ENZYKLIKA
DILEXIT NOS
DES HEILIGEN VATERS
FRANZISKUS
ÜBER DIE MENSCHLICHE UND GÖTTLICHE LIEBE
DES HERZENS JESU CHRISTI
1. „Er hat uns geliebt“, sagt Paulus über Christus (vgl. Röm 8,37), um uns erkennen zu lassen, dass uns nichts von dieser Liebe „scheiden kann“ (vgl. Röm 8,39). Paulus sagte dies mit Überzeugung, denn Christus selbst hatte seinen Jüngern versichert: „Ich habe euch geliebt“ (vgl. Joh 15,9.12). Er hat uns auch gesagt: „Ich nenne euch Freunde“ (vgl. Joh 15,15). Sein offenes Herz kommt uns zuvor und wartet bedingungslos auf uns, ohne Vorleistungen zu erwarten, um uns lieben und uns seine Freundschaft anbieten zu können: Er hat uns zuerst geliebt (vgl. 1 Joh 4,10). Dank Jesus „haben wir die Liebe, die Gott zu uns hat, erkannt und gläubig angenommen“ (vgl. 1 Joh 4,16).
DIE WICHTIGKEIT DES HERZENS
2. Um die Liebe Christi auszudrücken wird oft das Symbol des Herzens verwendet. Manche fragen sich, ob es heute noch eine gültige Bedeutung besitzt. Aber wenn wir versucht sind, uns an der Oberfläche zu bewegen, in Hektik zu leben, ohne letztendlich zu wissen, wozu, wenn wir Gefahr laufen, zu unersättlichen Konsumenten zu werden, zu Sklaven eines Marktsystems, das sich nicht für den Sinn unseres Lebens interessiert, dann tut es not, die Bedeutung des Herzens wieder neu zu entdecken. [1]
Was meinen wir, wenn wir vom „Herzen“ sprechen?
3. Im altgriechischen profanen Sprachgebrauch bezeichnet der Begriff kardia das Innerste des Menschen, der Tiere und der Pflanzen. Bei Homer bezeichnet er nicht nur das körperliche, sondern auch das seelische und geistige Zentrum der menschlichen Person. In der Ilias sind Denken und Fühlen dem Herzen zugeordnet und eng miteinander verbunden. [2] Das Herz erscheint als Zentrum des Strebens und als Ort, an dem sich die wichtigen Entscheidungen des Menschen herausbilden. [3] Bei Platon übernimmt das Herz gewissermaßen eine „synthetisierende“ Funktion für das Rationale und die Neigungen im Menschen, da sowohl der Befehl der höheren Seelenvermögen als auch die Leidenschaften durch die Adern übertragen werden, die im Herzen zusammenlaufen [4]. Seit der Antike haben wir also erkannt, wie wichtig es ist, den Menschen nicht als eine Summe verschiedener Fähigkeiten zu betrachten, sondern als eine leiblich-geistige Einheit mit einem einheitstiftenden Zentrum, das allem, was der Mensch erlebt, einen Sinn- und Orientierungshintergrund verleiht.
4. Die Bibel sagt: »Lebendig ist das Wort Gottes, wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert; […] es richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens« (Hebr 4,12). Es spricht damit von einem Wesenskern, dem Herzen, der sich hinter allen Äußerlichkeiten verbirgt, auch hinter oberflächlichen Gedanken, die uns verwirren. Die Emmausjünger durchlebten während ihres geheimnisvollen Weges mit dem auferstandenen Christus einen Zustand der Angst, der Verwirrung, der Verzweiflung und der Enttäuschung. Doch hinter allem und trotz allem ging in der Tiefe etwas in ihnen vor: »Brannte nicht unser Herz in uns, als er unterwegs mit uns redete?« (Lk 24,32).
5. Gleichzeitig ist das Herz der Ort der Aufrichtigkeit, wo man nicht täuschen oder sich verstellen kann. Normalerweise zeigt es die wahren Absichten an, das, was man wirklich denkt, glaubt und will, die „Geheimnisse“, die man niemandem erzählt, also letztlich die eigene nackte Wahrheit. Es ist nicht Schein oder Lüge, sondern das, was authentisch, echt, ganz „das Eigene“ ist. Deshalb wurde Simson von Delila, als er ihr das Geheimnis seiner Stärke nicht verriet, gefragt: »Wie kannst du sagen: Ich liebe dich!, wenn mir dein Herz nicht gehört?« (Ri 16,15). Erst als er ihr sein verborgenes Geheimnis offenbarte, erkannte sie, »dass er ihr sein Herz offengelegt hatte« (Ri 16,18).
6. Diese Wahrheit eines jeden Menschen ist oft unter viel Blattwerk verborgen und verdeckt. Das macht es schwierig, sich selbst mit Gewissheit zu erkennen, und noch schwieriger, einen anderen Menschen zu kennen: »Arglistig ohnegleichen ist das Herz und unverbesserlich. Wer kann es ergründen?« (Jer 17,9). So verstehen wir, warum das Buch der Sprichwörter uns ermahnt: »Mehr als alles hüte dein Herz; denn von ihm geht das Leben aus. Vermeide alle Falschheit des Mundes« (Spr 4,23-24). Der bloße Schein, Verstellung und Täuschung schaden dem Herz und verderben es. Jenseits der vielen Versuche, etwas zu zeigen oder auszudrücken, was wir nicht sind, ist das Herz das alles Entscheidende: dort zählt nicht, was man nach außen hin zeigt oder was man verbirgt, dort sind wir wir selbst. Und das ist die Grundlage eines jeden tragfähigen Plans für unser Leben, denn ohne das Herz kann nichts von Wert aufgebaut werden. Äußerlichkeiten und Lügen bieten nur Leere.
7. Als Metapher möchte ich an etwas erinnern, das ich bereits bei einer anderen Gelegenheit erzählt habe: »Als wir Kinder waren, hat uns unsere Großmutter zu Karneval Schmalzgebäck gemacht, und es war ein sehr sehr leichter Teig; der Teig, den sie machte, war leicht. Dann legte sie ihn ins Öl und der Teig blähte sich auf; er blähte sich auf, und wenn wir ihn aßen, war er innen hohl. Dieses Gebäck wurde im Dialekt mentiras genannt. Und die Großmutter erklärte uns, warum: Dieses Gebäck ist wie eine Lüge, es sieht groß aus, aber drinnen ist nichts, es ist nichts Wahres drinnen, kein Inhalt«. [5]
8. Anstatt nach oberflächliche Befriedigungen zu suchen und den anderen etwas vorzuspielen, ist es besser, wichtige Fragen aufkommen zu lassen: wer bin ich wirklich, was suche ich, welchen Sinn will ich meinem Leben, meinen Entscheidungen oder meinen Handlungen geben; warum und wozu bin ich auf dieser Welt, wie will ich mein Leben bewerten, wenn es zu Ende geht, welchen Sinn will ich allem, was ich erlebe, geben, wer will ich vor den anderen sein, wer bin ich vor Gott. Diese Fragen führen mich zu meinem Herzen.
9. In dieser flüssigen Welt ist es notwendig, wieder vom Herzen zu sprechen, als dem Ort, wo in jedem Menschen, gleich welcher Herkunft und Lebensbedingung, alles zusammenkommt, wo all die anderen Kräfte, Überzeugungen, Leidenschaften und Entscheidungen der konkreten Menschen entspringen und verwurzelt sind. Aber wir bewegen uns in Gesellschaft von Serienkonsumenten, die in den Tag hineinleben und von den Rhythmen und dem Lärm der Technologie beherrscht werden, ohne viel Geduld für die Prozesse, die die Innerlichkeit erfordert. In der heutigen Gesellschaft läuft der Mensch »Gefahr, den Mittelpunkt, seine eigene Mitte zu verlieren«. [6] »Der Mensch von heute ist oft zerstreut, gespalten, fast ohne ein inneres Prinzip, das in seinem Denken und Handeln Einheit und Harmonie schafft. Vielverbreitete Verhaltensmodelle verschärfen die technologisch-rationelle oder, umgekehrt, triebmäßige Dimension«. [7] Es fehlt das Herz.
10. Die flüssige Gesellschaft ist ein aktuelles Problem, doch die Abwertung des innersten Zentrums des Menschen ̶ des Herzens ̶ reicht viel weiter zurück: Wir finden sie bereits im griechischen und vorchristlichen Rationalismus, im nachchristlichen Idealismus und im Materialismus in seinen verschiedenen Formen. Das Herz hat in der Anthropologie kaum eine Rolle gespielt, und dem großen philosophischen Denken ist es offenbar fremd. Ihm wurden andere Begriffe wie Vernunft, Wille oder Freiheit vorgezogen. Die Bedeutung des Herzens ist vage und ihm wurde kein spezifischer Platz im menschlichen Leben eingeräumt. Vielleicht, weil es nicht einfach war, es unter die „klaren und deutlichen“ Ideen einzureihen, oder aufgrund der Schwierigkeit, die die Selbsterkenntnis mit sich bringt: Es scheint, dass unser Innerstes für unser Erkennen zugleich das Entfernteste ist. Wahrscheinlich liegt das daran, dass die Begegnung mit dem anderen nicht als Weg der Selbstfindung etabliert ist, weil das Denken wieder einmal zu einem ungesunden Individualismus führt. Viele haben sich bei der Konstruktion ihrer Denksysteme im besser kontrollierbaren Bereich der Intelligenz und des Willens sicher gefühlt. Und weil man keinen eigenen Platz für das Herz fand, der sich von den jeweils separat betrachteten menschlichen Vermögen und Leidenschaften unterschied, wurde nicht einmal die Idee eines personalen Zentrums weiter entfaltet – in dem das Einzige, was alles vereinen kann, letztlich die Liebe ist.
11. Wenn man das Herz abwertet, verliert auch das Mit-dem-Herzen-sprechen, das Mit-dem-Herzen-handeln, das Reifen und Heilen im Herzen an Bedeutung. Wenn das Spezifische des Herzens nicht anerkannt wird, gehen uns die Antworten verloren, die der Verstand allein nicht geben kann, verlieren wir die Begegnung mit den Anderen, verlieren wir die Poesie. Und wir verlieren die Geschichte und unsere Geschichten, denn das wahre persönliche Abenteuer nimmt im Herzen seinen Ausgang. Am Ende des Lebens wird nur das von Bedeutung sein.
12. Es muss gesagt werden, dass wir ein Herz haben, dass unser Herz mit anderen Herzen koexistiert, die ihm helfen, ein „Du“ zu sein. Da wir dieses Thema nicht ausführlich behandeln können, wollen wir auf eine Romanfigur verweisen, nämlich Dostojewskis Stawrogin. [8] Romano Guardini zeigt ihn als die Verkörperung des Bösen schlechthin, denn sein Hauptmerkmal ist, dass er kein Herz hat: »Stawrogin aber hat kein Herz; so ist sein Geist kalt und entleert, und sein Körper vergiftet sich in Trägheit und „tierischer“ Sinnlichkeit. So kann er auch nicht zum anderen Menschen kommen, und keiner kommt wirklich zu ihm. Denn das Herz ist’s, was Nähe schafft. Durch das Herz bin ich beim anderen, und ist jener bei mir. Nur das Herz kann einlassen, Heimat geben. Innigkeit ist Akt und Sphäre des Herzens. Stawrogin aber ist fern. […] Ja weit weg auch von sich selbst. Auch sich selbst inne ist der Mensch im Herzen, nicht im Geiste. Im Geiste sich innezusein, ist nicht Menschensache. Wenn aber das Herz nicht lebt, steht der Mensch neben sich«. [9]
13. Wir müssen alle Handlungen unter die „politische Herrschaft“ des Herzens stellen; Aggressivität und zwanghafte Begierden müssen durch das höhere Gut, das das Herz ihnen bietet, und durch die Kraft, die es gegen das Böse besitzt, gemildert werden. Auch Intelligenz und Wille müssen sich in seinen Dienst stellen, indem sie Wahrheiten eher verspüren und verkosten, anstatt sie beherrschen zu wollen, wie es manche Wissenschaften zu tun pflegen. Der Wille soll das höhere Gut begehren, das das Herz erkennt, und auch die Vorstellungskraft und die Gefühle sollen sich vom Herzschlag mäßigen lassen.
14. Man könnte sagen, dass ich letztlich mein Herz bin, denn es ist das, was mich ausmacht, was mich in meiner geistigen Identität prägt und mich mit den anderen Menschen verbindet. Der Algorithmus, der in der digitalen Welt am Werk ist, zeigt, dass unsere Gedanken und unsere Willensentscheidungen viel mehr „Standard“ sind, als wir gedacht hätten. Sie sind leicht vorhersehbar und manipulierbar. Nicht so das Herz.
15. Es handelt sich um ein wichtiges Wort für eine Philosophie und Theologie, die eine ganzheitliche Synthese anstreben. Tatsächlich kann das Wort „Herz“ weder von der Biologie, noch von der Psychologie, noch von der Anthropologie oder sonst einer Wissenschaft erschöpfend erklärt werden. Es ist eines jener ursprünglichen Worte, »die Wirklichkeiten des Menschen bezeichnen, die ihm zukommen, insofern er gerade ein ganzer (als leiblich-geistige Person) ist«. [10] So ist der Biologe nicht realistischer, wenn er vom Herzen spricht, denn er sieht nur einen Teil davon, und das Ganze ist nicht weniger real, sondern sogar mehr. Nicht einmal eine abstrakte Sprache könnte die gleiche konkrete und zugleich umfassende Bedeutung haben. Wenn das „Herz“ uns zur innersten Mitte unserer Person führt, ermöglicht es uns auch, uns in unserer Gesamtheit zu erkennen und nicht nur unter einem einzelnen Aspekt.
16. Andererseits hilft uns diese einzigartige Kraft des Herzens zu verstehen, warum es heißt, dass wir eine Wirklichkeit besser und vollständiger erkennen, wenn wir sie mit dem Herzen erfassen. Dies führt uns unweigerlich zur Liebe, zu der das Herz fähig ist, da »das Innerste der Wirklichkeit Liebe ist«. [11] Nach der Interpretation eines zeitgenössischen Denkers beginnt für Heidegger die Philosophie nicht mit einem reinen Begriff oder einer Gewissheit, sondern mit einer Ergriffenheit: »Das Denken muss ergriffen sein, bevor bzw. während es mit den Begriffen arbeitet. Ohne die Ergriffenheit kann das Denken nicht beginnen. Die Gänsehaut wäre das erste Denkbild. Es ist die Ergriffenheit, die erst zu denken und zu fragen gibt: „Philosophie geschieht je in einer Grundstimmung“«. [12] Und hier tritt das Herz in Erscheinung, das »die Grundstimmungen hütet, [das] als eine „Hüterin der Grundstimmung“ arbeitet. Das „Herz“ hört nicht-metaphorisch die „lautlose Stimme“ des Seins, indem es sich davon stimmen und be-stimmen lässt«. [13]
Das Herz, das die Bruchstücke vereinigt
17. Gleichzeitig ermöglicht das Herz jede echte Bindung, denn eine Beziehung, die nicht mit dem Herzen gestaltet wird, ist nicht in der Lage, die Fragmentierung des Individualismus zu überwinden: Es würden nur zwei Monaden weiterbestehen, die aneinandergrenzen, aber sich nicht wirklich verbinden. Das Anti-Herz ist eine Gesellschaft, die zunehmend von Narzissmus und Selbstbezogenheit beherrscht wird. Schließlich kommt es zum „Verlust der Sehnsucht“, weil der andere aus dem Blickfeld gerät und wir uns in uns selbst verschließen, ohne die Fähigkeit zu gesunden Beziehungen. [14] Infolgedessen werden wir unfähig, Gott anzunehmen. Wie Heidegger sagen würde: Um das Göttliche zu empfangen, müssen wir ein »Gasthaus« bauen. [15]
18. Wir sehen also, dass es im Herzen eines jeden Menschen diese paradoxe Verbindung zwischen Selbstwertgefühl und Offenheit für andere gibt, zwischen der ganz persönlichen Begegnung mit sich selbst und dem Geschenk seiner Selbst an andere. Wir werden nur dann wir selbst, wenn wir die Fähigkeit erlangen, den anderen anzuerkennen, und wir begegnen dem anderen, wenn wir in der Lage sind, die eigene Identität anzuerkennen und zu akzeptieren.
19. Das Herz ist auch fähig, die eigene persönliche Geschichte zu einen und zu harmonisieren, die in tausend Teile zersplittert zu sein scheint, in der aber dennoch alles einen Sinn haben kann. Das ist es, was das Evangelium zum Ausdruck bringt, wenn es von dem Blick Marias spricht, die mit dem Herzen sah. Sie verstand es, mit den bewahrten Erfahrungen in einen Dialog zu treten, indem sie sie in ihrem Herzen erwog und ihnen Zeit gab, indem sie sie vergegenwärtigte und in ihrem Inneren bewahrte, um sich zu erinnern. Im Evangelium kommt das, was ein Herz denkt, am besten in den beiden Stellen des Lukasevangeliums zum Ausdruck, wo es heißt: »Maria aber bewahrte (syneterei) alle diese Worte und erwog sie (symballousa) in ihrem Herzen« (Lk 2,19; vgl. 2,51). Das Verb symballein (wovon das Wort „Symbol“ abgeleitet ist) bedeutet abwägen, zwei Dinge im Kopf zusammenbringen und sich selbst prüfen, nachdenken, mit sich selbst Zwiesprache halten. In Lk 2,51 bedeutet dieterei „sie bewahrte mit Sorgfalt auf“, und das, was sie bewahrte, war nicht nur „die Szene“, die sie sah, sondern auch das, was sie noch nicht verstand und das doch gegenwärtig und lebendig blieb, in Erwartung, im Herzen zusammengefügt zu werden.
20. Im Zeitalter der künstlichen Intelligenz dürfen wir nicht vergessen, dass zur Rettung des Menschen Poesie und Liebe notwendig sind. Was kein Algorithmus erfassen kann, ist zum Beispiel der Augenblick in der Kindheit, an den man sich mit Zärtlichkeit erinnert und der, obwohl die Jahre verstreichen, immer noch überall auf dem Planeten stattfindet. Ich denke daran, wie wir mit unseren Müttern oder Großmüttern die Ränder der selbstgemachten Panzerotti mit einer Gabel verschlossen. In diesem Moment des Kochenlernens, auf halbem Weg zwischen Spiel und Erwachsensein, übernimmt man die Verantwortung der Arbeit, um den anderen zu helfen. Ich könnte Tausende solcher kleinen Details, wie das von der Gabel, aufzählen, die die Biografien aller Menschen ausmachen: mit einem Witz ein Lächeln zu erzeugen, das Abpausen einer Zeichnung im Gegenlicht eines Fensters, das erste Fußballspiel mit einem Lumpenball, das Aufbewahren von Würmern in einem Schuhkarton, das Trocknen einer Blume zwischen den Seiten eines Buches, die Sorge um einen Vogel, der aus dem Nest gefallen ist, sich beim Abzupfen der Blätter eines Gänseblümchens etwas zu wünschen. All diese kleinen Details, das Gewöhnlich-Außergewöhnliche, lassen sich nicht in Algorithmen fassen. Denn die Gabel, die Witze, das Fenster, der Ball, der Schuhkarton, das Buch, der Vogel, die Blume ... haben mit der Zärtlichkeit zu tun, die man in den Erinnerungen des Herzens bewahrt.
21. Der Kern eines jeden Menschen, also sein Innerstes, ist nicht der Kern der Seele, sondern der ganzen Person in ihrer einzigartigen Identität, die aus Seele und Leib besteht. Alles ist im Herzen vereint, das der Sitz der Liebe mit all ihren geistigen, seelischen und sogar körperlichen Komponenten sein kann. Letztendlich kommt der Mensch dann voll und ganz zu seiner Identität, wenn im Herzen die Liebe regiert, denn jeder Mensch wurde vor allem für die Liebe geschaffen; er ist bis in seine tiefsten Fasern hinein dazu geschaffen, zu lieben und geliebt zu werden.
22. Wenn man daher sieht, wie immer neue Kriege aufeinander folgen, mithilfe der Komplizenschaft, der Duldung oder der Gleichgültigkeit anderer Länder oder mit bloßen Machtkämpfen um Eigeninteressen, könnte man meinen, dass die Weltgemeinschaft ihr Herz verliert. Man muss sich nur die älteren Frauen der verschiedenen Kriegsparteien ansehen und anhören, die Gefangene dieser verheerenden Konflikte sind. Es bricht einem das Herz, wenn man sieht, wie sie um ihre ermordeten Enkelkinder trauern, oder wenn man hört, wie sie sich den Tod wünschen, weil sie das Haus, in dem sie immer gelebt haben, verloren haben. Sie, die in ihrem schwierigen und aufopferungsvollen Leben so oft ein Vorbild an Stärke und Widerstandskraft waren, erfahren nun in der letzten Lebensphase nicht den wohlverdienten Frieden, sondern Angst, Furcht und Empörung. Die Schuld auf andere zu schieben, löst dieses beschämende Drama nicht. Großmütter weinen zu sehen, ohne dies unerträglich zu finden, ist ein Zeichen für eine herzlose Welt.
23. Beim Nachdenken, beim Suchen, beim Meditieren über das eigene Sein und die eigene Identität, bei der Beschäftigung mit den höheren Fragen, beim Nachdenken über den Sinn des eigenen Lebens, bei der Suche nach Gott, selbst wenn man den Eindruck hat, etwas von der Wahrheit erahnt zu haben, bedarf es doch letztlich einer höchsten Erfüllung in der Liebe. In der Liebe spürt der Mensch, dass er weiß, warum und zu welchem Zweck er lebt. So mündet alles in Verbindung und Harmonie. Deshalb ist die vielleicht entscheidendste Frage, die sich jeder angesichts des eigenen persönlichen Geheimnisses stellen kann: Habe ich ein Herz?
24. Dies hat Folgen für die Spiritualität. So hat beispielsweise die Theologie der Geistlichen Übungen des heiligen Ignatius von Loyola den affectus als Prinzip. Die diskursive Dimension baut auf einem grundsätzlichen Wollen auf (mit der ganzen Kraft des Herzens), das der Aufgabe, das Leben neu zu ordnen, Kraft und Ressourcen verleiht. Die Regeln und die Gestaltung der Schauplätze, die Ignatius vorgibt, erfolgen auf der Grundlage eines „Fundaments“, das sich von ihnen unterscheidet, nämlich dem Unbekannten des Herzens. Michel de Certeau zeigt, wie die „Regungen“, von denen der heilige Ignatius spricht, ein Hereinbrechen des Willens Gottes und eines Wollens des eigenen Herzens sind, die von der offenkundigen Ordnung unterschieden bleiben. Etwas Unerwartetes beginnt im Herzen des Menschen zu sprechen, etwas, das aus dem Unerkennbaren hervorgeht, entfernt die Oberfläche dessen, was bekannt ist, und stellt sich ihm entgegen. Es ist der Beginn einer neuen „Ordnung des Lebens“, die vom Herzen ausgeht. Es geht nicht um rationale Diskurse, die man in die Praxis umsetzen müsste, indem man sie ins Leben übersetzt, so als ob die Affektivität und die Praxis nur – abhängige – Folgen eines gesicherten Wissens wären. [16]
25. Dort, wo der Philosoph mit seinem Denken stehen bleibt, liebt das gläubige Herz, es betet an, bittet um Vergebung und erklärt sich bereit, an dem Platz zu dienen, den der Herr ihm anbietet, um ihm zu folgen. Dann erkennt es, dass es Gottes „Du“ ist und dass es ein „Ich“ sein kann, weil Gott ein „Du“ für es ist. Tatsache ist, dass nur der Herr uns anbietet, uns stets und für immer wie ein Du zu behandeln. Seine Freundschaft anzunehmen, ist eine Herzensangelegenheit und macht uns zu Personen im vollen Sinne des Wortes.
26. Der heilige Bonaventura sagte, letztendlich solle man nicht das Licht erbitten, »sondern das Feuer«. [17] Und er lehrte, »der Glaube ist so in der Vernunft, dass er den Affekt hervorruft. Zum Beispiel: das Erkennen, dass Christus „für uns“ gestorben ist, bleibt nicht Erkenntnis, sondern wird notwendigerweise Affekt, Liebe«. [18] In dieser Perspektive wählte der heilige John Henry Newman den Satz „ Cor ad cor loquitur“ zu seinem Leitspruch, denn jenseits aller Dialektik rettet uns der Herr, indem er aus seinem Heiligsten Herzen zu unserem Herzen spricht. Dieselbe Logik bedeutete für ihn, einen großen Denker, dass der Ort der tiefsten Begegnung mit sich selbst und mit dem Herrn nicht die Lektüre oder das Nachdenken war, sondern die Zwiesprache im Gebet, von Herz zu Herz, mit dem lebendigen und gegenwärtigen Christus. Deshalb fand Newman in der Eucharistie das lebendige Herz Jesu, das fähig ist, zu befreien, jedem Augenblick einen Sinn zu geben und den Menschen mit wahrem Frieden zu erfüllen: »O hochheiliges und gütigstes Herz Jesu, Du bist verborgen in der heiligen Eucharistie und schlägst noch immer für uns. […] Ich bete Dich an mit größter Liebe und Ehrfurcht, mit glühender Hingabe, mit demütigem und festem Willen. O mein Gott, wenn Du mich würdigst, Dich als Speise und Trank zu empfangen, und Du für eine Weile in mir Wohnung nimmst, dann gib, dass mein Herz mit dem Deinen schlägt! Reinige es von allem Irdischen, von allem Stolz und aller Sinnlichkeit, von aller Härte und Erbarmungslosigkeit, von aller Verkehrtheit, Unordnung und Gleichgültigkeit! Erfülle es so mit Dir, dass weder die Ereignisse des Tages noch die Umstände der Zeit die Macht haben, es zu beunruhigen, und dass es in Deiner Liebe und in Deiner Furcht den Frieden habe«. [19]
27. Vor dem Herzen des lebendigen und gegenwärtigen Jesus begreift unser Verstand, vom Heiligen Geist erleuchtet, die Worte Jesu. Und so setzt sich unser Wille in Bewegung, um sie umzusetzen. Aber das könnte eine Form von selbstgenügsamem Moralismus bleiben. Den Herrn zu hören, zu verkosten und zu ehren, ist eine Sache des Herzens. Nur das Herz ist in der Lage, die anderen Fähigkeiten und Leidenschaften und unsere ganze Person in eine Haltung der Ehrfurcht und des liebenden Gehorsams dem Herrn gegenüber zu bringen.
Vom Herzen her kann sich die Welt verändern
28. Nur vom Herzen her werden unsere Gemeinschaften in der Lage sein, die verschiedenen Einsichten und Willen zu vereinen und zu befrieden, auf dass der Geist uns als ein Netz von Brüdern und Schwestern leiten kann, denn auch die Befriedung ist eine Aufgabe des Herzens. Das Herz Christi ist Ekstase, ist Hinausgehen, Geschenk und Begegnung. In ihm werden wir fähig, auf gesunde und glückliche Weise miteinander in Beziehung zu treten und in dieser Welt das Reich der Liebe und der Gerechtigkeit aufzubauen. Wenn unser Herz mit dem Herzen Christi vereint ist, ist es zu diesem sozialen Wunder fähig.
29. Das Herz ernst zu nehmen, hat soziale Konsequenzen. Wie das Zweite Vatikanische Konzil lehrt, müssen wir alle »uns wandeln in unserer Gesinnung und müssen die ganze Welt und jene Aufgaben in den Blick bekommen, die wir alle zusammen zum Fortschritt der Menschheit auf uns nehmen können«. [20] Denn »in Wahrheit hängen die Störungen des Gleichgewichts, an denen die moderne Welt leidet, mit jener tiefer liegenden Störung des Gleichgewichts zusammen, die im Herzen des Menschen ihren Ursprung hat«. [21] Angesichts der Dramen der Welt lädt das Konzil dazu ein, zum Herzen zurückzukehren, und erklärt, dass der Mensch in seiner Innerlichkeit die Gesamtheit der Dinge übersteigt. »In diese Tiefe geht er zurück, wenn er in sein Herz einkehrt, wo Gott ihn erwartet, der die Herzen durchforscht (vgl. 1 Sam 16,7; Jer 17,10), und wo er selbst unter den Augen Gottes über sein eigenes Geschick entscheidet«. [22]
30. Das bedeutet nicht, dass wir uns zu sehr auf uns selbst verlassen. Seien wir vorsichtig: Machen wir uns bewusst, dass unser Herz nicht eigenständig ist, es ist zerbrechlich und verwundet. Es hat eine ontologische Würde, muss aber zugleich nach einem würdigeren Leben streben. [23] Das Zweite Vatikanische Konzil sagt dazu: »Der Sauerteig des Evangeliums hat im Herzen des Menschen den unbezwingbaren Anspruch auf Würde erweckt und erweckt ihn auch weiter«, [24] doch um dieser Würde entsprechend zu leben, genügt es nicht, das Evangelium zu kennen oder mechanisch zu tun, was es uns aufträgt. Wir brauchen die Hilfe der göttlichen Liebe. Gehen wir zum Herzen Christi, dem Zentrum seines Seins, das ein Brennofen der göttlichen und menschlichen Liebe ist und die größte Fülle darstellt, die ein Mensch erlangen kann. Dort, in jenem Herzen, erkennen wir endlich uns selbst und lernen wir zu lieben.
31. Schließlich ist dieses Heiligste Herz das einigende Prinzip der Wirklichkeit, denn »Christus ist das Herz der Welt; sein Pascha des Todes und der Auferstehung ist die Mitte der Geschichte, die dank Ihm Heilsgeschichte ist«. [25] Alle Geschöpfe »gehen mit uns und durch uns voran auf das gemeinsame Ziel zu, das Gott ist, in einer transzendenten Fülle, wo der auferstandene Christus alles umgreift und erleuchtet«. [26] Vor dem Herzen Christi bitte ich den Herrn, noch einmal Erbarmen zu haben mit dieser verwundeten Erde, die er als einer von uns bewohnen wollte. Möge er die Schätze seines Lichts und seiner Liebe ausschütten, damit unsere Welt, die inmitten von Kriegen, sozioökonomischen Ungleichgewichten, Konsumismus und dem menschenfeindlichen Einsatz von Technologie überlebt, das Wichtigste und Nötigste wiederfindet: das Herz.
GESTEN UND WORTE DER LIEBE
32. Das Herz Christi, das seine persönliche Mitte versinnbildlicht, aus dem seine Liebe zu uns hervorströmt, ist der lebendige Kern der ersten Verkündigung. Dort befindet sich der Ursprung unseres Glaubens, die Quelle, die die christlichen Überzeugungen lebendig hält.
Gesten, die das Herz widerspiegeln
33. Die Art und Weise, in der Christus uns liebt, wollte er uns nicht allzu sehr erklären. Er hat sie durch seine Taten gezeigt. Indem wir ihn bei seinem Handeln beobachten, können wir entdecken, wie er einen jeden von uns behandelt, auch wenn es uns schwerfällt, das wahrzunehmen. Sehen wir also dort nach, wo unser Glaube es erkennen kann: im Evangelium.
34. Das Evangelium sagt, dass Jesus »in sein Eigentum« kam (Joh 1,11). Sein Eigentum sind wir, weil er uns nicht als etwas Fremdes behandelt. Er sieht uns als das Seine an, das er mit Sorgfalt, mit Zuneigung hütet. Er behandelt uns als die Seinen. Nicht in dem Sinne, dass wir seine Sklaven sind, das verneint er selbst: »Ich nenne euch nicht mehr Knechte« (Joh 15,15). Das, was er anbietet, ist gegenseitige freundschaftliche Zugehörigkeit. Er ist gekommen, er hat alle Entfernung überwunden, er ist uns so nahe gekommen wie die einfachsten und alltäglichsten Dinge des Lebens. Er hat nämlich noch einen anderen Namen, der „Immanuel“ lautet und „Gott mit uns“ bedeutet, Gott, der unserem Leben nahe ist und mitten unter uns lebt. Der Sohn Gottes ist Fleisch geworden und »entäußerte sich und wurde wie ein Sklave« (Phil 2,7).
35. Das ist offensichtlich, wenn wir ihn handeln sehen. Er ist immer auf der Suche, nah, jederzeit offen für die Begegnung. Wir betrachten ihn, wenn er anhält, um sich mit der samaritanischen Frau am Brunnen zu unterhalten, wo sie hinging, um Wasser zu holen (vgl. Joh 4,5-7). Wir sehen ihn, wie er tief in der Nacht Nikodemus begegnet, der Angst hatte, zusammen mit Jesus gesehen zu werden (vgl. Joh 3,1-2). Wir bewundern ihn, als er sich nicht schämt, sich von einer Prostituierten die Füße waschen zu lassen (vgl. Lk 7,36-50); als er Auge in Auge zu der Ehebrecherin sagt: »Ich verurteile dich nicht« (Joh 8,11); oder als er der Gleichgültigkeit seiner Jünger entgegentritt und dem Blinden auf der Straße liebevoll sagt: »Was willst du, dass ich dir tue?« (Mk 10,51). Christus zeigt, dass Gott Nähe, Mitgefühl und Zärtlichkeit ist.
36. Wenn er jemanden heilte, zog er es vor, sich zu nähern: Er »streckte die Hand aus, berührte ihn« ( Mt 8,3), »berührte […] ihre Hand« ( Mt 8,15), »berührte […] ihre Augen« ( Mt 9,29). Und er heilte Kranke sogar mit seinem Speichel (vgl. Mk 7,33), wie eine Mutter, damit sie ihn nicht für einen Fremden in ihrem Leben hielten. Denn »der Herr beherrscht die schöne Wissenschaft der Liebkosung. Die Zärtlichkeit Gottes liebt uns nicht mit Worten; er kommt zu uns, und indem er uns nahe ist, schenkt er uns seine Liebe mit der ganzen möglichen Zärtlichkeit«. [27]
37. Da es uns schwer fällt, zu vertrauen, weil wir durch so viel Verlogenheit, Aggression und Enttäuschung verwundet worden sind, flüstert er uns ins Ohr: »Hab Vertrauen, mein Sohn« (Mt 9,2), »Hab keine Angst, meine Tochter« (Mt 9,22). Es geht darum, die Angst zu überwinden und uns bewusst zu werden, dass wir mit ihm nichts zu verlieren haben. Zu Petrus, der kein Vertrauen hatte, streckte »Jesus […] sofort die Hand aus, ergriff ihn und sagte zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?« (Mt 14,31). Fürchte dich nicht. Lass ihn nah zu dir kommen, lass ihn neben dir sitzen. Wir können an vielen Menschen zweifeln, aber nicht an ihm. Und bleib nicht wegen deiner Sünden stehen. Denk daran, viele Sünder »aßen zusammen mit ihm« (Mt 9,10) und Jesus nahm an keinem von ihnen Anstoß. Die Eliten der Glaubensgemeinschaft beschwerten sich und behandelten ihn wie »ein[en] Fresser und Säufer, ein[en] Freund der Zöllner und Sünder« (Mt 11,19). Als die Pharisäer seine Nähe zu den Menschen kritisierten, die als niedrig oder sündig galten, sagte Jesus zu ihnen: »Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer« (Mt 9,13).
38. Derselbe Jesus wartet heute darauf, dass du ihm die Gelegenheit gibst, dein Leben zu erhellen, dich aufzurichten, dich mit seiner Kraft zu erfüllen. Bevor er starb, sagte er nämlich zu seinen Jüngern: »Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, ich komme zu euch. Nur noch kurze Zeit und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich« (Joh 14,18-19). Er findet immer einen Weg, sich in deinem Leben zu zeigen, damit du ihm begegnen kannst.
39. Das Evangelium berichtet, dass ein reicher Mann zu ihm kam, der voller Ideale war, aber nicht die Kraft hatte, sein Leben zu ändern. »Da sah ihn Jesus an« (Mk 10,21). Kannst du dir diesen Augenblick vorstellen, diese Begegnung zwischen den Augen jenes Mannes und dem Blick Jesu? Wenn er dich ruft, wenn er dich zu einer Mission einlädt, dann sieht er dich zuerst an, er erforscht das Innerste deines Seins, er nimmt alles wahr und weiß, was in dir ist, er legt seinen Blick auf dich: »Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er zwei Brüder [...]. Als er weiterging, sah er zwei andere Brüder« (Mt 4,18.21).
40. Viele Evangelientexte zeigen uns Jesus, der seine ganze Aufmerksamkeit den Menschen, ihren Sorgen, ihren Leiden widmet. Zum Beispiel: »Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren müde und erschöpft« (Mt 9,36). Wenn wir den Eindruck haben, dass uns alle ignorieren, dass sich niemand dafür interessiert, was uns geschieht, dass wir für niemanden wichtig sind, dann achtet er auf uns. Genau das zeigte er dem allein und versonnen dastehenden Natanaël: »Schon bevor dich Philippus rief, habe ich dich unter dem Feigenbaum gesehen« (Joh 1,48).
41. Gerade weil er auf uns achtet, ist er in der Lage, jede gute Absicht zu erkennen, jede kleine gute Tat, die du vollbringst. Das Evangelium erzählt: »Er sah aber auch eine arme Witwe, die [in den Opferkasten] zwei kleine Münzen hineinwarf« (Lk 21,2). Sofort machte er seine Apostel darauf aufmerksam. Jesus ist so aufmerksam, dass er das Gute, das er in uns erkennt, bewundert. Als der Hauptmann sich voll Vertrauen an ihn wandte, war Jesus »erstaunt, als er das hörte« (Mt 8,10). Wie schön ist es zu wissen, dass Jesus die guten Absichten und die guten Dinge, die wir tun können, nicht entgehen und er sie sogar bewundert, auch wenn andere sie ignorieren.
42. Als Mensch hatte er dies von Maria, seiner Mutter, gelernt. Sie betrachtete alles mit Sorgfalt, »bewahrte [es] in ihrem Herzen« (Lk 2,51) und lehrte ihn gemeinsam mit dem heiligen Josef von klein auf, aufmerksam zu sein.
43. Obwohl wir in der Heiligen Schrift sein Wort haben, das immer lebendig und aktuell ist, spricht uns Jesus manchmal innerlich an und ruft uns, um uns an den besten Ort zu bringen. Und der beste Ort ist sein Herz. Er ruft uns, um uns dort eintreten zu lassen, wo wir wieder Kraft und Frieden finden können: »Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken« (Mt 11,28). Deshalb hat er seine Jünger aufgefordert: »Bleibt in mir« (Joh 15,4).
44. Die Worte, die Jesus sprach, zeigten, dass seine Heiligkeit die Gefühle nicht auslöschte. Bei einigen Gelegenheiten zeigten sie eine leidenschaftliche Liebe, die mit uns leidet, gerührt ist, klagt und sogar weint. Es ist offensichtlich, dass ihm die gewöhnlichen Sorgen und Ängste der Menschen, wie Müdigkeit oder Hunger, nicht gleichgültig waren: »Ich habe Mitleid mit diesen Menschen; sie […] haben nichts mehr zu essen. […] Sie [werden] auf dem Weg zusammenbrechen; denn einige von ihnen sind von weit her gekommen« (Mk 8,2-3).
45. Das Evangelium verbirgt nicht die Gefühle Jesu gegenüber Jerusalem, der geliebten Stadt: »Als er näher kam und die Stadt sah, weinte er über sie« (Lk 19,41) und äußerte seinen größten Wunsch: »Wenn doch auch du an diesem Tag erkannt hättest, was Frieden bringt« (19,42). Auch wenn die Evangelisten ihn manchmal in seiner Kraft und Herrlichkeit darstellen, unterlassen sie es nicht, seine Gefühle im Angesicht des Todes und des Schmerzes seiner Freunde zu zeigen. Bevor das Evangelium erzählt, dass Jesus am Grab des Lazarus weinte (vgl. Joh 11,35), hält es sich damit auf, zu berichten, dass Jesus Marta, ihre Schwester und Lazarus liebte (vgl. Joh 11,5) und dass er, als er Maria und ihre Begleiter weinen sah, »im Innersten erregt und erschüttert« war (Joh 11,33). Die Erzählung lässt keinen Zweifel daran, dass es sich um ein ehrliches Weinen handelte, das von einer inneren Erregung ausgelöst wurde. Schließlich wird auch die Angst Jesu vor seinem eigenen gewaltsamen Tod durch die Hand derer, die er so sehr liebte, nicht verschwiegen: »Da ergriff ihn Furcht und Angst« (Mk 14,33) und schließlich sagt er sogar: »meine Seele ist zu Tode betrübt« (Mk 14,34). Diese innere Erschütterung kommt mit ihrer ganzen Kraft in dem lauten Ruf des Gekreuzigten zum Ausdruck: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« (Mk 15,34).
46. All dies mag bei oberflächlicher Betrachtung als religiöser Romantizismus erscheinen. Es geht jedoch um etwas äußerst Ernstes und Entscheidendes, das seinen höchsten Ausdruck in dem an ein Kreuz genagelten Christus findet. Dies ist das vielsagendste Wort der Liebe. Es ist keine leere Hülle, es ist kein reines Gefühl, es ist keine spirituelle Flucht. Es ist Liebe. Deshalb sagte der heilige Paulus, als er nach den richtigen Worten suchte, um seine Beziehung zu Christus zu erklären: Er hat »mich geliebt und sich für mich hingegeben« (Gal 2,20). Dies war seine tiefste Überzeugung: das Wissen, geliebt zu sein. Die Hingabe Christi am Kreuz erniedrigte ihn, aber sie hatte doch einen Sinn, weil es etwas gab, das noch größer war als diese Hingabe: „Er hat mich geliebt“. Als viele Menschen in verschiedenen religiösen Angeboten Heil, Wohlergehen oder Sicherheit suchten, vermochte Paulus, vom Geist berührt, darüber hinauszusehen und über das Wichtigste und Grundlegendste zu staunen: „Er hat mich geliebt“.
47. Nachdem wir Christus betrachtet und auf das geschaut haben, was seine Gesten und Worte von seinem Herzen erkennen lassen, rufen wir uns nun in Erinnerung, wie die Kirche das heilige Geheimnis des Herzens Jesu bedenkt.
DIES IST DAS HERZ, DAS SO SEHR GELIEBT HAT
48. Die Verehrung des Herzens Christi ist nicht ein von der Person Jesu losgelöster Kult um ein Organ. Das, was wir betrachten und anbeten, ist der ganze Jesus Christus, der Mensch gewordene Sohn Gottes, dargestellt in einem Bild, das sein Herz besonders betont. In diesem Fall wird das fleischliche Herz als Bild oder bevorzugtes Zeichen der innersten Mitte des menschgewordenen Sohnes und seiner sowohl göttlichen als auch menschlichen Liebe betrachtet, weil es mehr als jedes andere Organ seines Leibes »ein natürliches Zeichen oder Sinnbild seiner unermesslichen Liebe« ist. [28]
49. Es ist wichtig zu betonen, dass wir mit der Person Christi in Freundschaft und Anbetung in Beziehung treten, angezogen von der Liebe, die im Bild seines Herzens dargestellt ist. Wir verehren zwar das Bild, das ihn darstellt, aber die Anbetung gilt ausschließlich dem lebendigen Christus, in seiner Gottheit und in seiner ganzen Menschheit, um uns von seiner menschlichen und göttlichen Liebe umarmen zu lassen.
50. Jenseits der Frage des verwendeten Bildes steht fest, dass die Anbetung dem lebendigen Herz Christi – und niemals einem Bild – gilt, denn es ist Teil seines heiligsten und auferstandenen Leibes, der nicht vom Sohn Gottes getrennt werden kann, der ihn für immer angenommen hat. Es wird als das »Herz der Person des Wortes, mit dem es untrennbar geeint ist« [29] verehrt. Wir beten es nicht für sich allein an, sondern insofern, als mit diesem Herzen der fleischgewordene Sohn selbst lebt, liebt und unsere Liebe empfängt. Strenggenommen wird daher jeder Akt der Liebe oder der Anbetung seinem Herzen gegenüber »wahrhaft und eigentlich Christus selbst dargebracht«, [30] denn diese Darstellung verweist unmittelbar auf ihn und ist »Symbol und Ebenbild der unendlichen Liebe Jesu Christi«. [31]
51. Deshalb sollte niemand denken, dass uns diese Andachtsform von Jesus Christus und seiner Liebe trennen oder ablenken kann. Sie führt uns unmittelbar und direkt zu ihm und zu ihm allein, der uns zu einer kostbaren Freundschaft einlädt, die aus Dialog, Zuneigung, Vertrauen und Anbetung besteht. Dieser Christus mit dem durchbohrten und brennenden Herzen ist derselbe, der in Betlehem aus Liebe geboren wurde; er ist derjenige, der durch Galiläa zog und Heil, Zärtlichkeit und Barmherzigkeit verbreitete; er ist derjenige, der uns bis zur Vollendung liebte, indem er am Kreuz seine Arme ausbreitete. Schlussendlich ist er derselbe, der auferstanden ist und in Herrlichkeit unter uns lebt.
Die Verehrung seines Bildnisses
52. Es ist zu beachten, dass das Bild von Christus mit seinem Herzen, obschon es in keiner Weise Gegenstand der Anbetung ist, dennoch nicht eines von vielen Bildern ist, die zur Wahl stünden. Es ist nicht etwas, das am Schreibtisch erfunden oder von einem Künstler gezeichnet wurde, »es ist kein erdachtes Symbol, es ist ein wirkliches Symbol, das den Mittelpunkt darstellt, die Quelle, der das Heil für die ganze Menschheit entsprungen ist«. [32]
53. Es gibt eine weltweite menschliche Erfahrung, die dieses Bild einzigartig macht. Es besteht nämlich kein Zweifel daran, dass das Herz im Laufe der Geschichte und in verschiedenen Teilen der Welt zu einem Symbol der innigsten Vertrautheit und auch der Zuneigung, der Gefühle und der Fähigkeit zu lieben geworden ist. Jenseits jeder wissenschaftlichen Erklärung drückt eine Hand, die auf das Herz eines Freundes gelegt wird, eine besondere Zuneigung aus; wenn man sich verliebt und dem geliebten Menschen nahe ist, beschleunigt sich der Herzschlag; wenn man von einem geliebten Menschen verlassen oder betrogen wird, spürt man soetwas wie eine starke Beklemmung im Herzen. Und um auszudrücken, dass etwas aufrichtig ist, dass es wirklich aus dem Innersten der Person kommt, sagt man: „Ich sage dir das von Herzen“. Die poetische Sprache kann die Kraft dieser Erfahrungen nicht übergehen. Es ist daher unvermeidlich, dass das Herz im Laufe der Geschichte eine einzigartige symbolische Kraft erlangt hat, die nicht bloß konventionell ist.
54. Es ist daher verständlich, dass die Kirche das Bild des Herzens gewählt hat, um die menschliche und göttliche Liebe Jesu Christi und den innersten Wesenskern seiner Person darzustellen. Doch auch wenn die Zeichnung eines Herzens mit Feuerflammen ein vielsagendes Symbol sein kann, das uns an die Liebe Jesu erinnert, ist es angemessen, dass dieses Herz Teil eines Bildnisses von Jesus Christus ist. Auf diese Weise wird seine Einladung zu einer persönlichen Beziehung der Begegnung und des Dialogs noch bedeutsamer. [33] Jenes Bildnis Christi, das verehrt wird und auf dem sein liebendes Herz hervorgehoben ist, zeigt zugleich einen Blick, der zur Begegnung, zum Dialog und zum Vertrauen einlädt; es zeigt starke Hände, die fähig sind, uns zu stützen; es zeigt einen Mund, der uns auf einzigartige und ganz persönliche Weise anspricht.
55. Das Herz hat den Vorzug, dass es nicht als ein separates Organ wahrgenommen wird, sondern als innere, einende Mitte und gleichzeitig als Ausdruck der Gesamtheit des Menschen, was bei anderen Organen des menschlichen Körpers nicht der Fall ist. Wenn es die innerste Mitte der Gesamtheit des Menschen ist, also ein Teil, der für das Ganze steht, können wir es leicht entstellen, wenn wir es getrennt von der Gestalt des Herrn betrachten. Das Bild des Herzens muss uns in Beziehung zu dem ganzen Jesus Christus setzen, und muss uns zugleich von dieser einenden Mitte aus dazu bringen, Christus in der ganzen Schönheit und dem ganzen Reichtum seiner Menschheit und Gottheit zu betrachten.
56. Dies ist etwas, dass über die Attraktivität der unterschiedlichen Bilder des Herzens Christi hinausgeht, weil man von den Abbildungen Christi nicht »irgendetwas erbitten [kann], oder weil man Vertrauen in Bilder setzen könnte, wie es einst von Heiden getan wurde, die ihre Hoffnung auf Götzenbilder setzten«, sondern es ist so, dass wir »durch die Bilder, die wir küssen und vor denen wir das Haupt entblößen und niederfallen, Christus anbeten«. [34]
57. Außerdem erscheinen uns einige dieser Bilder vielleicht weniger attraktiv und bewegen uns nicht sonderlich zu Liebe und Gebet. Dies ist zweitrangig, da das Bild nur eine anregende Darstellung ist und man, wie die Orientalen sagen würden, nicht auf den Finger starren sollte, der auf den Mond deutet. Während die Eucharistie eine anzubetende Realpräsenz ist, handelt es sich in diesem Fall bloß um ein Bild, das zwar gesegnet ist, uns aber dazu einlädt, darüber hinauszugehen, und uns darauf ausrichtet, unser eigenes Herz zu jenem des lebendigen Christus zu erheben und es mit ihm zu vereinen. Das Bild, das verehrt wird, lädt ein, weist hin, regt an, damit wir der Begegnung mit Christus und seiner Anbetung Zeit widmen, so wie wir ihn uns am besten vorstellen. Auf diese Weise stellen wir uns beim Betrachten des Bildes vor Christus und »die Liebe« hält ihm gegenüber »inne, betrachtet das Mysterium und erfreut sich in der Stille daran«. [35]
58. Nach all dem dürfen wir nicht vergessen, dass das Bild des Herzens zu uns von menschlichem Fleisch, von der Erde spricht und damit auch von Gott, der in unsere geschichtliche Verfasstheit eintreten, selbst Teil der Geschichte werden und unseren irdischen Weg mit uns gehen wollte. Eine abstraktere oder stilisiertere Form der Verehrung wird nicht unbedingt treuer zum Evangelium sein, denn in diesem sinnenhaften und leicht zugänglichen Zeichen offenbart sich die Art und Weise, in der Gott sich offenbaren und uns nahe kommen wollte.
59. Liebe und Herz sind nicht notwendigerweise eins, denn in einem menschlichen Herzen können Hass, Gleichgültigkeit und Egoismus herrschen. Aber wir erreichen nicht unser volles Menschsein, wenn wir nicht aus uns heraustreten, und wir werden nicht ganz wir selbst, wenn wir nicht lieben. Die innere Mitte unserer Person, die für die Liebe geschaffen wurde, verwirklicht den Plan Gottes also nur, wenn sie liebt. So steht das Symbol des Herzens gleichzeitig auch für die Liebe.
60. Der ewige Sohn Gottes, der mich grenzenlos übersteigt, wollte mich auch mit einem menschlichen Herzen lieben. Seine menschlichen Gefühle werden Sakrament einer unendlichen und endgültigen Liebe. Sein Herz ist also nicht ein physisches Symbol, das nur eine geistige oder von der Materie getrennte Wirklichkeit ausdrückt. Der auf das Herz des Herrn gerichtete Blick betrachtet eine physische Realität, sein menschliches Fleisch, welches ermöglicht, dass Christus menschliche Emotionen und Gefühle hat wie wir, wenn auch völlig verwandelt von seiner göttlichen Liebe. Die Verehrung muss sich auf die unendliche Liebe der Person des Gottessohnes erstrecken, aber wir müssen sagen, dass sie untrennbar mit seiner menschlichen Liebe verbunden ist, und das Bild seines Herzens aus Fleisch hilft uns, dies zu tun.
61. Wenn auch heute noch das Herz im Volksempfinden als die affektive Mitte eines jeden Menschen wahrgenommen wird, so ist es das, was am besten die göttliche Liebe Christi bezeichnen kann, die für immer und untrennbar mit seiner ganz und gar menschlichen Liebe vereint ist. Schon Pius XII. erinnerte daran, dass das Wort Gottes, wenn es »die Liebe des Herzens Jesu Christi« beschreibt, »nicht eine nur göttliche Liebe, sondern auch menschliche Empfindungen der Liebe bezeichnet [...]. Daher hat das Herz Jesu Christi, mit der göttlichen Person des Wortes hypostatisch vereint, zweifellos auch wegen der Liebe und der übrigen Gemütsbewegungen geschlagen«. [36]
62. Bei den Kirchenvätern finden wir, in Anbetracht einiger, die die wahre Menschheit Christi leugneten oder relativierten, eine starke Bekräftigung der konkreten und greifbaren Wirklichkeit der menschlichen Gefühle, die der Herr empfand. So betont der heilige Basilius, dass die Inkarnation des Herrn nichts frei erdachtes ist, sondern dass »der Herr die natürlichen Affekte annahm«. [37] Der heilige Johannes Chrysostomus nennt ein Beispiel: »Wenn er nämlich nicht unsere Natur gehabt hätte, wäre er nicht wieder und wieder von Trauer erfaßt worden«. [38] Der heilige Ambrosius sagt: »Weil er die Seele übernahm, hat er auch die Empfindungen der Seele auf sich genommen«. [39] Und der heilige Augustinus stellt die menschlichen Leidenschaften als eine Gegebenheit dar, die, nachdem Christus sie auf sich genommen hat, dem Leben der Gnade nicht mehr fremd ist: »Diese Regungen der menschlichen Schwachheit, wie auch das Fleisch der menschlichen Schwachheit und den Tod des menschlichen Fleisches hat Jesus, der Herr, auf sich genommen nicht aus der Not seiner Lage, sondern aus dem Willen seiner Erbarmung. […] damit, wenn einer von ihnen inmitten menschlicher Versuchungen betrübt wäre und litte, er nicht deshalb seiner Gnade fern zu sein glauben sollte«. [40] Schließlich ist der heilige Johannes von Damaskus der Auffassung, dass diese reale Erfahrung der Gemütsregungen Christi in seiner Menschheit der Beweis dafür ist, dass er unsere Natur ganz und nicht nur teilweise angenommen hat, um sie zu erlösen und als Ganze zu verwandeln.Christus hat also alle Elemente, die die menschliche Natur ausmachen, angenommen, damit sie alle geheiligt werden. [41]
63. Es lohnt sich, an dieser Stelle die Überlegungen eines Theologen aufzugreifen, der einräumt, dass »die Theologie unter dem Einfluss des griechischen Denkens den Körper und die Gefühle lange Zeit in die Welt des Vormenschlichen, Untermenschlichen oder der Versuchung des wahrhaft Menschlichen verbannt hat, doch was die Theologie nicht in der Theorie gelöst hat, das hat die Spiritualität in der Praxis gelöst. Sie und die Volksfrömmigkeit haben die Beziehung zu den somatischen, psychologischen und historischen Aspekten Jesu lebendig gehalten. Der Kreuzweg, die Verehrung seiner Wunden, die Spiritualität des kostbaren Blutes, die Verehrung des Herzens Jesu, die eucharistischen Frömmigkeitsformen [...] All dies hat die Lücken in der Theologie gefüllt, indem es die Vorstellungskraft und das Herz, die Liebe und die zärtliche Zuneigung zu Christus, die Hoffnung und die Erinnerung, die Sehnsucht und die Nostalgie genährt hat. Die Vernunft und die Logik haben andere Wege eingeschlagen«. [42]
64. Wir bleiben auch nicht nur bei seinen menschlichen Empfindungen stehen, so schön und bewegend sie auch sein mögen, denn bei der Betrachtung des Herzens Christi erkennen wir, wie sich in seinen edlen und heilsamen Empfindungen, in seiner Zärtlichkeit, in der Lebendigkeit seiner menschlichen Zuneigung die ganze Wahrheit seiner göttlichen und unendlichen Liebe offenbart. Benedikt XVI. hat es so ausgedrückt: »Aus dem unendlichen Horizont seiner Liebe heraus wollte Gott in die Grenzen der Geschichte und des Menschseins eintreten, er nahm Leib und Herz an; so dass wir das Unendliche im Endlichen betrachten und ihm begegnen können, dem unsichtbaren und unaussprechlichen Geheimnis des menschlichen Herzens Jesu, des Nazareners«. [43]
65. In der Tat gibt es eine dreifache Liebe, die im Bild des Herzens des Herrn enthalten ist und uns verblüfft. Zunächst einmal die unendliche göttliche Liebe, die wir in Christus finden. Aber denken wir auch an die geistliche Dimension der Menschheit des Herrn. Unter diesem Gesichtspunkt ist das Herz »Sinnbild […] jener brennenden Liebe, die, in seine Seele eingegossen, den menschlichen Willen Christi bereichert«. Schließlich ist es »Sinnbild der sinnenfälligen Regung«. [44]
66. Bei dieser dreifachen Liebe handelt es sich nicht um getrennte Fähigkeiten, die parallel oder unabhängig voneinander funktionieren, sondern sie handeln und drücken sich gemeinsam und in einem beständigen Lebensfluss aus: »Aus dem Glauben an die Vereinigung der menschlichen und göttlichen Natur in der Person Christi können wir die engen Beziehungen erfassen, die zwischen der sinnlichen Liebe des leiblichen Herzens Jesu und seiner doppelten geistigen Liebe, der menschlichen und göttlichen, bestehen«. [45]
67. Wenn wir also in das Herz Christi eintreten, fühlen wir uns von einem menschlichen Herzen geliebt, das voll von Zuneigung und Gefühlen ist wie das unsere. Sein menschlicher Wille liebt uns aus freien Stücken, und dieser geistige Wille ist von der Gnade und der Liebe voll erleuchtet. Wenn wir das Innerste dieses Herzens erreichen, werden wir von der unermesslichen Herrlichkeit der unendlichen Liebe des ewigen Sohnes überströmt, die wir nicht mehr von seiner menschlichen Liebe trennen können. Gerade in seiner menschlichen Liebe, und nicht indem wir uns von ihr distanzieren, finden wir seine göttliche Liebe: wir finden das »Unendliche im Endlichen«. [46]
68. Es ist beständige und definitive Lehre der Kirche, dass unsere Anbetung seiner Person eine einzige ist und untrennbar sowohl seine göttliche als auch seine menschliche Natur einschließt. Von alters her hat die Kirche gelehrt, dass wir »ein und denselben Christus, den Gottes- und Menschensohn, aus zwei untrennbaren und ungeteilten Naturen« [47] anbeten müssen. Und dies »mit einer Anbetung, weil das Wort Fleisch geworden ist«. [48] Christus wird keineswegs »in zwei Naturen angebetet, woraus zwei Anbetungen folgen«, sondern man betet »mit einer Anbetung den fleischgewordenen Gott, das Wort, mitsamt seinem ihm eigenen Fleisch« [49] an.
69. Der heilige Johannes vom Kreuz wollte zum Ausdruck bringen, dass in der mystischen Erfahrung die unermessliche Liebe des auferstandenen Christus nicht als etwas unserem Leben Fremdes wahrgenommen wird. Der Unendliche steigt gewissermaßen herab, damit wir durch das offene Herz Christi eine wahrhaft gegenseitige Liebesbegegnung erfahren können: »Und so ist es glaubwürdig, dass der tieffliegende Vogel den königlichen, ganz erhabenen Adler fängt, wenn dieser herunterkommt, weil er gefangen werden möchte«. [50]Und er erklärt: »Denn wenn er die Braut sieht, verwundet aus Liebe zu ihm, kommt auch er auf ihr Seufzen herbei, verwundet aus Liebe zu ihr. Denn bei Verliebten ist die Verwundung des einen die von beiden, und beide erleben das gleiche Gefühl«. [51] Dieser Mystiker versteht das Bild der verwundeten Seite Christi als Aufruf, sich mit dem Herrn gänzlich zu vereinen. Er ist der verletzte Hirsch, der verwundet ist, wenn wir uns noch nicht von seiner Liebe haben berühren lassen, der zu den Wasserbächen hinabsteigt, um unseren Durst zu stillen, und der jedes Mal Trost findet, wenn wir uns an ihn wenden:
»Kehr zurück, Taube,
denn der verwundete Hirsch
lässt sich auf dem Hügel blicken
beim Windhauch deines Fluges und schöpft frische Luft«. [52]
70. Die Verehrung des Herzens Jesu ist zutiefst christologisch; sie ist eine direkte Betrachtung Christi, die zur Vereinigung mit ihm einlädt. Das ist berechtigt, wenn wir uns vor Augen halten, worum uns der Hebräerbrief bittet: unseren Lauf zu vollenden, indem wir »auf Jesus blicken« (12,2). Wir dürfen jedoch nicht übersehen, dass Jesus sich gleichzeitig als der Weg zum Vater darstellt: »Ich bin der Weg [...]. Niemand kommt zum Vater außer durch mich« ( Joh 14,6). Er will uns zum Vater führen. Deshalb lässt uns die Verkündigung der Kirche, von Anfang an, nicht bei Jesus Christus stehenbleiben, sondern sie führt uns zum Vater. Er ist es, der als die ursprüngliche Fülle am Ende verherrlicht werden muss. [53]
71. Betrachten wir zum Beispiel den Epheserbrief, wo wir deutlich und klar sehen können, wie unsere Anbetung an den Vater gerichtet ist: »Daher beuge ich meine Knie vor dem Vater« ( Eph 3,14). »Ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist« ( Eph 4,6). »Sagt Gott, dem Vater, jederzeit Dank für alles« ( Eph 5,20). Der Vater ist es, auf den wir hingeschaffen sind (vgl. 1 Kor 8,6). Aus diesem Grund hat der heilige Johannes Paul II. gesagt: »Das ganze christliche Leben ist wie eine große Pilgerschaft zum Haus des Vaters«. [54] Es ist das, was Ignatius von Antiochien auf dem Weg zum Martyrium erfahren hat: »Aber lebendes Wasser und redendes ist in mir, das im Innern zu mir spricht: Auf zum Vater!«. [55]
72. Er ist vor allem der Vater Jesu Christi: »Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus« ( Eph 1,3). Er ist »Gott Jesu Christi, unseres Herrn, der Vater der Herrlichkeit« ( Eph 1,17). Als der Sohn Mensch wurde, waren alle Wünsche und Sehnsüchte seines menschlichen Herzens auf den Vater gerichtet. Wenn wir sehen, wie Christus sich auf den Vater bezog, können wir diese Faszination seines menschlichen Herzens, diese vollkommene und ständige Ausrichtung auf den Vater, erahnen. [56] Seine Geschichte auf dieser unserer Erde war ein Wandeln, bei dem er in seinem menschlichen Herzen den unaufhörlichen Ruf spürte, zum Vater zu gehen. [57]
73. Wir wissen, dass das aramäische Wort, mit dem er sich an den Vater wandte, „Abba“ hieß, was „Papa, Vati“ bedeutet. Zu seiner Zeit waren einige über diese Vertrautheit verärgert (vgl. Joh 5,18). Es ist der Ausdruck, den Jesus verwendet hatte, um mit dem Vater zu sprechen, als die Todesangst ihn überkam: »Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht, was ich will, sondern was du willst« (Mk 14,36). Er erkannte sich immer als vom Vater geliebt: »Weil du mich schon geliebt hast vor Grundlegung der Welt« (Joh 17,24). Und Jesus war in seinem menschlichen Herzen verzückt, als er den Vater zu sich sagen hörte: »Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden« (Mk 1,11).
74. Das vierte Evangelium sagt, dass der ewige Sohn des Vaters seit jeher „auf das Herz des Vaters“ ( Joh 1,18) [58] ausgerichtet war. Der heilige Irenäus sagt, dass »der Sohn Gottes […] immer bei dem Vater gewesen ist«. [59] Und Origenes erklärt, dass der Sohn »in unablässiger Betrachtung der Tiefe des Vaters verharrt« [60]. Deshalb verbrachte der Sohn, als er Mensch wurde, ganze Nächte im Gespräch mit dem geliebten Vater auf dem Gipfel des Berges (vgl. Lk 6,12). Er sagte: »Ich muss in dem sein, was meinem Vater gehört« ( Lk 2,49). Schauen wir uns seine Lobpreisungen an: Jesus rief, »vom Heiligen Geist erfüllt, voll Freude aus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde« ( Lk 10,21). Und seine letzten Worte, die voller Zuversicht waren, lauteten: »Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist« ( Lk 23,46).
75. Richten wir nun unseren Blick auf den Heiligen Geist, der das Herz Christi erfüllt und in ihm brennt. Denn, wie der heilige Johannes Paul II. sagte, das Herz Christi ist »das Meisterwerk des Heiligen Geistes«. [61] Es ist nicht nur eine Angelegenheit der Vergangenheit, denn »in Christi Herz ist das Wirken des Heiligen Geistes lebendig, dem Jesus die Inspiration seiner Sendung zuschreibt (vgl. Lk 4,18; Jes 61,1) und dessen Herabkunft er beim Letzten Abendmahl versprochen hatte. Dieser Geist hilft uns, das vielfältige Zeichen der durchbohrten Seite Christi zu begreifen, aus der die Kirche hervorgegangen ist (vgl. Konstitution Sacrosanctum Concilium, 5)«. [62]Letztlich kann »nur der Heilige Geist in unserem Inneren die Fülle eröffnen, die im Herzen Jesu ist. Nur er kann bewirken, dass auch unsere Menschenherzen, unser Inneres, aus dieser Fülle immer mehr Kraft schöpfen«. [63]
76. Wenn wir versuchen, das Geheimnis des Wirkens des Geistes zu ergründen, sehen wir, dass er in uns seufzt und „Abba“ sagt: »Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen, den Geist, der ruft: Abba, Vater« (Gal 4,6). Denn »der Geist selber bezeugt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind« (Röm 8,16). Das Wirken des Heiligen Geistes im menschlichen Herzen Christi ruft unaufhörlich diese Anziehung zum Vater hervor. Und wenn er uns durch die Gnade mit den Empfindungen Christi verbindet, macht er uns zu Teilhabern an der Beziehung des Sohnes zum Vater und es ist der »Geist der Kindschaft […], in dem wir rufen: Abba, Vater!« (Röm 8,15).
77. Unsere Beziehung zum Herzen Christi verwandelt sich dann unter dem Antrieb des Heiligen Geistes, der uns auf den Vater, die Quelle des Lebens und den letzten Ursprung der Gnade, ausrichtet. Christus selbst wünscht nicht, dass wir nur bei ihm stehen bleiben. Die Liebe Christi ist eine »Offenbarung der Barmherzigkeit des Vaters«. [64] Sein Wunsch ist es, dass wir, angetrieben durch den Geist, der aus seinem Herzen strömt, „mit ihm und in ihm“ zum Vater gehen. Die Ehre gilt dem Vater „für“ Christus, [65] [5] „mit“ Christus [66] und „in“ Christus“. [67] Der heilige Johannes Paul II. lehrte: »Das Herz des Erlösers lädt uns ein, zur Liebe des Vaters zurückzufinden, der die Quelle jeder echten Liebe ist«. [68]Genau das ist es, was der Heilige Geist, der aus dem Herzen Christi zu uns kommt, in unseren Herzen zu nähren sucht. Deshalb wendet sich die Liturgie unter dem lebensspendenden Wirken des Geistes immer vom auferstandenen Herzen Christi aus an den Vater.
Jüngste lehramtliche Äusserungen
78. Das Herz Christi ist in der Geschichte der christlichen Spiritualität auf unterschiedliche Weise sichtbar geworden. In der Bibel und in den ersten Jahrhunderten der Kirche erschien es in der Gestalt der verwundeten Seite des Herrn, als Quelle der Gnade oder als Aufruf zu einer innigen Begegnung der Liebe. So ist sie im Zeugnis vieler Heiliger bis in die Gegenwart immer wieder aufgetaucht. In den letzten Jahrhunderten hat diese Spiritualität die Form einer regelrechten Verehrung des Herzens des Herrn angenommen.
79. Verschiedene meiner Vorgänger haben auf das Herz Christi Bezug genommen und in sehr unterschiedlichen Formulierungen dazu eingeladen, sich mit ihm zu vereinen. Ende des 19. Jahrhunderts lud Leo XIII. uns ein, uns ihm zu weihen, und verband in seinem Vorschlag die Einladung zur Verbindung mit Christus mit der Bewunderung für die Herrlichkeit seiner unendlichen Liebe. [69] Etwa dreißig Jahre später stellte Pius XI. diese Andacht als ein Kompendium der christlichen Glaubenserfahrung vor. [70] Darüber hinaus bekräftigte Pius XII., dass die Herz-Jesu-Verehrung in hervorragender Weise, als erhabene Synthese, unsere Verehrung für Jesus Christus zum Ausdruck bringt. [71]
80. In jüngerer Zeit hat Johannes Paul II. die Entwicklung dieser Verehrung in den vergangenen Jahrhunderten als Antwort auf die Zunahme rigoristischer und entkörperlichter Formen der Spiritualität dargestellt, die die Barmherzigkeit des Herrn vergessen haben, aber auch als einen zeitgemäßen Appell angesichts einer Welt, die sich ohne Gott versucht: »Die Verehrung des Heiligsten Herzens, wie sie sich in Europa vor zwei Jahrhunderten unter dem Antrieb der mystischen Erfahrungen der heiligen Margareta Maria Alacoque entwickelt hat, war die Antwort auf den Jansenistischen Rigorismus, der schließlich die unendliche Barmherzigkeit Gottes verkannt hatte […]. Der Mensch des Jahres 2000 braucht das Herz Christi, um Gott zu erkennen und sich selbst zu erkennen; er bedarf seiner, um die Zivilisation der Liebe aufzubauen«. [72]
81. Benedikt XVI. lud uns ein, das Herz Christi als innige und tägliche Gegenwart im Leben eines jeden Menschen zu erkennen: »Jeder Mensch braucht eine „Mitte“ für sein Leben, eine Quelle der Wahrheit und der Güte, aus der er in der Abfolge der verschiedenen Situationen und in der Mühe des Alltags schöpfen kann. Beim stillen Innehalten hat es ein jeder von uns nötig, nicht nur den eigenen Herzschlag, sondern das Pochen einer verlässlichen Gegenwart in größerer Tiefe zu verspüren, die mit den Sinnen des Glaubens wahrnehmbar und dennoch weitaus wirklicher ist: die Gegenwart Christi, des Herzens der Welt«. [73]
82. Das ausdrucksstarke und symbolische Bild des Herzens Christi ist nicht die einzige Ressource, die der Heilige Geist uns gibt, um der Liebe Christi zu begegnen. Es muss immer wieder durch Betrachtung, Lektüre des Evangeliums und geistliche Reifung bereichert, erleuchtet und erneuert werden. Schon Pius XII. sagte, dass die Kirche nicht behauptet, »dass Herz Jesu sei so zu verstehen, dass in ihm enthalten sei und angebetet werde das sogenannte „formale Bild“, beziehungsweise das vollkommene und absolute Zeichen seiner göttlichen Liebe, da ja dessen innerstes Wesen in keiner Weise durch irgendein geschaffenes Bild angemessen dargestellt werden kann«. [74]
83. Die Verehrung des Herzens Christi ist für unser christliches Leben insofern wesentlich, als sie die volle Offenheit des Glaubens und der Anbetung für das Geheimnis der göttlichen und menschlichen Liebe des Herrn bedeutet, so dass wir erneut sagen können, dass das Heiligste Herz eine Synthese des Evangeliums ist. [75] Es sei daran erinnert, dass die Visionen oder mystischen Erscheinungen, die von bestimmten Heiligen berichtet werden, die leidenschaftlich die Verehrung des Herzens Christi empfohlen haben, nicht etwas sind, das die Gläubigen glauben müssen, als ob sie das Wort Gottes wären. [76] Dies sind schöne Anregungen, die motivieren und viel Gutes bewirken können, obwohl sich niemand verpflichtet fühlen muss, ihnen zu folgen, wenn er nicht erkennt, dass sie ihm auf seinem geistlichen Weg helfen. Auch sei daran erinnert, dass man, wie Pius XII. erklärte, nicht sagen solle, »dass dieser Kult seinen Ausgang von einer göttlichen Privatoffenbarung genommen habe«. [77]
84. Der Vorschlag, die eucharistische Kommunion am ersten Freitag eines jeden Monats zu empfangen, war beispielsweise eine starke Botschaft in einer Zeit, in der viele Menschen nicht mehr zur Kommunion gingen, weil sie kein Vertrauen in die göttliche Vergebung, in Gottes Barmherzigkeit, hatten und die Kommunion als eine Art Belohnung für die Vollkommenen betrachteten. In diesem jansenistischen Kontext hat die Förderung dieser Praxis viel Gutes bewirkt, indem sie den Menschen half, in der Eucharistie die selbstlose und nahe Liebe des Herzens Christi zu erkennen, die uns zur Einheit mit ihm ruft. Wir können sagen, dass sie auch heute viel Gutes bewirken würde, und zwar aus einem anderen Grund: weil wir inmitten des Wirbels der heutigen Welt und unserer Besessenheit von Freizeit, Konsum und Vergnügung, Smartphones und Social Media vergessen, unser Leben mit der Kraft der Eucharistie zu nähren.
85. Ebenso muss sich niemand verpflichtet fühlen, donnerstags eine Stunde Anbetung zu halten. Aber wie kann man das nicht empfehlen? Wenn jemand diese Praxis mit Eifer zusammen mit vielen Brüdern und Schwestern übt und in der Eucharistie die ganze Liebe des Herzens Christi findet, »so verehrt er anbetend zusammen mit der Kirche das Zeichen und gleichsam die Spur der göttlichen Liebe, die so weit gegangen ist, dass sie auch mit dem Herzen des fleischgewordenen Wortes die […] Menschheit liebte«. [78]
86. Dies war für viele Jansenisten schwer zu verstehen, die auf alles Menschliche, Affektive, Körperliche herabschauten und schließlich glaubten, dass eine solche Verehrung uns von der reinsten Anbetung des allerhöchsten Gottes entferne. Pius XII. nannte diese elitäre Haltung einiger Gruppen, die Gott als so hoch, so erhaben, so weit entfernt ansahen, dass sie die empfindsamen Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit als gefährlich und der kirchlichen Kontrolle bedürftig ansahen, eine »falsche mystische Lehre«. [79]
87. Man könnte argumentieren, dass wir es heute mehr noch als beim Jansenismus mit einem starken Vormarsch der Säkularisierung zu tun haben, die eine Welt ohne Gott anstrebt. Hinzu kommt, dass sich in der Gesellschaft verschiedene Formen von Religiosität ohne Bezug zu einer persönlichen Beziehung zu einem Gott der Liebe verbreiten, die neue Erscheinungsformen einer „Spiritualität ohne Fleisch“ sind. Das ist richtig. Ich muss jedoch feststellen, dass auch in der Kirche der schädliche jansenistische Dualismus in neuer Gestalt wieder auflebt. Er hat in den letzten Jahrzehnten neue Kraft gewonnen, aber er ist eine Erscheinungsform jenes Gnostizismus, der schon in den ersten Jahrhunderten des christlichen Glaubens der Spiritualität geschadet und die Wahrheit der „Erlösung des Fleisches“ missachtet hat. Deshalb richte ich meinen Blick auf das Herz Christi und lade euch ein, seine Verehrung zu erneuern. Ich hoffe, dass es auch das heutige Empfinden anspricht und uns so hilft, diesen alten und neuen Dualismen zu begegnen, auf die es eine angemessene Antwort gibt.
88. Ich möchte hinzufügen, dass das Herz Christi uns gleichzeitig von einem anderen Dualismus befreit: dem der Gemeinschaften und Hirten, die sich nur auf äußere Aktivitäten konzentrieren, auf strukturelle Reformen, die nichts mit dem Evangelium zu tun haben, auf zwanghaftes Organisieren, auf weltliche Projekte, auf säkularisiertes Denken, auf verschiedene Vorschläge, die als Erfordernisse dargestellt werden und die man bisweilen allen aufdrängen will. Das Ergebnis ist oft ein Christentum, das die Zartheit des Glaubens, die Freude hingebungsvollen Dienstes, den Eifer für die Mission von Mensch zu Mensch, das Überwältigtsein von der Schönheit Christi, die emotionale Dankbarkeit für die Freundschaft, die er anbietet, und den letzten Sinn, den er dem persönlichen Leben gibt, vergessen hat. Kurzum, dies ist eine andere, nicht weniger entkörperlichte Form des trügerischen Transzendentalismus.
89. Diese sehr aktuellen Krankheiten, von denen wir, wenn wir uns haben anstecken lassen, nicht einmal geheilt werden wollen, veranlassen mich, der ganzen Kirche eine neue Vertiefung der Liebe Christi, die sich in seinem Heiligsten Herzen darstellt, nahezulegen. Dort finden wir das ganze Evangelium, dort ist die Wahrheit zusammengefasst, die wir glauben, dort ist das, was wir im Glauben anbeten und suchen, dort ist das, was wir am meisten brauchen.
90. Vor dem Herzen Christi ist es möglich, zu der fleischgewordenen Synthese des Evangeliums zurückzukehren und das zu leben, was ich vor kurzem vorgeschlagen habe, als ich an die geliebte heilige Theresia vom Kinde Jesus erinnerte: »Die angemessenste Haltung ist daher, das Vertrauen unseres Herzens außerhalb von uns selbst zu verankern: in der unendlichen Barmherzigkeit eines Gottes, der grenzenlos liebt und der am Kreuz Jesu Christi alles gegeben hat«. [80] Sie lebte das intensiv, weil sie im Herzen Christi entdeckt hatte, dass Gott Liebe ist: »Mir hat er seine unendliche Barmherzigkeit gegeben, durch sie hindurch beschaue ich alle anderen göttlichen Vollkommenheiten und bete sie an«. [81] Deshalb lautet das bekannteste Gebet, das wie ein Pfeil auf das Herz Christi zielt, ganz einfach: »Ich vertraue auf dich«. [82] Andere Worte sind nicht nötig.
91. In den folgenden Kapiteln werden wir zwei grundlegende Aspekte hervorheben, die die Herz-Jesu-Verehrung heute beide berücksichtigen sollte, um uns weiterhin zu nähren und dem Evangelium näher zu bringen: die persönliche geistliche Erfahrung und das gemeinschaftliche und missionarische Engagement.
DIE LIEBE, DIE ZU TRINKEN GIBT
92. Kehren wir zur Heiligen Schrift zurück, zu den inspirierten Texten, die der wichtigste Ort sind, an dem wir die Offenbarung finden. In ihnen und in der lebendigen Tradition der Kirche ist das enthalten, was der Herr selbst uns im Laufe der ganzen Geschichte sagen wollte. Beginnend bei der Lektüre von Texten aus dem Alten und dem Neuen Testament werden wir einige Auswirkungen des Wortes auf dem langen geistlichen Weg des Volkes Gottes zusammenstellen.
93. In der Bibel steht, dass dem Volk, das die Wüste durchwandert hatte und auf die Befreiung wartete, eine Fülle lebensspendenden Wassers verheißen war: »Ihr werdet Wasser freudig schöpfen aus den Quellen des Heils« (Jes 12,3). Die messianischen Verheißungen nahmen die Gestalt einer Quelle reinigenden Wassers an: »Ich gieße reines Wasser über euch aus, dann werdet ihr rein. […] einen neuen Geist gebe ich in euer Inneres« (Ez 36,25-26). Es ist das Wasser, das dem Volk ein erfülltes Leben zurückgeben wird, wie eine Quelle, die aus dem Tempel hervorquillt und im Vorüberfließen Leben und Gesundheit schenkt: »Als ich zurückging, siehe, da waren an beiden Ufern des Flusses sehr viele Bäume. [...] da werden alle Lebewesen, alles, was sich regt, leben können […]. Weil dieses Wasser dort hinkommt, werden sie gesund; wohin der Fluss kommt, dort bleibt alles am Leben« (Ez 47,7.9).
94. Beim jüdischen Laubhüttenfest ( Sukkot), das an die vierzig Jahre in der Wüste erinnerte, nahm das Symbol des Wassers nach und nach einen zentralen Platz ein und sah ein Ritual vor, bei dem jeden Morgen Wasser geopfert wurde und das am letzten Tag des Festes sehr feierlich wurde: Es wurde eine große Prozession zum Tempel unternommen, wo man schließlich siebenmal den Altar umschritt und das Wasser inmitten von großem Trubel Gott opferte. [83]
95. Die Ankündigung des Kommens der messianischen Zeit erfolgte mit dem Bild einer für das Volk geöffneten Quelle: »Doch über das Haus David und über die Einwohner Jerusalems werde ich einen Geist des Mitleids und des flehentlichen Bittens ausgießen. Und sie werden auf mich blicken, auf ihn, den sie durchbohrt haben. […] An jenem Tag wird für das Haus David und für die Einwohner Jerusalems eine Quelle entspringen gegen Sünde und Unreinheit« (Sach 12,10; 13,1).
96. Ein durchbohrter Mensch, eine offene Quelle, ein Geist der Gnade und des Gebets. Die ersten Christen sahen diese Verheißung klar in der offenen Seite Christi erfüllt, der Quelle, aus der das neue Leben hervorströmt. Wenn wir das Johannesevangelium durchgehen, sehen wir, wie sich diese Prophezeiung in Christus erfüllt hat. Betrachten wir seine offene Seite, aus der das Wasser des Heiligen Geistes floss: »Einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite und sogleich floss Blut und Wasser heraus« (Joh 19,34). Dann fügt der Evangelist hinzu: »Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben« (Joh 19,37). Er greift damit die Verheißung des Propheten auf, der dem Volk eine offene Quelle in Jerusalem versprach, wenn sie auf den Durchbohrten schauten (vgl. Sach 12,10). Die offene Quelle ist die verwundete Seite Jesu.
97. Wir sehen, dass das Evangelium selbst diesen heiligen Augenblick ankündigt, und zwar »am letzten Tag des Festes, dem großen Tag« des Laubhüttenfestes (Joh 7,37). Damals rief Jesus dem feiernden Volk in der großen Prozession zu: »Wer Durst hat, komme zu mir und […] trinke […]. Aus seinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen« (Joh 7,37-38). Damit dies geschehen konnte, musste seine „Stunde“ kommen, denn Jesus war »noch nicht verherrlicht« (Joh 7,39). Alles hat sich in der überfließenden Quelle des Kreuzes erfüllt.
98. Im Buch der Offenbarung des Johannes erscheint dann sowohl der Durchbohrte wieder – »jedes Auge wird ihn sehen, auch alle, die ihn durchbohrt haben« (Offb 1,7) – als auch die offene Quelle: »Wer durstig ist, der komme! Wer will, empfange unentgeltlich das Wasser des Lebens!« (Offb 22,17).
99. Die durchbohrte Seite ist gleichzeitig der Sitz der Liebe, einer Liebe, die Gott seinem Volk in vielen unterschiedlichen Worten erklärt hat, die es wert sind, erinnert zu werden:
»Weil du in meinen Augen teuer und wertvoll bist / und weil ich dich liebe« (Jes 43,4).
»Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, ohne Erbarmen sein gegenüber ihrem leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergisst: Ich vergesse dich nicht. Sieh her: Ich habe dich eingezeichnet in meine Hände« (Jes 49,15-16).
»Mögen auch die Berge weichen und die Hügel wanken – meine Huld wird nicht von dir weichen und der Bund meines Friedens nicht wanken« (Jes 54,10).
»Mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt, darum habe ich dir die Treue bewahrt« (Jer 31,3).
»Der Herr, dein Gott, ist in deiner Mitte, ein Held, der Rettung bringt. Er freut sich und jubelt über dich, er schweigt in seiner Liebe, er jubelt über dich und frohlockt« (Zef 3,17).
100. Der Prophet Hosea spricht sogar vom Herzen Gottes: »Mit menschlichen Fesseln zog ich sie, mit Banden der Liebe« (Hos 11,4). Wegen eben dieser verachteten Liebe konnte er sagen: »Gegen mich selbst wendet sich mein Herz, heftig entbrannt ist mein Mitleid« (Hos 11,8). Doch es wird stets die Barmherzigkeit siegen (vgl. Hos 11,9), die ihren höchsten Ausdruck in Christus finden wird, dem letztgültigen Wort der Liebe.
101. Im durchbohrten Herzen Christi sind alle Liebesbekundungen der Heiligen Schrift konzentriert, eingeschrieben in das Fleisch. Es handelt sich nicht um eine Liebe, die bloß erklärt wird, sondern seine offene Seite ist für die Geliebten die Quelle des Lebens, jene Quelle, die den Durst seines Volkes stillt. Wie der heilige Johannes Paul II. lehrte, »gehören die wesentlichen Elemente einer solchen Verehrung daher dauerhaft zur Spiritualität der Kirche im Lauf ihrer Geschichte, da die Kirche von Anfang an ihren Blick auf das Herz des am Kreuz durchbohrten Christus gerichtet hat«. [84]
Der Widerhall des Wortes in der Geschichte
102. Sehen wir uns einige Wirkungen an, die dieses Wort Gottes in der Geschichte des christlichen Glaubens hervorgebracht hat. Mehrere Kirchenväter, vor allem aus Kleinasien, haben die Wunde in der Seite Jesu als Quelle des Wassers des Heiligen Geistes angesprochen: des Wortes, seiner Gnade und der Sakramente, die es vermitteln. Die Kraft der Märtyrer lebt von der »himmlischen Quelle des lebendigen Wassers […], das aus dem Leibe Christi quoll«, [85] oder wie Rufinus übersetzt »aus den himmlischen und ewigen Quellen, die aus dem Leib Jesu hervorgehen«. [86] Wir Gläubigen, die wir aus dem Geist wiedergeboren sind, kommen aus jener Felsenhöhle und »sind aus Christi Schoß hervorgegangen«. [87] Seine verwundete Seite, die wir als sein Herz deuten, ist voll von Heiligem Geist, und aus ihm gelangt er zu uns wie Ströme von lebendigem Wasser: »Die Quelle des Geistes ist ganz in Christus«. [88] Aber der Geist, den wir empfangen, entfernt uns nicht vom auferstandenen Herrn, sondern erfüllt uns mit ihm, denn indem wir den Geist trinken, trinken wir Christus selbst: »Trinke Christus, denn er ist der Fels, aus dem das Wasser hervorquillt. Trinke Christus, denn er ist die Quelle des Lebens. Trinke Christus, denn er ist der Strom, dessen Kraft die Stadt Gottes erfreut. Trinke Christus, denn er ist der Friede. Trinke Christus, denn aus seiner Seite strömt lebendiges Wasser«. [89]
103. Der heilige Augustinus hat den Weg für die Verehrung des Heiligsten Herzens als Ort der persönlichen Begegnung mit dem Herrn geebnet. Für ihn ist das Herz Christi nämlich nicht nur die Quelle der Gnade und der Sakramente, sondern er personalisiert es, indem er es als Symbol der innigen Vereinigung mit Christus, als Ort einer liebevollen Begegnung darstellt. Darin liegt der Ursprung der kostbarsten Weisheit, die darin besteht, ihn zu kennen. Augustinus schreibt nämlich, dass Johannes, der geliebte Jünger, als er sich beim letzten Abendmahl an die Brust Jesu lehnte, sich dem geheimen Ort der Weisheit näherte. [90] Dabei handelt es sich nicht um eine einfache intellektuelle Betrachtung einer theologischen Wahrheit. Der heilige Hieronymus erklärte: Ein Mensch, der zur Kontemplation fähig ist, »genießt nicht die Anmut lieblicher Quellen, statt dessen trinkt er aus der Seite des Herrn vom Wasser des Lebens«. [91]
104. Der heilige Bernhard hat die Symbolik der durchbohrten Seite des Herrn wiederaufgegriffen und sie ausdrücklich als Offenbarung und Geschenk der Liebe seines Herzens verstanden. Durch die Wunde wird sie für uns zugänglich und wir können uns das große Geheimnis der Liebe und der Barmherzigkeit zu eigen machen: »Ich aber eigne mir voll Zuversicht, was mir von mir aus fehlt, aus dem Herzen des Herrn an, weil es von Erbarmen überfließt und die Spalten nicht fehlen, durch die es ausfließt. Sie haben seine Hände und Füße durchbohrt und die Seiten mit der Lanze durchstoßen: durch diese Ritzen darf ich Honig aus dem Felsen und Öl aus härtestem Gestein saugen, das heißt kosten und sehen, wie süß der Herr ist. […] „Das Eisen durchdrang seine Seele und näherte sich seinem Herzen“, so dass es nicht mehr ohne Mitgefühl sein kann gegenüber meinen Schwächen. Offen liegt das Verborgene des Herzens durch die Öffnung des Leibes, offen liegt jenes große Geheimnis der Güte«. [92]
105. Dies wird dann bei Wilhelm von Saint-Thierry besonders deutlich, der dazu einlädt, in das Herz Jesu einzutreten, der uns an seiner Brust nährt. [93] Das ist nicht verwunderlich, wenn wir uns daran erinnern, dass für diesen Autor »die Kunst der Künste die Kunst der Liebe ist [...]. Die Liebe wird durch den Schöpfer der Natur eingegeben. Die Liebe ist freilich eine Kraft der Seele, die sie wie ein natürliches Gewicht zu dem ihr eigenen Ort und dem Ziel führt«. [94] Und der ihr eigene Ort, an dem die Liebe in Fülle herrscht, ist das Herz Christi: »Denn wohin, Herr, ziehst du jene, die du umarmst und festhältst, wenn nicht zu deinem Herzen? Dein Herz, o Jesus, ist jenes süße Manna deiner Gottheit (vgl. Hebr 9,4), das du in dem goldenen Gefäß deiner Seele aufbewahrst, die voller Weisheit ist. Selig sind die, die durch deine Umarmung zu ihr geführt werden; selig sind die, die du in die Verborgenheit jener Tiefen, im Zentrum deines Herzens geborgen hast«. [95]
106. Der heilige Bonaventura vereint die beiden geistlichen Linien, die vom Herzen Christi sprechen: Während er es als Quelle der Sakramente und der Gnade darstellt, schlägt er vor, dass diese Betrachtung zu einer Beziehung der Freundschaft wird, zu einer persönlichen Begegnung der Liebe.
107. Zum einen hilft er uns, die Schönheit der Gnade und der Sakramente zu erkennen, die aus jener Quelle des Lebens hervorgehen, die die verwundete Seite des Herrn ist: »Aus der Seite des am Kreuz entschlafenen Christus sollte die Kirche gebildet werden; auch sollte sich das Schriftwort erfüllen: „Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben“ ( Sach 12,10; Joh 19,37). Daher entsprach es dem göttlichen Heilsplan, dass einer der Soldaten die heilige Seite mit der Lanze durchstach, sodass Blut und Wasser herausfloss. Der Preis unserer Erlösung wurde da ausgegossen. Aus der Quelle, nämlich dem innersten Geheimnis des Herzens fließend, sollte er den Sakramenten der Kirche die Kraft verleihen, das Leben der Gnade zu geben; und den bereits in Christus Lebendigen sollte er zum Becher des „lebendigen Quells werden, der hinüberströmt ins ewige Leben“ ( Joh 4,14)«. [96]
108. Zum anderen lädt er uns ein, einen weiteren Schritt zu tun, damit der Zugang zur Gnade nicht etwas Magisches oder so etwas wie eine Emanation neuplatonischer Art wird, sondern eine direkte Beziehung zu Christus, der seinem Herzen innewohnt, denn wer trinkt, ist ein Freund Christi, ist ein Herz, das liebt: »Steh auf, Freundin Christi! Du sollst wie die Taube sein, die im Eingang des Felsenspaltes nistet (vgl. Jer 48,28); wie der Sperling, der dort sein Haus findet (Ps 84,4), sollst du stets wach bleiben. Wie die Turteltaube sollst du dort die Nachkommen keuscher Liebe verbergen«. [97]
Die Verbreitung der Herz-Jesu-Verehrung
109. Nach und nach nahm die verwundete Seite, in der die Liebe Christi ihren Sitz hat und von der das Leben der Gnade ausgeht, die Gestalt des Herzens an, insbesondere im monastischem Leben. Wir wissen, dass die Verehrung des Herzens Christi im Laufe der Geschichte nicht immer die gleiche Ausdrucksform hatte und dass die in der Neuzeit entwickelten Aspekte, die mit verschiedenen geistlichen Erfahrungen verbunden sind, nicht mit den mittelalterlichen Formen und noch weniger mit den biblischen Formen verglichen werden können, in denen wir die Anfänge dieser Verehrung erahnen können. Dennoch verschmäht die Kirche heute nichts von dem Guten, das der Heilige Geist uns im Laufe der Jahrhunderte geschenkt hat, weil sie weiß, dass es immer möglich sein wird, eine klarere und umfassendere Bedeutung bestimmter Details der Verehrung zu erkennen oder neue Aspekte zu verstehen und zu enthüllen.
110. Verschiedene heilige Frauen haben von ihren Erfahrungen der Christusbegegnung berichtet, die gekennzeichnet waren von einem Ruhen im Herzen des Herrn, der Quelle des Lebens und des inneren Friedens. Dies gilt unter anderem für die heilige Lutgard, die heilige Mechthild von Hackeborn, die heilige Angela von Foligno und Juliana von Norwich. Die heilige Gertrud von Helfta, eine Zisterzienserin, berichtete von einem Moment der Gebets, in welchem sie ihren Kopf auf das Herz Christi legte und seinem Schlagen lauschte. In einem Zwiegespräch mit dem Evangelisten Johannes fragte sie ihn, warum er in seinem Evangelium nicht über das gesprochen habe, was er empfand, als er dieselbe Erfahrung gemacht hatte. Gertrud kommt zu dem Schluss: »Das beglückende Reden über die Schläge dieses Herzens bleibt jedoch der gegenwärtigen Zeit vorbehalten. Wenn die alternde und in der Gottesliebe erlahmte Welt davon hört, soll sie sich neu erwärmen«. [98] Könnten wir es vielleicht für eine Ankündigung an unsere Zeit halten, für einen Aufruf, zu erkennen, wie „alt“ diese Welt geworden ist und wie bedürftig sie ist, die immer neue Botschaft der Liebe Christi zu vernehmen? Die heilige Gertrud und die heilige Mechthild gelten als die »innigsten Vertrauten des Heiligsten Herzens«. [99]
111. Die Kartäuser fanden, ermutigt vor allem von Ludolf von Sachsen, in der Verehrung des Heiligsten Herzens einen Weg, ihre Beziehung zu Jesus Christus mit Zuneigung und Nähe zu erfüllen. Wer durch die Wunde seines Herzens eintritt, der entflammt vor Zuneigung. Die heilige Katharina von Siena schrieb, dass die Leiden, die der Herr ertrug, nicht etwas sind, dem wir beiwohnen können, dass das offene Herz Christi für uns jedoch die Möglichkeit einer gegenwärtigen und persönlichen Begegnung mit viel Liebe ist: »Ich wollte, dass ihr das Geheimnis des Herzens sehen solltet, indem ich es euch geöffnet darbot; hier sollte euch klar werden, dass meine Liebe größer war als was ich euch durch mein endliches Leiden zeigen konnte«. [100]
112. Die Verehrung des Herzens Christi erfolgte allmählich auch jenseits des monastischen Lebens und bereicherte die Spiritualität von heiligen Lehrern, Predigern und Ordensgründern, die sie bis in die entlegensten Winkel der Erde verbreiteten. [101]
113. Von besonderem Interesse war die Initiative des heiligen Johannes Eudes, der »nachdem er mit seinen Missionaren eine besonders eifrige Mission in Rennes durchgeführt hatte, den Bischof dazu brachte, in dieser Diözese die Feier des Festes des anbetungswürdigen Herzens unseres Herrn Jesus Christus zu approbieren. Dies war das erste Mal, dass dieses Fest in der Kirche offiziell genehmigt wurde. Später gewährten die Bischöfe von Coutances, Evreux, Bayeux, Lisieux und Rouen zwischen 1670 und 1671 das gleiche Fest für ihre jeweiligen Diözesen«. [102]
114. In der Neuzeit ist der Beitrag des heiligen Franz von Sales bemerkenswert. Er betrachtete oft das offene Herz Christi, das dazu einlädt, in einer persönlichen Beziehung der Liebe in ihm zu verweilen, in der sich die Geheimnisse des Lebens erhellen. Wir können in den Gedanken dieses heiligen Kirchenlehrers erkennen, wie ihm angesichts einer rigoristischen Moral oder einer Religiosität der bloßen Pflichterfüllung das Herz Christi als ein Aufruf erschien, voll auf das geheimnisvolle Wirken seiner Gnade zu vertrauen. Der Baronin von Chantal gegenüber drückte er das so aus: »Ich denke wohl, daß wir nicht mehr in uns selbst bleiben wollen und […] vertrauensvoll für immer unsere Wohnstätte in der durchbohrten Seite des Erlösers aufschlagen sollen; denn ohne ihn können wir nicht nur nichts tun, aber auch wenn wir könnten, würden wir nichts tun wollen«. [103]
115. Für ihn war die Frömmigkeit weit davon entfernt, zu einer Form des Aberglaubens oder einer unangemessenen Verdinglichung der Gnade zu werden, denn sie bedeutete die Einladung zu einer persönlichen Beziehung, in der sich ein jeder vor Christus als einzigartig erlebt, als in seiner unwiederholbaren Wirklichkeit erkannt, als von Christus gesehen und direkt und exklusiv bedacht: »Dieses sehr anbetungswürdige und sehr liebenswürdige Herz unseres Meisters, das von seiner Liebe zu uns ganz glühend ist, in das wir alle unsere Namen eingeschrieben sehen werden [...] Es wird ein sehr großer Trost sein, dass wir von unserem Herrn so innig geliebt werden, dass er uns immer in seinem Herzen trägt«. [104] Dieser auf das Herz Christi geschriebene Eigenname, ist die Weise, in der Franz von Sales zu versinnbildlichen versucht, inwieweit die Liebe Christi zu jedem einzelnen keine abstrakte oder allgemeine ist, sondern eine persönliche Dimension beinhaltet, durch die sich der Gläubige um seiner selbst willen geschätzt und anerkannt fühlt: »Mein Gott, meine Tochter, wie schön ist der Himmel nun, da der Heiland ihm als Sonne dient und seine durchbohrte Seite als Quelle der Liebe, aus der die Seligen nach Wunsch trinken können. Jeder wird sich darin betrachten und jeder sieht dort seinen Namen mit Liebeslettern geschrieben, die die Liebe allein lesen kann und den die Liebe allein geschrieben hat. Ach Gott, meine liebe Tochter, werden unsere Namen auch darin stehen? Sie werden es zweifellos; denn wenn auch unser Herz nicht die Liebe hat, hat es doch Sehnsucht nach Liebe und den Beginn der Liebe«. [105]
116. Er sah diese Erfahrung als etwas Grundlegendes für ein spirituelles Leben an und zählte diese Überzeugung zu den großen Glaubenswahrheiten: »Ja, meine sehr liebe Tochter, er denkt an Sie und nicht nur an Sie, sondern an das kleinste Haar auf Ihrem Haupt ( Mt 10,30; Lk 21,18); das ist ein Glaubensartikel und wir dürfen nie daran zweifeln«. [106] Daraus folgt, dass der Gläubige fähig wird, sich ganz dem Herzen Christi anzuvertrauen, in welchem er Ruhe, Trost und Kraft findet: »O Gott, welches Glück, so in den Armen und an der Brust [des Erlösers]. […] Bleiben Sie so, liebe Tochter, wie ein kleiner anderer Johannes und während die anderen am Tisch des Herrn verschiedene Gerichte speisen, legen und lehnen Sie mit ganz einfachem Vertrauen Ihr Haupt, Ihre Seele, Ihren Geist an die liebevolle Brust dieses teuren Heilands«. [107] »Dem Geist nach hoffe ich, dass Sie in der Höhle der Turteltaube und in der durchbohrten Seite unseres teuren Heilands sein werden. [...] Wie gut ist doch der Herr, meine liebe Tochter! Wie liebenswert sein Herz! Bleiben wir dort in dieser heiligen Wohnstatt«. [108]
117. Getreu seiner Lehre über die Heiligung im gewöhnlichen Leben schlägt er jedoch vor, dass dies inmitten der Tätigkeiten, Aufgaben und Pflichten des Alltags gelebt werden sollte: »Sie fragen mich, wie die Seelen, die im Gebet zu dieser heiligen Einfachheit und vollkommenen Hingabe an Gott hingezogen werden, sich in all ihren Handlungen verhalten sollen? Ich antworte, dass sie nicht nur im Gebet, sondern in der Führung ihres ganzen Lebens unwandelbar im Geist der Einfachheit wandeln sollen, indem sie ihre ganze Seele, ihr Tun und ihren Erfolg dem Wohlgefallen Gottes überlassen und anvertrauen, aus einer Liebe vollkommenen und absolutsten Vertrauens, indem sie sich der Gnade und der Sorge der ewigen Liebe überlassen, die die göttliche Vorsehung für sie hat«. [109]
118. Als es darum ging, ein Sinnbild zu finden, das seinen Entwurf für ein geistliches Leben zusammenfasst, kam er aus all diesen Gründen zu folgendem Schluss: »Ich habe also gedacht, wenn Sie damit einverstanden sind, meine liebe Mutter, wollen wir als Wappen ein einziges, von zwei Pfeilen durchbohrtes, von einer Dornenkrone umschlossenes Herz nehmen«. [110]
119. Unter dem heilsamen Einfluss dieser Spiritualität des heiligen Franz von Sales kam es Ende des 17. Jahrhunderts zu den Ereignissen von Paray-le-Monial. Die heilige Margareta Maria Alacoque hat von wichtigen Erscheinungen berichtet, die sich zwischen Ende Dezember 1673 und Juni 1675 zugetragen haben. Grundlegend ist eine Liebeserklärung, die aus der ersten großen Erscheinung hervorsticht. Jesus sagt: »Mein göttliches Herz brennt so vor Liebe zu den Menschen und besonders zu dir, dass es die Flammen dieses Feuers nicht mehr in sich verschließen kann. Es muss sie deshalb durch dich ausbreiten, es muss sich offenbaren, um die Menschen mit den kostbaren Schätzen zu bereichern, die ich dir entdecke«. [111]
120. Die heilige Margareta Maria fasst alles auf eine kraftvolle und leidenschaftliche Weise zusammen: »...und entdeckte mir die Wunder seiner Liebe und die unaussprechlichen Geheimnisse seines heiligsten Herzens, die er mir bis dahin verborgen hatte und nun zum ersten Mal vor mir öffnete. Er tat das in einer so wirksamen und fühlbaren Weise, dass er mir keine Möglichkeit ließ, an den Wirkungen dieser Gnade in mir zu zweifeln«. [112] In den folgenden Erscheinungen wird die Schönheit dieser Botschaft noch einmal bekräftigt: »Darauf entdeckte er mir die unaussprechlichen Wunder seiner reinen Liebe und das Übermaß dieser Liebe zu den Menschen […]«. [113]
121. Dieses intensive Erkennen der Liebe Jesu, das uns die heilige Margareta Maria übermittelt hat, bietet uns wertvolle Impulse für unsere Vereinigung mit ihm. Das bedeutet nicht, dass wir uns verpflichtet fühlen, alle Einzelheiten dieses geistlichen Weges anzunehmen oder zu übernehmen, bei dem sich, wie es oft der Fall ist, das göttliche Handeln mit menschlichen Elementen vermischt, die mit den Wünschen, Sorgen und den inneren Vorstellungen der Betroffenen verbunden sind. [114] Solch eine Anregung muss immer wieder im Licht des Evangeliums und der gesamten reichen geistlichen Tradition der Kirche neu gelesen werden, wobei wir anerkennen, wie viel Gutes sie in zahlreichen Schwestern und Brüdern bewirkt hat. Dies ermöglicht es uns, Gaben des Heiligen Geistes in dieser Erfahrung des Glaubens und der Liebe zu erkennen. Wichtiger als die Einzelheiten ist der Kern der Botschaft, der uns vermittelt wird und der in jenen Worten zusammengefasst werden kann, die die heilige Margareta gehört hat: »Siehe hier das Herz, das die Menschen so sehr geliebt hat, dass es sich nicht schonte, sondern sich völlig hingab und verzehrte, um ihnen seine Liebe zu beweisen« . [115]
122. Diese Erscheinung ist eine Einladung, in der Begegnung mit Christus zu wachsen, dank eines uneingeschränkten Vertrauens, bis zur Erlangung einer vollen und endgültigen Vereinigung: »Das göttliche Herz Jesu muss so sehr an die Stelle des unseren treten, dass er allein in uns und für uns lebt und handelt; dass sein Wille […] absolut ohne jeglichen Widerstand von unserer Seite handeln kann; und schließlich, dass seine Zuneigungen, seine Gedanken und seine Sehnsüchte die unseren ersetzen, vor allem aber seine Liebe, die ihn selbst in uns und für uns lieben wird. Auf diese Weise werde uns sein liebendes Herz alles in allem, so dass wir mit dem heiligen Paulus werden sagen können, nicht mehr wir leben, sondern er lebt in uns«. [116]
123. Tatsächlich schildert sie in der ersten Botschaft, die sie erhalten hat, diese Erfahrung auf persönlichere und konkretere Weise, voll Feuer und Zärtlichkeit: »Dann forderte er mein Herz von mir. Ich bat ihn inständig, es zu nehmen. Er nahm es und versenkte es in das seine. Dort sah ich es wie ein winziges Stäubchen, das sich in dieser brennenden Glut verzehrte«. [117]
124. An einer anderen Stelle bemerken wir, dass derjenige, der sich uns schenkt, der auferstandene Christus ist, voll Herrlichkeit, voller Leben und Licht. Obwohl er verschiedentlich von den Leiden spricht, die er für uns ertragen hat, und von der Undankbarkeit, die er erfährt, sind es hier nicht das Blut und die schmerzhaften Wunden, die hervorstechen, sondern das Licht und das Feuer des Lebendigen. Die Wunden seines Leidens, die nicht verschwinden, werden verklärt. Auf diese Weise offenbart sich hier das Ostergeheimnis in seiner Gänze: »Einmal, als wieder das Allerheiligste ausgesetzt war […] erschien mir Jesus Christus, mein geliebter Meister, im Glanz seiner Verherrlichung mit seinen fünf Wundmalen, die wie fünf Sonnen leuchteten. Überall aus dieser seiner heiligen Menschheit drangen Flammen hervor, besonders aus seiner anbetungswürdigen Brust, die einem Glutmeer glich. Darauf entdeckte er mir die unaussprechlichen Wunder seiner reinen Liebe und das Übermaß dieser Liebe zu den Menschen, von denen er nichts als Undank und Verkennung erfährt«. [118]
Der heilige Claude de la Colombière
125. Als der heilige Claude de la Colombière von den Erfahrungen der heiligen Margareta erfuhr, wurde er sofort zu deren Verteidiger und Verbreiter. Er spielte eine besondere Rolle für das Verständnis und die Verbreitung dieser Herz-Jesu-Verehrung, aber auch für ihre Interpretation im Lichte des Evangeliums.
126. Während einige der Äußerungen der heiligen Margareta, wenn sie missverstanden werden, dazu verleiten konnten, zu sehr auf die eigenen Opfer und Gaben zu vertrauen, zeigt der heilige Claude, dass die Betrachtung des Herzens Christi, wenn sie wahrhaftig ist, keine Selbstgefälligkeit oder Eitelkeit aufgrund menschlicher Erfahrungen oder Anstrengungen hervorruft, sondern vielmehr eine unbeschreibliche Hingabe an Christus, die das Leben mit Frieden, Sicherheit und Entschiedenheit erfüllt. Dieses absolute Vertrauen hat er sehr gut in einem berühmten Gebet ausgedrückt:
»Ich, mein Gott, bin so überzeugt, dass du über jene wachst, die auf dich hoffen, ich bin so überzeugt, dass es einem an nichts fehlen kann, wenn man alles von dir erwartet, dass ich beschlossen habe, in Zukunft ohne jegliche Sorge zu leben und alle meine Sorgen auf dich zu werfen [...] Ich werde meine Hoffnung nie verlieren, ich werde sie bis zum letzten Augenblick meines Lebens behalten und alle Dämonen der Hölle werden in jenem Augenblick vergebliche Anstrengungen unternehmen, um sie mir zu entreißen [...]. Ob die einen ihr Glück von ihrem Reichtum oder ihren Talenten erwarten, ob die anderen sich auf die Unschuld ihres Lebens oder die Strenge ihrer Bußübungen oder die Zahl ihrer Almosen oder die Inbrunst ihrer Gebete stützen, [...] für mich, Herr, ist mein ganzes Vertrauen, mein Vertrauen selbst: Dieses Vertrauen täuscht niemals irgendjemanden. [...] Ich bin also sicher, dass ich ewig glücklich sein werde, weil ich fest darauf hoffe, es zu sein, und weil ich es von dir, o mein Gott, hoffe«. [119]
127. Der heilige Claude schrieb im Januar 1677 eine Notiz, der einige Zeilen vorausgehen, die sich auf die Gewissheit beziehen, die er im Hinblick auf seine Mission empfand: »Ich habe erkannt, dass Gott will, dass ich ihm diene, indem ich seine Wünsche hinsichtlich der Verehrung erfülle, die er einer Person empfohlen hat, der er sich sehr vertraulich mitteilt, und für die er sich meiner Schwäche bedienen wollte. Ich habe sie schon etlichen Personen nahegelegt«. [120]
128. Es ist wichtig festzustellen, dass es in der Spiritualität von La Colombière zu einer gelungenen Synthese zwischen der reichen und schönen geistlichen Erfahrung der heiligen Margareta und der sehr konkreten Art der Betrachtung in den ignatianischen Exerzitien kommt. Er schrieb zu Beginn der dritten Woche des Exerziermonats: »Zwei Dinge haben mich besonders berührt. Das erste war die Bereitschaft, mit der Jesus Christus denen entgegenging, die ihn suchten [...] Sein Herz ist in schreckliche Bitterkeit versunken, alle Leidenschaften sind in ihm entfesselt, die ganze Natur ist verwirrt, und durch all diese Unordnung, all diese Versuchungen hindurch geht das Herz geradewegs auf Gott zu, macht keinen falschen Schritt, schwankt nicht, die Seite zu ergreifen, die die Tugend und die höchste Tugend ihm nahelegt [...] Das zweite ist die Haltung desselben Herzens gegenüber Judas, der ihn verriet, gegenüber den Aposteln, die ihn feige verließen, gegenüber den Priestern und den anderen, die die Verfolgung unternahmen, die er erlitt. Es ist sicher, dass all dies nicht imstande war, in ihm die geringste Verbitterung durch Hass oder Empörung zu erregen [...] Ich stelle mir also dieses Herz ohne Bosheit, ohne Verbitterung, voller wahrer Zärtlichkeit für seine Feinde vor«. [121]
Der heilige Charles de Foucauld und die heilige Theresia vom Kinde Jesus
129. Der heilige Charles de Foucauld und die heilige Theresia vom Kinde Jesus haben, ohne diesen Anspruch geltend zu machen, bestimmte Teile der Verehrung des Herzens Christi neugestaltet und uns so geholfen, sie in einer Weise zu verstehen, die dem Evangelium noch mehr entspricht. Sehen wir uns nun an, wie sich diese Verehrung in ihren Leben ausdrückte. Im nächsten Kapitel werden wir uns erneut mit ihnen befassen, um die Originalität der missionarischen Ausrichtung aufzuzeigen, die sie beide auf unterschiedliche Weise entwickelt haben.
130. In Louye besuchte der heilige Charles de Foucauld mit seiner Cousine, Madame de Bondy, das Allerheiligste und eines Tages zeigte sie ihm ein Herz-Jesu-Bild. [122] Diese Cousine war maßgeblich für die Bekehrung von Charles, wie er selbst zugibt: »Da Gott Sie zum Hauptwerkzeug seines Erbarmens mit mir gemacht hat, kommt seine ganze Barmherzigkeit von Ihnen: hätten Sie mich nicht bekehrt, nicht zu Jesus zurückgeführt, mich nicht nach und nach, gewissermaßen Wort für Wort, gelehrt, was fromm und gut ist, wäre ich dann heute so weit?« [123] Doch das, was sie in ihm weckte, war eben das glühende Bewusstsein für die Liebe Jesu. Dort war alles zu finden, das war die Hauptsache. Und dies konzentrierte sich vor allem in der Verehrung des Herzens Christi, wo er grenzenlose Barmherzigkeit fand: »Hoffen wir auf die unendliche Barmherzigkeit Dessen, dessen Heiligstes Herz ich durch Sie kennengelernt habe«. [124]
131. Sein geistlicher Begleiter, Abbé Henri Huvelin, wird ihm dann helfen, dieses kostbare Geheimnis zu vertiefen: »Dieses gebenedeite Herz, über das Sie so oft zu uns sprachen«. [125] Am 6. Juni 1889 weihte sich Charles dem Heiligsten Herzen, in welchem er eine absolute Liebe fand. Er sagt zu Christus: »Du [hast] mich auch so mit Wohltaten überschüttet, dass es mir wie Undankbarkeit gegen dein Herz erschiene, nicht daran zu glauben, dass es bereit ist, mich mit allem Gut zu überschütten, so groß es auch sein mag, und dass seine Liebe und seine Freigiebigkeit unermesslich sind«. [126] Er wird als Einsiedler »den Namen des Heiligsten Herzens […] tragen«. [127]
132. Am 17. Mai 1906, an eben jenem Tag, an dem Bruder Charles nicht mehr alleine die Messe zelebrieren kann, schreibt er dieses Versprechen auf: »Das Herz Jesu in mir leben zu lassen, damit nicht mehr ich lebe, sondern damit das Herz Jesu in mir lebe, wie er in Nazareth lebte«. [128] Seine Freundschaft mit Jesus, von Herz zu Herz, hatte nichts mit einer intimistischen Frömmigkeit gemein. Sie war die Wurzel jenes entblößten Lebens in Nazaret, mit dem Charles Christus nachahmen und ihm gleich werden wollte. Jene zärtliche Verehrung des Herzens Christi hatte ganz konkrete Auswirkungen auf seinen Lebensstil, und sein Nazaret wurde von dieser sehr persönlichen Beziehung zum Herzen Christi genährt.
Die heilige Theresia vom Kinde Jesus
133. Wie der heilige Charles de Foucauld nahm auch die heilige Theresia vom Kinde Jesus die enorme Frömmigkeit in sich auf, die Frankreich im 19. Jahrhundert erfasste. Der Priester Almire Pichon war der geistliche Begleiter ihrer Familie und galt als ein großer Apostel des Heiligsten Herzens. Eine ihrer Schwestern nahm den Ordensnamen „Maria vom Heiligsten Herzen“ an und das Kloster, in das die Heilige eintrat, war dem Heiligsten Herzen geweiht. Ihre Verehrung nahm jedoch einige besondere Züge an, die über die damals üblichen Formen hinausgingen.
134. Als sie fünfzehn Jahre alt war, fand sie eine Weise, um ihre Beziehung zu Jesus zusammenzufassen: Er, »dessen Herz im Einklang mit meinem schlug«. [129] Zwei Jahre später, als man zu ihr von einem dornengekrönten Herzen sprach, fügte sie in einem Brief hinzu: »Du weißt, ich sehe das Herz Jesu nicht wie jedermann. Ich denke, das Herz meines Bräutigams ist ganz mein und das meine ganz sein, und ich spreche zu ihm in dieser köstlichen Einsamkeit von Herz zu Herz, bis ich ihn dann einmal von Angesicht zu Angesicht schauen darf«. [130]
135. In einem Gedicht hat sie den Sinn ihrer Frömmigkeit zum Ausdruck gebracht, die mehr in Freundschaft und Vertrauen bestand, als im Sich-verlassen auf die eigenen Opfer:
»Ich brauche ihn so, sein Herz kann so zart sein.
Denn Er gibt mir Halt und zieht’s nicht zurück,
liebt alles in mir, selbst meine Schwachheit,
und bleibt stets bei mir, bei Tag und bei Nacht. […]
Er muss mir ein Gott sein. Nimmst meine Natur Du,
wirst Du mir zum Buder und lernst noch den Schmerz? […]
Ach, halt ich an mir, will selbst mir gerecht sein,
so ist das ein Nichts, ist Haschen nach Wind. […]
Mich reinige einst die Glut Deiner Liebe,
Du Herz meines Gottes, Du meine Wahl!« [131]
136. Der vielleicht wichtigste Text, um die Bedeutung ihrer Hingabe an das Herz Christi zu verstehen, ist der Brief, den sie drei Monate vor ihrem Tod an ihren Freund Maurice Bellière schrieb: »Wenn ich Magdalena betrachte, wie sie in Gegenwart der zahlreichen Geladenen vorgeht, um die Füße ihres angebeteten Meisters, den sie zum ersten Mal berührt, mit ihren Tränen zu netzen; ich fühle, dass ihr Herz die Abgründe der Liebe und des Erbarmens des Herzens Jesu begriffen hat und dass dieses Herz der Liebe nicht nur bereit ist, ihr, der Sünderin, zu vergeben, sondern auch ihr die Wohltat seiner göttlichen Nähe zu erweisen, sie zu den höchsten Gipfeln der Kontemplation zu erheben. Ah! Mein lieber kleiner Bruder, seit es mir geschenkt wurde, in solcher Weise die Liebe des Herzens zu erfassen, gestehe ich Ihnen, dass er alle Furcht aus meinem Herzen vertrieben hat. Die Erinnerung an meine Fehler demütigt mich, veranlasst mich, mich nie auf meine eigene Kraft, die nur Schwachheit ist, zu stützen, aber mehr noch spricht dieses Erinnern mir von Barmherzigkeit und Liebe«. [132]
137. Moralisten, die sich anmaßen, die Barmherzigkeit und Gnade zu kontrollieren, würden sagen, dass sie dies behaupten konnte, weil sie heilig war, dass ein Sünder das jedoch nicht sagen könne. Auf diese Weise lassen sie das wunderbare Neue an Theresias Spiritualität beiseite, die das Herz des Evangeliums widerspiegelt. Leider ist es in einigen christlichen Kreisen üblich geworden, den Heiligen Geist in ein Schema pressen zu wollen, um alles unter der eigenen Kontrolle zu behalten. Diese weise Kirchenlehrerin widerlegt sie jedoch und widerspricht einer solchen verkürzenden Interpretation direkt mit den folgenden sehr klaren Worten: »Wenn ich auch alle nur möglichen Verbrechen begangen hätte, wäre mein Vertrauen genau so groß. Ich fühle es, diese Masse von Sünden wäre wie ein Wassertropfen, den man auf glühende Kohlen fallen lässt«. [133]
138. An Schwester Maria, die sie für ihre hingebungsvolle und sogar zum Martyrium bereite Liebe zu Gott lobte, schreibt sie einen ausführlichen Antwortbrief, der heute als einer der Meilensteine der Geschichte der Spiritualität gilt. Dieser Text sollte wegen seiner Tiefe, Klarheit und Schönheit tausendmal gelesen werden. Darin hilft sie der Schwester „vom Heiligsten Herzen“, diese Frömmigkeit nicht auf den Aspekt des Leidens zu konzentrieren, weil einige die Wiedergutmachung vorrangig als Opfer oder als moralische Pflichterfüllung verstanden. Für sie hingegen ist alles zusammengefasst im Vertrauen als dem besten Opfer, das dem Herzen Christi wohlgefällt: »Mein Verlangen nach dem Martyrium ist nichts, nicht das ist es, was mir das grenzenlose Vertrauen schenkt, das ich in meinem Herzen fühle. Die geistigen Schätze machen nämlich ungerecht, wenn man sich wohlgefällig darauf ausruht und meint, sie seien etwas Großes [...] Ihm gefällt zu sehen, dass ich meine Kleinheit und meine Armut liebe, meine blinde Hoffnung auf seine Barmherzigkeit … Das ist mein einziger Schatz [...] Wenn Sie nun Freude empfinden wollen, wenn Sie Verlangen nach Leiden haben wollen, dann suchen Sie Ihren Trost [...] Verstehen Sie: Wenn man Jesus lieben, sein Opfer der Liebe sein will – je schwächer man ist, ohne Wünsche, ohne Tugenden, um so eher ist man geeignet für das Wirken dieser verzehrenden und umwandelnden Liebe [...] O wie möchte ich Ihnen begreiflich machen, was ich fühle! ... Das Vertrauen und nichts als das Vertrauen muss uns zur Liebe führen«. [134]
139. In vielen ihrer Texte erkennt man ihren Kampf gegen Spiritualitätsformen, die sich zu sehr auf die menschliche Anstrengung fokusieren, auf die eigenen Verdienste, auf das Darbringen von Opfern, auf bestimmte Pflichterfüllungen, um „sich den Himmel zu verdienen“. »Das Verdienst besteht« für sie »nicht im vielen Tun oder Geben, sondern vielmehr im Empfangen«. [135] Lesen wir noch einmal einige der sehr bedeutsamen Texte, in denen sie auf diesem Weg beharrt, der ein einfacher und schneller Weg ist, um den Herrn mittels des Herzens zu gewinnen.
140. So schreibt sie ihrer Schwester Leonie: »Ich versichere Dir, der Liebe Gott ist viel gütiger, als Du denkst. Er ist mit einem Blick, mit einem Seufzer der Liebe zufrieden... Ich selber finde, es ist ganz leicht, die Vollkommenheit zu üben, weil ich begriffen habe, dass man nur Jesus bei seinem Herzen zu nehmen braucht… Betrachte ein kleines Kind, das seine Mutter betrübt hat [...]. Kommt es aber und streckt ihr lächelnd seine Ärmchen entgegen und sagt: „Gib mir einen Kuss, ich werde es nicht mehr tun”, wird dann die Mutter es nicht zärtlich ans Herz drücken und seine kindlichen Unarten vergessen? …Freilich weiß sie genau, dass ihr liebes Kleines bei der nächsten Gelegenheit es wieder tun wird, aber das macht nichts, wenn es sie wieder beim Herzen nimmt, wird es nie gestraft werden«. [136]
141. In einem Brief an Pater Adolphe Roulland sagt sie: »Mein Weg ist ganz Vertrauen und Liebe, ich verstehe die Seelen nicht, die vor so einem liebevollen Freund Angst haben. Manchmal, wenn ich gewisse geistliche Abhandlungen lese, in denen die Vollkommenheit durch tausenderlei Erschwerungen hindurch und von einer Menge Illusionen umgeben beschrieben wird, ermüdet mein armer kleiner Geist gar schnell. Ich schließe das gelehrte Buch, das mir Kopfschmerzen macht und das Herz austrocknet und greife zur Heiligen Schrift. Dann erscheint mir alles voll Licht. Ein einziges Wort erschließt meiner Seele unendliche Horizonte, die Vollkommenheit scheint mir leicht, ich sehe, dass es genügt, sein Nichts zu erkennen und sich wie ein Kind Gott in die Arme zu werfen«. [137]
142. Und gegenüber Abbé Maurice Bellière merkt sie bezüglich eines Vaters an: »Ich glaube nicht, dass das Herz des glücklichen Vaters dem kindlichen Vertrauen seines Kindes widerstehen kann, dessen Aufrichtigkeit und Liebe er kennt. Freilich weiß er genau, dass sein Sohn mehr als einmal in dieselben Fehler zurückfallen wird, aber er ist bereit, ihm zu vergeben, wann immer sein Sohn an sein Herz appelliert«. [138]
Widerhall in der Gesellschaft Jesu
143. Wir haben gesehen, wie der heilige Claude de la Colombière die geistliche Erfahrung der heiligen Margareta mit dem Konzept der Exerzitien verbunden hat. Ich meine, dass der Platz, den das Heiligste Herz in der Geschichte der Gesellschaft Jesu einnimmt, eine kurze Erwähnung verdient.
144. Die Spiritualität der Gesellschaft Jesu hat immer eine »innere Erkenntnis des Herrn« empfohlen, »damit ich mehr ihn liebe und ihm nachfolge«. [139] Der heilige Ignatius lädt uns in seinen Geistlichen Übungen ein, an das Evangelium zu denken, in dem es heißt, »als seine Seite [von Jesus] von der Lanze verwundet war, floss Wasser und Blut heraus«. [140] Wenn der Exerzitant sich vor der verwundeten Seite Christi befindet, schlägt Ignatius ihm vor, in das Herz Christi einzutreten. Dies ist ein Weg, das Herz durch die Hand eines „Meisters der Affekte“ reifen zu lassen, wie es der heilige Peter Faber in einem seiner Briefe an den heiligen Ignatius ausdrückt. [141] Auch Pater Juan Alfonso de Polanco erwähnt dies in seiner Biographie des heiligen Ignatius: »[Kardinal Contarini] erkannte, dass er in Pater Ignatius einen Meister der Affekte ( magister affectuum) gefunden hatte«. [142] Die Gespräche, die der heilige Ignatius vorschlägt, sind ein wesentlicher Teil dieser Herzensbildung, damit wir die Botschaft des Evangeliums mit dem Herzen schmecken und verkosten und uns mit dem Herrn darüber unterhalten. Der heilige Ignatius sagt, dass wir dem Herrn unsere Anliegen mitteilen und ihn diesbezüglich um Rat fragen können. Jeder Exerzitant kann erkennen, dass es in den Exerzitien einen Dialog von Herz zu Herz gibt.
145. Der heilige Ignatius beendet seine Betrachtungen am Fuße des Kreuzes, indem er den Exerzitanten einlädt, sich an den gekreuzigten Herrn zu wenden und ihn mit großer Zuneigung zu fragen, was er für ihn tun solle, »wie ein Freund zu einem anderen spricht oder ein Knecht zu seinem Herrn«. [143] Der Verlauf der Exerzitien gipfelt in der „Betrachtung, um Liebe zu erlangen“, aus der der Dank und die Hingabe von „Gedächtnis, Verstand und Willen“ an jenes Herz hervorgehen, das die Quelle und der Ursprung alles Guten ist. [144] Diese innere Erkenntnis des Herrn wird nicht durch unsere eigenen Fähigkeiten und Bemühungen geschaffen, sie wird als Gabe erbeten.
146. Eben diese Erfahrung steht hinter einer langen Reihe von Priestern des Jesuitenordens, die sich ausdrücklich auf das Herz Jesu bezogen haben, wie der heilige Franz von Borja, der heilige Peter Faber, der heilige Alfons Rodríguez, Pater Álvarez de Paz, Pater Vicenzo Caraffa, Pater Kasper Drużbicki und viele andere. Im Jahr 1883 erklärten die Jesuiten, dass »die Gesellschaft Jesu die äußerst angenehme Aufabe, die ihr von unserem Herrn Jesus Christus anvertraut wurde, die Verehrung seines göttlichen Herzens zu pflegen, zu fördern und zu verbreiten, in frohem und dankbarem Geist annimmt und empfängt«. [145] Im Dezember 1871 weihte Pater Pieter Jan Beckx die Gesellschaft dem Heiligsten Herzen Jesu, und als Zeugnis dafür, dass dies nach wie vor ein aktueller Bestandteil des Lebens der Gesellschaft ist, tat Pater Pedro Arrupe dies 1972 erneut, und zwar mit einer Überzeugung, die in folgenden Worten zum Ausdruck kommt: »Ich möchte der Gesellschaft etwas mitteilen, von dem ich denke, dass ich es nicht verschweigen darf. Seit meinem Noviziat war ich immer davon überzeugt, dass die sogenannte „Herz-Jesu-Verehrung“ symbolisch das Tiefste des ignatianischen Geistes zum Ausdruck bringt und eine außerordentliche Wirksamkeit – ultra quam speraverint – besitzt, sowohl für die eigene Vervollkommnung als auch für die apostolische Fruchtbarkeit. Davon bin ich nach wie vor überzeugt. [...] In dieser Verehrung liegt eine der tiefsten Quellen meines inneren Lebens«. [146]
147. Als der heilige Johannes Paul II. »alle Mitglieder der Gesellschaft« aufforderte, »diese Verehrung, die den Erwartungen unserer Zeit mehr denn je entspricht, mit noch größerem Eifer zu fördern«, tat er dies, weil er die enge Verbindung zwischen der Verehrung des Herzens Christi und der ignatianischen Spiritualität erkannte, denn »der Wunsch, „den Herrn innig kennenzulernen“ und mit ihm von Herzen zu Herzen „einen Dialog zu führen“, ist dank der Geistlichen Übungen typisch für die geistliche und apostolische ignatianische Dynamik, die ganz im Dienst der Liebe zum Herzen Gottes steht«. [147]
Eine lange Tradition des inneren Lebens
148. Die Verehrung des Herzens Christi gehört zum geistlichen Weg vieler sehr unterschiedlicher Heiliger, und bei jedem von ihnen nimmt diese Verehrung neue Aspekte an. Der heilige Vinzenz von Paul, um ein Beispiel zu nennen, sagte, dass das, was Gott will, das Herz ist: »Gott verlangt vor allem das Herz, das Herz, und das ist die Hauptsache. Woher kommt es, dass jemand, der nichts hat, mehr Verdienste haben kann, als jemand, der große Besitztümer hat, auf die er verzichtet? Weil derjenige, der nichts hat, mit mehr Zuneigung an die Sache herangeht; und das ist es, was Gott besonders will«. [148] Das bedeutet, zu akzeptieren, dass sich das eigene Herz mit dem Herzen Christi vereint: »Eine Schwester, die alles tut, was sie tun kann, um ihr Herz in den Zustand zu versetzen, mit dem Herzen unseres Herrn vereint zu sein, [...], welch ein Segen!« [149]
149. Manchmal sind wir versucht, dieses Geheimnis der Liebe als eine bewundernswerte Tatsache der Vergangenheit zu betrachten, als eine schöne Spiritualität aus anderen Zeiten. Wir müssen uns immer wieder daran erinnern, wie ein heiliger Missionar sagte, dass »dieses göttliche Herz, das es zuließ, von einer feindlichen Lanze durchbohrt zu werden, um aus jener heiligen Seitenwunde die Sakramente strömen zu lassen, aus denen die Kirche entstanden ist, nie aufgehört hat zu lieben«. [150] Andere Heilige aus jüngerer Zeit, wie der heilige Pater Pio von Pietrelcina, die heilige Teresa von Kalkutta und viele andere, sprechen mit inniger Hingabe vom Herzen Christi. Aber ich möchte auch an die Erfahrungen der heiligen Faustina Kowalska erinnern, die die Verehrung des Herzens Christi mit einer starken Betonung des glorreichen Lebens des Auferstandenen und der göttlichen Barmherzigkeit wieder aufgreifen. In der Tat, angeregt durch diese Erfahrungen der Heiligen und auf der Grundlage des geistlichen Vermächtnisses des heiligen Bischofs Józef Sebastian Pelczar (1842-1924) [151] hat Johannes Paul II. seine Gedanken über die Barmherzigkeit eng mit der Verehrung des Herzens Christi verbunden: »Die Kirche bekennt und verehrt das Erbarmen Gottes, so will es scheinen, auf besondere Weise, indem sie sich an Christi Herz wendet. Tatsächlich erlaubt uns gerade die Hinwendung zu Christus im Geheimnis seines Herzens, bei diesem Thema der Offenbarung, der erbarmenden Liebe des Vaters, zu verweilen, das den innersten Kern der messianischen Sendung des menschgewordenen Gottessohnes ausmacht«. [152] Ebenfalls Johannes Paul II. bekannte hinsichtlich des Heiligsten Herzens auf sehr persönliche Weise: »Mich hat es seit meiner Jugendzeit angesprochen«. [153]
150. Die Aktualität der Verehrung des Herzens Christi zeigt sich besonders deutlich in der Evangelisierungs- und Erziehungsarbeit zahlreicher weiblicher und männlicher Ordensgemeinschaften, die von ihren Anfängen an von dieser christologischen geistlichen Erfahrung geprägt waren. Sie alle aufzuzählen, wäre eine endlose Aufgabe. Betrachten wir nur zwei beliebige Beispiele: »Der Gründer [der heilige Daniel Comboni] fand im Geheimnis des Herzens Jesu die Kraft für sein missionarisches Engagement«. [154] »Ergriffen von der Liebe, die in seinem Herzen ist, versuchen wir, die Person in ihrer menschlichen Würde und als Kind Gottes wachsen zu lassen, indem wir vom Evangelium ausgehen und von seinen Geboten der Liebe, der Vergebung, der Gerechtigkeit und der Solidarität mit den Armen und Ausgegrenzten«. [155] Ebenso sind die dem Herzen Christi geweihten Wallfahrtsorte in der ganzen Welt eine anziehende Quelle der Spiritualität und Hingabe. Allen, die in irgendeiner Weise diesen Orten des Glaubens und der Nächstenliebe zugehören, gebe ich meinen väterlichen Segen.
151. Die Seitenwunde, aus der das lebendige Wasser hervorströmt, bleibt auch nach der Auferstehung offen. Diese große von der Lanze verursachte Wunde und die Wunden der Dornenkrone, die oft zusammen mit dem Heiligsten Herzen dargestellt werden, sind von dieser Frömmigkeit nicht zu trennen. In ihr betrachten wir nämlich die Liebe Jesu, der dazu in der Lage war, sich bis zum Äußersten hinzugeben. Das Herz des Auferstandenen bewahrt diese Male der vollkommenen Selbsthingabe, die mit schwerem Leiden für uns einherging. Es ist daher nahezu unvermeidlich, dass die Gläubigen nicht nur auf diese große Liebe antworten wollen, sondern auch auf den Schmerz, den Christus aus so viel Liebe auf sich genommen hat.
152. Es lohnt sich, diese Form der Spiritualität, die sich um das Herz Christi herum entwickelt hat, wiederzuentdecken: den inneren Wunsch, ihm Trost zu spenden. Ich werde hier nicht die Praxis der „Wiedergutmachung“ behandeln, die meines Erachtens besser in den Kontext der sozialen Dimension dieser Frömmigkeit einzuordnen ist und die ich im nächsten Kapitel ausführen werde.Jetzt möchte ich mich auf das Verlangen konzentrieren, das oft im Herzen des liebenden Gläubigen entsteht, wenn er das Geheimnis des Leidens Christi betrachtet und es als ein Geheimnis erlebt, das nicht nur erinnert, sondern durch die Gnade gegenwärtig wird, oder besser gesagt, uns dazu bringt, in diesem erlösenden Moment mystisch mit dabei zu sein. Wenn der Geliebte das Wichtigste ist, wie könnten wir ihn dann nicht trösten wollen?
153. Papst Pius XI. versuchte, dieser Erfahrung eine Grundlegung zu geben, indem er uns einlud, zu erkennen, dass das Geheimnis der Erlösung durch das Leiden Christi mittels der Gnade Gottes alle Entfernungen von Zeit und Raum übersteigt. Wenn er nun sein Leben am Kreuz auch für zukünftige Sünden hingegeben hat, für unsere Sünden, dann erreichen unsere Taten, die wir heute zu seinem Trost darbringen, sein verwundetes Herz ebenso durch die Zeiten hindurch: »Unsere Sünden lagen in der Zukunft, waren aber vorausgesehen; auch ihretwegen wurde Christi Seele todtraurig. Unsere Sühne sah er gleichfalls voraus; wer dürfte zweifeln, dass er auch aus ihr sich etwas Trost holte, schon damals, als „ihm ein Engel vom Himmel“ ( Lk 22,43) erschien, um sein von Ekel und Angst gepeinigtes Herz zu trösten? Tatsächlich können und sollen wir so sein Heiliges Herz, das von Sünden des Undanks immerfort verwundet wird, auch jetzt wundersam und doch wahrhaftig trösten«. [156]
154. Es mag den Anschein haben, dass diese Frömmigkeitsform keine ausreichende theologische Grundlage hat, aber in Wirklichkeit hat das Herz seine Gründe. Der sensus fidelium spürt, dass es hier etwas Geheimnisvolles gibt, das unsere menschliche Logik übersteigt, und dass das Leiden Christi nicht bloß eine Tatsache der Vergangenheit ist: durch den Glauben können wir daran teilnehmen. Die Selbsthingabe Christi am Kreuz zu meditieren, ist für die Frömmigkeit der Gläubigen viel mehr als bloßes Erinnern. Diese Überzeugung ist in der Theologie fest verankert. [157] Dazu kommt das Bewusstsein für unsere Sünden, die er auf seinen verletzten Schultern getragen hat, und für unsere Unzulänglichkeit angesichts einer so großen Liebe, die uns stets unendlich übertrifft.
155. Auf jeden Fall fragen wir uns, wie es möglich ist, mit dem lebendigen, auferstandenen, vollkommen glücklichen Christus in Beziehung zu treten und ihn zugleich in seinem Leiden zu trösten. Bedenken wir, dass das auferstandene Herz seine Wunde als ständige Erinnerung bewahrt und dass das Wirken der Gnade eine Erfahrung hervorruft, die sich nicht vollständig im chronologischen Augenblick erschöpft. Diese beiden Überzeugungen erlauben uns die Annahme, dass wir es mit einem mystischen Weg zu tun haben, der alle Bemühungen der Vernunft übersteigt und das ausdrückt, was das Wort Gottes selbst uns nahelegt. Papst Pius XI. schreibt: »Aber wie können denn solcherlei Sühneakte Christus in seiner Seligkeit als himmlischen König trösten? Da möchten wir antworten mit dem hier gut angebrachten Worte des heiligen Augustinus: „Denk dir einen Liebenden, er versteht, was ich sage“ ( Vorträge über das Johannes-Evangelium 26, 4). Überschaut nämlich jemand, der Gott von Herzen lieb hat, den geschichtlichen Verlauf der Welt, so sieht und betrachtet er Christus, wie er sich für den Menschen abmüht, Schmerzen leidet, alles Harte trägt, wie er „für uns Menschen und zu unserem Heil“ vor Trauer, Angst und Schimpf fast erdrückt, ja „wegen unserer Sünden zermalmt“ ( Jes 53,5) ist und vermöge seiner Striemen uns gesund macht. All dies, was ein frommes Gemüt schaut, ist gewiss wahr. Denn aller Zeiten Menschensünden und -frevel waren die Ursache für die Hinrichtung des Gottessohnes«. [158]
156. Diese Lehre Pius’ XI. sollte man sich stets vergegenwärtigen. Wenn die Schrift nämlich beteuert, dass Gläubige, die nicht ihrem Glauben gemäß leben, »den Sohn Gottes noch einmal für sich ans Kreuz schlagen« (Hebr 6,6), oder dass ich, wenn ich Leiden für andere ertrage, »in meinem irdischen Leben [ergänze], was an den Bedrängnissen Christi noch fehlt« (Kol 1,24), oder dass Christus in seinem Leiden nicht nur für seine damaligen Jünger gebetet hat, »sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben« (Joh 17,20), dann sagt sie etwas, das unsere begrenzten Schemata durchbricht. Sie zeigt uns, dass es nicht möglich ist, ein Vorher und ein Nachher ohne jegliche Verbindung herzustellen, auch wenn unser Denken nicht weiß, wie es das erklären soll. Das Evangelium soll in seinen verschiedenen Aspekten nicht nur reflektiert oder erinnert, sondern gelebt werden, sowohl in den Werken der Liebe als auch in der inneren Erfahrung, und das gilt insbesondere für das Geheimnis des Todes und der Auferstehung Christi. Die zeitlichen Abgrenzungen, die unser Verstand verwendet, scheinen die Wahrheit dieser Glaubenserfahrung nicht zu fassen, in der die Vereinigung mit dem leidenden Christus und gleichzeitig die Kraft, der Trost und die Freundschaft, die wir mit dem Auferstandenen genießen, miteinander verschmelzen.
157. Betrachten wir nun die Einheit des Ostergeheimnisses mit seinen beiden untrennbaren Aspekten, die sich gegenseitig erhellen. Dieses singuläre Geheimnis, das sich durch die Gnade in seinen zwei Dimensionen vergegenwärtigt, bewirkt, dass unsere eigenen Leiden durch das österliche Licht der Liebe erhellt und verklärt werden, während wir versuchen, Christus etwas zu seinem Trost anzubieten. Wir nehmen in unserem konkreten Leben an diesem Geheimnis teil, denn Christus selbst wollte schon vorab an unserem Leben teilhaben, er wollte als Haupt das vorwegleben, was sein kirchlicher Leib erfahren würde, sowohl in den Wunden als auch in den Tröstungen. Wenn wir in Gottes Gnade leben, wird diese gegenseitige Teilnahme zu einer geistlichen Erfahrung. Letztlich ist es der Auferstandene, der es uns durch das Wirken seiner Gnade ermöglicht, dass wir uns auf geheimnisvolle Weise mit seinem Leiden vereinen. Das wissen die gläubigen Herzen, die die Freude der Auferstehung erleben, gleichzeitig aber auch am Schicksal ihres Herrn teilnehmen wollen. Sie sind bereit zu dieser Teilnahme mit den Leiden, der Müdigkeit, den Enttäuschungen und den Ängsten, die zu ihrem Leben gehören. Sie leben dieses Geheimnis nicht allein, denn diese Wunden sind auch Teilnahme am Schicksal des mystischen Leibes Christi, der im heiligen Volk Gottes unterwegs ist und das Schicksal Christi zu jeder Zeit und an jedem Ort der Geschichte in sich trägt. Die Frömmikeit der Tröstung ist nicht ahistorisch oder abstrakt, sie wird auf dem Weg der Kirche zu Fleisch und Blut.
158. Das unbändige Verlangen, Christus zu trösten, das vom Schmerz beim Betrachten dessen, was er für uns erlitten hat, ausgeht, speist sich auch aus der aufrichtigen Erkenntnis unserer Zwänge, Abhängigkeiten, mangelnden Freude am Glauben, unseres eitlen Strebens und, jenseits konkreter Sünden, der fehlenden Übereinstimmung des Herzens mit seiner Liebe und seinem Plan. Es ist eine Erfahrung, die uns reinigt, denn die Liebe bedarf der Reinigung durch Tränen, die uns letztlich durstiger nach Gott und weniger besessen von uns selbst sein lassen.
159. So sehen wir, dass je tiefer der Wunsch wird, den Herrn zu trösten, desto tiefer wird die Reue des gläubigen Herzens. Sie ist kein »niederschmetterndes Schuldgefühl, keine lähmende Skrupulosität, sondern sie ist ein heilsamer Stich, der im Innern brennt und heilt, weil sich das Herz – wenn es die eigene Boshaftigkeit sieht und sich als sündig erkennt – für das Wirken des Heiligen Geistes öffnet, des lebendigen Wassers, das das Herz berührt, und Tränen über das Gesicht fließen lässt. [...]. Es bedeutet nicht, dass wir uns selbst bemitleiden, was eine häufige Versuchung ist. [...] Über uns selbst zu weinen bedeutet hingegen, ernsthaft zu bereuen, dass wir Gott mit unserer Sünde betrübt haben; es bedeutet anzuerkennen, dass wir immer im Soll und nicht im Haben sind [...]. Aber so wie der Tropfen den Stein aushöhlt, so höhlen die Tränen langsam die verhärteten Herzen. So werden wir Zeugen des Wunders, dass Traurigkeit, die gute Traurigkeit, zur Sanftmut führt. [...]. Die Reue ist nicht so sehr das Ergebnis unserer Übung, sondern eine Gnade und als solche ist sie im Gebet zu erbitten«. [159] Und »zu erbitten ist: Schmerz mit dem schmerzerfüllten Christus, Zerbrochenheit mit dem zerbrochenen Christus, Tränen, innere Qual über die so große Qual, die Christus für mich erduldet hat«. [160]
160. Ich bitte also darum, dass sich niemand über die Ausdrucksformen frommer Hingabe des gläubigen Gottesvolkes lustig macht, das in seiner Volksfrömmigkeit versucht, Christus zu trösten. Und ich lade einen jeden ein, sich zu fragen, ob in manchen Erscheinungsformen dieser Liebe, die den Herrn zu trösten sucht, nicht mehr Vernunft, mehr Wahrheit und mehr Weisheit steckt als in den kalten, unnahbaren, berechneten und minimalistischen Taten der Liebe, zu denen wir fähig sind, die wir behaupten, einen reflektierteren, kultivierteren und reiferen Glauben zu besitzen.
161. In dieser Betrachtung des Herzens Christi, der sich bis zum Äußersten hingegeben hat, werden wir getröstet. Der Schmerz, den wir in unserem Herzen empfinden, weicht völligem Vertrauen, und am Ende bleiben Dankbarkeit, Zärtlichkeit und Frieden; es bleibt seine Liebe, die in unserem Leben herrscht. Die Reue »verursacht keine Angst, sondern erleichtert die Seele von ihren Lasten, denn sie wirkt in der Wunde der Sünde und macht uns bereit, eben dort die liebevolle Zuwendung des Herrn zu erfahren« [161] Und unser Leiden vereint sich mit dem Leiden Christi am Kreuz, denn wenn wir sagen, dass die Gnade uns befähigt, alle Entfernungen zu überwinden, bedeutet das auch, dass sich Christus, als er litt, mit allen Leiden seiner Jünger im Laufe der Geschichte verband. Wenn wir also leiden, können wir den inneren Trost erfahren, zu wissen, dass Christus selbst mit uns leidet. Aus dem Wunsch, ihn zu trösten, gehen wir selbst getröstet hervor.
162. Doch an einem bestimmten Punkt dieser Betrachtung des gläubigen Herzens muss jener dramatische Ruf des Herrn erklingen: »Tröstet, tröstet mein Volk« (Jes 40,1). Und wir denken an die Worte des heiligen Paulus, der uns daran erinnert, dass Gott uns tröstet, »damit auch wir die Kraft haben, alle zu trösten, die in Not sind, durch den Trost, mit dem auch wir von Gott getröstet werden« (2 Kor 1,4).
163. Dies lädt uns nun dazu ein, zu versuchen, die gemeinschaftliche, soziale und missionarische Dimension einer jeden wahren Verehrung des Herzens Christi zu vertiefen. Denn im selben Augenblick, in dem uns das Herz Christi zum Vater führt, sendet es uns zu unseren Brüdern und Schwestern. In den Früchten des Dienstes, der Geschwisterlichkeit und der Mission, die das Herz Christi durch uns hervorbringt, wird der Wille des Vaters erfüllt. Auf diese Weise schließt sich der Kreis: »Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt« (Joh 15,8).
LIEBE MIT LIEBE ERWIDERN
164. In den geistlichen Erfahrungen der heiligen Margareta Maria finden wir zusammen mit der glühenden Liebeserklärung Jesu auch einen inneren Widerhall, der dazu aufruft, das Leben hinzugeben. Zu wissen, dass wir geliebt sind, und unser ganzes Vertrauen in diese Liebe zu setzen, bedeutet nicht, alle unsere Fähigkeiten zur Hingabe aufzugeben, es bedeutet auch nicht auf den unbändigen Wunsch zu verzichten, mit unseren kleinen und begrenzten Fähigkeiten irgendeine Antwort zu geben.
165. Ab der zweiten großen Offenbarung an die heilige Margareta drückt Jesus seinen Schmerz darüber aus, dass er in Erwiderung auf seine große Liebe zu den Menschen »nur Undank und Gleichgültigkeit«, »Kälte und Missachtung« erfährt. »Das trifft mich viel schmerzlicher« – sagte er – »als alles, was ich in meiner Passion erduldete«. [162]
166. Jesus sagt, wie sehr er danach zu dürstet, geliebt zu werden, und zeigt uns damit, dass es seinem Herzen nicht gleichgültig ist wie wir auf seinen Wunsch reagieren: »Mich dürstet, es dürstet mich so sehr danach, von den Menschen im Allerheiligsten Sakrament geliebt zu werden, dass dieser Durst mich verzehrt; und ich finde niemanden, der sich nach meinem Wunsch darum bemüht, meinen Durst zu stillen und meine Liebe zu erwidern«. [163] Das Verlangen Jesu ist die Liebe. Wenn das gläubige Herz dies entdeckt, ist die spontane Antwort keine mühsame Suche nach Opfern oder die bloße Erfüllung einer lästigen Pflicht, sondern eine Angelegenheit der Liebe: »Als ich einmal […] betete, schenkte mir seine Liebe ganz außergewöhnliche Gnadenerweise, und ich fühlte den heißen Wunsch, diese Liebe nur ein wenig erwidern zu können, ihm Liebe für Liebe zu geben«. [164] So lehrt es Leo XIII., wenn er schreibt, dass durch das Bildnis des Heiligsten Herzens die Liebe Christi »uns auch zur Gegenliebe antreibt«. [165]
Seine Liebe auf die Brüder und Schwestern ausdehnen
167. Wir müssen zum Wort Gottes zurückkehren, um einzusehen, dass die beste Antwort auf die Liebe seines Herzens die Liebe zu unseren Brüdern und Schwestern ist; es gibt keine größere Geste, die wir ihm anbieten können, um seine Liebe mit Liebe zu erwidern. Das Wort Gottes sagt dies mit absoluter Klarheit:
»Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan« (Mt 25,40).
»Denn das ganze Gesetz ist in dem einen Wort erfüllt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!« (Gal 5,14).
»Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind, weil wir die Brüder lieben. Wer nicht liebt, bleibt im Tod« (1 Joh 3,14).
»Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht« (1 Joh 4,20).
168. Die Liebe zu unseren Brüdern und Schwestern stellen wir nicht her, sie ist nicht das Ergebnis unserer natürlichen Anstrengung, aber sie erfordert eine Verwandlung unseres egoistischen Herzens. Und so kommt es spontan zu der bekannten Bitte: „Jesus, bilde unser Herz nach deinem Herzen“. Aus eben diesem Grund lautete die Aufforderung des heiligen Paulus auch nicht: „Bemüht euch, gute Werke zu tun“. Seine Aufforderung lautete vielmehr: »Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht« (Phil 2,5).
169. Es ist gut, sich daran zu erinnern, dass im Römischen Reich zahlreiche Arme, Fremde und viele andere ausgegrenzte Menschen bei den Christen Respekt, Zuneigung und Fürsorge fanden. Das erklärt die Überlegung des vom Glauben abgefallenen Kaisers Julian, der sich fragte, warum man die Christen so sehr respektierte und ihnen folgte, und der Meinung war, dass einer der Gründe darin liege, dass sie den Armen und Fremden beistanden, während das Reich sie ignorierte und verachtete. Für diesen Kaiser war es unerträglich, dass seine Armen keine Hilfe von ihm erhielten, während die verhassten Christen »nebst ihren eigenen Bettlern auch noch den unseren zu essen geben«. [166] In einem Brief verweilt er vor allem bei der Anweisung, Wohlfahrtseinrichtungen zu schaffen, um mit den Christen zu konkurrieren und den Respekt der Gesellschaft zu gewinnen: »Richte in jeder Stadt zahlreiche Herbergen ein, damit die Fremden unsere Menschenfreundlichkeit erfahren […]. Lehre die Anhänger des Griechentums, das Ihre zu diesen Leistungen beizusteuern«. [167] Doch er erreichte sein Ziel nicht, sicherlich weil hinter derartigen Werken keine christliche Liebe stand, die es ermöglichte, die einzigartige Würde eines jeden Menschen anzuerkennen.
170. Indem er sich mit den Geringsten in der Gesellschaft identifizierte (vgl. Mt 25,31-46), »brachte Jesus die große Neuheit der Anerkennung der Würde jedes Menschen, auch und gerade derjenigen, die als „unwürdig“ betrachtet wurden. Dieses neue Prinzip in der Menschheitsgeschichte, wonach der Mensch umso mehr „wert“ ist, respektiert und geliebt zu werden, je schwächer, elender und leidender er ist, bis hin zum Verlust seiner menschlichen „Gestalt“, hat das Gesicht der Welt verändert und zur Gründung von Einrichtungen geführt, die sich um Menschen in schwierigen Lebensumständen kümmern: ausgesetzte Neugeborene, Waisen, allein gelassene alte Menschen, psychisch Kranke, Menschen mit unheilbaren Krankheiten oder schweren Missbildungen, Menschen, die auf der Straße leben«. [168]
171. Auch im Bezug auf die Wunde seines Herzens hilft es uns, auf den Herrn zu sehen: »Er hat unsere Leiden auf sich genommen und unsere Krankheiten getragen« ( Mt 8,17). Es hilft uns, mehr auf die Leiden und Bedürfnisse der anderen zu achten, es gibt uns Kraft, damit wir als Werkzeuge für die Verbreitung seiner Liebe an seinem Werk der Befreiung mitwirken können. [169] Wenn wir die Selbsthingabe Christi betrachten, die er für alle erbracht hat, müssen wir uns zwangsläufig fragen, warum wir nicht in der Lage sind, unser Leben für andere hinzugeben: »Daran haben wir die Liebe erkannt, dass er sein Leben für uns hingegeben hat. So müssen auch wir für die Brüder das Leben hingeben« (1 Joh 3,16).
Widerhall in der Geschichte der Spiritualität
172. Diese Verbindung zwischen der Verehrung des Herzens Jesu und dem Engagement für die Brüder und Schwestern zieht sich durch die Geschichte der christlichen Spiritualität. Sehen wir uns einige Beispiele an.
Eine Quelle für die anderen sein
173. Von Origenes an haben mehrere Kirchenväter Vers 7,38 des Johannesevangeliums – »Aus seinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen« – so interpretiert, dass er sich auf den Gläubigen selbst bezieht, obwohl es sich um die Folge davon handelt, dass dieser selbst von Christus getrunken hat. Die Vereinigung mit Christus zielt also nicht bloß darauf ab, den eigenen Durst zu stillen, sondern uns zu einer Quelle frischen Wassers für die anderen zu machen. Origenes sagte, dass Christus seine Verheißung dadurch erfüllt, dass er Wasserströme aus uns hervorsprudeln lässt: »Die Seele des Menschen, die nach dem Bild Gottes geschaffen ist, kann in sich Brunnen, Quellen und Flüsse enthalten und selbst solche hervorbringen«. [170]
174. Der heilige Ambrosius empfahl, von Christus zu trinken, »damit die Wasserquelle, die zum ewigen Leben fließt, in dir überquelle«. [171] Und Gaius Marius Victorinus behauptete, dass der Heilige Geist sich so überreich verschenkt, dass »derjenige, der ihn empfängt, zu einem Schoß wird, aus dem Ströme lebendigen Wassers fließen«. [172] Der heilige Augustinus sagte, dass dieser Strom, der aus dem Gläubigen hervorsprudelt, das Wohlwollen ist. [173] Der heilige Thomas von Aquin wiederholte diesen Gedanken und behauptete: Wenn einer »sich beeilt, die verschiedenen von Gott empfangenen Gnadengaben anderen mitzuteilen, so wird aus seinem Schoß lebendiges Wasser hervorsprudeln«. [174]
175. Wenn nämlich »das mit liebender und gehorsamer Gesinnung dargebrachte Kreuzesopfer die ob der Sünden des Menschengeschlechtes geschuldete Genugtuung in überreichem und unendlichem Maße bietet« [175], dann verlängert und vermittelt die Kirche, die aus dem Herzen Christi hervorgeht, zu allen Zeiten und an allen Orten die Wirkungen des einzigen erlösenden Leidens, welche die Menschen auf die unmittelbare Vereinigung mit dem Herrn ausrichten.
176. In der Kirche kann die Mittlerschaft Marias, der Fürsprecherin und Mutter, nur verstanden werden »als Teilhabe an dieser einzigen Quelle der Mittlerschaft Christi selbst«, [176] des einzigen Erlösers, und »eine solche untergeordnete Aufgabe Marias zu bekennen, zögert die Kirche nicht«. [177] Die Verehrung des Herzens Marias will nämlich der einzigen, dem Herzen Christi gebührenden Anbetung nichts wegnehmen, sondern sie vielmehr anregen: »Marias mütterliche Aufgabe gegenüber den Menschen aber verdunkelt oder mindert diese einzige Mittlerschaft Christi in keiner Weise, sondern zeigt ihre Wirkkraft«. [178] Dank der mächtigen Quelle, die aus der offenen Seite Christi hervorsprudelt, werden die Kirche, Maria und alle Gläubigen auf unterschiedliche Weise zu Spendern lebendigen Wassers. Auf diese Weise entfaltet Christus selbst seine Herrlichkeit in unserer Kleinheit.
Geschwisterlichkeit und Mystik
177. Der heilige Bernhard lud zur Vereinigung mit dem Herzen Christi ein und nutzte den Reichtum dieser Frömmigkeit, um eine Veränderung des Lebens auf der Grundlage der Liebe vorzuschlagen. Er glaubte an die Möglichkeit einer Verwandlung des Gefühlslebens, das vom Genuss versklavt ist und nicht durch blinden Gehorsam auf eine Anordnung hin frei wird, sondern durch eine Antwort auf die Zärtlichkeit der Liebe Christi. Das Böse wird mit dem Guten überwunden, das Böse wird mit dem Wachstum der Liebe überwunden: »Liebe also den Herrn, deinen Gott, mit dem ganzen und vollen Gefühl deines Herzens, liebe ihn mit der ganzen Wachsamkeit und Umsicht der Vernunft, liebe ihn auch mit ganzer Kraft, so dass du in der Liebe zu ihm auch nicht den Tod fürchtest […]. Mild und süß für dein Gemüt sei der Herr Jesus im Kampf mit den unheilvollen süßen Verlockungen des fleischlichen Lebens; eine Wonne überwinde die andere, wie ein Nagel den anderen herausschlägt«. [179]
178. Der heilige Franz von Sales ließ sich vor allem von Jesu Aufforderung erleuchten: »Lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig« ( Mt 11,29). Auf diese Weise, so sagte er, können wir in den einfachsten und gewöhnlichsten Dingen das Herz des Herrn gewinnen: »Wer ihm nach seinem Wohlgefallen dienen will, muß den kleinen und weniger geachteten Dingen ebensoviel Sorgfalt widmen wie den großen und erhabenen, denn mit dem einen wie mit dem anderen können wir seine Liebe gewinnen. [...]. Diese täglichen kleinen Liebesdienste, das Kopfweh und die Zahnschmerzen, das Geschwür und die üble Laune des Mannes oder der Frau, ein zerbrochenes Glas, ein geringschätziges oder unwilliges Wort, der Verlust eines Ringes oder Taschentuchs, die kleine Unbequemlichkeit, früh schlafen zu gehen, um früh zu Gebet und Kommunion aufzustehen, die Scheu, gewisse Übungen der Frömmigkeit öffentlich zu verrichten, kurz alle diese kleinen Leiden in Liebe angenommen und ertragen, erfreuen die göttliche Güte überaus«. [180] Aber letztlich ist der Schlüssel für unsere Antwort auf die Liebe des Herzens Christi die Nächstenliebe: »Es ist eine beständige, konstante, unveränderliche Liebe, die sich weder mit Kleinigkeiten noch mit den Eigenschaften oder Zuständen von Personen aufhält und die nicht dem Wandel oder der Abneigung unterworfen ist. [...] Unser Herr liebt uns ohne Unterlass, indem er unsere Fehler und unsere Unvollkommenheiten erträgt; deshalb müssen wir dasselbe gegenüber unseren Brüdern tun und nicht müde werden, sie zu ertragen«. [181]
179. Der heilige Charles de Foucauld wollte Jesus nachahmen, so leben wie er, so handeln, wie er handelte, immer das tun, was Jesus an seiner Stelle getan hätte. Um dies umfassend zu verwirklichen, musste er sich den Empfindungen des Herzens Christi angleichen. So erscheint noch einmal der Ausdruck „Liebe mit Liebe vergelten“, wenn er sagt, er habe die »Sehnsucht nach Leiden, um ihm Liebe mit Liebe zu vergelten, um ihn nachzuahmen […] um mit ihm zu arbeiten, um – wenn gleich ich ein Nichts bin – mit ihm mich darzubringen als Opfer, als Opfergabe für die Heiligung der Menschen«. [182] Der Wunsch, die Liebe Jesu und sein missionarisches Wirken unter die Ärmsten und Vergessensten der Welt zu bringen, veranlasste ihn, Jesus Caritas zu seinem Motto zu machen, mit dem Symbol des Herzens Christi, über dem sich ein Kreuz befindet. [183] Das war keine oberflächliche Entscheidung: »Aus allen meinen Kräften versuche ich diesen armen, verirrten Brüdern zu zeigen, dass unsere Religion ganz Nächstenliebe, ganz Brüderlichkeit ist und dass ihr Sinnbild ein Herz ist«. [184] Und sein Wunsch war es, sich mit anderen Brüdern in Marokko im Namen des Herzens Jesu niederzulassen. [185] Auf solche Weise sollte ihr Evangelisierungswerk ausstrahlen: »Die Nächstenliebe muss von den Bruderschaften ausstrahlen, so wie sie vom Herzen Jesu ausstrahlt«. [186] Dieser Wunsch machte ihn nach und nach zu einem universalen Bruder, denn indem er sich vom Herzen Christi formen ließ, wollte er die gesamte leidende Menschheit in sein brüderliches Herz aufnehmen: »Unser Herz muss, wie das von Jesus, alle Menschen umarmen« [187] »Die Liebe des Herzens Jesu zu den Menschen, jene Liebe, die er in seiner Passion bewiesen hat, ist die Liebe, die wir für alle Menschen haben müssten«. [188]
180. Abbé Huvelin, der geistliche Begleiter des heiligen Charles de Foucauld, sagte: »Wenn unser Herr in einem Herzen Wohnung nimmt, schenkt er ihm diese Neigungen, und jenes Herz öffnet sich dann gegenüber den Kleinen. So war das Herz eines Vinzenz von Paul veranlagt. [...] Wenn unser Herr in der Seele eines Priesters wohnt, macht er sie den Armen zugeneigt«. [189] Es ist wichtig zu beachten, dass diese Hingabe des heiligen Vinzenz, die Abbé Huvelin beschreibt, ebenfalls von der Verehrung des Herzens Christi genährt wurde. Vinzenz drängte darauf, „aus dem Herzen unseres Herrn ein Wort des Trostes für den armen Kranken zu schöpfen“. [190] Damit sich dies verwirklicht, muss das eigene Herz durch die Liebe und Sanftmut des Herzens Christi verwandelt worden sein. Und der heilige Vinzenz wiederholte diese Überzeugung so oft in seinen Predigten und Ratschlägen, dass sie zu einem herausragenden Punkt in den Konstitutionen seiner Kongregation wurde: »Alle werden sich in gleicher Weise die größte Mühe geben, jene Lektion zu lernen, die uns Jesus gelehrt hat: „Lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen demütig“; in der Überzeugung – wie er selbst sagt –, dass man durch Sanftmut die Erde erobert, da man durch die Ausübung dieser Tugend die Herzen der Menschen gewinnt, um sie zu Christus zu führen; ein Ziel, das diejenigen nicht erreichen, die ihren Nächsten zu hart und unnachgiebig behandeln«. [191]
Die Wiedergutmachung: Auf Trümmern aufbauen
181. All dies ermöglicht es uns, im Lichte des Wortes Gottes zu verstehen, welche Bedeutung wir der dem Herzen Christi dargebrachten „Wiedergutmachung“ geben sollen und was der Herr wirklich an Wiedergutmachung – mit der Hilfe seiner Gnade – von uns erwartet. Es wurde diesbezüglich viel diskutiert, aber der heilige Johannes Paul II. hat eine klare Antwort gegeben, um uns Christen heute zu einem Geist der Wiedergutmachung zu führen, der mit dem Evangelium besser in Einklang steht.
Die soziale Bedeutung der Wiedergutmachung gegenüber dem Herzen Christi
182. Der heilige Johannes Paul II. erklärte, dass, wenn wir uns zusammen mit dem Herzen Christi hingeben, »auf den von Hass und Gewalt angehäuften Trümmern die so sehr ersehnte Zivilisation der Liebe errichtet werden kann, das Reich des Herzens Christi«. Das beinhaltet natürlich, dass wir in der Lage sein müssen »die kindliche Liebe zu Gott mit der Liebe zum Nächsten zu vereinen«; das ist »die wahre Wiedergutmachung, die das Herz des Erlösers verlangt«. [192] Wir sind aufgerufen, gemeinsam mit Christus auf den Trümmern, die wir mit unserer Sünde in dieser Welt hinterlassen, eine neue Zivilisation der Liebe aufzubauen. Dies bedeutet Wiedergutmachung wie das Herz Christi sie von uns erwartet. In der Katastrophe, die das Böse hinterlassen hat, wollte das Herz Christi unserer Mitwirkung beim Wiederaufbau des Guten und Schönen bedürfen.
183. Es steht fest, dass jede Sünde der Kirche und der Gesellschaft schadet, weshalb man »jeder Sünde [...] den Charakter einer sozialen Sünde zuerkennen« kann, auch wenn dies insbesondere auf bestimmte Sünden zutrifft, die »durch ihren Inhalt selbst einen direkten Angriff auf den Nächsten« darstellen. [193] Der heilige Johannes Paul II. erklärte, dass die Wiederholung dieser Sünden gegen die Anderen oft dazu führt, dass sich eine „Struktur der Sünde“ verfestigt, die sich auf die Entwicklung der Völker auswirkt. [194] Dies ist oft Teil einer vorherrschenden Denkweise, die als normal oder rational betrachtet, was in Wirklichkeit bloß Egoismus und Gleichgültigkeit ist. Dieses Phänomen kann man als soziale Entfremdung bezeichnen: »Entfremdet wird eine Gesellschaft, die in ihren sozialen Organisationsformen, in Produktion und Konsum, die Verwirklichung dieser Hingabe und die Bildung dieser zwischenmenschlichen Solidarität erschwert«. [195] Es ist nicht nur eine moralische Norm, die uns dazu anhält, diesen entfremdeten Gesellschaftsstrukturen zu widerstehen, sie offenzulegen und eine soziale Dynamik zu fördern, die das Gute wiederherstellt und aufbaut, sondern es ist die »Bekehrung des Herzens«, welche die Pflicht verstärkt, [196] solche Strukturen zu heilen. Es ist unsere Antwort auf das liebende Herz Jesu Christi, das uns zu lieben lehrt.
184. Gerade weil die Wiedergutmachung im Sinne des Evangeliums diese starke soziale Bedeutung hat, verlangen unsere Akte der Liebe, des Dienstes und der Versöhnung, um wirklich Wiedergutmachung zu leisten, dass Christus sie anregt, sie motiviert und sie ermöglicht. Der heilige Johannes Paul II. sagte des weiteren, dass die heutige Menschheit das Herz Christi braucht, um die Zivilisation der Liebe aufzubauen. [197] Die christliche Wiedergutmachung kann nicht nur als eine Ansammlung von äußeren Werken verstanden werden, die doch auch unerlässlich und manchmal bewundernswert sind. Sie braucht eine Spiritualität, eine Seele, einen Sinn, welche ihr Kraft, Schwung und unermüdliche Kreativität verleihen. Sie braucht das Leben, das Feuer und das Licht, die aus dem Herzen Christi kommen.
185. Außerdem ist eine rein äußerliche Wiedergutmachung weder für die Welt noch für das Herz Christi ausreichend. Wenn ein jeder über die eigenen Sünden und deren Folgen für die anderen nachdenkt, wird er entdecken, dass die Wiedergutmachung des Schadens, der dieser Welt zugefügt wurde, auch den Wunsch einschließt, die verwundeten Herzen zu heilen, wo der größte Schaden, wo die schmerzhafteste Wunde zugefügt wurde.
186. Der Geist der Wiedergutmachung »lädt uns zur Hoffnung ein, dass jede Wunde geheilt werden kann, selbst wenn sie tief ist. Eine vollständige Wiedergutmachung scheint manchmal unmöglich, wenn Besitz oder geliebte Menschen dauerhaft verloren gegangen sind oder wenn bestimmte Situationen unumkehrbar geworden sind. Aber die Absicht, etwas wiedergutzumachen und dies konkret zu tun, ist wesentlich für den Prozess der Versöhnung und die Rückkehr des Friedens im Herzen«. [198]
Die Schönheit der Bitte um Vergebung
187. Die gute Absicht reicht nicht aus; ein kräftiges inneres Verlangen, das zu äußeren Konsequenzen führt, ist unerlässlich. Im Wesentlichen »setzt die Wiedergutmachung, damit sie christlich ist, das Herz der beleidigten Person berührt und nicht nur ein einfacher Akt ausgleichender Gerechtigkeit ist, zwei anspruchsvolle Haltungen voraus: sich selbst als schuldig zu bekennen und um Vergebung zu bitten. [...] Aus diesem ehrlichen Eingeständnis des Schadens, den man seinem Bruder zugefügt hat, und aus dem tiefen und aufrichtigen Gefühl, dass die Liebe verletzt wurde, erwächst der Wunsch nach Wiedergutmachung«. [199]
188. Man sollte nicht meinen, dass das Eingeständnis der eigenen Sünde vor den anderen erniedrigend oder schädlich für unsere Menschenwürde sei. Es bedeutet im Gegenteil, aufzuhören, sich selbst zu belügen, es bedeutet, die eigene Geschichte so anzuerkennen, wie sie ist, gezeichnet von der Sünde, insbesondere wenn wir unseren Brüdern und Schwestern Schaden zugefügt haben: »Sich selbst anzuklagen ist Teil der christlichen Weisheit. [...] Das ist dem Herrn wohlgefällig, denn der Herr nimmt ein zerknirschtes Herz an«. [200]
189. Zu diesem Geist der Wiedergutmachung gehört die Gewohnheit, die Brüder und Schwestern um Vergebung zu bitten, was angesichts unserer Schwachheit sehr edel ist. Um Vergebung zu bitten, ist ein Weg die Beziehungen zu heilen, weil es »den Dialog wieder eröffnet und den Willen offenbart, das Band brüderlicher Liebe wiederherzustellen. [...] Es berührt das Herz des Bruders, tröstet ihn und weckt in ihm die Bereitschaft die erbetene Vergebung zu gewähren«. So kann, »wenn das Irreparable nicht vollständig repariert werden kann, die Liebe immer wieder neu geboren werden und die Wunde erträglich machen«. [201]
190. Ein Herz, das zur Reue fähig ist, kann in der Geschwisterlichkeit und in der Solidarität wachsen, denn es »entwickelt sich derjenige zurück, der nicht weint, er altert innerlich, während derjenige reift, der zu einem einfacheren und innigeren Gebet gelangt, das aus Anbetung und Ergriffenheit vor Gott besteht. Er klammert sich immer weniger an sich selbst und immer mehr an Christus, er wird arm im Geiste. Auf diese Weise fühlt er sich den Armen, den Geliebten Gottes, näher«. [202] So entsteht ein echter Geist der Wiedergutmachung, denn »so fühlt sich derjenige, der im Herzen Reue empfindet, mehr und mehr wie ein Bruder aller Sünder der Welt, er fühlt sich mehr Bruder, ohne den Anschein von Überlegenheit oder Härte des Urteils, sondern immer mit dem Wunsch zu lieben und wiedergutzumachen«. [203] Diese Solidarität, die durch die Reue entsteht, ermöglicht zugleich die Versöhnung. Der Mensch, der zur Reue fähig ist, wird, »anstatt über das Böse, das die Brüder und Schwestern begangen haben, zu zürnen und sich zu empören, […] über ihre Sünden« weinen. »Er nimmt keinen Anstoß. Es findet eine Art Umkehrung statt, bei dem sich die natürliche Neigung, mit sich selbst nachsichtig und mit den anderen hart zu sein, umkehrt und man durch die Gnade Gottes sich selbst gegenüber konsequent und den anderen gegenüber barmherzig wird«. [204]
Die Wiedergutmachung: Verlängerung für das Herz Christi
191. Es gibt noch eine andere, komplementäre Weise, die Wiedergutmachung zu verstehen, die es uns erlaubt, sie in eine noch direktere Beziehung zum Herzen Christi zu setzen, ohne dabei den konkreten Einsatz gegenüber unseren Brüdern und Schwestern, von dem wir gesprochen haben, von dieser Wiedergutmachung auszuschließen.
192. In einem anderen Zusammenhang habe ich erklärt: »In gewisser Weise wollte er [Gott] sich selbst beschränken« und »viele Dinge, die wir als Übel, Gefahren oder Quellen des Leidens ansehen, sind in Wirklichkeit Teil der „Geburtswehen“, die uns anregen, mit dem Schöpfer zusammenzuarbeiten«. [205] Unser Mitwirken kann es Gottes Macht und Liebe ermöglichen, sich in unserem Leben und in der Welt auszubreiten, während Ablehnung oder Gleichgültigkeit dies verhindern können. Einige biblische Aussagen bringen dies metaphorisch zum Ausdruck, etwa wenn der Herr fordert: »Wenn du umkehren willst, Israel, […] darfst du zu mir umkehren« ( Jer 4,1). Oder wenn er angesichts der Ablehnung seines Volkes sagt: »Gegen mich selbst wendet sich mein Herz, heftig entbrannt ist mein Mitleid« ( Hos 11,8).
193. Obwohl es nicht möglich ist, von einem erneuten Leiden des verherrlichten Christus zu sprechen, nimmt das Pascha-Mysterium Christi und alles, »was Christus ist, und alles, was er für alle Menschen getan und gelitten hat, […] an der Ewigkeit Gottes teil, steht somit über allen Zeiten und wird ihnen gegenwärtig«. [206] Wir können jedoch sagen, dass er selbst zugestimmt hat, die raumgreifende Herrlichkeit seiner Auferstehung zu begrenzen, das Ausströmen seiner unermesslichen und glühenden Liebe einzudämmen, um Raum für unser freies Mitwirken mit seinem Herzen zu lassen. Das ist so real, dass unsere Ablehnung ihn in diesem Drang der Hingabe aufhält, genauso wie unser Vertrauen und unsere Selbsthingabe einen Raum öffnen, einen hindernisfreien Kanal für das Ausfließen seiner Liebe bieten. Unsere Ablehnung oder unsere Gleichgültigkeit beschränken die Wirkungen seiner Macht und die Fruchtbarkeit seiner Liebe in uns. Wenn er in mir kein Vertrauen und keine Offenheit findet, wird seine Liebe – weil er es selbst so wollte – daran gehindert, sich in mein einzigartiges und unwiederholbares Leben und in die Welt hinein auszudehnen, wo ich ihn seinem Ruf entsprechend gegenwärtig werden lassen soll. Das liegt nicht an seiner Schwäche, sondern an seiner unendlichen Freiheit, an seiner paradoxen Macht und an seiner vollkommenen Liebe zu einem jeden von uns. Wenn sich die Allmacht Gottes in der Schwäche unserer Freiheit zeigt, vermag »einzig der Glaube sie […] wahrzunehmen«. [207]
194. Tatsächlich berichtet die heilige Margareta Maria, dass Christus in einer seiner Offenbarungen zu ihr über sein uns leidenschaftlich liebendes Herz sprach, das »die Flammen dieses Feuers nicht mehr in sich zurückhalten kann. Es muss sie deshalb ausbreiten«. [208] Da der Herr, der alles vermag, in seiner göttlichen Freiheit unser bedürfen wollte, verstehen wir unter Wiedergutmachung die Beseitigung der Hindernisse, die wir der Ausbreitung der Liebe Christi in der Welt durch unseren Mangel an Vertrauen, Dankbarkeit und Hingabe in den Weg legen.
195. Die leuchtende Spiritualität der heiligen Theresia vom Kinde Jesus hilft uns erneut, besser über dieses Geheimnis nachzudenken. Sie wusste, dass einige Menschen eine extreme Form der Wiedergutmachung entwickelt hatten, mit der guten Absicht, sich für andere hinzugeben, die darin bestand, sich selbst als eine Art „Blitzableiter“ anzubieten, damit sich die göttliche Gerechtigkeit verwirkliche: »Ich dachte an Seelen, die sich der Gerechtigkeit Gottes als Opfer anbieten, um die für die Schuldigen bestimmten Strafen abzulenken und auf sich zu ziehen«. [209] Aber so bewundernswert ein solches Opfer auch erscheinen mochte, sie war nicht sehr überzeugt: »Jedoch war ich weit davon entfernt, mich dazu geneigt zu fühlen«. [210] Dieses Beharren auf der göttlichen Gerechtigkeit führte am Ende dazu, dass man denken mochte, das Opfer Christi sei unvollständig oder nur teilweise wirksam, oder seine Barmherzigkeit genüge nicht.
196. Mit ihrer geistlichen Intuition hat die heilige Theresia entdeckt, dass es eine andere Art der Selbsthingabe gibt, bei der es nicht notwendig ist, der göttlichen Gerechtigkeit genüge zu tun, sondern der unendlichen Liebe des Herrn zu erlauben, sich ungehindert auszubreiten: »O mein Gott, soll deine verachtete Liebe also in deinem Herzen eingeschlossen bleiben? Mir scheint, wenn du Seelen finden würdest, die sich deiner Liebe als Ganzopfer weihten, so würdest du sie rasch verzehren. Mir scheint, du wärest glücklich, die Ströme unendlicher Zärtlichkeit nicht in dir einschließen zu müssen«. [211]
197. Dem einen Erlösungsopfer Christi ist nichts hinzuzufügen, aber es ist wahr, dass die Ablehnung seitens unserer Freiheit es dem Herzen Christi nicht erlaubt, seine „Wellen unendlicher Zärtlichkeit“ in diese Welt hinein auszubreiten. Und das ist so, weil der Herr selbst diese Möglichkeit respektieren will. Dies ist es, was das Herz der heiligen Theresia vom Kinde Jesus mehr beunruhigte als die göttliche Gerechtigkeit, denn ihrer Auffassung nach versteht man die Gerechtigkeit nur im Licht der Liebe. Wir haben gesehen, dass sie alle göttliche Vollkommenheit durch die Barmherzigkeit verehrte und sie auf diese Weise verklärt und strahlend vor Liebe sah. Sie sagte: »Sogar die Gerechtigkeit (und vielleicht sie sogar mehr als alle anderen) erscheint mir wie mit Liebe bekleidet«. [212]
198. So entstand ihr Akt der Hingabe, nicht an die göttliche Gerechtigkeit, sondern an die barmherzige Liebe: »Ich weihe mich deiner erbarmenden Liebe als ungeteilte Feuergabe, und bitte dich, mich ständig zu verbrennen, indem du die Ströme unendlicher Zärtlichkeit, die in in dir gefasst sind, in meiner Seele überschäumen lässt. So werde ich Märtyrerin deiner Liebe, mein Gott«. [213] Es ist wichtig festzuhalten, dass es nicht bloß darum geht, dem Herzen Christi durch völliges Vertrauen zu erlauben, die Schönheit seiner Liebe in unserem Herzen auszubreiten, sondern auch darum, dass sie durch das eigene Leben die anderen erreicht und die Welt verwandelt: »Im Herzen der Kirche, meiner Mutter, werde ich die Liebe sein. [...] So wird mein Traum Wirklichkeit werden«. [214] Die beiden Aspekte sind untrennbar miteinander verbunden.
199. Der Herr nahm ihre Hingabe an. Tatsächlich zeigte sie einige Zeit danach eine tiefe Liebe zu den anderen und beteuerte, dass diese aus dem Herzen Christi stamme, das durch sie weiter in die Welt hineinreiche. So sagte sie zu ihrer Schwester Leonia: »Ich liebe Dich tausendmal zärtlicher, als sich gewöhnliche Schwestern lieben, weil ich Dich mit dem Herzen unseres Himmlischen Bräutigams zu lieben vermag«. [215] Und einige Zeit später sagte sie zu Maurice Bellière: »Ah! wie möchte ich Ihnen die zarte Liebe des Herzens Jesu verständlich machen, das, was Er von Ihnen erwartet«. [216]
200. Schwestern und Brüder, ich schlage vor, dass wir diese Form der Wiedergutmachung weiter entfalten, die letztlich darin besteht, dem Herzen Christi eine neue Möglichkeit zu bieten, die Flammen seiner brennenden Zärtlichkeit in dieser Welt zu verbreiten. Auch wenn es stimmt, dass Wiedergutmachung den Wunsch beinhaltet, das der ungeschaffenen Liebe durch Vergessenheit oder Frevel zugefügte Unrecht gutzumachen, [217]so besteht die angemessenste Form doch darin, dass unsere Liebe dem Herrn eine Gelegenheit bietet, sich auszubreiten, als Ausgleich für jene Male, wo er zurückgewiesen oder abgelehnt wurde. Dies geschieht, wenn wir über die bloße „Tröstung“ Christi hinausgehen, über die wir im vorigen Kapitel gesprochen haben, und sie zu Taten geschwisterlicher Liebe werden lassen, mit denen wir die Wunden der Kirche und der Welt heilen. Auf diese Weise verleihen wir der heilenden Kraft des Herzens Christi neuen Ausdruck.
201. Der Verzicht und die Leiden, die uns diese Akte der Nächstenliebe abverlangen, vereinen uns mit der Passion Christi, und indem wir mit Christus gekreuzigt werden »in jener mystischen Art, von welcher der Apostel spricht, [werden wir] um so reichere Früchte der Versöhnung und der Sühne […] für uns und andere ernten«. [218] Nur Christus errettet dadurch, dass er sich am Kreuz für uns opfert, nur er erlöst, denn »einer ist Gott, einer auch Mittler zwischen Gott und Menschen: der Mensch Christus Jesus, der sich als Lösegeld hingegeben hat für alle« (1 Tim 2,5-6). Die Wiedergutmachung, die wir anbieten, ist ein in Freiheit angenommenes Mitwirken an seiner erlösenden Liebe und seinem einzigen Opfer. So erfüllen wir »was an den Bedrängnissen Christi noch fehlt an seinem Leib, der die Kirche ist« ( Kol 1,24), und es ist Christus selbst, der die Wirkungen seiner liebenden Ganzhingabe durch uns ausweitet.
202. Das Leiden hat oft mit unserem verletzten Ego zu tun, aber es ist gerade die Demut des Herzens Christi, die uns den Weg der Erniedrigung zeigt. Gott hat zu uns kommen wollen, indem er sich selbst zurücknahm, indem er sich klein machte. Schon das Alte Testament lehrt dies durch verschiedene Metaphern, die einen Gott zeigen, der sich in die Kleinigkeiten der Geschichte begibt und sich von seinem Volk zurückweisen lässt. Seine Liebe mischt sich mit dem Alltagsleben des geliebten Volkes und bettelt um eine Antwort, so als ob er um die Erlaubnis bitten würde, seine Herrlichkeit zu zeigen. Andererseits »hat Jesus, der Herr, sich wohl nur einmal mit eigenen Worten auf sein Herz bezogen. Und er stellte diesen einen Charakterzug heraus: „Sanftmut und Demut“. Als wollte er sagen, dass er nur auf diese Weise die Menschen gewinnen will«. [219] Als Christus sagte: »Lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen demütig« ( Mt 11,29), wies er uns darauf hin, dass »er unsere Kleinheit, unser Sich-klein-Machen braucht, um sich auszudrücken«. [220]
203. Bei dem, was wir gesagt haben, ist es wichtig, mehrere untrennbare Aspekte zu beachten, denn diese Handlungen der Nächstenliebe mit all dem Verzicht, der Selbstverleugnung, den Leiden und den Mühen, die sie mit sich bringen, erfüllen diese Funktion, wenn sie von der Nächstenliebe Christi selbst genährt werden. Er befähigt uns, so zu lieben, wie er geliebt hat, und auf diese Weise liebt und dient er selbst durch uns. Wenn es auf der einen Seite so scheint, als würde er sich klein machen, als würde er sich selbst zurücknehmen, weil er seine Liebe durch unsere Taten zeigen wollte, so wird auf der anderen Seite in den einfachsten Werken der Barmherzigkeit sein Herz verherrlicht und offenbart seine ganze Größe. Ein menschliches Herz, das der Liebe Christi durch völliges Vertrauen Raum gibt und ihr erlaubt, sich im eigenen Leben mit ihrem Feuer auszubreiten, wird fähig, die anderen so zu lieben wie Christus, indem es sich klein macht und allen gegenüber Nähe zeigt. So stillt Christus seinen eigenen Durst und breitet die Flammen seiner brennenden Zärtlichkeit glorreich in uns und durch uns aus. Wir bemerken die schöne Harmonie, die sich in alldem findet.
204. Um diese Frömmigkeit schließlich in ihrem ganzen Reichtum zu verstehen, muss man in Anlehnung an das, was wir über ihre trinitarische Dimension gesagt haben, hinzufügen, dass die Wiedergutmachung des Menschen Christus dem Vater durch das Wirken des Heiligen Geistes in uns dargebracht wird. Daher richtet sich unsere Wiedergutmachung an das Herz Christi letztlich an den Vater, der sich daran erfreut, uns mit Christus vereint zu sehen, wenn wir uns durch ihn, mit ihm und in ihm hingeben.
Die Welt dazu bringen, sich zu verlieben
205. Das christliche Lebensmodell ist attraktiv, wenn es ganzheitlich gelebt und zum Ausdruck gebracht werden kann: nicht als bloße Zuflucht in religiöse Empfindungen oder in prunkvolle Rituale. Was wäre das für ein Dienst an Christus, wenn wir uns mit einer individuellen Beziehung begnügen würden, ohne Interesse daran, den anderen zu helfen, so dass sie weniger leiden und besser leben? Wird es dem Herzen, das so sehr liebte, etwa gefallen, wenn wir in einer innerlichen religiösen Erfahrung ohne geschwisterliche und soziale Auswirkungen verharren? Seien wir ehrlich und lesen wir das Wort Gottes in seiner Gesamtheit. Aber aus demselben Grund sagen wir, dass es sich auch nicht um eine soziale Förderung ohne tieferen religiösen Sinn handelt, die letztlich darauf hinausliefe, für den Menschen weniger zu wollen als das, was Gott ihm geben möchte. Deshalb soll dieses Kapitel damit schließen, dass wir an die missionarische Dimension unserer Liebe zum Herzen Christi erinnern.
206. Der heilige Johannes Paul II. sprach nicht nur von der sozialen Dimension der Verehrung des Herzens Christi, sondern bezog sich auch auf die »Wiedergutmachung, die eine apostolische Mitarbeit für das Heil der Welt ist«. [221] Ebenso ist die Weihe an das Herz Christi »im Hinblick auf das missionarische Handeln der Kirche selbst zu betrachten, denn sie entspricht dem Wunsch des Herzens Jesu, durch die Glieder seines Leibes seine vollkommene Hingabe an das Reich Gottes in der Welt zu verbreiten«. [222] Folglich wird durch die Christen »die Liebe in die Herzen der Menschen ausgegossen werden, damit der Leib Christi, der die Kirche ist, aufgebaut wird und auch eine Gesellschaft der Gerechtigkeit, des Friedens und der Brüderlichkeit entsteht«. [223]
207. Auch durch das missionarische Wirken der Kirche, die die Verkündigung der in Christus geoffenbarten Liebe Gottes weiterträgt, erfahren die Flammen der Liebe des Herzens Christi eine Verlängerung. Der heilige Vinzenz von Paul lehrte dies sehr gut, indem er die Seinen aufforderte, den Herrn um »dieses Herz zu bitten, dieses Herz, das uns überall hingehen lässt, dieses Herz des Sohnes Gottes, Herz unseres Herrn, das uns dafür bereit macht, so zu wandeln, wie er wandeln wollte [...] und uns sendet, wie er sie [die Apostel] gesandt hat, um sein Feuer überallhin zu tragen«. [224]
208. Der heilige Paul VI. erinnerte in seiner Ansprache an die Kongregationen, die die Herz-Jesu-Verehrung verbreiten, daran, dass »es keinen Zweifel daran gibt, dass der pastorale Einsatz und der missionarische Eifer am hellsten brennen werden, wenn die Priester und die Gläubigen, um die Herrlichkeit Gottes zu verbreiten, das Beispiel der ewigen Liebe betrachten, das Christus uns gezeigt hat, und ihre Bemühungen darauf richten, alle Menschen an den unergründlichen Reichtümern Christi teilhaben zu lassen«. [225] Im Licht des Heiligsten Herzens wird die Mission zu einer Frage der Liebe, und die größte Gefahr bei dieser Mission besteht darin, dass viele Dinge gesagt und getan werden, es aber nicht gelingt, die glückliche Begegnung mit der umarmenden und rettenden Liebe Christi herbeizuführen.
209. Die Mission, verstanden als ein Ausstrahlen der Liebe des Herzens Christi, erfordert liebende Missionare, die sich immer noch von Christus einnehmen lassen und die nicht anders können, als diese Liebe weiterzugeben, die ihr Leben verändert hat. Daher schmerzt es sie, Zeit mit Diskussionen über zweitrangige Themen zu verlieren oder damit, Wahrheiten und Regeln aufzuerlegen, denn ihr Hauptanliegen ist es, das weiterzugeben, was sie erleben, und vor allem, dass andere die Güte und Schönheit des Geliebten durch ihre bescheidenen Bemühungen wahrnehmen können. Ist dies nicht das, was einem jeden Liebenden widerfährt? Es lohnt sich, als Beispiel, die Worte heranzuziehen, mit denen der verliebte Dante Alighieri versuchte, diesen Gedankengang auszudrücken:
»Drum hört: Will mein Gedanke zu ihr fliehen,
Lässt Amor selʼges Fühlen mich empfinden,
Dass alle Welt mit Liebʼ ich würd entzünden,
Wärʼ nicht sogleich die Seele mir gelähmt«. [226]
210. Von Christus durch das Zeugnis oder das Wort so zu sprechen, dass andere sich nicht besonders anstrengen müssen, um ihn zu lieben, das ist der größte Wunsch von jemandem, der mit ganzer Seele Missionar ist. In dieser Dynamik der Liebe gibt es keinen Proselytismus: Die Worte des Liebenden stören nicht, drängen nichts auf, erzwingen nichts, sondern bringen die anderen lediglich dazu, sich zu fragen, wie eine solche Liebe möglich ist. Mit größtem Respekt vor der Freiheit und der Würde des anderen hofft der Liebende einfach darauf, dass er von dieser Freundschaft erzählen darf, die sein Leben erfüllt.
211. Christus bittet dich, dass du dich ohne Scham zu deiner Freundschaft mit ihm bekennst, ohne es freilich an Klugheit und Respekt fehlen zu lassen. Er bittet dich, den Mut zu haben, den anderen zu sagen, dass es dir gut tut, ihm begegnet zu sein: »Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen« (Mt 10,32). Aber für das liebende Herz ist dies keine Pflicht, sondern ein schwer zu bändigendes Bedürfnis: »Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!« (1 Kor 9,16). »So brannte in meinem Herzen ein Feuer, eingeschlossen in meinen Gebeinen. Ich mühte mich, es auszuhalten, vermochte es aber nicht« (Jer 20,9).
In der Gemeinschaft des Dienstes
212. Man darf diese Sendung, Christus bekanntzumachen, nicht nur als etwas zwischen mir und ihm betrachten. Man lebt sie in Einheit mit der eigenen Gemeinschaft und mit der Kirche. Wenn wir uns von der Gemeinschaft entfernen, werden wir uns auch von Jesus entfernen. Wenn wir sie vergessen und nicht für sie Sorge tragen, wird unsere Freundschaft mit Jesus erkalten. Dieses Geheimnis darf niemals vergessen werden. Die Liebe zu den Brüdern und Schwestern der eigenen Gemeinschaft – Orden, Pfarrei, Diözese – ist wie ein Treibstoff, der unsere Freundschaft mit Jesus nährt. Die tätige Liebe gegenüber den Brüdern und Schwestern der Gemeinschaft können der beste, manchmal sogar der einzige Weg sein, um anderen die Liebe Jesu Christi zu zeigen. Der Herr selbst hat das gesagt: »Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt« (Joh 13,35).
213. Diese Liebe wird zum gemeinschaftlichen Dienst. Ich werde nicht müde, daran zu erinnern, dass Jesus sehr deutlich gesagt hat: »Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan« (Mt 25,40). Er schlägt dir vor, ihn auch dort zu finden, in jedem Bruder und in jeder Schwester, besonders in den Ärmsten, den Verachtetsten und Verlassensten der Gesellschaft. Was für eine schöne Begegnung!
214. Wenn wir uns also bemühen, jemandem zu helfen, bedeutet das nicht, dass wir Jesus darüber vergessen. Im Gegenteil, wir finden ihn auf andere Weise. Und wenn wir versuchen, jemanden aufzurichten und zu heilen, ist Jesus an unserer Seite. Erinnern wir uns daran: »Der Herr stand ihnen bei« (Mk 16,20), als er die Jünger zur Mission aussandte. Er ist da, arbeitet, kämpft und tut Gutes mit uns. Es ist seine Liebe, die sich in unserem Dienst auf geheimnisvolle Weise zeigt, er selbst ist es, der zur Welt in jener Sprache spricht, die manchmal keine Worte hat.
215. Er sendet dich, das Gute zu verbreiten und treibt dich innerlich an. Er ruft dich mit einer Berufung zum Dienst: Du wirst Gutes tun als Arzt, als Mutter, als Lehrer, als Priester. Wo immer du bist, kannst du spüren, dass er dich ruft und dich sendet, diese Mission auf Erden zu leben. Er selbst sagt uns: »Ich sende euch« (Lk 10,3). Dies ist Teil der Freundschaft mit ihm. Damit diese Freundschaft reifen kann, musst du dich also von ihm senden lassen, um eine Aufgabe in dieser Welt zu erfüllen, mit Vertrauen, mit Großherzigkeit, mit Freiheit, ohne Angst. Wenn du dich in deinen Bequemlichkeiten verschließt, wird dir das keine Sicherheit geben, es werden immer Ängste, Traurigkeiten und Sorgen auftauchen. Wer seine Aufgabe auf dieser Erde nicht erfüllt, kann nicht glücklich sein, er ist frustriert. Deshalb ist es besser, dass du dich von ihm senden lässt, dass du dich von ihm führen lässt, wohin er will. Vergiss nicht, dass er dich begleitet. Er wirft dich nicht in den Abgrund und überlässt dich nicht deinen eigenen Kräften. Er treibt dich an und begleitet dich. Das hat er versprochen und das tut er: »Ich bin mit euch alle Tage« (Mt 28,20).
216. In gewisser Weise musst du ein Missionar bzw. eine Missionarin sein, wie es die Apostel Jesu und die ersten Jünger waren, die hinausgingen, um die Liebe Gottes zu verkünden, die hinausgingen, um zu sagen, dass Christus lebt und es sich lohnt ihn kennenzulernen. Die heilige Theresia vom Kinde Jesus hat dies als unverzichtbares Element ihrer Hingabe an die barmherzige Liebe gelebt: »Ich wollte meinem Geliebten zu trinken geben, und auch ich selbst fühlte mich vom Durst nach Seelen verzehrt«. [227] Das ist auch deine Aufgabe. Jeder erfüllt sie auf seine Weise, und du wirst erkennen, wie du Missionar bzw. Missionarin sein kannst. Jesus verdient es. Wenn du dazu den Mut hast, wird er dich erleuchten. Er wird dich begleiten und stärken, und du wirst eine wertvolle Erfahrung machen, die dir sehr gut tun wird. Es ist nicht wichtig, ob du Ergebnisse sehen kannst, überlasse das dem Herrn, der im Verborgenen der Herzen wirkt, aber höre nicht auf, dich bei dem Versuch, anderen die Liebe Christi zu vermitteln, zu freuen.
217. Die Ausagen dieses Dokumentes lassen uns entdecken, dass das, was in den Sozialenzykliken Laudato si' und Fratelli tutti geschrieben steht, unserer Begegnung mit der Liebe Jesu Christi nicht fremd ist. Denn, wenn wir aus dieser Liebe schöpfen, werden wir fähig, geschwisterliche Bande zu knüpfen, die Würde jedes Menschen anzuerkennen und zusammen für unser gemeinsames Haus Sorge zu tragen.
218. Heute ist alles käuflich und bezahlbar, und es scheint, dass Sinn und Würde von Dingen abhängen, die man durch die Macht des Geldes erwirbt. Wir werden getrieben, nur anzuhäufen, zu konsumieren und uns abzulenken, gefangen in einem entwürdigenden System, das uns nicht erlaubt, über unsere unmittelbaren und armseligen Bedürfnisse hinauszusehen. Die Liebe Christi steht außerhalb dieses abartigen Räderwerks, und er allein kann uns von diesem Fieber befreien, in dem es keinen Platz mehr für eine bedingungslose Liebe gibt. Er ist in der Lage, dieser Erde ein Herz zu verleihen und die Liebe neu zu beleben, wo wir meinen, die Fähigkeit zu lieben sei für immer tot.
219. Das hat auch die Kirche nötig, damit nicht an die Stelle der Liebe Christi vergängliche Strukturen, Zwangsvorstellungen vergangerer Zeiten, Anbetung der eigenen Gesinnung oder Fanatismus aller Art treten, die schließlich den Platz der bedingungslosen Liebe Gottes einnehmen, die befreit, belebt, das Herz erfreut und die Gemeinschaften nährt. Aus der Seitenwunde Christi fließt weiterhin jener Strom, der nie versiegt, der nicht vergeht, der sich immer neu denen darbietet, die lieben wollen. Nur seine Liebe wird eine neue Menschheit ermöglichen.
220. Ich bete zu Jesus, dem Herrn, dass aus seinem heiligsten Herzen für uns alle Ströme lebendigen Wassers fließen, um die Wunden zu heilen, die wir selbst uns zufügen, um unsere Fähigkeit zur Liebe und zum Dienen zu stärken, um uns anzutreiben, zu lernen, gemeinsam auf eine gerechte, solidarische und geschwisterliche Welt hinzuarbeiten. Und dies so lange, bis wir glücklich vereint das Festmahl im Himmelreich feiern können. Dort wird der auferstandene Christus sein, der all unsere Unterschiede mit dem Licht, das unaufhörlich aus seinem offenen Herzen strömt, in Enklang bringen wird. Gepriesen sei er in Ewigkeit!
Gegeben zu Rom, bei Sankt Peter, am 24. Oktober des Jahres 2024, dem zwölften meines Pontifikats.
[1] Ein Großteil der Gedanken dieses ersten Kapitels wurde von den Schriften des Paters Diego Fares SJ angeregt. Der Herr nehme ihn auf in seine Herrlichkeit.
[2] Vgl. Homer, Ilias, 21, 441.
[3] Vgl. ebd., 10, 244.
[4] Vgl. Platon, Timaios, 65 c-d; 70.
[5] Predigt in Santa Marta, 14. Oktober 2016.
[6] Hl. Johannes Paul II., Angelus, 2. Juli 2000: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 30, Nr. 27 (7. Juli 2000), S. 3.
[7] Ders., Katechese, 8. Juni 1994: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 24, Nr. 24 (17. Juni 1994), S. 2.
[8] Die Dämonen (1873).
[9] Romano Guardini, Religiöse Gestalten in Dostojewskijs Werk, Mainz/Paderborn 1989, S. 236f.
[10] Karl Rahner, Einige Thesen zur Theologie der Herz-Jesu-Verehrung: Schriften zur Theologie, Bd. 3, Einsiedeln 1956, S. 392.
[11] Ebd., S. 393.
[12] Byung-Chul Han, Heideggers Herz. Zum Begriff der Stimmung bei Martin Heidegger, München 1996, S. 39.
[13] Ebd., S. 60; vgl. S. 176.
[14] Vgl. Ders., Agonie des Eros, Berlin 2012.
[15] Martin Heidegger, Erläuterungen zu Hölderlins Dichtung, Frankfurt a. M. 1981, S. 120.
[16] Vgl. Michel de Certeau, L’espace du désir ou Le »fondement« des Exercices Spirituels: Christus 20 (1973), S. 118–128.
[17] Hl. Bonaventura, Itinerarium mentis in Deum, VII, 6.
[18] Ders., Proemium in I Sent., q. 3.
[19] Hl. John Henry Newman, Betrachtungen und Gebete, Heiligenkreuz 2019, S. 187.
[20] Pastoralkonstitution Gaudium et spes, 82.
[23] Vgl. Dikasterium für die Glaubenslehre, Erklärung Dignitas infinita (2. April 2024), 8.
[24] Pastoralkonstitution Gaudium et spes, 26.
[25] Hl. Johannes Paul II., Angelus, 28. Juni 1998: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 28, Nr. 27 (3. Juli 1998), S. 1.
[26] Enzyklika Laudato si' (24. Mai 2015), 83: AAS 107 (2015), S. 880.
[27] Predigt in Santa Marta, 7. Juni 2013.
[28] Pius XII., Enzyklika Haurietis Aquas (15. Mai 1956), I: AAS 48 (1956), S. 316.
[29] Pius VI., Konstitution Auctorem fidei (28. August 1794), 63: DH 2663.
[30] Leo XIII., Enzyklika Annum sacrum (25. Mai 1899): ASS 31 (1898-99), S. 649.
[31] Ebd.: »Inest in Sacro Corde symbolum atque expressa imago infinitae Iesu Christi caritatis«.
[32] Angelus, 9. Juni 2013: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 43, Nr. 24 (14. Juni 2013), S.1.
[33] Man kann daher verstehen, warum die Kirche verboten hat, dass Abbildungen nur des Herzens Jesu oder Marias am Altar aufgestellt werden (vgl. Antwort der Ritenkongregation an den Hochw. Charles Lecoq PSS, 5. April 1879: Decreta authentica Congregationis Sacrorum Rituum ex actis ejusdem collecta, Bd. III, S. 107–108, 3492). Außerhalb der Liturgie, zur privaten Andacht, kann man die Symbolik des Herzens als didaktisches Mittel verwenden, als ästhetische Figur oder als Emblem, das zum Nachdenken über die Liebe Christi einlädt, aber man läuft Gefahr, das Herz als Gegenstand der Anbetung oder des geistlichen Dialogs getrennt von der Person Christi zu betrachten. Am 31. März 1887 gab die Kongregation eine weitere Antwort ähnlicher Art ( ebd., S. 187, 3673).
[34] Ökumenisches Konzil von Trient, 25. Sitzung, Dekret Mandat Sancta Synodus (3. Dezember 1563): DH 1823.
[35] 5. Generalversammlung des Episkopats von Lateinamerika und der Karibik, Schlussdokument von Aparecida (29. Juni 2007), 259.
[36] Enzyklika Haurietis Aquas (15. Mai 1956), II: AAS 48 (1956), S. 323–324.
[37] Ausgewählte Briefe, 261, 3: BKV 1. Reihe, Bd. 46, S. 312.
[38] In Io. homil. 63, 2: PG 59, 350.
[39] De fide ad Gratianum, II, 7, 56: PL 16, 594 (Ausgabe 1880).
[40] Enarr. in Ps. 87, 3: PL 37, 1111.
[41] Vgl. De fide orth. 3, 6.20: PG 94, 1006.1081.
[42] Olegario González de Cardedal, La entraña del cristianismo, Salamanca 2010, S. 70–71.
[43] Angelus, 1. Juni 2008, L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 38, Nr. 23 (6. Juni 2008), S. 1.
[44] Pius XII., Enzyklika Haurietis Aquas (15. Mai 1956), II: AAS 48 (1956), S. 327–328.
[45] Ebd. AAS 48 (1956), S. 343–344.
[46] Benedikt XVI., Angelus, 1. Juni 2008: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 38, Nr. 23 (6. Juni 2008), S. 1.
[47] Vigilius, Konstitution Inter innumeras sollicitudines (14. Mai 553): DH 420.
[48] Konzil von Ephesus , Anathematismen Kyrills von Alexandrien, 8: DH 259.
[49] II. Konzil von Konstantinopel, 8. Sitzung, 2. Juni 553, Can. 9: DH 431.
[50] Hl. Johannes vom Kreuz, Geistlicher Gesang A, Strophe 22, 4: Gesammelte Werke Bd. 3, Der Geistliche Gesang, Freiburg i.Br. 1997, S. 164.
[51] Ders., Strophe 12, 8: ebd., S. 94.
[52] Ders., Strophe 12, 1: ebd., S. 88.
[53] »So haben doch wir nur einen Gott, den Vater. Von ihm stammt alles und wir leben auf ihn hin« ( 1 Kor 8,6). »Unserem Gott und Vater aber sei die Ehre in alle Ewigkeit! Amen« ( Phil 4,20). »Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater des Erbarmens und Gott allen Trostes« ( 2 Kor 1,3).
[54] Hl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Tertio millennio adveniente (10. November 1994), 49: AAS 87 (1995), S. 35.
[55] An die Römer 7, 2: BKV 1. Reihe, Bd. 35, S. 140.
[56] »Die Welt soll erkennen, dass ich den Vater liebe« ( Joh 14,31). »Ich und der Vater sind eins« ( Joh 10,30). »Ich bin im Vater und der Vater ist in mir« (vgl. Joh 14,10).
[57] »Ich gehe zum Vater« ( pros ton Patéra: Joh 16,28). »Ich komme zu dir« ( pros se: Joh 17,11).
[58] »Eis ton kolpon tou Patrós«.
[59] Gegen die Häresien, III, 18, 1: BKV 1. Reihe, Bd. 3, S. 286.
[60] In Jn II, 2: PG 14, 110.
[61] Angelus, 23. Juni 2002: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 32, Nr. 26 (28. Juni 2002), S. 1 .
[62] Hl. Johannes Paul II., Schreiben anlässlich des 100. Jahrestages der Weihe der Menschheit an das Heiligste Herz Jesu, Warschau, 11. Juni 1999: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 29, Nr. 29/30 (16. Juli 1999), S. 15.
[63] Ders., Angelus, 8. Juni 1986: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 16, Nr. 24 (13. Juni 1986), S. 3.
[64] Ders., Predigt, Besuch der Gemelli-Klinik und der medizinischen Fakultät der katholischen Herz-Jesu-Universität, 27. Juni 2014: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 44, Nr. 28 (11. Juli 2014), S. 8.
[65] Vgl. Eph 1,5.7; 2,18; 3,12.
[66] Vgl. Eph 2,5.6; 4,15.
[67] Vgl. Eph 1,3.4.6.7.11.13.15; 2,10.13.21.22; 3,6.11.21.
[68] Schreiben anlässlich des 100. Jahrestages der Weihe der Menschheit an das Heiligste Herz Jesu, Warschau, 11. Juni 1999: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 29, Nr. 29/30 (16. Juli 1999), S. 15.
[69] »Quoniamque inest in Sacro Corde symbolum atque expressa imago infinitae Iesu Christi caritatis, quae movet ipsa nos ad amandum mutuo, ideo consentaneum est dicare se Cordi eius augustissimo: quod tamen nihil est aliud quam dedere atque obligare se Iesu Christo […]. En alterum hodie oblatum oculis auspicatissimum divinissimumque signum: videlicet Cor Iesu sacratissimum, superimposita cruce, splendidissimo candore inter flammas elucens. In eo omnes collocandae spes: ex eo hominum petenda atque expectanda salus«. Leo XIII., Enzyklika Annum Sacrum (25. Mai 1899): ASS 31 (1898-99), S. 649, 651.
[70] »Ist denn nicht in jenem glückverheißenden Zeichen und in der daraus herkommenden Andachtsübung der ganze Gehalt der Gottesverehrung und damit auch die Richtschnur des vollkommenen Lebens gegeben? Diese Andachtsübung führt ja den Sinn leichter dazu, Christus den Herrn tief zu verstehen, und treibt das Herz mit größerem Erfolge dazu, ihn inniger zu lieben und ihn treuer nachzuahmen«. Pius XI., Enzyklika Miserentissimus Redemptor (8. Mai 1928): AAS 20 (1928), S. 167.
[71] »Sie ist eine hochwertige Betätigung der Gottesverehrung, insofern sie von uns einen vollen und ganz unbedingten Willen der Hingabe und Weihe an die Liebe des göttlichen Erlösers fordert, an die Liebe, für die das verwundete Herz ein lebendiger Hinweis und ein lebensvolles Zeichen ist […]. In ihm können wir nicht nur das Sinnbild, sondern auch die Zusammenfassung des ganzen Geheimnisses unserer Erlösung erblicken. […] Christus [hat] mit ausdrücklichen und wiederholten Worten auf sein Herz hingewiesen als auf das Sinnbild, das die Menschen der Erkenntnis und Anerkenntnis seiner Liebe gewinnen sollte; zugleich hat er es zum Zeichen und Unterpfand der Erbarmungen und der Gnade für die Nöte der Kirche in unserer Zeit bestimmt«. Pius XII., Enzyklika Haurietis Aquas (15. Mai 1956), Einleitung, III. IV: AAS 48 (1956), S. 311; 336; 340.
[72] Katechese, 8. Juni 1994: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 24, Nr. 24 (17. Juni 1994), S.2.
[73] Angelus, 1. Juni 2008: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 38, Nr. 23 (6. Juni 2008), S.1.
[74] Enzyklika Haurietis Aquas (15. Mai 1956), IV: AAS 48 (1956), S. 344.
[75] Vgl. ebd.: AAS 48 (1956), S. 336.
[76] »Der Wert der Privatoffenbarungen ist wesentlich unterschieden von der einer öffentlichen Offenbarung: Diese fordert unseren Glauben an […]. Eine Privatoffenbarung […] ist eine Hilfe, die angeboten wird, aber von der man nicht Gebrauch machen muss«: Benedikt XVI., Apostolisches Schreiben Verbum Domini (30. September 2010), 14: AAS 102 (2010), S. 696.
[77] Enzyklika Haurietis Aquas (15. Mai 1956), IV: AAS 48 (1956), S. 340.
[80] Apostolisches Schreiben C’est la confiance (15. Oktober 2023), 20: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 53, Nr. 42/43 (20. Oktober 2023), S. 10.
[81] HL. Therese von Lisieux, Ms A, 83vº , Geschichte einer Seele, Freiburg i.Br. 22019, S. 228.
[82] Hl. Faustina Kowalska, Tagebuch der Schwester Maria Faustyna Kowalska (22. Februar 1931), Hauteville 82009, 47.
[83] Vgl. Mišna Sukkâ IV, 5.9.
[84] Brief an den Hochwürdigen Pater Peter-Hans Kolvenbach, Generaloberer der Gesellschaft Jesu, Paray-le-Monial, 5. Oktober 1986: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 16, Nr. 42 (17. Oktober 1986), S. 11.
[85] Martyrerakten von Lugdunum: Eusebius von Caesarea, Kirchengeschichte V, 1, 22: BKV 2. Reihe, Bd. 1, S. 211.
[86] Rufinus, V, 1, 22: GCS Eusebius II, 1, S. 411, 13f.
[87] Hl. Justinus, Dialog mit dem Juden Trypho, 135, 3: BKV 1. Reihe, Bd. 33, S. 221.
[88] Novatian, De Trinitate, 29: PL 3, 944. Vgl. Hl. Gregor von Elvira, Tractatus Origenis de libris Sanctarum Scripturarum, XX, 12: CCSL 69, 144.
[89] Hl. Ambrosius, Expl. Ps. I, 33: PL 14, 983–984.
[90] Vgl., Vorträge über das Johannes-Evangelium, 61, 6: BKV 1. Reihe, Bd. 19, S. 823.
[91] Epist. ad Rufinum 3, 4.3: BKV 2. Reihe, Bd. 16, S. 7.
[92] Sermones super Cant. 61, 4: Bernhard von Clairvaux, Sämtliche Werke VI, Innsbruck 1995, S. 315-317.
[93] Vgl. Expositio altera super Cantica Canticorum, c. 1: PL 180, 487.
[94] Wilhelm von Saint-Thierry, De natura et dignitate amoris, 1: PL 184, 379.
[95] Ders., Meditativae Orationes 8, 6: PL 180, 230.
[96] Hl. Bonaventura, Baum des Lebens. Geistliche Betrachtungen, St. Ottilien 2012, S. 68.
[97] Ebd., S. 69.
[98] Hl. Gertrud von Helfta, Legatus divinae pietatis, IV, 4, 4 : SCh, 255, 66.
[99] Léon Dehon, Directoire spirituel des prêtres du Sacré Cœur de Jésus, Turnhout 1936, Teil II, Kap. VII, 141.
[100] Hl. Katharina von Siena, Gespräch von Gottes Vorsehung, Einsiedeln 1964, S. 92.
[101] Vgl. beispielsweise Angelus Walz, De veneratione divini cordis Iesu in Ordine Praedicatorum, Rom 1937.
[102] Rafael García Herreros, Vida de San Juan Eudes, Bogotá 1943, S. 42.
[103] Brief 131 an Mme de Chantal (24. April 1610): Deutsche Ausgabe der Werke des hl. Franz von Sales. Band 5. Briefe: I. An Johanna Franziska von Chantal (DASal V), Eichstätt 1963, S. 208.
[104] Sermon X, pour le deuxième dimanche de Carême (20. Februar 1622): Œuvres complètes, Bd. 10, Annecy 1898, S. 244 .
[105] Gedanken zu Christi Himmelfahrt 1612 in einem Brief an Mutter Chantal: DASal V, S. 242.
[106] Brief vom 18. Februar 1618 an Mutter Blonay: DASal VII, S. 97.
[107] Brief an Mdme. de Chantal vom Ende November 1609: DASal V, S. 194.
[108] Brief an Mdme. de Chantal vom Februar 1610: DASal V, S. 202.
[109] Entretien 14, De la simplicité et prudence religieuse: Œuvres complètes, Bd. 1, Lyon 1855, S. 739.
[110] Brief vom 19. Juni 1611 an Mutter Chantal: DASal V, S. 225.
[111] Hl. Margareta Maria Alacoque, Leben und Offenbarungen, Freiburg/Schweiz 1984, S. 75.
[112] Ebd.
[113] Ebd., S. 79.
[114] Vgl. Dikasterium für die Glaubenslehre, Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene, 17. Mai 2024, I, A, 12.
[115] Hl. Margareta Maria Alacoque, Leben und Offenbarungen, S. 93.
[116] Dies., Brief 110 an Sœur de la Barge (22. Oktober 1689): Vie et œuvre de la bienheureuse Marguerite-Marie Alacoque, Bd. 2, Paris 1915, S. 468.
[117] Dies., Leben und Offenbarungen, S. 76.
[118] Ebd., S. 79.
[119] Hl. Claude de la Colombière, Sermon sur la confiance en Dieu: Œuvres du R.P. de la Colombière, Bd. 5, Lyon 1852, S. 100.
[120] Ders., Retraite faite à Londres (1.–8. Februar 1677): Œuvres du R.P. de la Colombière, Bd. 7, Avignon 1832, S. 93.
[121] Ders., Retraite spirituelle: Œuvres du R.P. de la Colombière, Bd. 7, Avignon 1832, S. 45.
[122] Vgl. Hl. Charles de Foucauld, Brief an Marie de Bondy (27. April 1897).
[123] Ders., Brief an Marie de Bondy (28. April 1901): Briefe an Madame de Bondy, Regensburg 1969, S. 68; vgl: »Durch Sie habe ich die Aussetzungen des Allerheiligsten Sakraments, die Segensandachten und das Heiligste Herz kennengelernt!«, Brief an Marie de Bondy (5. April 1909): ebd., S. 144.
[124] Ders., Brief an Marie de Bondy (7. April 1890): Briefe an Madame de Bondy, S. 25.
[125] Ders., Brief an Henri Huvelin (27. Juni 1892): Briefwechsel, Salzburg 1961, S. 30.
[126] Ders., Betrachtungen über das Alte Testament (Ende Dezember 1896): Aufzeichnungen und Briefe, Freiburg i.Br. 1962, S. 46.
[127] Ders., Brief an Henri Huvelin (16. Mai 1900): Briefwechsel, S. 148.
[128] Ders., Tagebuch (17. Mai 1906): Aufzeichnungen und Briefe, S. 195.
[129] Hl. Therese von Lisieux, Brief 67 an Frau Guérin (18. November 1888): Briefe. Deutsche authentische Ausgabe, Trier 42011, S. 85.
[130] Dies., Brief 122 an Céline (14. Oktober 1890): Briefe, S. 161.
[131] Dies., Gedicht 23 „Zum Herzen Jesu“ (21. Juni oder Ende Oktober 1895): Ich besinge, was ich glauben will. Die Gedichte der heiligen Theresia von Liseux, Leutesdorf 1995, S. 54f.
[132] Dies., Brief 247 an Abbé Bellière (21. Juni 1897): Briefe, S. 352.
[133] Dies., Letzte Gespräche, Gelbes Heft (11. Juli 1897), Illertissen 2018, S. 89.
[134] Dies., Brief 197 an Schwester Marie du Sacré-Coeur ( 17. September 1896): Briefe, S. 292f. Das bedeutet nicht, dass Theresia nicht auch Opfer, Schmerzen und Ängste darbrachte, um sich mit den Leiden Christi zu verbinden, aber wenn sie der Wahrheit auf den Grund gehen wollte, achtete sie darauf, diesen Opfern keine Bedeutung beizumessen, die ihnen nicht zukommt.
[135] Dies., Brief 142 an Céline (6. Juli 1893): Briefe, S. 196.
[136] Dies., Brief 191 an Léonie (12. Juli 1896): Briefe, S. 281.
[137] Dies., Brief 226 an Pater Roulland (9. Mai 1897): Briefe, S. 335.
[138] Dies., Brief 258 an Abbé Bellière (18. Juli 1897): Briefe, S. 365.
[139] Hl. Ignatius von Loyola, Geistliche Übungen, Würzburg 2008, 104.
[140] Ebd., 297.
[141] Vgl. Brief an den hl. Ignatius, 23. Januar 1541.
[142] De Vita Ignatii Loyolae et Rerum Societatis Iesu Historia, Bd. 1, Madrid 1894, S. 64.
[143] Hl. Ignatius von Loyola, Geistliche Übungen, 54.
[144] Vgl. e bd., 230ff.
[145] 23. Generalkongregation der Gesellschaft Jesu, Dekret 46, 1: Institutum Societatis Iesu, Bd. 2, Florenz 1893, S. 511.
[146] En Él solo… la esperanza, Rom 1982, S. 180.
[147] Brief an den Hochwürdigen Pater Peter-Hans Kolvenbach, Generaloberer der Gesellschaft Jesu, Paray-le-Monial, 5. Oktober 1986: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 16, Nr. 42 (17. Oktober 1986), S.11.
[148] Sur la pauvreté (13. August 1655): Correspondence, Entretiens, Documents, Bd. 11, Paris 1923, S. 247.
[149] Hl. Vinzenz von Paul, Mortification, Correspondance, Repas, Sorties (9. Dezember 1657): Correspondence, Entretiens, Documents, Bd. 10, Paris 1923, S. 407.
[150] Hl. Daniel Comboni, Scritti, 3324: Gli scritti, Bologna 1991, S. 998.
[151] Vgl. Predigt bei der heiligen Messe mit Heiligsprechungen, 18. Mai 2003: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 33, Nr. 23 (6. Juni 2003), 7.
[152] Enzyklika Dives in misericordia (30. November 1980), 13: AAS 72 (1980), S. 1219.
[153] Katechese, 20. Juni 1979, L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 9, Nr. 26 (29. Juni 1979), S.1.
[154] Comboni-Missionare vom Herzen Jesu, Regola di Vita, Costituzione e Direttorio Generale, Rom 1988, 3.
[155] Gesellschaft vom Heiligen Herzen Jesu (Sacré-Cœur), Constitutions de 1982, 7.
[156] Enzyklika Miserentissimus Redemptor (8. Mai 1928): AAS 20 (1928), S. 174.
[157] Wenn die Tugend des Glaubens, die auf Christus ausgerichtet ist, augeübt wird, tritt die Seele nicht nur mit den Ideen, derer man eingedenk sein muss, in Verbindung, sondern mit den Wirklichkeiten seines göttlichen Lebens (vgl. Hl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae, II-II, q. 1, a. 2, ad. 2; q. 4, a. 1).
[158] Enzyklika Miserentissimus Redemptor (8. Mai 1928): AAS 20 (1928), S. 173f.
[159] Predigt in der Chrisammesse, 28. März 2024: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 54, Nr. 15 (12. April 2024), S.7.
[160] Hl. Ignatius von Loyola, Geistliche Übungen, 203.
[161] Predigt in der Chrisammesse, 28. März 2024: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 54, Nr. 15 (12. April 2024), S.7.
[162] Hl. Margareta Maria Alacoque, Leben und Offenbarungen, S. 93.
[163] Dies., Brief 133, 10.
[164] Dies., Leben und Offenbarung, S. 93.
[165] Enzyklika, Annum Sacrum (25. Mai 1899): ASS 31 (1898-99), 649.
[166] Julian, Brief an Arsakios: Kaiser Julian der Abtrünnige. Briefe, Zürich und Stuttgart 1971, S. 115.
[167] Ebd.
[168] Dikasterium für die Glaubenslehre, Erklärung Dignitas infinita (2. April 2024), 19.
[169] Vgl. Benedikt XVI., Schreiben an den Generaloberen der Gesellschaft Jesu anlässlich des 50. Jahrestages der Enzyklika Haurietis Aquas (15. Mai 2006): AAS 98 (2006), S. 461.
[170] In Num. homil. 12, 1: PG 12, 157.
[171] Epist. 29, 24: PL 16, 1060.
[172] Adv. Arium 1, 8: PL 8, 1044.
[173] Tract. in Joannem 32, 4: PL 35, 1643.
[174] In Ev. S. Joannis, Kap. VII, lectio 5.
[175] Pius XII., Enzyklika Haurietis Aquas (15. Mai 1956), II: AAS 48 (1956), S. 321.
[176] Hl. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris Mater (25. März 1987), 38: AAS 79 (1987), S. 411.
[177] Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 62.
[179] Sermones super Cant. 20, 4: Bernhard von Clairvaux, Sämtliche Werke V, Innsbruck 1994, S. 283.
[180] Philothea III , 35: DASal I, S. 190.
[181] Dem hl. Franz von Sales zugeschrieben: Sermon sur le dédicace d’une église, zitiert nach Œuvres complètes, Bd. 2, Paris 1839, S. 465; 466.
[182] Hl. Charles de Foucauld, Die geistlichen Schriften, Wien 1963, S. 59.
[183] Seit dem 19. März 1902 beginnen alle seine Briefe mit den Worten Jesus Caritas, welche durch ein Herz getrennt sind, über dem sich ein Kreuz befindet.
[184] Ders., Brief an Henri Huvelin (15. Juli 1904), Briefwechsel, S. 207.
[185] Vgl. Ders., Tagebuch (25. Februar 1903): Aufzeichnungen und Briefe, S. 170.
[186] Zitiert in René Voillaume, Les fraternités du Père de Foucauld, París 1946, S. 173.
[187] Hl. Charles de Foucauld, Méditations des saints Évangiles sur les passages relatifs à quinze vertus, Nazaret 1897-1898, Charité 77 ( Mt 20,28).
[188] Ebd., Charité 90 ( Mt 27,30).
[189] Abbé Huvelin, Quelques directeurs d’âmes au XVII siècle, Paris 1911, S. 97.
[190] Vgl. Conférences Service au malades et soin de sa santé (11. November 1657): Correspondance, Entretiens, Documents, Bd. 10, S. 334.
[191] Costituzioni e Statuti della Congregazione della Missione, Rom 1984, 110.
[192] Brief an den Hochwürdigen Pater Peter-Hans Kolvenbach, Generaloberer der Gesellschaft Jesu, Paray-le-Monial, 5. Oktober 1986: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 16, Nr. 42 (17. Oktober 1986), S. 11.
[193] Hl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Reconciliatio et Paenitentia (2. Dezember 1984), 16: AAS 77 (1985), S. 215.
[194] Vgl. Ders., Enzyklika Sollicitudo rei socialis (30. Dezember 1987), 36: AAS 80 (1988), S. 561-562.
[195] Ders., Enzyklika Centesimus annus (1. Mai 1991), 41: AAS 83 (1991), S. 844-845.
[196] Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 1888.
[197] Vgl. Katechese, 8 Juni 1994: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 24, Nr. 24 (17. Juni 1994), S. 2.
[198] Ansprache an die Teilnehmer am Internationalen Kolloquium „Réparer l'irréparable“, 4. Mai 2024.
[199] Ebd.
[200] Predigt in Santa Marta, 6. März 2018.
[201] Ansprache an die Teilnehmer am Internationalen Kolloquium „Réparer l'irréparable“, 4. Mai 2024.
[202] Predigt in der Chrisammesse, 28. März 2024: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 54, Nr. 15 (12. April 2024), S.7.
[205] Enzyklika Laudato si' (24. Mai 2015), 80: AAS 107 (2015), S. 879.
[206] Katechismus der Katholischen Kirche, 1085.
[208] Hl. Margareta Maria Alacoque, Leben und Offenbarung, S. 75.
[209] Therese von Lisieux, Ms A 84r, Geschichte einer Seele, S. 229.
[210] Ebd.
[211] Ebd.
[212] Dies., Ms A, 83v o: Geschichte einer Seele, S. 228; vgl. Brief 226 an Pater Roulland, 9. Mai 1897: Briefe der hl. Therese von Lisieux, Trier 42011, S. 333.
[213] Dies., Weiheakt an die Barmherzige Liebe: Gebete, Trier 22009, , S. 41.
[214] Dies., Ms B, 3v o: Geschichte einer Seele, S. 305.
[215] Dies., Brief 186, an Leonie, 11. April 1896: Briefe der hl. Therese von Lisieux, S. 273.
[216] Dies., Brief 258, an Abbé Bellière, 18. Juli 1897: Briefe der hl. Therese von Lisieux, S. 364.
[217] Vgl. Pius XI., Enzyklika Miserentissimus Redemptor (8. Mai 1928): AAS 20 (1928), S. 169.
[218] Ebd.: AAS 20 (1928), 172.
[219] Hl. Johannes Paul II., Katechese, 20 Juni 1979: L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 9, Nr. 26 (29. Juni 1979), S. 2.
[220] Predigt in Santa Marta, 27. Juni 2014.
[221] Botschaft anlässlich der Hundertjahrfeier der Weihe der Menschheit an das Hl. Herz Jesu, Warschau, 11. Juni 1999: L’Osservatore Romano (dt.) Jg. 29, Nr. 29/30 (16. Juli 1999), S. 15.
[222] Ebd.
[223] Schreiben an Msgr. Louis-Marie Billè, Erzbischof von Lyon, anläßlich der Pilgerfahrt nach Paray-le-Monial (4. Juni 1999).
[224] Répétition d’oraison (22. August 1655): Correspondance, Entretiens, Documents, Bd. 11, S. 291.
[225] Brief Diserti interpretes (25. Mai 1965), 4: Enchiridion della Vita Consacrata, Bologna-Mailand 2001, 3809.
[226] Vita Nova, XIX, 5-6: Das Neue Leben,Stuttgart 2016, S. 46.
[227] Ms A, 45 vo: Geschichte einer Seele,S. 152.
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