Auch in Kana nennt Jesus sie »Frau« (Joh 2,4) und verweist damit auf Maria und ihre Rolle, zusammen mit ihm, in der „Stunde“ des Kreuzes.

6. Dort, in dieser „Stunde“, wird das Mitwirken Marias sichtbar, die noch einmal wie bei der Verkündigung ihr „Ja“ spricht, und das Evangelium geht in diesem heiligen Moment dazu über, sie als »Mutter« vorzustellen (Joh 19,27), indem es Jesus das Wort »Frau« in den Mund legt (Joh 19,26). Wenn das Evangelium erklärt, dass der Jünger, der uns alle repräsentiert, sie daraufhin aufnahm, verwendet es ein Verb (lambanō), das im Evangelium den Sinn von „im Glauben aufnehmen“ annimmt (vgl. Joh 1,11-12; 5,43 und 13,20). Es ist dasselbe Verb, das das vierte Evangelium verwendet, um auszudrücken, dass das Licht zu den Seinen kam und sie es nicht »aufnahmen« (Joh 1,11). Das heißt, der Jünger, der unseren Platz an der Seite Marias eingenommen hat, hat sie als Mutter im Glauben aufgenommen. Erst nachdem Jesus uns Maria zur Mutter gegeben hat, weiß er, dass »alles vollbracht ist« (Joh 19,28). Diese feierliche Anspielung auf die Vollendung verwehrt eine oberflächliche Interpretation dieser Episode. Die Mutterschaft Marias uns gegenüber ist Teil der Erfüllung des göttlichen Plans, der sich im Paschageheimnis Christi verwirklicht. In einem ähnlichen Sinne stellt die Apokalypse die »Frau« (Offb 12,1) als Mutter des Messias (vgl. Offb 12,5) und als Mutter ihrer »übrigen Nachkommen« (Offb 12,17) vor.

7. Es sei daran erinnert, dass Maria von Nazaret als die »privilegierte Zeugin«[9] der in den Evangelien erwähnten Ereignisse der Kindheit Jesu[10] (vgl. Lk 1-2; Mt 1-2) angesehen werden kann. Im Prolog seines Evangeliums unterrichtet Lukas seine Leser: »Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über all das abzufassen, was sich unter uns ereignet und erfüllt hat. Dabei hielten sie sich an die Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren«. So hat auch er sich entschlossen, »allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen« (Lk 1,1-3). Unter diesen Augenzeugen ist Maria, die unmittelbare Protagonistin der Empfängnis, der Geburt und der Kindheit Jesu, des Herrn, hervorzuheben. Dasselbe gilt für die Berichte über die Passion, da seine Mutter »bei dem Kreuz Jesu« stand (Joh 19,25), und für das Warten auf Pfingsten, als die Apostel »einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und mit Maria, der Mutter Jesu« (Apg 1,14) verharrten.

8. Im Lukasevangelium ist Maria die neue Tochter Zion, die die Freude des Heils empfängt und weitergibt. Lukas greift die prophetischen Verheißungen auf, die die messianische Freude ankündigten (vgl. Zeph 3,14-17; Sach 9,9). In ihr erfüllen sich die Verheißungen, die Johannes den Täufer vor Freude hüpfen ließen (vgl. Lk 1,41). Elisabet bekennt sich unwürdig angesichts des Besuchs Marias: »Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zum mir kommt« (Lk 1,43). Elisabet sagt nicht: »Wer bin ich, dass mein Herr zu mir kommt.« Sie bezieht sich direkt auf die Mutter, was auf die untrennbare Verbindung zwischen der Sendung Christi und der Marias hinweist. Elisabet spricht erfüllt vom Heiligen Geist (vgl. Lk 1,41), so dass ihre Haltung gegenüber Maria als ein Vorbild des Glaubens aufscheint. Die weiteren Worte, die sie bewegt vom Geist spricht, lauten: »Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes« (Lk 1,42). Es ist bemerkenswert, dass es ihr, inspiriert vom Heiligen Geist, nicht genügt, Jesus „gesegnet“ zu nennen, sondern dass sie auch seine Mutter „gesegnet“ nennt. Sie sieht sie in diesem Moment der messianischen Freude eng miteinander verbunden. Maria erscheint hier als die „Selige“ schlechthin: »Selig ist die, die geglaubt hat« (Lk 1,45); »mein Geist jubelt« (Lk 1,47); »von nun an preisen mich selig alle Geschlechter« (Lk 1,48). Dies gewinnt noch größere Bedeutung angesichts dessen, dass diese Seligkeit im Lukasevangelium nicht als Gemütszustand vorkommt, sondern als die Erfüllung der messianischen Verheißungen in den Kleinen (vgl. Lk 6,20-22), denn ihr Lohn im Himmel wird groß sein (vgl. Lk 6,35).

9. In den ersten Jahrhunderten des Christentums interessierten sich die Kirchenväter vor allem für die göttliche Mutterschaft Marias (Theotokos), ihre immerwährende Jungfräulichkeit (Aeiparthenos), ihre vollkommene Heiligkeit, die ihr ganzes Leben lang frei von Sünde war (Panagia), und ihre Rolle als neue Eva,[11] wobei sie sich im Geheimnis der Menschwerdung auf die Betrachtung der Verbindung Marias mit der Erlösung durch Christus konzentrierten. Marias „Ja“ auf den Gruß des Erzengels Gabriel, damit das Wort Gottes in ihrem Schoß Fleisch werde (vgl. Lk 1,26-37), gibt dem Menschen die Möglichkeit, vergöttlicht zu werden. Deshalb nennt der heilige Augustinus die Jungfrau »Mitarbeiterin« an der Erlösung und unterstreicht damit sowohl das gemeinsame Handeln Marias mit Christus als auch ihre Unterordnung unter ihn, denn Maria wirkt mit Christus zusammen, damit »die Gläubigen in der Kirche« geboren werden[12] und deshalb dürfen wir sie Mutter des gläubigen Volkes Gottes nennen.

10. Während des ersten Jahrtausends verweist das Nachdenken über die Jungfrau Maria in der Kirche auf die Liturgie. Die große und reiche Vielfalt der liturgischen Traditionen des christlichen Ostens wollte ein getreues Echo auf die Heilige Schrift, die Konzilien und die Kirchenväter sein. Die lex orandi, die zur lex credendi wurde, prägt die östliche Mariologie von der Hymnographie über die Ikonographie bis hin zur Volksfrömmigkeit.[13] So wurden beispielsweise ab dem 5. Jahrhundert im Orient Marienfeste eingeführt, die später, im 7. Jahrhundert, auch vom Westen übernommen wurden. Die Teilnahme der Mutter Gottes am Werk der Erlösung wird nicht nur in den Anaphorä und eucharistischen Liturgien der Ostkirchen gefeiert, sondern vor allem in den hymnographischen Texten des kanonischen Stundengebets der verschiedenen liturgischen Traditionen des christlichen Ostens. In der Hymnographie gibt es unzählige Maria gewidmete Kompositionen mit biblischen Allegorien;[14] sie ermöglichten eine Vertiefung des grundlegenden Geheimnisses der Menschwerdung und deren Bedeutung für die Erlösung in Christus in einer Sprache voller poetischer Symbolik, die wiederum in der Lage ist, das Erstaunen und die Verwunderung derer auszudrücken, die aus dem gleichen Geschlecht wie Maria stammen und die Wunder betrachten, die der Allmächtige in ihr gewirkt hat.[15]

11. Die Lehren der ersten ökumenischen Konzilien beginnen das Dogma über Maria, die Mutter Gottes, das später auf dem Konzil von Ephesus verkündet wurde, zu entfalten. Der christliche Osten hat die von diesen frühen Konzilien definierten Dogmen lehrmäßig stets hochgehalten, zumindest in den Kirchen, die die Konzilien von Ephesus und Chalcedon angenommen haben. Gleichzeitig hat er in seinen liturgischen, hymnischen und ikonographischen Traditionen die volkstümlichen Marienerzählungen und -legenden im Hinblick auf die Berichte über die Kindheit und das Sterben Jesu aufgegriffen. Diese Erzählungen suchen die Frömmigkeit des Gottesvolkes zu nähren und verleihen der Lyrik der poetischen Bilder Ausdruck, die nichts Anderes zum Ziel haben, als Staunen zu erwecken. Dieselbe Verehrung der Gottesmutter kommt ebenso in der Ikonographie zum Ausdruck, die ein visuelles Bild Marias und des menschgewordenen Wortes bietet. Es ist bezeichnend, dass die traditionellen Ikonographien jener eng mit den Konzilien von Ephesus und Chalcedon verbunden Kirchen, Maria meist als »Theotokos«[16] darstellen; sie wurden geschaffen mit dem Ziel, die Jungfrau-Mutter in bildlicher Form zu betrachten , die ihren Sohn, das Jesuskind, der Welt vorstellt und es umarmt, während sie für die Menschheit vor ihrem Sohn Fürsprache einlegt. Die östliche marianische Ikonographie, verstanden als Kerygma und visuelles Gedächtnis in Farbe der Theologie der frühen Konzilien und der Kirchenväter, will also eine visuelle Übersetzung der spezifischen Titel sein, die der Gottesmutter verliehen werden.[17] Aus diesem Grund müssen die Ikonen von der Liturgie und der Hymnographie her „gelesen“ werden. Maria wird nicht neben Christus verehrt, vielmehr ist sie durch die Menschwerdung Teil des Geheimnisses Christi.[18] Sie ist die Ikone, in der Christus selbst verehrt wird. Sie ist die Theotokos, die jungfräuliche Mutter, die uns ihren Sohn Jesus, den Christus, zeigt, und sie ist zugleich die Hodēghētria, die mit ihrer Hand auf den einen Weg hinweist, der Christus ist.

12. Ab dem 12. Jahrhundert nimmt die abendländische Theologie[19] jene Beziehung in ihren Blick, die die Jungfrau Maria mit dem Geheimnis der blutigen Erlösungstat auf Golgota vereint und bezieht Simeons Bild vom Schwert auf das Kreuz Christi. Die Anwesenheit Marias am Fuße des Kreuzes wird als Zeichen christlicher Tapferkeit voll mütterlicher Liebe verstanden. Der heilige Bernhard von Clairvaux spricht in einem Kommentar zum Fest der Darstellung Jesu im Tempel von der Mitwirkung der Gottesmutter am Erlösungsopfer.[20] Arnaldus, ein Freund des heiligen Bernhard und Benediktinerabt von Bonneval († nach 1159), betrachtet zum ersten Mal die Mitwirkung Marias am Kreuzesopfer ihres Sohnes Jesus Christus.[21]

13. Das Mitwirken der Mutter mit ihrem Sohn am Werk der Erlösung ist vom Lehramt der Kirche dargelegt worden.[22] Das Zweite Vatikanische Konzil sagt: »Mit Recht also sind die heiligen Väter der Überzeugung, daß Maria nicht bloß passiv von Gott benutzt wurde, sondern in freiem Glauben und Gehorsam zum Heil der Menschen mitgewirkt hat.«[23] Diese Verbindung mit der Jungfrau ist sowohl im irdischen Leben Jesu Christi (Empfängnis, Geburt, Tod und Auferstehung) gegenwärtig als auch in der Zeit der Kirche.

14. Das Dogma der Unbefleckten Empfängnis unterstreicht den Vorrang und die Einzigartigkeit Christi bei der Erlösung, denn, noch vor jeder Möglichkeit ihres eigenen Handelns, wird die erste Erlöste ebenfalls von Christus erlöst und durch den Heiligen Geist verwandelt.[24] Aus diesem besonderen Zustand heraus, die „Erste der von Christus Erlösten“ und die „Erste vom Heiligen Geist Verwandelte“ zu sein, kann Maria intensiver und tiefer mit Christus und dem Geist zusammenwirken und so zum Prototyp,[25] Modell und Beispiel dessen werden, was Gott in jedem erlösten Menschen bewirken will.[26]

15. Das Mitwirken Marias am Heilswerk hat eine trinitarische Grundstruktur, denn es ist die Frucht einer Initiative des Vaters, der auf die Niedrigkeit seiner Magd geschaut hat (vgl. Lk 1,48); es entspringt der Kenōsis des Sohnes, der sich selbst erniedrigte und die Gestalt eines Knechts angenommen hat (vgl Phil 2,7-8), und es ist eine Wirkung der Gnade des Heiligen Geistes (vgl. Lk 1,28.30), der das Herz der jungen Frau von Nazaret für ihre Antwort bei der Verkündigung und während ihres ganzen Lebens in Gemeinschaft mit ihrem Sohn bereitet hat. Der heilige Paul VI. lehrte: »Bei Maria ist alles auf Christus hin bezogen und von ihm abhängig: Im Hinblick auf ihn hat sie Gottvater von aller Ewigkeit her als ganz heilige Mutter erwählt und sie mit den Gaben des Heiligen Geistes ausgestattet, wie sie keinem anderen zuteil geworden sind.«[27] Das Ja Marias ist keine bloße Vorbedingung für etwas, das ohne ihre Zustimmung und Mitarbeit hätte geschehen können. Ihre Mutterschaft ist nicht einfach biologisch und passiv,[28] sondern eine »wirkliche« Mutterschaft,[29] die sich dem Heilsgeheimnis Christi als ein vom Vater geliebtes Werkzeug für seinen Heilsplan zur Verfügung stellt. Sie »bürgt dafür, dass er, als „von der [Frau] geboren“ (Gal 4,4), echter Mensch ist, aber sie ist auch, sobald das nikänische Dogma verkündet ist, Theotokos, Gottesgebärerin«.[30]

Titel, die sich auf das Mitwirken Marias am Heilswerk beziehen

16. Unter den Titeln, mit denen Maria angerufen wird (Mutter der Barmherzigkeit, Hoffnung der Armen, Hilfe der Christen, Beistand, Fürsprecherin usw.), gibt es einige, die sich in größerem Maße auf ihre Mitwirkung am Erlösungswerk Christi beziehen, wie zum Beispiel Miterlöserin und Mittlerin.

Miterlöserin

17. Der Titel Miterlöserin erscheint im 15. Jahrhundert als Korrektur der Anrufung Erlöserin (als Abkürzung von Mutter des Erlösers), wie Maria seit dem 10. Jahrhundert genannt wurde. Der heilige Bernhard weist Maria eine Rolle am Fuße des Kreuzes zu, die als Ursprung des Titels Miterlöserin gelten darf, der zum ersten Mal in einem anonymen Salzburger Hymnus[31] aus dem 15. Jahrhundert erscheint. Obwohl der Titel Erlöserin im 16. und 17. Jahrhundert beibehalten wurde, verschwand er im 18. Jahrhundert ganz, um durch Miterlöserin ersetzt zu werden. Die theologische Forschung über Marias Mitwirkung an der Erlösung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts führte zu einer weiteren Untersuchung des Inhalts des Titels der Miterlöserin.[32]

18. Einige Päpste haben diesen Titel verwendet, ohne ihn näher zu erläutern.[33] Sie haben ihn im Allgemeinen auf zwei unterschiedliche Weisen verwendet, nämlich entweder in Bezug auf die göttliche Mutterschaft, insofern Maria als Mutter Jesu Christi die durch ihn vollbrachte Erlösung ermöglicht hat,[34] oder in Bezug auf ihre Verbindung mit Christus beim Werk der Erlösung am Kreuz.[35] Das Zweite Vatikanische Konzil hat es aus dogmatischen, pastoralen und ökumenischen Gründen vermieden, den Titel Miterlöserin zu verwenden. Der heilige Johannes Paul II. hat ihn mindestens sieben Mal verwendet und ihn vor allem mit dem Heilswert unseres Leidens in Vereinigung mit dem Leiden Christi, mit dem sich Maria vor allem am Kreuz vereint, in Verbindung gebracht.[36]

19. Anlässlich der Feria IV vom 21. Februar 1996 antwortete der Präfekt der damaligen Kongregation für die Glaubenslehre, Kardinal Joseph Ratzinger, auf die Frage, ob die Forderung der Bewegung Vox Populi Mariae Mediatrici nach einer Definition des Dogmas über Maria als Miterlöserin oder Mittlerin aller Gnaden annehmbar sei, mit seinem persönlichen Votum: »Negativ. Die genaue Bedeutung d[ies]er Titel ist nicht klar, und die in ihnen enthaltene Lehre ist nicht ausgereift. Eine de fide definierte Lehre gehört zum Depositum fidei, d.h. zur göttlichen Offenbarung, die in der Heiligen Schrift und der apostolischen Überlieferung vermittelt wird. Noch ist nicht klar zu erkennen, wie die in den Titeln ausgedrückte Lehre in der Heiligen Schrift und der apostolischen Überlieferung enthalten sei.«[37] Später, im Jahr 2002, sprach er sich öffentlich gegen die Verwendung dieses Titels aus: »Die Formel „Miterlöserin“ [entfernt] sich [zu weit] von der Sprache der Schrift und der Väter und [ruft] daher Mißverständnisse hervor... Alles kommt von ihm, wie es besonders der Epheser- und der Kolosserbrief sagen; auch Maria ist alles, was sie ist, durch ihn. Das Wort „Miterlöserin“ würde diesen Ursprung verdunkeln.« Kardinal Ratzinger leugnete nicht, dass es gute Absichten und wertvolle Aspekte in der vorgeschlagenen Verwendung dieses Titels gibt, aber er war der Überzeugung, sie drücke sich »in einem falschen Wort aus«.[38]

20. Der damalige Kardinal erwähnte den Epheser- und Kolosserbrief, in denen das verwendete Vokabular und die theologische Dynamik der Hymnen die einzigartige soteriologische Zentralität des menschgewordenen Gottessohnes als eigentlicher Quelle auf eine Weise darstellt, dass die Möglichkeit ausgeschlossen bleibt, andere Mittlerschaften hinzuzufügen, denn »aller Segen« ist uns »in Christus« gegeben (vgl. Eph 1,3), weil wir durch ihn zu Söhnen werden (vgl. Eph 1,5) und in ihm begnadet sind (vgl. Eph 1,6), »durch sein Blut haben wir die Erlösung« (Eph 1,7) und Er hat uns »mit aller Weisheit und Einsicht reich beschenkt« (Eph 1,8). Durch ihn »sind wir auch als Erben vorherbestimmt und eingesetzt« (Eph 1,11). Und Gott wollte »mit seiner ganzen Fülle in ihm wohnen« (Kol 1,19), »um durch ihn alles zu versöhnen« (Kol 1,20). Ein derartiges Lob auf die einzigartige Stellung Christi erfordert es, alle Geschöpfe in einer eindeutig empfangenden Rolle zu sehen und eine glaubende und umsichtige Vorsicht walten zu lassen, wenn es darum geht, irgendeine Form eines möglichen Mitwirkens im Bereich der Erlösung in Betracht zu ziehen.

21. Papst Franziskus hat mindestens bei drei Gelegenheiten seine eindeutige Position gegen die Verwendung des Titels der Miterlöserin zum Ausdruck gebracht und führte an, dass Maria »nie etwas von ihrem Sohn für sich selbst [hat] beanspruchen wollen. Sie hat sich nie als Mit-Erlöserin präsentiert. Nein, Jüngerin«.[39] Das Erlösungswerk ist vollkommen und bedarf keinerlei Ergänzung. Deshalb, »die Gottesmutter wollte Jesus keinen Titel wegnehmen […]. Sie hat nicht für sich darum gebeten, eine Quasi-Erlöserin oder Mit-Erlöserin zu sein: nein. Der Erlöser ist einer allein, und dieser Titel verdoppelt sich nicht.«[40] Christus »ist der einzige Erlöser: Es gibt keine Mit-Erlöser neben Christus«.[41] Denn, »das mit liebender und gehorsamer Gesinnung dargebrachte Opfer am Kreuz [bietet] die ob der Sünden des Menschengeschlechtes geschuldete Genugtuung in überreichem und unendlichem Maße«.[42] Wir können zwar dessen Wirkungen in der Welt verlängern (vgl. Kol 1,24), aber weder die Kirche noch Maria können das bereits vollkomme und keiner weiteren Ergänzung bedürfende Erlösungswerk des menschgewordenen Gottessohnes ersetzen oder vervollkommnen.

22. Angesichts der Notwendigkeit, die Christus gegenüber untergeordnete Rolle Marias im Erlösungswerk darzulegen, ist die Verwendung des Titels der Miterlöserin immer unangebracht, wenn es darum geht, Marias Mitwirkung daran zu definieren. Dieser Titel birgt die Gefahr in sich, die einzigartige Heilsvermittlung Christi zu verschleiern und kann daher zu Verwirrung und einem Ungleichgewicht in der Harmonie der christlichen Glaubenswahrheiten führen, denn »in keinem anderen ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen« (Apg 4,12). Wenn eine Begrifflichkeit jedoch viele und ständige Erklärungen erfordert, um einem abweichendenen und irrigen Verständnis entgegenzuwirken, leistet er dem Glauben des Volkes Gottes keinen Dienst und wird unpassend. In diesem Fall ist es nicht hilfreich, Maria als erste und größte Mitarbeiterin am Werk der Erlösung und der Gnade hervorzuheben, denn die Gefahr, die ausschließliche Stellung Jesu Christi, des zu unserem Heil Mensch gewordenen Sohnes Gottes, der als einziger fähig ist, dem Vater ein Opfer von unendlichem Wert darzubringen, zu verdunkeln, wäre keine wahre Ehre für die Mutter. Denn als »Magd des Herrn« (Lk 1,38) weist sie uns auf Christus hin und fordert uns auf: »Was er euch sagt, das tut!« (Joh 2,5).

Mittlerin

23. Der Begriff der Mittlerschaft wird in der östlichen Patristik seit dem 6. Jahrhundert verwendet. In späteren Jahrhunderten verwendeten der heilige Andreas von Kreta,[43] der heilige Germanus von Konstantinopel[44] und der heilige Johannes von Damaskus[45] diesen Begriff mit unterschiedlichen Bedeutungen. Im Westen wurde er ab dem 12. Jahrhundert immer häufiger verwendet, obwohl er erst im 17. Jahrhundert als lehrmäßige These formuliert wurde. 1921 bat Kardinal Mercier, Erzbischof von Mechelen, in wissenschaftlicher Zusammenarbeit mit der Katholischen Universität Löwen und mit Unterstützung der Bischöfe, des Klerus und des belgischen Volkes, Papst Benedikt XV. um eine dogmatische Definition der universalen Mittlerschaft Mariens. Nichtsdestoweniger kam der damalige Papst dieser Bitte nicht nach; er approbierte lediglich ein Partikularfest »Maria, Mittlerin aller Gnaden« mit eigener Messe und Offizium.[46] Von da an bis 1950 kam es zu einer Reihe theologischer Forschungen zu dieser Frage, die dann in die Vorbereitungsphase des Zweiten Vatikanischen Konzils gelangten. Dennoch verzichtete das Konzil diesbezüglich auf dogmatische Aussagen[47] und zog es vor, eine umfassende Synthese »der katholischen Lehre über den Platz Mariens im Geheimnis Christi und der Kirche«[48] vorzulegen.

24. Das biblische Urteil über die ausschließliche Mittlerschaft Christi ist in sich eindeutig. Christus ist der einzige Mittler, »denn: Einer ist Gott, Einer auch Mittler zwischen Gott und den Menschen: der Mensch Christus Jesus, der sich als Lösegeld hingegeben hat für alle« (1 Tim 2,5-6). Die Kirche hat diese einzigartige Stellung Christi damit erklärt, daß er der ewige und unendliche Sohn ist; er ist mit dem von ihm angenommenen Menschsein hypostatisch vereint; die Rolle der Mittlerschaft kommt ausschließlich dem Menschsein Christi zu und die sich daraus ergebenden Konsequenzen können nur für Christus gelten. In genau diesem Sinne ist die Stellung des fleischgewordenen Wortes exklusiv und einzigartig. Angesichts dieser Klarheit im geoffenbarten Wort Gottes ist bei der Anwendung des Titels der „Mittlerin“ auf Maria besondere Vorsicht angezeigt. Angesichts der Tendenz, den Umfang des Mitwirkens Mariens ausgehend von diesem Begriff zu erweitern, ist es angebracht, näher zu bestimmen inwieweit dieser Terminus Gültigkeit besitzt und wo seine Grenzen liegen.

25. Einerseits können wir nicht übersehen, dass das Wort „Vermittlung“ in den verschiedensten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens sehr häufig verwendet wird, wo es einfach als Zusammenarbeit, Hilfe, Fürsprache verstanden wird. Es ist daher unvermeidlich, dass es auf Maria in einem untergeordneten Sinn angewandt wird und in keiner Weise beabsichtigt, der einzigartigen Mittlerschaft Jesu Christi, zugleich wahrer Gott und wahrer Mensch, etwas an Wirksamkeit oder Vermögen hinzuzufügen.

26. Andererseits ist es offensichtlich, dass es eine Form der realen Mittlerschaft durch Maria gegeben hat, um die wahre Menschwerdung des Gottessohnes zu ermöglichen, denn es war erforderlich, dass der Erlöser »von einer Frau [geboren]« wurde (Gal 4,4). Die Erzählung der Verkündigung zeigt, dass es sich nicht nur um eine biologische Mittlerschaft handelte, denn sie unterstreicht die aktive Präsenz Marias, indem sie überlegt (vgl. Lk 1,29.34) und mit fester Entschiedenheit zustimmt: »Mir geschehe« (Lk 1,38). Die Antwort Marias öffnete das Tor zur Erlösung, auf die die ganze Menschheit hoffte und die die Heiligen mit poetischer Dramatik beschrieben haben.[49] Auch auf der Hochzeit zu Kana erfüllt Maria eine Mittlerfunktion, als sie Jesus die Notlage der Brautleute schildert (vgl. Joh 2,3), und als sie die Diener bittet, den Anweisungen Jesu Folge zu leisten (vgl. Joh 2,5).

27. Der Begriff der Mittlerschaft in den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils bezieht sich vor allem auf Christus und, manchmal, auch auf Maria, aber in deutlich untergeordneter Weise.[50] In der Tat hat man es vorgezogen, für sie eine andere Begrifflichkeit zu verwenden, die sich auf das Mitwirken[51] oder den mütterlichen Beistand[52] konzentriert. Die Lehre des Konzils formuliert klar die Perspektive der mütterlichen Fürsprache Mariens, mit Ausdrücken wie »vielfache Fürsprache« und »mütterlicher Schutz«.[53] Diese beiden Aspekte zusammen bilden das Besondere der Mitwirkung Mariens am Handeln Christi durch den Heiligen Geist. Streng genommen kann man von keiner anderen Gnadenvermittlung sprechen als von der des menschgewordenen Gottessohnes.[54] Es ist daher notwendig, sich stets an die christliche Überzeugung zu erinnern und sie nicht zu verdunkeln: Es »ist fest zu glauben, dass Jesus Christus, der Sohn Gottes, der Herr und der einzige Erlöser ist, der durch seine Menschwerdung, seinen Tod und seine Auferstehung die Heilsgeschichte, die in ihm ihre Fülle und ihren Mittelpunkt findet, zur Vollendung gebracht hat«.[55]

Maria in der einzigen Mittlerschaft Christi

28. Zugleich darf nicht vergessen werden, dass die Einzigartigkeit der Mittlerschaft Christi „inklusiv“ ist, das heißt, Christus ermöglicht verschiedene Formen der Teilnahme an der Verwirklichung seines Heilsplans, denn in der Gemeinschaft mit ihm können wir alle in gewisser Weise Mitarbeiter Gottes, „Mittler“ füreinander sein (vgl. 1 Kor 3,9). Gerade weil Christus über unendliche und höchste Macht verfügt, kann er seine Geschwister zu wahrer Mitwirkung bei der Verwirklichung seiner Pläne zulassen und befähigen. Das Zweite Vatikanische Konzil stellte fest: So »schließt auch die Einzigkeit der Mittlerschaft des Erlösers im geschöpflichen Bereich eine unterschiedliche Teilnahme an der einzigen Quelle in der Mitwirkung nicht aus, sondern erweckt sie«.[56] Aus diesem Grund »bedarf [es] einer vertieften Anstrengung zu ergründen, was diese teilhabende Mittlerschaft bedeutet, die jedoch immer vom Prinzip der einzigen Mittlerschaft Christi normiert bleiben muss«.[57] Es ist wahr, dass die Kirche die Auswirkungen des Osterereignisses Christi in der Zeit verlängert und überall mitteilt[58] und dass Maria einen einzigartigen Platz im Herzen der Mutter Kirche einnimmt.[59]

29. Die Teilnahme Marias am Werk Christi wird deutlich, wenn wir von der Überzeugung ausgehen, dass der auferstandene Herr die Gläubigen fördert, verwandelt und befähigt, mit ihm an seinem Werk mitzuwirken. Dies geschieht nicht aufgrund einer Schwäche, eines Unvermögens oder einer Notwendigkeit Christi selbst, sondern gerade aufgrund seiner herrlichen Macht, die in der Lage ist, uns großzügig und frei als Mitarbeiter an seinem Werk zu beteiligen. Was hier hervorgehoben werden soll, ist genau das folgende: Wenn er es uns erlaubt, ihn zu begleiten und unter dem Antrieb seiner Gnade das Beste von uns selbst zu geben, dann sind es seine eigene Macht und sein Erbarmen, die letztendlich verherrlicht werden.

Fruchtbar im verherrlichten Christus

30. Besonders erhellend ist der Text: »Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen und er wird noch größere vollbringen, denn ich gehe zum Vater« (Joh 14,12). Die Gläubigen, die mit dem auferstandenen und in den Schoß des Vaters zurückgekehrten Christus verbunden sind, können Werke vollbringen, die die Wunder des irdischen Jesus übertreffen, aber immer dank ihrer Verbindung mit dem glorreichen Christus durch den Glauben. Das hat sich zum Beispiel in der erstaunlichen Ausbreitung der Urkirche gezeigt, weil der Auferstandene seine Kirche an seinem Werk teilhaben ließ (vgl. Mk 16,15). Auf diese Weise wurde seine Herrlichkeit nicht geschmälert, sondern kam noch mehr zum Vorschein, indem sie sich als eine Kraft erwies, die fähig ist, die Gläubigen zu verwandeln und sie mit ihm fruchtbar werden zu lassen.

31. Bei den Kirchenvätern fand dieser Gedanke im Kommentar zu Joh 7,37-39 eine besondere Ausprägung, denn einige interpretierten die Verheißung von »Strömen lebendigen Wassers« als auf die Gläubigen bezogen. Das heißt, die Gläubigen selbst, umgewandelt durch die Gnade Christi, werden zu Quellen für andere. Origenes erklärte, dass der Herr erfüllt, was er in Joh 7,38 ankündigt, weil er Wasserströme aus uns hervorkommen lässt: »Die Seele des Menschen, gemäß dem Bild Gottes gestaltet, kann in sich selbst Brunnen, Quellen und Flüsse haben und aus sich selbst hervorbringen.«[60] Der heilige Ambrosius empfahl, von der offenen Seite Christi zu trinken, »damit die Quelle des Wassers in euch reichlich fließt und zum ewigen Leben entspringt«.[61] Der heilige Thomas von Aquin drückte es so aus: »Wenn ein Gläubiger sich beeilt, die verschiedenen Gaben der Gnade, die er von Gott empfangen hat, anderen mitzuteilen, fließt lebendiges Wasser aus seinem Inneren.«[62]

32. Wenn dies für jeden Gläubigen gilt, dessen Mitwirken mit Christus immer fruchtbarer wird, je mehr dieser sich von der Gnade umgestalten lässt, so gilt dies umso mehr für Maria, und zwar in einzigartiger und überragender Weise. Sie ist »die Begnadete« (Lk 1,28), die, ohne das Werk Gottes zu behindern, sagte: »Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast« (Lk 1,38). Sie ist die Mutter, die der Welt den Urheber der Erlösung und der Gnade geschenkt hat, die am Kreuz stand (vgl. Joh 19,25), die mit dem Sohn litt und den Schmerz ihres mütterlichen, vom Schwert durchbohrten Herzens aufopferte (vgl. Lk 2,35). Sie war mit Christus von der Menschwerdung bis zum Kreuz und zur Auferstehung in einer exklusiven und höheren Weise verbunden, als jeder andere Gläubige.

33. All dies jedoch nicht aufgrund ihrer eigenen Verdienste, sondern weil die Verdienste Christi am Kreuz in besonderer und vorweggenommener Weise auf sie Anwendung fanden, zur Verherrlichung des einzigen Herrn und Erlösers.[63] Sie ist letztendlich ein Loblied auf die Wirksamkeit der Gnade Gottes, so dass jede Anerkennung ihrer Schönheit unmittelbar zur Verherrlichung der Quelle alles Guten führt, nämlich der Dreifaltigkeit. Die unvergleichliche Größe Marias liegt in dem, was sie empfangen hat, und in ihrer vertrauensvollen Bereitschaft, sich vom Heiligen Geist durchströmen zu lassen. Wenn wir uns bemühen, ihr aktive Funktionen in Parallele zu denen Christi zuzuschreiben, entfernen wir uns von dieser unvergleichlichen Schönheit, die Maria eigen ist. Der Ausdruck „teilnehmende Mittlerschaft“ kann ein präzises und nützliches Verständnis der Stellung Mariens ausdrücken, jedoch – falsch verstanden – kann er dieses leicht verdunkeln und ihm sogar widersprechen. Die Mittlerschaft Christi, die in mancher Hinsicht „inklusiv“ oder partizipatorisch sein kann, ist in anderer Hinsicht exklusiv und nicht übertragbar.

Mutter der Glaubenden

34. Im Hinblick auf Maria vollzieht sich diese Mittlerschaft in mütterlicher Form,[64] so wie sie es in Kana tat[65] und wie es am Kreuz bestätigt wurde.[66] Papst Franziskus hat es so erklärt: »Sie ist die Mutter. Und das ist der Titel, den sie von Jesus erhalten hat, genau dort, im Augenblick des Kreuzes (vgl. Joh 19,25-27). Deine Kinder, Du bist Mutter. [...] Sie hat die Gabe erhalten, eure Mutter zu sein, und die Pflicht, uns als Mutter zu begleiten, unsere Mutter zu sein.«[67]

35. Der Titel Mutter hat seine Wurzeln in der Heiligen Schrift und bei den Kirchenvätern, er wird vom Lehramt vorgelegt und die Formulierung seines Inhalts hat bis zur Darlegung des Zweiten Vatikanischen Konzils[68] und dem Begriff der geistlichen Mutterschaft in der Enzyklika Redemptoris Mater[69] angedauert. Diese geistliche Mutterschaft Mariens ergibt sich aus ihrer leiblichen Mutterschaft gegenüber dem Gottessohn. Indem sie Christus leiblich das Leben schenkte, hat die Gottesmutter durch ihre freie und gläubige Annahme dieser Sendung im Glauben alle Christen, die Glieder des mystischen Leibes Christi sind, hervorgebracht; das heißt, sie hat den ganzen Christus geboren, Haupt und Glieder.[70]

36. Die Teilnahme der Jungfrau Maria als Mutter am Leben ihres Sohnes, von der Menschwerdung bis zum Kreuz und zur Auferstehung, verleiht ihrer Mitwirkung am Erlösungswerk Christi einen einmaligen und einzigartigen Charakter, und zwar in besonderer Weise für die Kirche, »wenn sie die geistliche Mutterschaft Mariens zu allen Gliedern des mystischen Leibes bedenkt; in einer vertrauensvollen Anrufung, wenn sie die Fürsprache ihrer Mittlerin und Helferin erfährt«.[71] Es ist dieser mütterliche Aspekt, der die Beziehung der Jungfrau zu Christus und ihr Mitwirken in jedem Augenblick des Heilswerkes kennzeichnet. In ihrer Sendung als Mutter hat Maria eine einzigartige Beziehung zum Erlöser und auch zu den Erlösten, von denen sie selbst die Erste ist. »Maria ist Typos der Kirche und der sich in ihr ereignenden neuen Geburt, sie ist mehr: sie ist das Realsymbol und der Inbegriff dieser Kirche selbst.«[72] Es handelt sich um eine Mutterschaft, die aus ihrer Ganzhingabe und der Berufung, Dienerin des Geheimnisses zu werden, hervorgeht.[73] In dieser Mutterschaft Mariens ist alles zusammengefasst, was wir über die Mutterschaft gemäß der Gnade und über den gegenwärtigen Platz Mariens in der ganzen Kirche sagen können.

37. Die geistliche Mutterschaft Marias hat einige besondere Merkmale:

a) Sie findet ihre Grundlage in der Tatsache, dass sie die Mutter Gottes ist und ihre Mutterschaft gegenüber den Jüngern Christi[74] und gegenüber allen Menschen[75] fortsetzt. In diesem Sinne ist die Mitwirkung Mariens einzigartig und unterscheidet sich von der Mitwirkung der »anderen Geschöpfe«.[76] Ihrer Fürsprache ist nicht das Merkmal einer priesterlichen Vermittlung zueigen, wie jener Christi, sondern ihre Mittlerschaft ist in der Ordnung und in der Analogie der Mutterschaft angesiedelt.[77] Indem die Fürsprache Mariens mit ihrem Handeln verbunden ist, zeigen sich uns die vom Herrn zuteil gewordenen Gaben unter einem mütterlichen Aspekt der von der Zärtlichkeit und Nähe jener Mutter[78] geprägt ist, die Jesus mit uns gemeinsam haben wollte (vgl. Joh 19,27).

b) Die mütterliche Mitwirkung Mariens geschieht in Christus und ist daher eine teilhabende, sie ist »Teilhabe an der einzigen Quelle«,[79] welche die Mittlerschaft Christi selbst ist. Maria tritt auf ganz persönliche Weise in die eine Mittlerschaft Christi ein.[80] Die mütterliche Berufung Marias »gegenüber den Menschen aber verdunkelt oder mindert diese einzige Mittlerschaft Christi in keiner Weise, sondern zeigt ihre Wirkkraft. Jeglicher heilsame Einfluß der seligen Jungfrau auf die Menschen« entsprießt »dem Überfluß der Verdienste Christi, stützt sich auf seine Mittlerschaft, hängt von ihr vollständig ab und schöpft aus ihr seine ganze Wirkkraft«.[81] In ihrer Mutterschaft ist Maria kein Hindernis, das zwischen den Menschen und Christus steht; im Gegenteil, ihre mütterliche Aufgabe ist untrennbar mit derjenigen Christi verbunden und auf ihn ausgerichtet. So verstanden, soll die Mutterschaft Mariens die einzigartige Verehrung, die allein Christus gebührt, nicht abschwächen, sondern beleben.[82] Deshalb sind Titel und Bezeichnungen zu vermeiden, die sich auf Maria beziehen und sie als eine Art „Blitzableiter“ für die Gerechtigkeit des Herrn darstellen, so als ob Maria eine notwendige Alternative zur unzureichenden Barmherzigkeit Gottes wäre. Das Zweite Vatikanische Konzil hat bekräftigt, wie die Verehrung Mariens sein soll, nämlich eine Verehrung, »die sich am christologischen Zentrum des christlichen Glaubens orientiert, und zwar in der Weise, daß „wenn die Mutter geehrt wird, der Sohn [...] richtig erkannt, geliebt, verherrlicht wird“«.[83] Schlußendlich ist die Mutterschaft Marias der freien Wahl des Vaters, dem Werk Christi und dem Wirken des Heiligen Geistes untergeordnet.[84]

c) Die Kirche ist nicht nur ein Bezugspunkt für die geistliche Mutterschaft Mariens, sondern gerade die sakramentale Dimension der Kirche ist der Ort, wo sich ihre mütterliche Aufgabe auf immer verwirklicht.[85] Maria handelt mit der Kirche, in der Kirche und für die Kirche. Die Ausübung ihrer Mutterschaft hat ihren Platz in der kirchlichen Gemeinschaft und nicht außerhalb von ihr; sie führt hin zur Kirche und begleitet sie. Die Kirche lernt von Maria ihre eigene Mutterschaft:[86] in der Annahme des Wortes Gottes, das evangelisiert, bekehrt und Christus verkündet; in der Gabe des sakramentalen Lebens in Taufe und Eucharistie und in der mütterlichen Erziehung und Formung, die den Kindern Gottes hilft, geboren zu werden und zu wachsen.[87] Deshalb kann man sagen, dass »die Fruchtbarkeit der Kirche dieselbe wie die Fruchtbarkeit Marias [ist], und sie verwirklicht sich im Leben ihrer Glieder in dem Maße, in dem sie „im Kleinen“ nachempfinden, was die Mutter gelebt hat, das heißt, sie lieben gemäß der Liebe Jesu«.[88] Als Mutter wartet Maria, wie die Kirche, darauf, dass Christus in uns geboren wird,[89] sie nimmt nicht seinen Platz ein. Deshalb werden »Dank der mächtigen Quelle, die aus der offenen Seite Christi hervorsprudelt, […] die Kirche, Maria und alle Gläubigen auf unterschiedliche Weise zu Spendern lebendigen Wassers. Auf diese Weise entfaltet Christus selbst seine Herrlichkeit in unserer Kleinheit.«[90]

Fürsprache

38. Maria ist aufgrund ihrer Mutterschaft und ihres Seins „voll der Gnade“ auf einzigartige Weise mit Christus vereint. Dies wird im Gruß des Engels angedeutet (vgl. Lk 1,28), wenn er die in der ganzen Heiligen Schrift einzigartige und exklusive Vokabel (kecharitōmenē) gebraucht. Sie, die in ihrem Schoß die Kraft des Heiligen Geistes empfing und zur Mutter Gottes wurde, wird durch denselben Geist zur Mutter der Kirche.[91] Aufgrund dieser besonderen Verbindung in der Mutterschaft und in der Gnade hat ihr Gebet für uns einen Wert und eine Wirksamkeit, die mit keiner anderen Fürsprache verglichen werden können. Der heilige Johannes Paul II. hat den Titel „Mittlerin“ auf diese Funktion der mütterlichen Fürsprache bezogen, denn »sie stellt sich „dazwischen“, das heißt, sie macht die Mittlerin, nicht wie eine Fremde, sondern in ihrer Stellung als Mutter, und ist sich bewußt, daß sie als solche dem Sohn die Nöte der Menschen vortragen kann, ja sogar das „Recht“ dazu hat«.[92]

39. Der katholische Glaube liest in der Heiligen Schrift, dass diejenigen, die bei Gott im Himmel sind, weiterhin dieselben Taten der Liebe vollbringen können, indem sie für uns Fürsprache einlegen und uns so begleiten. Wir sehen zum Beispiel, dass die Engel »dienende Geister [sind], ausgesandt, um denen zu helfen, die das Heil erben sollen« (Hebr 1,14). Es ist die Rede von Aufträgen, die von Engeln ausgeführt werden (vgl. Tob 5,4; 12,12; Apg 12,7-11; Offb 8,3-5). Da sind Engel, die Jesus in der Wüste der Versuchung (vgl. Mt 4,11) und in der Passion (vgl. Lk 22,43) beistehen. Im Psalm wird uns verheißen, dass »er seinen Engeln [befiehlt], dich zu behüten auf all deinen Wegen« (Ps 91,11).

40. Diese Texte zeigen uns, dass der Himmel nicht völlig von der Erde getrennt ist. Das eröffnet die Möglichkeit, dass jene im Himmel für uns Fürsprache einlegen können. Das Buch Sacharja stellt uns einen Engel Gottes vor, der sagt: »Da ergriff der Engel des Herrn das Wort und sprach: „Herr der Heerscharen, wie lange versagst du noch Jerusalem und den Städten Judas dein Erbarmen, denen du nun siebzig Jahre zürnst?“« (Sach 1,12). In ähnlicher Weise spricht die Apokalypse von den „Hingeschlachteten“, den Märtyrern im Himmel, die Gott bitten, auf der Erde zu handeln, um uns von der Ungerechtigkeit zu befreien: »Als das Lamm das fünfte Siegel öffnete, sah ich unter dem Altar die Seelen aller, die hingeschlachtet worden waren wegen des Wortes Gottes und wegen des Zeugnisses, das sie abgelegt hatten. Sie riefen mit lauter Stimme und sagten: Wie lange zögerst du noch, Herr, du Heiliger und Wahrhaftiger, Gericht zu halten und unser Blut an den Bewohnern der Erde zu rächen?« (Offb 6,9-10). Schon in der hellenistisch-jüdischen Tradition gab es die Überzeugung, dass die verstorbenen Gerechten für das Volk Fürsprache einlegen (vgl. 2 Makk 15,12-14).

41. Maria, die im Himmel ihre »übrigen Nachkommen« liebt (Offb 12,17), so wie sie das Gebet der Apostel begleitete, als sie den Heiligen Geist empfingen (vgl. Apg 1,14), begleitet so jetzt unser Beten mit ihrer mütterlichen Fürsprache. Auf diese Weise setzt sie die Haltung des Dienens und der Barmherzigkeit fort, die sie bei der Hochzeit zu Kana gezeigt hat (vgl. Joh 2,1-11), und sie wendet sich auch heute an Jesus mit den Worten: »Sie haben keinen Wein mehr« (Joh 2,3). In ihrem Hochgesang sehen wir Maria als Frau ihres Volkes, die Gott preist, denn »[er] erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben« (Lk 1,52-53); denn »er nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen, das er unsern Vätern verheißen hat« (Lk 1,54-55), und wir erkennen Marias Bereitschaft, als sie ihrer Cousine Elisabet unverzüglich zu Hilfe kommt (vgl. Lk 1,39-40). Deshalb vertraut das Volk Gottes fest auf ihre Fürsprache.

42. Unter denen, die zusammen mit Christus auserwählt und verherrlicht wurden, steht seine Mutter an erster Stelle. Deshalb können wir behaupten, dass es eine einzigartige Mitwirkung Marias am Heilswerk, das Christus in seiner Kirche vollbringt, gibt. Es handelt sich um eine Fürsprache, die sie zu einem mütterlichen Zeichen der Barmherzigkeit des Herrn macht. Auf diese Weise gibt der Herr, weil er es frei gewollt hat, seinem eigenen Handeln an uns ein mütterliches Angesicht.[93]

Mütterliche Nähe

43. Die verschiedenen Anrufungen, Bilder und Marienheiligtümer sind Ausdruck dieser wirklichen Mutterschaft Mariens, die sich dem Leben ihrer Kinder nahe erweist. Ein Beispiel dafür ist die Erscheinung der Gottesmutter an den heiligen Indio Juan Diego auf dem Berg Tepeyac in Mexiko. Maria ruft ihn mit den zärtlichen Worten einer Mutter: »Mein kleinster Sohn, mein Juanito.« Und als er ihr von den Schwierigkeiten bei der Erfüllung der ihm anvertrauten Aufgabe erzählt, offenbart Maria ihm die Kraft ihrer Mutterschaft: »Bin ich nicht hier, ich, die die Ehre habe, deine Mutter zu sein? [...] Bist du nicht auf meinem Schoß, inmitten meiner Arme?«[94]

44. Diese Erfahrung der mütterlichen Zuneigung Marias, die der heilige Juan Diego machte, ist die persönliche Erfahrung der Christen, die die Zuneigung Marias erleben und die ihr »die Nöte des Alltags anvertrauen und ihr Herz vertrauensvoll öffnen, um ihre mütterliche Fürsprache zu erbitten und ihren beruhigenden Schutz zu erlangen«.[95] Über die außergewöhnlichen Bekundungen ihrer Nähe hinaus gibt es beständige alltägliche Ausdrucksformen ihrer Mutterschaft im Leben all ihrer Kinder. Selbst wenn wir sie nicht direkt um ihre Fürsprache bitten, zeigt sie uns ihre Nähe als Mutter, um uns zu helfen, die Liebe des Vaters zu erkennen, die heilbringende Selbsthingabe Christi zu betrachten und das heiligende Wirken des Geistes zu empfangen. Ihr Wert für die Kirche ist so groß, dass die Hirten der Kirche jede politische Instrumentalisierung dieser Nähe der Mutter vermeiden müssen. Papst Franziskus hat bei mehreren Gelegenheiten davor gewarnt und seine Besorgnis über »die ideologisch-kulturell eingefärbten Gedanken verschiedener Art, die sich der Begegnung eines Volkes mit seiner Mutter bemächtigen wollen«,[96] zum Ausdruck gebracht.

Mutter der Gnade

45. Diese Bedeutung von „Mutter der Glaubenden“ erlaubt es uns, von Marias Handeln auch in Bezug auf unser Gnadenleben zu sprechen. Es ist jedoch zu beachten, dass bestimmte Ausdrücke, die theologisch akzeptabel sein mögen, leicht mit einer Bildsprache und Symbolik aufgeladen werden, die in Wirklichkeit andere, weniger annehmbare Inhalte vermitteln. So wird Maria beispielsweise so dargestellt, als ob sie über ein von Gott getrenntes Reservoir an Gnade verfügte, wobei nicht so deutlich zu erkennen ist, dass der Herr in seiner großzügigen und freien Allmacht sie mit der Mitteilung jenes göttlichen Lebens in Verbindung bringen wollte, das aus einem einzigen Zentrum entspringt, nämlich dem Herzen Christi und nicht aus Maria.[97] Sie wird auch oft als eine Quelle gesehen oder vorgestellt, aus der alle Gnade fließt. Wenn wir bedenken, dass die trinitarische Einwohnung (ungeschaffene Gnade) und die Teilhabe am göttlichen Leben (geschaffene Gnade) untrennbar miteinander verbunden sind, können wir nicht annehmen, dass dieses Geheimnis durch einen „Durchgang“ durch die Hände Mariens bedingt sein kann. Derartige Vorstellungen verherrlichen Maria in einer Weise, dass die zentrale Stellung Christi selbst verschwinden oder zumindest beeinträchtigt werden kann. Kardinal Ratzinger brachte zum Ausdruck, dass der Titel Maria, Mittlerin aller Gnaden auch in der Offenbarung nicht eindeutig begründet ist,[98] und in Übereinstimmung mit dieser Überzeugung können wir die Schwierigkeiten erkennen, die das sowohl für die theologische Reflexion als auch für die Spiritualität mit sich bringt.

46. Um diese Schwierigkeiten zu vermeiden, muss die Mutterschaft Marias in der Ordnung der Gnade als bereitmachend verstanden werden. Einerseits wegen ihres Charakters der Fürsprache,[99] denn die mütterliche Fürsprache ist Ausdruck jenes »mütterlichen Schutzes«,[100] der es uns ermöglicht, in Christus den einzigen Mittler zwischen Gott und den Menschen zu erkennen. Andererseits schließt ihre mütterliche Anwesenheit in unserem Leben verschiedene Handlungen Marias nicht aus, die die Öffnung unserer Herzen für das Wirken Christi im Heiligen Geist motivieren. So hilft sie uns auf verschiedene Weisen, uns für ein Leben in der Gnade bereitzumachen, die nur der Herr uns eingießen kann.

47. Unser Heil ist allein das Werk der rettenden Gnade Christi und nicht das eines anderen. Der heilige Augustinus bekräftigte, dass »die Herrschaft des Todes in jedem Menschen nur durch die Gnade des Erlösers zerstört wird«,[101] und er erläuterte dies anschaulich anhand der Erlösung des Ungerechten: »Wer wollte für einen Ungerechten, für einen Gottlosen sterben, wenn nicht Christus allein, der so unschuldig ist, dass er auch die Ungerechten rechtfertigen kann? Deshalb, meine Brüder, hatten wir keine verdienstlichen Werke, sondern nur Vergehen. Aber obwohl die Werke der Menschen solche waren, hat seine Barmherzigkeit sie nicht im Stich gelassen und [...] ihnen anstelle der fälligen Strafe die Gnade gegeben, die sie nicht verdienten [...], um uns zu erlösen, nicht um den Preis von Gold oder Silber, sondern um den Preis seines vergossenen Blutes.«[102] Wenn der heilige Thomas von Aquin sich also fragt, ob jemand für einen anderen einen Verdienst erwerben kann, antwortet er, dass »nur Christus für einen anderen die erste Gnade „verdienen“ kann«.[103] Kein anderes menschliches Wesen kann sie im strengen Sinne des Wortes „verdienen“ (de condigno), und in diesem Punkt kann es keinen Zweifel geben: »Niemand kann gerecht sein, außer dem, dem die Verdienste des Leidens unseres Herrn Jesus Christus mitgeteilt werden.«[104] Auch die Fülle der Gnade Marias existiert, weil sie diese Gnade ohne eigenes Verdienst empfangen hat, vor jeder eigenen Handlung, »aufgrund der Verdienste Jesu Christi, des Erlösers des Menschengeschlechts«.[105] Nur die Verdienste Jesu Christi, der sich hingegeben hat bis ans Ende, werden uns für unsere Rechtfertigung zugewandt, die, »da sie als ihr Ziel das ewige Gut der göttlichen Teilhabe hat, ein vortrefflicheres Werk ist als die Erschaffung von Himmel und Erde«.[106]

48. Jedoch kann der Mensch mit seinem Verlangen nach dem Wohl des Nächsten daran teilnehmen, und es ist vernünftig (congruo), dass Gott dieses Verlangen der Nächstenliebe erfüllt, das der Mensch »durch sein Gebet« oder »durch Werke der Barmherzigkeit« zum Ausdruck bringen kann.[107] Es ist wahr, dass dieses Gnadengeschenk nur von Gott gewährt werden kann, da es »jedes Maß unserer Natur übersteigt«[108] und zwischen unserer Natur und seinem göttlichen Leben ein unendlicher Abstand besteht.[109] Aber Gott kann es, indem er den Wunsch der Mutter erfüllt, die sich freudig als demütige Dienerin mit dem göttlichen Werk verbindet.

49. Wie in Kana sagt Maria nicht zu Christus, was er tun soll; sie legt Fürsprache ein, indem sie Christus unsere Unzulänglichkeiten, Nöte und Leiden hinhält, damit er mit seiner göttlichen Kraft handeln kann:[110]»Sie haben keinen Wein mehr« (Joh 2,3). Auch heute hilft sie, uns auf das Handeln Gottes vorzubereiten:[111]»Tut das, was er euch sagt« (Joh 2,5). Ihre Worte sind kein einfacher Hinweis, sondern werden zu einer wahren mütterlichen Pädagogik, die den Menschen unter dem Wirken des Heiligen Geistes in die tiefe Bedeutung des Geheimnisses Christi einführt.[112] Maria hört, entscheidet und handelt,[113] um uns zu helfen, unser Leben für Christus und seine Gnade[114] zu öffnen, denn er allein wirkt in den Tiefen unseres Seins.

Dort, wohin nur Gott gelangen kann

50. Wie uns der Katechismus in Erinnerung ruft, ist die heiligmachende Gnade »in erster Linie die Gabe des Geistes, der uns rechtfertigt und heiligt«;[115] sie ist nicht einfach eine Hilfe, eine Energie, die man besitzt, sondern »sie ist Gottes freie Gabe an uns, sein Leben, die durch den Heiligen Geist in unsere Seele eingegossen wird«,[116] die man als Einwohnung der Heiligsten Dreifaltigkeit in unserem Innersten, als Freundschaft mit Gott, als Bund mit dem Herrn beschreiben kann. Nur Gott ist dazu fähig, weil das die Überwindung eines »unendlichen« Abstandes beinhaltet.[117] Dieses „Sich-selbst-Schenken“ der Dreifaltigkeit, dieses »Eingehen in die Seele« (illabitur)[118] von Seiten Gottes selbst, impliziert eine verwandelnde Wirkung im innersten Wesen des Gläubigen.[119] Der heilige Thomas von Aquin verwendet für dieses Vordringen in das Innerste des menschlichen Wesens dieses lediglich auf Gott anwendbare Verb, illabi, da nur Gott, weil er kein Geschöpf ist, zu dieser persönlichen Intimität (mit dem Menschen) fähig ist, ohne die Freiheit und die Identität der Person zu verletzen.[120] Nur Gott erreicht das Innerste eines Menschen, um ihn zu erheben und umzuwandeln, wenn er sich ihm als Freund kundtut, und deshalb kann »kein Geschöpf Gnade schenken«.[121] Der heilige Thomas wiederholt dies, wenn er von der sakramentalen Gnade spricht: Als Hauptursache »bewirkt Gott allein die innere Wirkung des Sakraments. Denn er allein dringt in die Seele vor, wo sich die sakramentale Wirkung entfaltet (niemand kann unmittelbar wirken, wo er nicht anwesend ist), so dass die Gnade, die eine innere Wirkung des Sakraments ist, von Gott allein kommt«.[122]

51. Andere Autoren haben sich in ähnlicher Weise geäußert,[123] wobei dem heiligen Bonaventura besondere Erwähnung gebührt. Er lehrte, dass Gott, wenn er mit der heiligmachenden Gnade in einem Menschen wirkt, ihm absolute Unmittelbarkeit zu sich verleiht.[124] Durch die Gnade kommt Gott dem Menschen mit einer absoluten Unmittelbarkeit nahe, durch ein „Vordringen“ zum Innersten des Menschen, zu dem nur er fähig ist.[125] Die geschaffene Gnade selbst wirkt also nicht als „Vermittlerin“, sondern sie ist die unmittelbare Auswirkung der Freundschaft, die Gott schenkt, indem er direkt das menschliche Herz berührt. Da es also Gott ist, der die Verwandlung des Menschen bewirkt, wenn er sich ihm als Freund zuwendet, gibt es keinen Vermittler zwischen Gott und dem verwandelten menschlichen Wesen.[126] Nur Gott ist fähig, so tief vorzudringen – bis zu einer absoluten Unmittelbarkeit –, um zu heiligen, und nur er kann dies tun, ohne die menschliche Person auszulöschen.[127]

52. In der Menschwerdung nimmt der ewige und eingeborene Sohn Gottes[128] eine menschliche Natur an, die eine einzigartige Stellung in der Heilsökonomie einnimmt. Hypostatisch mit dem Sohn vereint durch eine »zweifellos unendliche« Gnade,[129] hat dieses Menschsein »Gnade in höchstem Maße empfangen. Wegen des Vorzugs der Gnade, die er empfangen hat, steht es ihm zu [competit sibi], diese Gnade den anderen mitzuteilen. Dies ist ihm als Haupt zueigen.«[130] Dieses Menschsein nimmt an der Ausgießung der heiligmachenden Gnade teil, die von ihm überfließt oder »ausfließt«.[131] Folglich ist Christus »gemäß seinem Menschsein das Prinzip aller Gnade« als das Haupt, von dem die Gnade anderen eingegossen wird (»in alios transfunderetur«).[132] Diese menschliche Natur Christi ist untrennbar mit unserem Heil verbunden, denn »mit der Inkarnation werden alle Heilstaten [Christi] des Wortes Gottes immer in Einheit mit seiner menschlichen Natur vollbracht, die er zum Heil aller Menschen angenommen hat«.[133] Durch diese angenommene menschliche Natur hat sich der Sohn Gottes »in gewissem Sinne mit jedem Menschen vereinigt« und »als unschuldiges Opferlamm hat er freiwillig sein Blut vergossen und uns Leben erworben«.[134] Durch die Gnade sind die Gläubigen mit Christus vereint und haben Anteil an seinem Ostergeheimnis, so dass ihnen eine innige und einzigartige Vereinigung möglich ist, die der heilige Paulus mit den Worten ausdrückt: »Nicht ich lebe, sondern Christus lebt in mir« (Gal 2,20).

53. Keine menschliche Person, nicht einmal die Apostel oder die Gottesmutter, kann als universaler Spender der Gnade handeln. Nur Gott kann Gnade gewähren,[135] und er tut dies durch die Menschheit Christi,[136] denn »die Fülle der Gnade in Christus, in Gestalt des Menschen, ist ihm zueigen als eingeborener Sohn des Vaters«.[137] Obwohl die heilige Jungfrau Maria in herausragender Weise „voll der Gnade“ und „Mutter Gottes“ ist, ist sie wie wir eine Adoptivtochter des Vaters und auch, wie der Dichter Dante Alighieri schreibt, »Tochter deines Sohnes«.[138] Sie wirkt in der Heilsökonomie durch eine abgeleitete und untergeordnete Teilhabe; daher muss jede Rede über Marias „Vermittlung“ von Gnade in entfernter Analogie zu Christus und dessen einzigartiger Mittlerschaft verstanden werden.[139]

54. In die vollkommene Unmittelbarkeit zwischen dem Menschen und Gott in der Mitteilung der Gnade kann nicht einmal Maria eingreifen. Weder die Freundschaft mit Jesus Christus noch das Innewohnen der Heiligsten Dreifaltigkeit können als etwas verstanden werden, das uns durch Maria oder die Heiligen zukommt. Was wir auf jeden Fall sagen können, ist, dass Maria dieses Gut für uns wünscht und gemeinsam mit uns darum bittet. Die Liturgie, die zugleich lex credendi ist, ermöglicht es uns, diese Mitwirkung Marias zu bekräftigen, nicht in der Mitteilung der Gnade selbst, sondern in der mütterlichen Fürsprache. In der Liturgie des Hochfestes der Unbefleckten Empfängnis Marias heißt es nämlich, wenn erklärt wird, in welchem Sinne Maria das Privileg im Hinblick auf das Wohl des Volkes gewährt wurde, dass sie als »Advocata gratiae«[140] bestellt wurde, d. h. als Fürsprecherin, die für uns eintritt, indem sie um das Geschenk der Gnade bittet.

55. Das Zweite Vatikanische Konzil lehrt, dass durch den heilsamen »Einfluß der seligen Jungfrau auf die Menschen [...] die unmittelbare Vereinigung der Glaubenden mit Christus […] in keiner Weise gehindert, sondern vielmehr gefördert« wird.[141] Aus diesem Grund sollte jede Beschreibung, die in neuplatonischer Weise eine Art etappenweises Ausgießen der Gnade suggeriert, vermieden werden, so als ob die Gnade Gottes durch verschiedene Vermittler – wie Maria – herabsteigt, während ihre eigentliche Quelle (Gott) von unserem Herzen getrennt bleibt. Solche Interpretationen beeinträchtigen das richtige Verständnis der innigen, direkten, unmittelbaren und die Gnade bewirkenden Begegnung zwischen dem Herrn und den Herzen der Gläubigen.[142] Es steht fest: Gott allein ist Quelle der Rechtfertigung,[143] nur der dreifaltige Gott. Er allein erhebt uns, um den unendlichen Abstand, der uns vom göttlichen Leben trennt, zu überwinden; er allein wirkt in uns seine trinitarische Einwohnung, er allein hat Zugang zu unserem Inneren; er verwandelt uns und gewährt uns Teilhabe an seinem göttlichen Leben. Maria wird nicht dadurch geehrt, dass man ihr irgendeine Vermittlung bei der Verwirklichung dieses ausschließlich göttlichen Werkes zuschreibt.

Das lebendige Wasser, das fließt

56. Ungeachtet dessen, dass Maria voller Gnade ist und das Gute stets dazu neigt, sich mitzuteilen, drängt sich leicht die Vorstellung auf, dass Maria über eine Art „Überfluss“ an Gnade verfügt, was nur dann einen angemessenen Sinn ergibt, wenn dies nicht im Widerspruch zu dem bisher Gesagten steht. Das bereitet dann keine Schwierigkeiten, wenn es sich dabei insbesondere um die bereits erwähnten Formen des Mitwirkens Marias handelt (Fürbitte und mütterliche Nähe, die uns einladen, unser Herz für die heiligmachende Gnade zu bereiten), die das Zweite Vatikanische Konzil als eine »unterschiedliche Teilnahme« des Geschöpfes »an der einzigen Quelle«[144] dargestellt hat.

57. Der fundamental bereitmachende Charakter der Mitwirkung der Gläubigen – vor allem Marias – an der Vermittlung der Gnade kommt in der traditionellen Interpretation der „Ströme lebendigen Wassers“ zum Ausdruck, die aus den Herzen der Gläubigen fließen (vgl. Joh 7,38). Obwohl dies ein starkes Bild ist, das so gedeutet werden könnte, als ob die Gläubigen Kanäle einer vollkommenen Übertragung der heiligmachenden Gnade wären, haben die Kirchenväter, wenn es darum ging, wie sich diese Ausgießung der Ströme des Geistes ereignet, dies anhand bereitmachender Handlungen veranschaulicht, wie zum Beispiel der Predigt, der Unterweisung und anderer Formen der Weitergabe des geoffenbarten Wortes.

58. Origenes wendet das auf die Kenntnis der Heiligen Schrift oder die Wahrnehmung ihres geistlichen Gehaltes an.[145] Für den heiligen Cyrillus von Alexandrien bedeutet dieses Überfließen des Wassers die Lehre über die Geheimnisse des Glaubens,[146] die „reine Mystagogie“ in ihrem tiefsten Sinn, die nicht nur intellektuell zu verstehen ist, sondern die Disposition oder Vorbereitung der ganzen Person bedeutet.[147] Der heilige Cyrillus von Jerusalem sagt, dass es sich dabei um die Lehre der Heiligen Schrift handelt, wenn sie zum Licht führt.[148] Der heilige Johannes Chrysostomus verweist auf die Weisheit des Stephanus oder die Autorität des Wortes Petri.[149] Der heilige Ambrosius von Mailand sagt: »Dies sind die Flüsse, die mit ihren Ohren das Wort Gottes vernehmen und sprechen, um das Wort in die Herzen eines jeden einzugießen«[150] und er wendet es auf diese Weise an, »damit das Wasser der himmlischen Lehre fließe [...], damit der Nektar des Wortes des Herrn« das Herz eines jeden[151] »besprenge«.[152] Auch für den heilige Hieronymus ist das Wasser die Lehre des Erlösers,[153] ebenso wie für den heiligen Gregor den Großen, der lehrt, dass es, [aus dem Inneren des Menschen ebenso] den »guten Willen gegenüber dem Nächsten«[154]bedeutet. Diese Interpretationen der Ströme lebendigen Wassers, die aus dem Inneren der Gläubigen hervorgehen, konzentrieren sich auf die Kenntnis der Heiligen Schrift und ihrer Geheimnisse und beziehen sich im Allgemeinen nicht auf ein rein intellektuelles Wissen, sondern auf eine sapientiale und erleuchtende Herzenserkenntnis, die dazu dient, für die Wirklichkeit der Glaubensgeheimnisse delbst zu öffnen.

59. Auch bei anderen Kirchenvätern und Kirchenlehrern finden wir umfangreichere Erklärungen, die neben der Predigt oder der Katechese auch Werke, die dem Mitmenschen in seiner Not helfen, oder ein Zeugnis der Liebe, umfassen. So versteht der heilige Hilarius von Poitiers die Ströme des lebendigen Wassers als die vom Heiligen Geist gewirkten Tugendwerke, die dem Wohl des Nächsten dienen.[155] Der heilige Augustinus wendet dieses Bild an auf das »Wohlwollen, mit dem man seinem Nächsten helfen will«.[156] Im Mittelalter setzt sich diese Sichtweise bis zum heiligen Thomas von Aquin fort, für den die Ströme lebendigen Wassers sich manifestieren, weil, wenn jemand »seinem Nächsten zu Hilfe eilt und verschiedene von Gott erhaltene Gnadengaben anderen mitteilt, […] aus seinem Inneren lebendige Wasser«[157] fließen.

60. Wenn der heilige Thomas von den »verschiedenen Gnadengaben« für den Dienst am Nächsten spricht, meint er damit die verschiedenen charismatischen Gaben, denn »wie es heißt (1 Kor 12,10), ist dem einen die Gabe der Zungen gegeben, dem anderen die Gabe der Heilung, usw.«[158] Dieser Aspekt findet sich auch beim heiligen Cyrill von Jerusalem, der darauf hinweist, dass die Wasserströme des Geistes, die durch die Gläubigen vermittelt werden, sich zeigen, wenn »er […] die Zunge der einen für das Charisma der Weisheit [benutzt], den Verstand der anderen mit der Gabe der Prophetie erleuchtet; den letzteren verleiht er die Macht, Dämonen auszutreiben [...]. Er stärkt in den einen die Mäßigung, in den anderen die Barmherzigkeit; die letzteren lehrt er das Fasten und die Übungen eines asketischen Lebens zu ertragen.«[159]

61. Ähnliches können wir sagen bezüglich der Auslegung von Joh 14,12, wo von Gläubigen die Rede ist, die „größere Werke“ (meizona) tun als der irdische Christus. Die Gläubigen nehmen insofern am Werk Christi teil, als auch sie durch die Verkündigungdes Wortes in gewisser Weise den Glauben anderer Menschen hervorrufen. Dies wird in Joh 17,20b ausdrücklich gesagt: »die durch ihr Wort an mich glauben«. Dasselbe wird in Joh 14,6-11 angedeutet, wo es die Werke Christi sind, die den Vater offenbaren (V. 8). Die Werke der Gläubigen, die sich auf die Verkündigung des Evangeliums durch das Wort konzentrieren, werden in Parallele zu den Werken Christi gesetzt. Jesus verkündet: »Wenn sie mein Wort bewahrt haben, werden sie auch das eure bewahren« (Joh 15,20c). Und wie derjenige, der das Wort Christi hört, ewiges Leben hat (vgl. Joh 5,24), verkündet Jesus, so werden andere durch das Wort der Gläubigen zum Glauben kommen (vgl. Joh 17,20). Es geht aber nicht nur um die Worte, sondern auch um das beredte Zeugnis der Gläubigen, und so bittet Jesus den Vater, dass die Gläubigen eins sein sollen, damit »die Welt glaubt« (Joh 17,21).

Liebe, die sich in der Welt mitteilt

62. Das Johannesevangelium verbindet die geschwisterliche Nächstenliebe eng mit der Mitteilung des Guten. Die Aussage »Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten« (Joh 14,15) ist in der Tat eine Parallele zu »Wer an mich glaubt, wird auch die Werke tun, die ich tue« (Joh 14,12). Wenn Christus von der Frucht spricht, die er von seinen Jüngern erwartet, identifiziert er sie am Ende mit der geschwisterlichen Liebe (vgl. Joh 15,16-17). Auch der heilige Paulus schlägt, nachdem er von den verschiedenen außergewöhnlichen Werken gesprochen hat, die die Gläubigen tun können (vgl. 1 Kor 12), einen vorzüglicheren Weg vor, wenn er sagt: »Strebt aber nach den höheren Gnadengaben (ta meizona)! Dazu zeige ich euch einen überragenden Weg (kath’hyperbolēn)«: die Liebe (1 Kor 12,31; vgl. 13,1). Die Werke der Nächstenliebe, selbst die tägliche Arbeit oder die Bemühungen, diese Welt zu verändern, werden dann zu einem Kanal des Mitwirkens am Heilswerk Christi.

63. Auch die Päpste der jüngsten Zeit haben sich in diesem Sinne geäußert. Der heilige Johannes XXIII. lehrte: »Wenn darum die Gläubigen unserem heiligen Erlöser aus ganzem Herzen verbunden sind bei ihrer Arbeit in der Welt, dann setzt ihre Arbeit in gewissem Sinn die Arbeit Jesu Christi selber fort; sie empfängt von ihm erlösende Kraft und Stärke [...] und hilft, den Segen der christlichen Erlösung anderen mitzuteilen und überallhin zu verbreiten.«[160] Der heilige Johannes Paul II. verstand diese Zusammenarbeit als gemeinsam mit Christus bewirkte Wiederherstellung des Guten, das in der Welt aufgrund der Sünden beschädigt wurde, denn »das Herz Christi wollte unsere Mitarbeit brauchen, um das Gute und die Schönheit wiederherzustellen«, und  »dies ist die wahre vom Herzen des Erlösers verlangte Wiedergutmachung«.[161] Papst Benedikt XVI. betonte: »Als Empfänger der Liebe Gottes sind die Menschen eingesetzt, Träger der Nächstenliebe zu sein, und dazu berufen, selbst Werkzeuge der Gnade zu werden, um die Liebe Gottes zu verbreiten und Netze der Nächstenliebe zu knüpfen. Auf diese Dynamik der empfangenen und geschenkten Liebe geht die Soziallehre der Kirche ein.«[162] Und Papst Franziskus lehrte, dass es für die heilige Theresia vom Kinde Jesus »nicht bloß darum geht, dem Herzen Christi durch völliges Vertrauen zu erlauben, die Schönheit seiner Liebe in unserem Herzen auszubreiten, sondern auch darum, dass sie durch das eigene Leben die anderen erreicht und die Welt verwandelt [...] und sie zu Taten geschwisterlicher Liebe werden lassen, mit denen wir die Wunden der Kirche und der Welt heilen. Auf diese Weise verleihen wir der heilenden Kraft des Herzens Christi neuen Ausdruck.«[163]

64. Dies ist die von Christus ermöglichte und durch das Wirken des Heiligen Geistes hervorgerufene Mitwirkung, die sich im Falle Marias von der Mitwirkung jedes anderen Menschen durch den mütterlichen Charakter unterscheidet, den Christus selbst ihr am Kreuz zugeschrieben hat.

Kriterien

65. Jede andere Art und Weise, diese Mitwirkung Mariens in der Ordnung der Gnade zu verstehen, vor allem, wenn man ihr irgendeine Form von Intervention oder vervollkommnender Instrumentalität oder Zweitursächlichkeit bei der Vermittlung der heiligmachenden Gnade[164] zuschreiben will, muss einige Kriterien besonders beachten, die bereits in der Dogmatischen Konstitution Lumen gentium angedeutet sind:

a) Es gilt, darüber nachzudenken, wie Maria unsere »unmittelbare«[165] Vereinigung mit dem Herrn begünstigt, die er selbst hervorbringt, indem er uns die Gnade schenkt, und die wir nur von Gott empfangen können,[166] ohne jedoch die Vereinigung mit Maria als unmittelbarer zu verstehen als die Vereinigung mit Christus. Diese Gefahr besteht vor allem bei der Vorstellung, dass Christus uns Maria als Mittel oder vervollkommnende Zweitursache bei der Mitteilung seiner Gnade an die Seite stellt.

b) Das Zweite Vatikanische Konzil hat betont, dass »jeglicher heilsame Einfluß der seligen Jungfrau auf die Menschen nämlich nicht aus irgend einer sachlichen Notwendigkeit, sondern aus dem Wohlgefallen Gottes [kommt]«.[167] Dieser Einfluss kann nur von der freien Entscheidung Gottes her gedacht werden, der, obwohl sein eigenes Handeln überfließend und überreichlich ist, Maria frei und ungeschuldet in sein Werk miteinbeziehen will. Deshalb ist es nicht zulässig, das Handeln Marias so darzustellen, als ob er dessen für sein Heilwirken bedürfe.

c) Wir dürfen die Mittlerschaft Marias nicht als eine Ergänzung verstehen, durch die Gott erst vollkommen wirken kann, mit größerem Reichtum und größerer Schönheit, sondern so, »daß [diese] der Würde und Wirksamkeit Christi, des einzigen Mittlers, nichts abträgt und nichts hinzufügt«.[168] Bei der Erklärung der Mittlerschaft Mariens muss betont werden, dass Gott der einzige Erlöser ist, der ausschließlich die Verdienste Jesu Christi zuwendet, die allein notwendig und völlig ausreichend für unsere Rechtfertigung sind. Maria ersetzt den Herrn nicht in etwas, das er nicht tut (sie nimmt nichts weg und fügt nichts hinzu). Wenn sie bei der Mitteilung der Gnade nichts zur Heilsmittlerschaft Christi hinzufügt, darf man Maria nicht als primäres Werkzeug dieser Gabe betrachten.[169] Wenn sie ein Handeln Christi, durch das Wirken Christi selbst, begleitet, ist dies keineswegs mit seinem Handeln zu vergleichen. Aber dennoch, da sie mit ihm verbunden ist, ist es Maria, die von ihrem Sohn eine Gabe erhält, die sie weit über sich selbst erhebt, da ihr gewährt wird, das Werk des Herrn mit ihrem mütterlichen Wesen zu begleiten. Wir kehren also zum sichersten Punkt zurück, dem bereitmachenden Beitrag Marias, wobei man an eine Handlung denken kann, bei der sie etwas von sich selbst einbringt, insofern sie »die anderen in gewisser Weise bereitmachen kann«,[170] denn »der höchsten Kraft kommt [es zu], zum letzten Ziel  zu führen, während die niederen Kräfte zur Erreichung dieses letzten Zwecks beitragen, indem sie bereitmachen«.[171]

66. Alles bisher Gesagte richtet sich weder gegen Maria noch macht es sie klein, denn ihr ganzes Sein ist auf ihren Herrn ausgerichtet: »Meine Seele preist die Größe des Herrn!« (Lk 1, 46). Für sie gibt es keine andere Herrlichkeit als die Herrlichkeit Gottes. Da sie Mutter ist, verdoppelt sich ihre Freude, wenn sie sieht, wie Christus die unerschöpfliche und überreiche Schönheit seiner Herrlichkeit offenbart, indem er die Herzen der Kinder, die sie auf ihrem Weg zum Herrn begleitet hat, heilt, verwandelt und mit sich selbst erfüllt. Ein auf sie gerichteter Blick, der uns von Christus ablenkt oder sie auf eine Stufe mit dem Sohn Gottes stellt, bliebe deshalb außerhalb der Dynamik, die einem echten marianischen Glauben eigen ist.

Die Gnaden

67. Einige Titel, wie zum Beispiel Mittlerin aller Gnaden, haben Grenzen, die ein rechtes Verständnis der einzigartigen Rolle Marias nicht erleichtern. In der Tat kann sie, die Ersterlöste, nicht Mittlerin der Gnade gewesen sein, die sie selbst empfangen hat. Das ist kein unwichtiges Detail, denn es zeigt etwas Zentrales: dass auch bei ihr das Geschenk der Gnade vorausgeht und aus der absolut freien Initiative des dreifaltigen Gottes im Hinblick auf die Verdienste Christi hervorgeht. Sie hat, wie wir alle, ihre Rechtfertigung nicht durch irgendeine vorhergehende Leistung „verdient“,[172] aber auch nicht durch eine spätere.[173] Auch für Maria wird ihre Freundschaft mit Gott durch die Gnade immer ein ungeschuldetes Geschenk sein. Ihre kostbare Gestalt ist das beste Zeugnis der gläubigen Empfänglichkeit einer Person, die mehr und besser als alle anderen fügsam und voll Vertrauen für das Wirken Christi offen war, und zugleich ist sie das beste Zeichen für die verwandelnde Kraft dieser Gnade.

68. Andererseits birgt der oben erwähnte Titel die Gefahr, die göttliche Gnade so zu betrachten, als sei Maria eine Verteilerin geistiger Güter oder Energien, unabhängig von unserer persönlichen Beziehung zu Jesus Christus. Allerdings kann der Ausdruck „Gnaden“, bezogen auf die mütterliche Hilfe Marias in verschiedenen Momenten des Lebens, eine annehmbare Bedeutung haben. Der Plural drückt alle Hilfe aus, auch die materielle, die der Herr uns auf die Fürsprache der Mutter hin gewähren kann; eine Hilfe, die wiederum die Herzen bereitmacht, sich der Liebe Gottes zu öffnen. So ist Maria als Mutter im täglichen Leben der Gläubigen auf eine Weise präsent, die weit über die Nähe eines jeden anderen Heiligen hinausgeht.

69. Durch ihre Fürbitte kann sie für uns die inneren Eingebungen des Heiligen Geistes erflehen, die wir „aktuelle Gnaden“ nennen. Es handelt sich um jene Hilfen des Heiligen Geistes, die auch in den Sündern wirken, um sie für ihre Rechtfertigung bereit zu machen,[174] und auch in denen, die bereits durch die heiligmachende Gnade gerechtfertigt sind, um sie zum weiteren Wachstum anzuregen. Genau in diesem Sinne ist der Titel „Mutter der Gnade“ zu verstehen. Sie hilft uns demütig, unsere Herzen dem Herrn zu öffnen, der uns als einziger durch das Wirken der heiligmachenden Gnade rechtfertigen kann, d.h. wenn er sein trinitarisches Leben in uns eingießt, als Freund in uns wohnt und uns teilhaben lässt an seinem göttlichen Leben. Dies ist ausschließlich das Werk des Herrn selbst, schließt aber nicht aus, dass durch das mütterliche Wirken Mariens Worte, Bilder und verschiedene Anregungen zu den Gläubigen gelangen können, die ihnen helfen, im Leben weiterzukommen, ihr Herz für die Gnade zu bereiten, die der Herr eingießt, oder im Leben der ungeschuldet empfangenen Gnade zu wachsen.

70. Diese Hilfen, die uns vom Herrn zuteilwerden, werden uns in mütterlicher Gestalt dargeboten, erfüllt mit der Zärtlichkeit und Nähe der Mutter, die Jesus mit uns teilen wollte (vgl. Joh 19,25-28). Maria übt also eine einzigartige Tätigkeit aus, um uns zu helfen, unsere Herzen für Christus und seine heiligmachende Gnade zu öffnen, die aufrichtet und heilt. Wenn sie sich mitteilt, indem sie verschiedene „Regungen“ weckt, müssen diese immer als Anregungen verstanden werden, unser Leben für den Einzigen zu öffnen, der in unserem Innersten wirkt.

Unsere Vereinigung mit Maria

71. Das Konzil zog es vor, Maria als »[Mutter] in der Ordnung der Gnade«[175] zu bezeichnen, was die Universalität der mütterlichen Mitwirkung Mariens besser zum Ausdruck bringt und in einem bestimmten Sinn unbestreitbar ist: Sie ist die Mutter Christi, der die Gnade schlechthin und der Urheber aller Gnade ist.

72. Diese Mutterschaft Mariens in der Ordnung der Gnade, die sich aus dem Ostergeheimnis Christi ergibt, bedeutet auch, dass jeder Jünger mit Maria »eine einmalige und unwiederholbare Beziehung« eingeht. Der heilige Johannes Paul II. sprach von einer »marianische[n] Dimension im Leben der Jünger Christi«, die sich als »Antwort auf die Liebe einer Person und im Besonderen auf die Liebe der Mutter« ausdrückt.[176] Das Leben der Gnade schließt unsere Beziehung zu unserer Mutter ein. Die Vereinigung mit Christus durch die Gnade verbindet uns gleichzeitig mit Maria in einer Beziehung des Vertrauens, der Zärtlichkeit und der vorbehaltlosen Zuneigung.

Die erste Jüngerin

73. Sie »[ist] die erste Jüngerin, die die Dinge Jesu am besten gelernt hat«.[177] Maria ist die erste unter denen, die »das Wort Gottes hören und es tun« (Lk 11,28); sie ist die erste, die sich unter die Niedrigen und Armen des Herrn begibt, damit wir lernen, das Heil, das nur von Gott kommt, vertrauensvoll zu erhoffen und zu empfangen. So wurde Maria »in gewissem Sinn die erste „Jüngerin“ ihres Sohnes, die erste, der er zu sagen schien: „Folge mir nach“, noch bevor er diesen Ruf an die Apostel oder an jemand anderen richtete (vgl. Joh 1,43).«[178] Sie ist ein Vorbild des Glaubens und der Liebe für die Kirche durch ihren Gehorsam gegenüber dem Willen des Vaters, durch ihr Mitwirken am Erlösungswerk ihres Sohnes und durch ihre Offenheit für das Wirken des Heiligen Geistes.[179] Deshalb sagte der heilige Augustinus, dass »es für Maria mehr war, Jüngerin Christi zu sein, als die Mutter Christi gewesen zu sein«.[180] Und Papst Franziskus betonte, dass »sie mehr Jüngerin als Mutter ist«.[181] Maria ist letztendlich »die erste und vollkommenste Jüngerin Christi«.[182]

74. Maria ist für jeden Christen »die Erste, die geglaubt hat«, und genau »mit diesem Glauben als Jungfrau und Mutter will sie auf alle jene einwirken, die sich ihr als Kinder anvertrauen«.[183] Und das tut sie mit einer Zuneigung in vielen Zeichen der Nähe, die ihnen helfen, im geistlichen Leben zu wachsen, indem sie sie lehrt, die Gnade Christi mehr und mehr wirken zu lassen. In dieser Beziehung der Zuneigung und des Vertrauens lehrt sie, die „voll der Gnade“ ist, alle Christen, die Gnade zu empfangen, die empfangene Gnade zu bewahren und über das Werk nachzudenken, das Gott in ihrem Leben wirkt (vgl. Lk 2,19).

75. Im Falle mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene, die ein positives Urteil der Kirche erhalten haben und bei denen einige der oben genannten Ausdrücke oder Titel auftauchen, ist Folgendes zu berücksichtigen: »Wenn das Dikasterium ein Nihil obstat gewährt […], werden solche Phänomene nicht zum Glaubensgegenstand – das heißt, die Gläubigen sind nicht verpflichtet, ihnen Glaubenszustimmung entgegenzubringen.«[184]

Mutter des gläubigen Volkes

76. »Maria, die erste Jüngerin, ist die Mutter.«[185] Am Kreuz schenkt uns Christus Maria, und so »führt [er] uns zu ihr, da er nicht will, dass wir ohne eine Mutter gehen«.[186] Sie ist die gläubige Mutter, die zur »Mutter aller Glaubenden«[187] geworden ist und gleichzeitig ist sie »die Mutter der missionarischen Kirche«,[188] die uns so annimmt, wie Gott uns zusammenrufen wollte, nicht nur als isolierte Individuen, sondern als ein Volk auf dem Weg.[189]»Unsere Mutter Maria möchte immer mit uns gehen, uns nahe sein und uns mit ihrer Fürsprache und ihrer Liebe unterstützen.«[190] Sie ist die Mutter des gläubigen Volkes, die »inmitten ihres Volkes unterwegs [ist], bewegt von fürsorglicher Zärtlichkeit, und nimmt sich seiner Ängste und Schicksalsschläge an«.[191]

Die Liebe hält inne, betrachtet das Mysterium und erfreut sich in der Stille daran

77. Die Gläubigen entfernen sich weder von Christus noch vom Evangelium, wenn sie sich an sie wenden, sondern können »in diesem mütterlichen Bild alle Geheimnisse des Evangeliums« lesen.[192] Denn in diesem mütterlichen Antlitz sehen sie den Herrn widergespiegelt, der uns sucht (vgl. Lk 15,4-8), der uns mit offenen Armen entgegenkommt (vgl. Lk 15,20), der vor uns stehen bleibt (vgl. Lk 18,40), der sich zu uns herabneigt und uns an seine Wange drückt (vgl. Hos 11,4), der uns mit Liebe anschaut (vgl. Mk 10,21) und der uns nicht verurteilt (vgl. Joh 8,11; Hos 11,9). Im mütterlichen Antlitz Marias erkennen viele Arme den Herrn, der »die Mächtigen vom Thron stürzt und die Niedrigen erhöht« (vgl. Lk 1,52). Das Antlitz dieser Frau besingt das Geheimnis der Menschwerdung. In diesem Antlitz der Mutter, die vom Schwert durchdrungen ist (vgl. Lk 2,35) erkennt das Volk Gottes das Geheimnis des Kreuzes, und in diesem selben Gesicht, das in das österliche Licht getaucht ist, erkennt es, dass Christus lebt. Und sie, die den Heiligen Geist in Fülle empfangen hat, ist es, die die Apostel im Abendmahlssaal im Gebet unterstützt (vgl. Apg 1,14). Daher können wir sagen, dass »in gewisser Weise der Glaube Marias auf der Grundlage des apostolischen Zeugnisses der Kirche unaufhörlich zum Glauben des Gottesvolkes auf seinem Pilgerweg«[193] wird.

78. Wie die lateinamerikanischen Bischöfe sagten, finden die Armen »im Antlitz Marias die zärtliche Zuwendung und Liebe Gottes. In ihr erkennen sie das Wesen der Botschaft des Evangeliums.«[194] Das einfache und arme Volk trennt die glorreiche Mutter nicht von Maria von Nazaret, der wir in den Evangelien begegnen. Im Gegenteil, es erkennt die Schlichtheit hinter der Herrlichkeit, und es weiß, dass Maria nicht aufgehört hat, eine von ihnen zu sein. Sie ist diejenige, die wie jede Mutter ihr Kind im Mutterleib trug, es stillte, es mit Hilfe des heiligen Josef liebevoll aufzog und der die Erschütterungen und Fragen des Mutterseins nicht fremd waren (vgl. Lk 2,48-50). Sie ist diejenige, die Gott besingt, der »die Hungrigen mit Gaben [sättigt] und die Reichen leer ausgehen [lässt]« (Lk 1,53), die mit den Brautleuten, denen der Wein für ihr Festmahl ausgeht, mitfühlt, (vgl. Joh 2,3), die ihrer bedürftigen Base zu Hilfe eilt (vgl. Lk 1,39-40), die sich wegen der Geschichte ihres Volkes, in der ihr Sohn »ein Zeichen des Widerspruchs« ist (Lk 2,34), wie von einem Schwert durchdrungen fühlt, die versteht, was es heißt, eine Migrantin oder Verbannte zu sein (vgl. Mt 2,13-15), die in ihrer Armut nur zwei junge Tauben als Opfer darbringen kann (vgl. Lk 2,24) und die weiß, was es heißt, verachtet zu werden, weil man zur Familie eines armen Zimmermanns gehört (vgl. Mk 6,3-4). Die leidenden Völker erkennen in Maria eine Weggefährtin und wenden sich daher an ihre Mutter, um sie um Hilfe zu bitten.[195]

79. Die Nähe der Mutter bringt eine „populäre“ marianische Frömmigkeit hervor, die in den verschiedenen Völkern unterschiedliche Ausdrucksformen findet. Die verschiedenen Antlitze Marias (koreanisch, mexikanisch, kongolesisch, italienisch und so viele andere) sind Formen der Inkulturation des Evangeliums, die in jedem Teil der Welt die »väterliche Zärtlichkeit Gottes«[196] widerspiegeln, die bis in das Innerste unserer Völker reicht.

80. Betrachten wir den Glauben des Volkes Gottes, in dem Scharen von Brüdern und Schwestern Maria spontan als Mutter anerkennen, so wie Christus selbst es uns am Kreuz angeboten hat. Dem Volk Gottes gefällt das Pilgern zu den verschiedenen Marienheiligtümern, wo es Trost und Kraft findet für seinen weiteren Weg, wie diejenigen, die inmitten von Müdigkeit und Schmerz die Liebkosung ihrer Mutter empfangen. Die Versammlung von Aparecida hat es verstanden, den tiefen theologischen Wert dieser Erfahrung mit Klarheit und Schönheit zum Ausdruck zu bringen. So ist es am besten, diese Note mit diesen Worten zu beschließen:

»Die Wallfahrten heben wir besonders hervor: Da ist das Volk Gottes auf dem Weg. Die Gläubigen freuen sich, in eine so große Schar von Geschwistern eintauchen zu können und mit ihnen gemeinsam Gott entgegenzugehen, der sie alle erwartet. Christus selbst wird ein Pilger und ist als Auferstandener mit den Armen unterwegs. Die Entscheidung, sich auf den Weg zu einem Wallfahrtsort zu machen, ist bereits ein Glaubensbekenntnis; das Unterwegssein ist wirklich ein Lied der Hoffnung und die Ankunft eine Begegnung in Liebe. Der Blick des Pilgers richtet sich auf eine bildliche Darstellung, die Gottes Nähe und zärtliche Zuwendung symbolisiert. Die Liebe hält inne, betrachtet das Mysterium und erfreut sich in der Stille daran. Man fühlt sich auch tief bewegt und lässt die Last allen Leids und aller Täuschungen von sich abfallen. Das wahrhaftige Bittgebet, das vertrauensvoll aus dem Herzen fließt, bringt am besten zum Ausdruck, dass der Mensch von aller Selbstgefälligkeit Abschied genommen und begriffen hat, dass er allein nichts ausrichtet. Ein kurzer Moment vermag eine lebendige spirituelle Erfahrung zu verdichten.«[197]

Mutter des gläubigen Volkes, bitte für uns.


Papst Leo XIV. hat die vorliegende Note, die in der Ordentlichen Sitzungung dieses Dikasteriums vom 26. März 2025 beschlossen worden ist, am 7. Oktober 2025, dem liturgischen Gedenktag Unserer lieben Frau vom Rosenkranz, approbiert und ihre Veröffentlichung angeordnet.

Gegeben zu Rom, am Sitz des Dikasteriums für die Glaubenslehre, am 4. November 2025, dem liturgischen Gedenktag des heiligen Karl Borromäus.

Víctor Manuel Kard. Fernández
Präfekt

Prälat Armando Matteo
Sekretär
für die doktrinäre Sektion

 

Leo PP. XIV
7. Oktober 2025


 


 
[1] Lateinamerikanischer Bischofsrat, V. Generalversammlung des Episkopats von Lateinamerika und der Karibik (Aparecida, 13.-31. Mai 2007), Nr. 265; zitiert in Nr. 78 dieser Note.

[2] Vgl. Hl. Augustinus, De Sancta Virginitate, 6: PL 40, 399.

[3] Dikasterium für die Glaubenslehre, Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene (17. Mai 2024): AAS 116 (2024), 771-794.

[4] In einigen dieser Phänomene oder Erscheinungen trägt die Jungfrau Maria Titel wie Miterlöserin, Erlöserin, Priesterin, Mittlerin, Mittlerin aller Gnaden, geistliche Mutter, etc.

[5] Vgl. Hl. Paul VI., Apost. Schreiben Marialis cultus (2. Februar1974), Nr. 26: AAS 66 (1974), 136-139.

[6] Vgl. Ebd., Nr. 28: AAS 66 (1974), 139-141.

[7] Vgl. Ebd., Nr. 37: AAS 66 (1974), 148-149.

[8] Hl. Johannes Paul II., Generalaudienz (9. April 1997), Nr. 3: L’Osservatore Romano, 10. April 1997, 4.

[9] Franziskus, Homilie zum Außerordentlichen Jubiläum der Barmherzigkeit: Heilige Messe und Öffnung der Heiligen Pforte (8. Dezember 2015): AAS 108 (2016), 8.

[10] Vgl. Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 26: AAS 79 (1987), 396.

[11] Die Beziehung zwischen Adam und Christus in den Paulustexten (Röm 5,18-19 y 1 Kor 15,22) diente den Kirchenvätern als Grundlage der Parallele Eva-Maria; z.B, Hl. Justinus, Dialogus cum Tryphone, 100, 5-6: PG 6, 710CD-711A; Hl. Irenäus von Lyon, Adversus haereses, III, 22, 4: PG 7/1, 959C-960A; Tertulian, De carne Christi, 17, 5: PL 1, 782B. Dieser antithetische Eva-Maria-Parallelismus ist die erste Annäherung der Kirchenväter an das Thema des Mitwirkens Marias am Erlösungswerk Christi: Wenn Eva uns das Verderben brachte, so brachte der Glaube Marias uns das Heil. Die große Fülle von Zeugnissen in den patristischen Schriften zum Thema der Jungfrau Maria als neuer Eva bietet aus theologischer Sicht interessante Elemente: a) Maria und die Frau, denn in Maria nimmt die Frau ihren ursprünglichen Glanz wieder auf und findet ihre endgültige Erfüllung; b) Maria und Christus als Braut-Gefährtin, die mit ihrem Sohn das vorbildliche und erlösende Binom der messianischen Rekapitulation oder der messianischen Wiederherstellung bildet; c) Maria und die Kirche, indem in Maria eine doppelte Beziehung zur Kirche wahrgenommen wird, die des Vorbilds, des Prototyps und die der Mutter der Kirche.

[12] Hl. Agustinus, De Sancta Virginitate, 6: PL 40, 399.

[13] Vgl. Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 31: AAS 79 (1987), 402-403.

[14] Vgl. zum Beispiel Hl. Ephraem, Hymni de Nativitate: SC 459; Hl. Johannes v. Damaskus, In dormitionem Deiparae I, 8: SC 80, 100-104.

[15] Vgl. zum Beispiel Octoëchus magnus, Rom 1885, 152: »Durch dich sind wir der göttlichen Natur teilhaftig geworden, o Immerjungfrau, Gottesgebärerin, denn du hast den menschgewordenen Gott für uns geboren; Deshalb singen wir gebührlich Dir ehrfürchtig Lob« (Übersetzung aus dem Griechischen des Theotokions des poetischen Kathismas der ersten Stasis). Ein weiteres, bedeutsameres Beispiel marianischer Verehrung ist der berühmte Hymnos Akathistos (aus dem 5. Jahrhundert) in 24 Strophen; der Titel bedeutet schlicht, dass man ihm stehend und nicht im Sitzen wie der Lesung des Evangeliums folgt als Zeichen besonderer Verehrung der Jungfrau-Mutter Maria, die der Dichter mit den schönsten Adjektiven und symbolischen Metaphern schmückt und sie bittet, sein poetisches Opfer anzunehmen und für die Erlösung des Menschengeschlechts von der irdischen Sünde einzutreten: vgl. E.M. Toniolo, O.S.M., Akathistos. Inno alla Madre di Dio, Rom 2017.

[16] Das älteste Zeugnis stammt aus dem christlichen Ägypten des 3. Jahrhunderts (vgl. Papyrus 470 der John Rylands Library [Manchester, UK]), das in griechischer Sprache das auch im Lateineischen bekannte Mariengebet enthält: Sub tuum praesidium confugimus, Sancta Dei Genetrix. Nostras deprecationes ne despicias in necessitatibus, sed a periculis cunctis libera nos semper, Virgo gloriosa et benedicta.

[17] Die traditionellen Darstellungen der Gotttesmutter orientieren sich insbesondere an drei ikonografischen Prototypen: Die Hodēghētria, die mit ihrer Hand „den Weg“ zu ihrem Sohn Jesus Christus auf ihrem Schoß weist; die Eleousa, die Zärtliche, in der die innige Bindung zwischen Mutter und Sohn gezeigt wird, indem das Gesicht des Jesuskindes am Gesicht Marias ruht, und die Platytera, die „Weiter als die Himmel“, weil sie Christus in sich trägt und so das Jesuskind auf ihrer Brust dargestellt wird. Von diesen drei Grundgestalten leiten sich die meisten anderen ab, wie die Galaktotrophousa, die das Kind an ihrer Brust nährt; die Kyriōtissa, die Herrin, die das Kind wie auf einem Thron auf ihren Knien hält; die Panhagia oder Allerheiligste, mit einem roten Mantel als Zeichen der Fülle der Heiligkeit umhüllt; oder die Deēsis, die rechts von ihrem Sohn in Majestät thronend (Pantokratōr) erscheint und zusammen mit dem heiligen Johannes dem Täufer auf der linken Seite „Fürsprache“ für uns einlegt. In anderen Ikonen erscheint Maria in der Fürbitte zusammen mit den anderen Heiligen, oft mit dem heiligen Johannes dem Täufer, als den letzten Vertretern des Alten Bundes und gleichzeitig als erste Mitglieder des neuen Gottesvolkes.

[18] Vgl. Benedikt XVI., Generalaudienz (27. Mai 2009): L’Osservatore Romano, 28. Mai 2009, 1; Hl. Gregor v. Narek, Prex 26 et 80 ad Deiparam: SC 78, 160-164, 428-432.

[19] Orientalische Autoren wie der heilige Jakob von Sarug († 521), der heilige Romanos der Melode († 555-562), der heilige Johannes von Damaskus († 749) und Joannes Géomètres († 1000) hatten sich bereits früher mit der Frage der Mitwirkens Marias am Erlösungsopfer Christi am Kreuz befasst.

[20] Vgl. Hl. Bernhard von Clairvaux, In Purificationem Deiparae, III, 2: PL 183, 370C.

[21] Vgl. Arnaldus von Bonneval OSB, De laudibus B. M. Virginis I, 3c. 12, 4: PL 189, 1727A.

[22] Im Lehramt vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil sind die folgenden zu nennen: Pius IX., Apost. Konst. Ineffabilis Deus (8. Dezember 1854): Pontificis Maximi Acta. Pars prima, Rom 1854, 597-619; Leo XIII., Enz. Iucunda semper expectatione (8. September 1894): ASS 27 (1894-1895), 177-184; Ders., Enz. Adiutricem populi (5. September 1895): ASS 28 (1895-1896), 129-136; Hl. Pius X., Enz. Ad diem illum laetissimum (2. Februar 1904): ASS 36 (1903-1904), 453; Benedikt XV., Apost. Schreiben Inter sodalicia, an die Bruderschaft Unserer Lieben Frau vom Guten Tod (22. März 1918): AAS 10 (1918), 182; Pius XI., Enz. Miserentissimus Redemptor (8. Mai 1928): AAS 20 (1928), 165-178; Pius XII., Enz. Mystici corporis Christi (29. Juni 1943): AAS 35 (1943), 193-248; Ders., Enz. Ad caeli Reginam, (11. Oktober 1954): AAS 46 (1954), 634-635.

[23] II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 56: AAS 57 (1965), 60.

[24] Vgl. Pius IX., Apost. Konst. Ineffabilis Deus (8. Dezember 1854): Pontificis Maximi Acta. Pars prima, Rom 1854, 616 (DH 2803): »… Die seligste Jungfrau Maria [wurde] im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch die einzigartige Gnade und Bevorzugung des allmächtigen Gottes im Hinblick auf die Verdienste Christi Jesu, des Erlösers des Menschengeschlechtes, von jeglichem Makel der Urschuld unversehrt bewahrt«; II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 53: AAS 57 (1965), 58: »In Anbetracht der Verdienste ihres Sohnes auf erhabenste Weise erlöst«.

[25] Vgl. Hl. Ambrosius, Exp. Evangelii secundum Lucam, II, 7: PL 15, 1555.

[26] Vgl. Franziskus, Angelus (15. August 2013): L’Osservatore Romano, 17.-18. August 2013, 8.

[27] Hl. Paul VI, Apost. Schreiben Marialis cultus (2. Februar 1974), Nr. 25: AAS 66 (1974), 135.

[28] Sie ist nicht einfach eine „mütterliche Amme“; vgl. Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 20: AAS 79 (1987), 384-387.

[29] Benedikt XVI., Homilie zum Hochfest der Verkündigung des Herrn (25. März 2006): AAS 98 (2006), 330; vgl. Hl. Paul VI., Apost. Schreiben Signum magnum (13. Mai 1967), Nr. 5: AAS 59 (1967), 469: »Als Maria durch die Stimme des Engels Gabriel die Gewissheit erhielt, dass Gott sie zur unversehrten Mutter seines eingeborenen Sohnes auserwählt hatte, willigte sie unverzüglich in ein Werk ein, das alle Kräfte ihrer zarten Natur in Anspruch nehmen würde, und erklärte: Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort (Lk 1,38).«

[30] H.U. von Balthasar, Theodramatik. Bd. 2 Die Personen des Spiels. Teil 2 Die Personen in Christus, Einsiedeln 21998, 272; vgl. Hl. Cyrillus v. Alexandrien, Zweiter Brief an Nestorius: DH 251: »Und so haben sie [die heiligen Väter] es getrost unternommen, die heilige Jungfrau Gottesgebärerin zu nennen«; Konzil von Ephesus, can. 1: DH 252.

[31] Soweit wir bisher wissen, geschah dies im 15. Jahrhundert; ein benediktinischer Hymnograph hinterließ das folgende in der Erzabtei St. Peter in Salzburg aufbewahrte handschriftliche Gebet: »Pia dulcis et benigna / nullo prorsus luctu digna / si fletum hinc eligeres / ut compassa Redemptori / captivato transgressori / tu corredemptrix fieres.« »Du Süße, Getreue und Gütige, die keines Schmerzes würdig ist, so Du dich des hier Weinenden als Mitleidende mit dem Erlöser zuwendest, so wirst Du dem gefangenen Sünder Miterlöserin.« De compassione BMV, 20: G.M. Dreves (Hrsg.), Analecta Hymnica Medii Aevi, XLVI, Leipzig 1905, Nr. 79, 127.

[32] Die Theologen verstehen den Titel Miterlöserin auf unterschiedliche Weise: a) als unmittelbare, christotypische oder maximale Mitwirkung, die Marias Mitarbeit als ganz nah, direkt und unmittelbar der Erlösung selbst (objektive Erlösung) zuordnet. In diesem Sinne hätten die Verdienste Marias, auch wenn sie denen Christi untergeordnet sind, einen erlösenden Wert für die Erlösung; b) eine vermittelte oder eher minimalistische Kooperation, die sich auf das „Ja“ der Verkündigung beschränken würde. Es wäre eine vermittelnde Mitwirkung, die die Menschwerdung als Vorstufe zur Erlösung möglich macht; c) eine unmittelbar rezeptive oder ekklesiotypische Mitwirkung, die an der objektiven Erlösung in dem Sinne mitwirkt, dass sie die Früchte des Erlösungsopfers des Erlösers stellvertretend für die Kirche annimmt im Sinne einer unmittelbaren, aber rezeptiven Mitwirkung, denn Maria empfing die Erlösung Christi ganz schlicht und wurde zur „ersten Kirche“.

[33] Unter dem Pontifikat des heiligen Pius X. findet sich der Titel der Miterlöserin in einem Dokument der Ritenkongregation und in zwei Dokumenten des Heiligen Offiziums. Vgl. Heilige Kongregation für die Riten, Dolores Virginis Deiparae (13. Mai 1908): ASS 41 (1908), 409; Heilige Kongregation des Heiligen Offiziums, Dekret Sunt Quos Amor (26. Juni 1913): AAS 5 (1913), 364, in dem der Brauch gelobt wird, dem Namen Jesu den Namen »seiner Mutter, unserer Miterlöserin, der seligen Maria« beizufügen; Dies., Ablassgebet (22. Januar 1914): AAS 6 (1914), 108, in dem Maria als »Miterlöserin des Menschengeschlechts« bezeichnet wird. Der erste Papst, der den Begriff Miterlöserin verwendet hat, ist Pius XI. in einem Breve vom 20. Juli 1925, in dem er sich an die Rosenkranzkönigin von Pompeji wendet; Pius XI., Ad B.V.M. a sacratissimo Rosario in Valle Pompeiana: Sacra Paenitentiaria Apostolica, Enchiridion Indulgentiarum, Rom 1952, Nr. 628: »Auch gedenke, dass du auf Golgatha zur Miterlöserin geworden bist, da Du mit deinem gekreuzigten Sohn, durch die Kreuzigung deines Herzens, an der Rettung der Welt mitgewirkt hast«; vgl. Ders., AnspracheEcco di nuovo“ an eine Pilgergruppe aus Vicenza (30. November 1933): L’Osservatore Romano, 1. Dezember 1933, 1.

[34] Vgl. Ders., Radiobotschaft anläßlich des Abschlusses des Heiligen Jahres der Erlösung in Lourdes (28. April 1935): LʼOsservatore Romano, 29.-30. April 1935, 1.

[35] Vgl. Ders., Ad B.V.M. a sacratissimo Rosario in Valle Pompeiana: Sacra Poenitentiaria Apostolica, Enchiridion Indulgentiarum, Nr. 628.

[36] Vgl. Hl. Johannes Paul II., Generalaudienz (10. Dezember 1980): L’Osservatore Romano, 11. Dezember 1980, 2; Ders., Generalaudienz (8. September 1982): L’Osservatore Romano, 10. September 1982, 2; Ders., Angelus (4. November 1984): L’Osservatore Romano, 5.-6. November 1984, 7; Ders., Homilie im Heiligtum von Unserer Lieben Frau von der Morgenröte in Guayaquil (Ecuador) (31. Januar 1985): L’Osservatore Romano, 2. Februar 1985, 6; Ders., Angelus (31. März 1985): L’Osservatore Romano, 1.-2. April 1985, 10; Ders., Ansprache an die Pilger der „Opera Federativa Trasporto Ammalati a Lourdes“ (OFTAL) (24. März 1990): L’Osservatore Romano, 25. März 1990, 4; Ders., Angelus (6. Oktober 1991): L’Osservatore Romano, 7.-8. Oktober 1991, 7. Im Anschluss an die Feria IV der damaligen Kongregation für die Glaubenslehre, vom 21. Februar 1996, verwendete der heilige Johannes Paul II den Titel Miterlöserin nicht mehr. Es ist wichtig ebenso zu beachten, dass dieser Titel in dessen Enzyklika Redemptoris Mater (25. März 1987) nicht vorkommt, obwohl sie das Dokument schlechthin ist, in dem der Papst die Bedeutung Marias im Werk der Erlösung darstellt.

[37] J. Ratzinger, Protokoll der Feria IV am 21. Februar 1996, ital. Original im Archiv des Dikasteriums für die Glaubenslehre.

[38] J. Ratzinger – P. Seewald, Gott und die Welt. Glauben und Leben in unserer Zeit. Ein Gespräch mit Peter Seewald, München 32001, 263-264.

[39] Franziskus, Homilie zum Gedenktag Unserer Lieben Frau von Guadalupe (12. Dezember 2019): AAS 112 (2020), 9.

[40] Ders., Tagesmeditationen. Die sieben Schmerzen Mariens (3. April 2020): L’Osservatore Romano, 4. April 2020, 8

[41] Ders., Generalaudienz (24. März 2021): L’Osservatore Romano, 24. März 2021, 8.

[42] Pius XII., Enz. Haurietis Aquas (15. Mai 1956), Nr. 10: AAS 48 (1956), 321.

[43] Vgl. Hl. Andreas v. kreta, In Nativitatem Mariae, IV: PG 97, 865A.

[44] Vgl. Hl. Germanus v. Konstantinopel, In Annuntiationem s. Deiparae: PG 98, 322BC.

[45] Vgl. Hl. Johannes v. Damaskus, In Dormitionem Deiparae, I: PG 96, 712B-713A.

[46] Am 12. Januar 1921 gewährte Papst Benedikt XV., auf Bitten des Primas v. Belgien, Desiré-Joseph Kard. Mercier, ganz Belgien das Offizium und die Messe zu Ehren der Gottesmutter, „Mittlerin aller Gnaden“, zur jährlichen Feier am 31. Mai. Später gewährte der Heilige Stuhl auch vielen anderen Diözesen und Orden und Kongregationen auf deren Bitten dasselbe Offizium mit der Eigenmesse: vgl. AAS 13 (1921), 345.

[47] Vgl. II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 62: AAS 57 (1965), 63; Internationale Päpstliche Marianische Akademie, Ein neues marianisches Dogma?: L’Osservatore Romano, 4. Juni 1997, 10: »Die Konstitution Lumen gentium, die nach einer sorgfältigen Abwägung keine dogmatische Definition der Mediation enthält, wurde mit 2.151 Stimmen von 2.156 Wählern angenommen [...] und kaum 33 Jahre nach der Promulgation von Lumen gentium [...] hat sich das kirchliche, theologische und exegetische Umfeld nicht wesentlich verändert.« Diese Erklärung der Internationalen Päpstlichen Marianischen Akademie ergänzte die Erklärung der Theologischen Kommission, die im Rahmen des XII. Internationalen Mariologischen Kongresses (Czestochowa, 12.-24. August 1996) eingesetzt wurde, und die es für unangemessen hielt, mit der dogmatischen Definition Marias als „Mittlerin“, „Miterlöserin“ und „Fürsprecherin“ fortzufahren; vgl. Theologische Kommission des Kongresses von Czestochowa, Petition zur Definition des Dogmas von Maria als Mittlerin, Miterlöserin und Fürsprecherin. Erklärung der Theologischen Kommission des Kongresses von Czestochowa: L’Osservatore Romano, 4. Juni 1997, 10.

[48] Hl. Paul VI., Ansprache zum Abschluss der III. Session des Zweiten Vatikanischen Konzils (21. November 1964): AAS 56 (1964), 1014.

[49] Vgl. Hl. Bernhard v. Clairvaux, Hom. in laudibus Virginis Matris, IV, 8: PL 183, 83CD-84AB.

[50] Vgl. II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 55-62: AAS 57 (1965), 59-63.

[51] Vgl. ebd., Nr. 53, 56, 61, 63: AAS 57 (1965), 59; 60; 63; 64.

[52] Vgl. ebd., Nr. 60, 62, 63, 65: AAS 57 (1965), 62; 63; 64; 65.

[53] Ebd., Nr. 62: AAS 57 (1965), 63.

[54] Vgl. Franziskus, Generalaudienz (24. März 2021): L’Osservatore Romano, 24. März 2021, 8.

[55] Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung Dominus Iesus (6. August 2000), Nr. 13: AAS 92 (2000), 754-755.

[56] II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 62: AAS 57 (1965), 63.

[57] Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung Dominus Iesus (6. August 2000), Nr. 14: AAS 92 (2000), 755.

[58] Vgl. II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 1: AAS 57 (1965), 5; Franziskus, Apost. Schreiben Evangelii gaudium (24. November 2013), Nr. 112: AAS 105 (2013), 1066.

[59] Vgl. II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 65: AAS 57 (1965), 64-65; Franziskus, Apost. Schreiben Evangelii gaudium (24. November 2013), Nr. 288: AAS 105 (2013), 1136.

[60] Origenes, Hom. in Numeros, XII, 1: PG 12, 657.

[61] Hl. Ambrosius, Ep. 11, 24: PL 16, 1106D.

[62] Hl. Thomas v. Aquin, Super Ioannem, cap. 7, lect. 5.

[63] Vgl. Pius IX., Apost. Konst. Ineffabilis Deus (8. Dezember 1854): Pontificis Maximi Acta. Pars prima, 616 (DH 2803): »…durch die einzigartige Gnade und Bevorzugung des allmächtigen Gottes im Hinblick auf die Verdienste Christi Jesu, des Erlösers des Menschengeschlechtes, …«.

[64] Vgl. Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 38: AAS 79 (1987), 411.

[65] Vgl. ebd., Nr. 21: AAS 79 (1987), 387-389.

[66] Vgl. ebd., Nr. 23: AAS 79 (1987), 390-391.

[67] Franziskus, Tagesmeditationen. Die sieben Schmerzen Mariens (3. April 2020): L’Osservatore Romano, 4. April 2020, 8.

[68] Vgl. II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 55-62: AAS 57 (1965), 59-63.

[69] Vgl. Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 4: AAS 79 (1987), 421.

[70] Vgl. Hl. Paul VI., Ansprache zum Abschluss der III. Session des II. Vatikanischen Konzils (21. November 1964): AAS 56 (1964), 1015: »Deshalb ist Maria, als Mutter Christi, auch als Mutter aller Gläubigen und Hirten, also der Kirche, zu betrachten«; vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 963.

[71] Hl. Paul VI., Apost. Schreiben Marialis cultus (2. Februar 1974), Nr. 22: AAS 66 (1974), 133.

[72] Vgl. H.U. von Balthasar, Theodramatik. Bd. 2 Die Personen des Spiels. Teil 2 Die Personen in Christus, Einsiedeln 21998, 306.

[73] Vgl. II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 56: AAS 57 (1965), 60: »Sie umfing den Heilswillen Gottes mit ganzem Herzen und von Sünde unbehindert und gab sich als Magd des Herrn ganz der Person und dem Werk ihres Sohnes hin und diente so unter ihm und mit ihm in der Gnade des allmächtigen Gottes dem Geheimnis der Erlösung.«

[74] Vgl. Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 23: AAS 79 (1987), 391.

[75] Vgl. II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 69: AAS 57 (1965), 66:»Mutter Gottes und Mutter der Menschen«.

[76] Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 38: AAS 79 (1987), 411; vgl. II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 61: AAS 57 (1965), 63. Der Inhalt der geistlichen Mutterschaft Mariens ist in den frühesten patristischen Texten präsent und hat seine biblische Grundlage vor allem im Johannesevangelium, genauer gesagt in der Szene unter dem Kreuz.

[77] Vgl. Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 21: AAS 79 (1987), 388: »… was sich konkret als neue Mutterschaft nach dem Geist und nicht nur aus dem Fleisch erweist, nämlich die Sorge Marias für die Menschen, ihre Hinwendung zu ihnen in der ganzen Breite ihrer Bedürfnisse und Nöte.«

[78] Vgl. Franziskus, Homilie zum Hochfest der Gottesmutter Maria. 53. Weltfriedenstag (1. Januar 2020): AAS 112 (2020), 19.

[79] Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 38: AAS 79 (1987), 411-412; vgl. II. Vatikan. Konzil., Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 62: AAS 57 (1965), 63.

[80] Vgl. Hl. Johannes Paul II., Generalaudienz (9. April 1997), Nr. 2: L’Osservatore Romano, 10. April 1997, 4: »Das Mitwirken Marias geschieht während des Ereignisses selbst (n.b. auf Kalvaria) und in ihrer Eigenschaft als Mutter; sie erstreckt sich daher auf das gesamte Heilswerk Christi.«

[81] II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 60: AAS 57 (1965), 62; Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 970.

[82] Vgl. Franziskus, Generalaudienz (24. März 2021): L’Osservatore Romano, 24. März 2021, 8: »Und Maria zeigt auf den Mittler: Sie ist die „Hodēgētria“. In der christlichen Ikonographie ist sie überall präsent, ja manchmal kommt ihr ein ganz besonderer Platz zu, aber stets in Beziehung zu ihrem Sohn und von ihm abhängig. Ihre Hände, ihre Augen, ihre Haltung sind ein lebendiger „Katechismus“ und verweisen stets auf den Angelpunkt, die Mitte: Jesus. In Maria ist alles auf Jesus bezogen.«

[83] Hl. Johannes Paul II., Apost. Schreiben Rosarium Virginis Mariae (16. Oktober 2002), Nr. 4: AAS 95 (2003), 8; er zitiert das II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 66: AAS 57 (1965), 65.

[84] Vgl. II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 62: AAS 57 (1965), 63: »untergeordnete Aufgabe Marias«.

[85] Vgl. Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 40: AAS 79 (1987), 414-415.

[86] Vgl. ebd., Nr. 43: AAS 79 (1987), 420.

[87] Vgl. Franziskus, Ansprache anläßlich des Rosenkranzgebetes in der Basilika Santa Maria Maggiore (4. Mai 2013): L’Osservatore Romano, 6.-7. Mai 2013, 7.

[88] Leo XIV., Homilie zum Jubiläum des Heiligen Stuhles (9. Juni 2025): L’Osservatore Romano, 10. Juni 2025, 2.

[89] Vgl. Franziskus, Apost. Schreiben Evangelii gaudium (24. November 2013), Nr. 285: AAS 105 (2013), 1135.

[90] Ders., Enz. Dilexit nos (24. Oktober 2024), Nr. 176: AAS 116 (2024), 1424.

[91] Vgl. Ders., Generalaudienz (18. November 2020): L’Osservatore Romano, 18. November 2020, 11.

[92] Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 21: AAS 79 (1987), 388-389.

[93] Vgl. Franziskus, Homilie zum Hochfest der Gottesmutter Maria (1. Januar 2024): AAS 116 (2024), 20.

[94] J.L. Guerrero Rosado, Nican Mopohua: Aquí se cuenta… el gran acontecimiento, Cuautitlán 2003, Nr. 23, 119.

[95] Hl. Johannes Paul II., Generalaudienz (13. August 1997), Nr. 4: L’Osservatore Romano, 14. August 1997, 4.

[96] Franziskus, Homilie zum Gedenktag Unserer Lieben Frau von Guadalupe (12. Dezember 2022): AAS 115 (2023), 53; vgl. Ders., Homilie zum Gedenktag Unserer Lieben Frau von Guadalupe (12. Dezember 2023): AAS 116 (2024), 12.

[97] Vgl. II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 8: AAS 57 (1965), 11; Franziskus, Enz. Dilexit nos (24. Oktober 2024), Nr. 96: AAS 116 (2024), 1398.

[98] Vgl. J.  Ratzinger, Protokoll der Feria IV vom 21. Februar 1996, ital. Original im Archiv des Dikasteriums für die Glaubenslehre.

[99] Vgl. Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 21: AAS 79 (1987), 389. Dieses Merkmal der Fürsprache der mütterlichen Mittlerschaft Marias ist eine konstante Lehre der letzten Päpste; vgl. Pius IX., Apost. Konst. Ineffabilis Deus (8. Dezember 1854): Pontificis Maximi Acta. Pars prima, 597-619; Leo XIII., Enz. Adiutricem populi (5. September 1895): ASS 28 (1895-1896), 129-136; Hl. Pius X., Enz. Ad diem illum (2. Februar 1904): ASS 36 (1903-1904), 455; Pius XII. Enz. Ad Caeli Reginam (11. Oktober 1954), Nr. 17: AAS 46 (1954), 636.

[100] II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 62: AAS 57 (1965), 63.

[101] Hl. Augustinus, De peccatorum meritis et remissione et de baptismo parvulorum, I, 11, 13: CSEL 60, 14.

[102] Ders., Sermo 23/A: CCSL 41, 322.

[103] Hl. Thomas v. Aquin,Summa Theologiae, I-II, q. 114, a. 6, co.

[104] Konzil v. Trient, Sessio VI. Decretum de iustificatione, 7: DH 1530.

[105] Pius IX., Apost. Konst. Ineffabilis Deus (8. Dezember 1854): Pontificis Maximi Acta. Pars prima, 616.

[106] Hl. Thomas v. Aquin, Summa Theologiae, I-II, q. 113, a. 9, co.

[107] Ebd., q. 114, a. 6, ad 3.

[108] Ebd., q. 114, a. 5, co.

[109] Vgl. ebd., q. 114, a. 1, co.

[110] Vgl. Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 21: AAS 79 (1987), 389.

[111] Vgl. Franziskus, Generalaudienz (8. Juni 2016): L’Osservatore Romano, 9. Juni 2016, 8.

[112] Vgl. Ders., Generalaudienz (24. März 2021): L’Osservatore Romano, 24. März 2021, 8; Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2674.

[113] Vgl. Franziskus, Ansprache zum Abschluss des Marienmonats (31. Mai 2013): L’Osservatore Romano, 2. Juni 2013, 8.

[114] Vgl. II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 61: AAS 57 (1965), 63.

[115] Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2003.

[116] Ebd., Nr. 1999.

[117] Hl. Thomas v. Aquin,Summa Theologiae, I-II, q.114, a. 1, co.: Quaestiones disputatae de Veritate, 27, a. 3, ad 10.

[118] Vgl. Ders.,Summa Theologiae, III, q. 64, a. 1, co.: «[…] solus Deus illabitur animae».

[119] Vgl. Konzil v. Trient, Sessio VI. Decretum de iustificatione, 7: DH 1528-1531; ebd., Canones de iustificatione, 11: DH 1561.

[120] Vgl. Hl. Thomas v. Aquin,Quastiones disputatae de Veritate, q. 28, a. 2, ad 8; Ders., Summa contra Gentiles, II, cap. 98, Nr. 18; ebd., III, cap. 88, Nr. 6.

[121] Vgl. Ders., Quaestiones disputatae de Veritate q. 27, a. 3, s.c. 5.

[122] Ders.,Summa Theologiae, III, q. 64, a. 1, co.

[123] Unter anderen Genadius v. Marseilles, De Ecclesiasticis Dogmatibus, 83: PL 58, 999B. Ebenso Hl. Johannes Cassianus, Collationes, VII, 13: PL 49, 683A. Ferner Didimus Caecus, De Spiritu Sancto, 60: PL 23, 158C.

[124] Vgl. Hl. Bonaventura, Collationes in Hexaemeron, XXI, 18: Opera Omnia, V, Quaracchi 1891, 434.

[125] Vgl. Ders., Sententiarum Lib. I, d. 14, a. 2, q. 2, ad 2: Opera Omnia, I, Quaracchi 1891, 250.

[126] Vgl. ebd., q. 2, fund. 3, 251.

[127] Vgl. ebd., q. 2, fund. 4 u. 8, 251-252.

[128] Vgl. Hl. Thomas v. Aquin, Summa Theologiae, I, q. 33, a. 3; ebd., III, q. 23, a. 4.

[129] Ders., Compendium theologiae, I, Nr. 215; vgl. Ders., Summa Theologiae III, q. 2, a. 10.

[130] Ders., Summa Theologiae, III, q. 8, a. 5, co.; vgl. ebd., q. 2, a. 12; q. 7, a. 9; q. 48, a. 1.

[131] Ders., Compendium theologiae, I, Nr. 214.

[132] Ders., Quaestiones disputatae de Veritate, q. 29, a. 5, co.

[133] Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung Dominus Iesus (6. August 2000), Nr. 10: AAS 92 (2000), 750-751; vgl. Franziskus, Enz. Dilexit nos (24. Oktober 2024), Nr. 59-63: AAS 116 (2024), 1386-1387.

[134] II. Vatikan. Konzil, Past. Konst. Gaudium et spes, Nr. 22: AAS 58 (1966), 1042-1043.

[135] Vgl. Hl. Thomas v. Aquin, Summa Theologiae, I-II, q. 112, a. 1, co.

[136] Vgl. Ders., Super Ioannem, cap. 1, v. 16, lectio 10; Ders., Summa Theologiae, I-II, q. 112, a. 1, ad 1.

[137] Ders., Compendium theologiae, I, Nr. 214.

[138] Dante Alighieri, Paradiso, XXXIII, 1.

[139] Vgl. II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 60, 62: AAS 57 (1965), 62-63; Hl. Thomas v. Aquin, Summa Theologiae, III, q. 26.

[140] Missale Romanum ex Sacrosancti Oecumenici Concilii Vaticani II instauratum auctoritate S. Pauli PP. VI promulgatum S. Ioannis Pauli PP. II cura recognitum, editio typica tertia, Typis Vaticanis 2008, 879.

[141] II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 60: AAS 57 (1965), 62.

[142] Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2002.

[143] Vgl. Hl. Thomas v. Aquin, Summa Theologiae I, q. 25, a.3, ad 4. Die Rechtfertigung des Sünders, sowie das Erschaffen »[ist] geeignet, unmittelbar auf Gott zurückgeführt zu werden«.

[144] II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 62: AAS 57 (1965), 63.

[145] Vgl. Origenes, Hom. in Genesim XIII, 3-4: PG 12, 232B-234CD.

[146] Vgl. Hl. Cyrillus v. Alexandrien, Comm. in Ioannem, II, 4, 13-14: PG 73, 300C.

[147] Vgl. Ders., Comm. in Isaiam, V, II, 55, 1-2: PG 70, 1220A.

[148] Vgl. Hl. Cyrillus v. Jerusalem, Catechesis mystagogica, XVI, 11: PG 33, 932C.

[149] Vgl. Hl. Johannes Chrysostomus, Hom. in Ioannem, 51, 1: PG 59, 283.

[150] Hl. Ambrosius, Explanatio Psalmorum, XII, Ps. 48, 4, 2: PL 14, 1157A.

[151] Ders., De Noe, 19, 70: PL 14, 395A.

[152] Vgl. Ders., Explanatio Psalmorum, XII, Ps. 48, 4, 2: PL 14, 1157A.

[153] Vgl. Hl. Hieronymus, Comm. in Zachariam, III, 14, 8.9: PL 25, 1528C.

[154] Vgl. Hl. Gregor der Grosse, Hom. in Ezechielem, I, 10, 6: PL 76, 888B.

[155] Vgl. Hl. Hilarius v. Poitiers, Tractatus in Psalmos, 64, 14: PL 9, 421B.

[156] Hl. Agustinus, In Ioannis Evangelium, 32, 4: PL 35, 1643D.

[157] Hl. Thomas v. Aquin, Super Ioannem, cap. 7, lect. 5.

[158] Ebd.; vgl. Ders., Summa Theologiae, II-II, q. 178, a. 1, s.c.

[159] Hl. Cyrillus v. Jerusalem, Catechesis mystagogica, XVI, 12: PG 33, 933B.

[160] Hl. Johannes XXIII., Enz. Mater et Magistra (15. Mai 1961): AAS 53 (1961), 462.

[161] Hl. Johannes Paul II., Brief an den Generalsuperior der Gesellschaft Jesu, Paray-le-Monial (5. Oktober 1986): L’Osservatore Romano, 6. Oktober 1986, 7, zitiert von Papst Franziskus, Enz. Dilexit nos (24. Oktober 2024), Nr. 182: AAS 116 (2024), 1427.

[162] Benedikt XVI., Enz. Caritas in veritate (29. Juni 2009), Nr. 5: AAS 101 (2009), 643.

[163] Franziskus, Enz. Dilexit nos (24. Oktober 2024), Nr. 198, 200: AAS 116 (2024), 1432.

[164] Vgl. Hl. Thomas v. Aquin, Summa Theologiae, I-II, q. 5, a. 6, co. et ad 1; Ders., Quaestiones disputatae de Veritate, q. 27, a. 3, s.c. 5. Die vom heiligen Thomas von Aquin gebrauchten Argumente, die der Klärung, warum kein Geschöpf, sondern nur Gott allein Gnade verleihen kann, dienen, können weder in seinem eigenen Werk noch später als überholt betrachtet werden.

[165] II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 60: AAS 57 (1965), 62; vgl. Hl. Thomas v. Aquin, Summa Theologiae, I, q. 25, a. 3, ad 4; Ders., Scriptum super Sententiis, II, d. 26, q. 1, a. 2, co.; ebd., IV, d. 5, q. 1, a. 3, qc. 1, ad 1.

[166] Vgl. Ders., Quaestiones disputatae de Veritate, q. 27, a. 3, s.c. 5. Es sei nochmals daran erinnert: »Sed mentem, in qua est gratia, nulla creatura illabitur.«

[167] II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 60: AAS 57 (1965), 62.

[168] Ebd., Nr. 62: AAS 57 (1965), 63.

[169] Vgl. Hl. Thomas v. Aquin, Summa contra Gentiles, lib. 2, cap. 21, Nr. 7. Ein Instrument leistet einen ihm eigenen Beitrag: »Omne agens instrumentale exequitur actionem principalis agentis per aliquam actionem propriam et connaturalem sibi.«

[170] Ebd., lib. 3, cap. 147, Nr. 6; vgl. Ders., Summa Theologiae I, q. 45, a. 5, co.

[171] Ders., Summa Theologiae, I-II, q. 5, a. 6, ad 1.

[172] Vgl. Konzil v. Trient, Sessio VI., Decretum de iustificatione, 8: DH 1532.

[173] Vgl. Hl. Thomas v. Aquin, Summa Theologiae, I-II, q. 114, a. 5, co.: »Der Mensch, der bereits im Besitz der Gnade ist, kann die Gnade, die er bereits hat, unmöglich „verdienen“.« Der Gerechtfertigte kann zwar ein Wachstum im Leben der Gnade „verdienen“, aber die Tatsache, dass er bereits gerechtfertigt ist, dass er Gottes Freund aus Gnade ist, wird immer frei und umsonst sein.

[174] Das, was der heilige Thomas von Aquin die »schlußendliche Bereitmachung« nennt, die mit der Ausgießung der heiligmachenden Gnade einhergeht, ist das unmittelbare Werk der Gnade selbst. Es ist »die schlußendliche Bereitmachung, der notwendigerweise die Form (das Wesen einer Sache) folgt«: Hl. Thomas v. Aquin, Sententia Metaphysicae, lib. 5, lect. 2, Nr. 5; vgl. Ders., Scriptum super Sententiis, I, d. 17, q. 2, a. 3, co.; Ders., Summa contra gentiles, lib. 2, cap. 19, Nr. 6; Ders., Compendium theologiae, I, Nr. 105.

[175] II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 61: AAS 57 (1965), 63.

[176] Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 45: AAS 79 (1987), 422-423.

[177] Franziskus, Generalaudienz (18. November 2020): L’Osservatore Romano, 18. November 2020, 11.

[178] Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 20: AAS 79 (1987), 387.

[179] Vgl. II. Vatikan. Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, Nr. 53, AAS 57 (1965), 58-59.

[180] Hl. Agustinus, Sermo 72/A, 7: CCSL 41Ab, 117.

[181] Franziskus, Generalaudienz (24. März 2021): L’Osservatore Romano, 24. März 2021, 8.

[182] Hl. Paul VI., Apost. Schreiben Marialis cultus (2. Februar 1974), Nr. 35: AAS 66 (1974), 147.

[183] Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 46: AAS 79 (1987), 424.

[184] Dikasterium für die Glaubenslehre, Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene (17. Mai 2024), Nr. 12: AAS 116 (2024), 782.

[185] Franziskus, Generalaudienz (16. Februar 2022): L’Osservatore Romano, 16. Februar 2022, 2.

[186] Ders., Apost. Schreiben Evangelii gaudium (24. November 2013), Nr. 285: AAS 105 (2013), 1134-1135.

[187] Benedikt XVI., Enz. Deus caritas est (25. Dezember 2005), Nr. 42: AAS 98 (2006), 252.

[188] Franziskus, Apost. Schreiben Evangelii gaudium (24. November 2013), Nr. 284: AAS 105 (2013),1134.

[189] Vgl. ebd., Nr. 113: AAS 105 (2013), 1067.

[190] Leo XIV., Erster Apostolischer Segen Urbi et Orbi (8. Mai 2025): L’Osservatore Romano, 9. Mai 2025, 3.

[191] Franziskus, Botschaft für den XXXVII. Weltjugendtag (15. August 2022): AAS 114 (2022), 1255.

[192] Ders., Apost. Schreiben Evangelii gaudium (24. November 2013), Nr. 285: AAS 105 (2013), 1135.

[193] Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 28: AAS 79 (1987), 398.

[194] Lateinamerikanischer Bischofsrat, V. Generalversammlung des Episkopats von Lateinamerika und der Karibik (Aparecida, 13.-31. Mai 2007), Nr. 265.

[195] Vgl. Hl. Johannes Paul II., Enz. Redemptoris Mater (25. März 1987), Nr. 35: AAS 79 (1987), 407.

[196] Franziskus, Homilie zum Hochfest der Gottesmutter Maria (1. Januar 2024): AAS 116 (2024), 20.

[197] Lateinamerikanischer Bischofsrat, V. Generalversammlung des Episkopats von Lateinamerika und der Karibik (Aparecida, 13.-31. Mai 2007), Nr. 259.