NACHSYNODALES APOSTOLISCHES SCHREIBEN
ECCLESIA IN AMERICA
DES HEILIGEN VATERS
JOHANNES PAUL II.
AN DIE VEREHRTEN MITBRÜDER IM BISCHOFSAMT,
DEN KLERUS,
DIE ORDENSLEUTE,
DIE GLÄUBIGEN DER KATHOLISCHEN KIRCHE
ÜBER DIE BEGEGNUNG MIT DEM LEBENDIGEN JESUS CHRISTUS,
DEM WEG ZUR UMKEHR,
GEMEINSCHAFT UND SOLIDARITÄT
IN AMERIKA
EINFÜHRUNG
1. Die Kirche in Amerika ist voller Freude über den Glauben, den sie empfangen hat, und dankt Christus für dieses übergroße Geschenk. Sie hat erst vor kurzem den fünfhundertsten Jahrestag des Beginns der Verkündigung des Evangeliums in ihrem Land gefeiert. Diese Gedächtnisfeier war den Katholiken Amerikas eine Hilfe, um sich wieder mehr des Wunsches Christi bewußt zu werden, den Bewohnern der sog. Neuen Welt zu begegnen; er möchte sie in seine Kirche eingliedern und so in der Geschichte des Kontinents gegenwärtig sein. Die Evangelisierung Amerikas ist nicht nur ein Geschenk des Herrn, sondern auch eine Verpflichtung. Es ist all denen, die überall auf dem Kontinent das Evangelium verkündet haben, zu verdanken, daß der Kirche und dem Geist unzählige Söhne und Töchter zugewachsen sind (1). In ihren Herzen klingen nach wie vor die Worte des Apostels Paulus wider: „Wenn ich nämlich das Evangelium verkünde, kann ich mich deswegen nicht rühmen; denn ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!“ (1 Kor 9,16). Dieser Zwang gründet auf dem Gebot des auferstandenen Herrn, das er den Aposteln vor seiner Himmelfahrt gegeben hat: „Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen“ (Mk 16,15).
Dieses Gebot richtet sich an die ganze Kirche, und an die Kirche in Amerika ergeht in diesem besonderen Augenblick ihrer Geschichte der Ruf, es anzunehmen und mit liebevoller Großzügigkeit ihrem grundlegenden Auftrag, das Evangelium zu verkünden, gerecht zu werden. Das unterstrich in Bogotá auch mein Vorgänger, Paul VI., der erste Papst, der Amerika besuchte, als er sagte: „Es ist unsere Aufgabe, die wir Deine [Jesu Christi] Stellvertreter und die Verwalter Deiner göttlichen Geheimnisse sind (vgl. 1 Kor 4,1; 1 Petr 4,10), die Schätze Deines Wortes, Deiner Gnade und des Beispiels, das Du gegeben hast, als Du bei den Menschen warst, zu verbreiten.“ (2) Die Pflicht, das Evangelium zu verkünden, ist für einen Jünger Christi ein dringendes Anliegen der Nächstenliebe: „Denn die Liebe Christi drängt uns“ (2 Kor 5, 14), sagt der Apostel Paulus, und er erinnert daran, was der Sohn Gottes durch sein Opfer der Erlösung für uns getan hat: „Einer ist für alle gestorben […], damit die Lebenden nicht mehr für sich leben, sondern für den, der für sie starb und auferweckt wurde“ (2 Kor 5,1415).
Das Gedenken gewisser Ereignisse, die in besonderer Weise an die Liebe Christi zu uns erinnern, ruft in uns außer dem Gefühl der Dankbarkeit auch den Drang hervor, „die Wundertaten Gottes zu verkünden“ das heißt: zu evangelisieren. Also bieten die Erinnerung an die erst vor wenigen Jahren erfolgte Fünfhundertjahrfeier der Ankunft des Evangeliums in Amerika – das heißt, des Augenblicks, da Christus Amerika zum Glauben berufen hat – und das bevorstehende Jubiläum, bei dem die Kirche die 2000 Jahre seit der Menschwerdung des Gottessohnes feiert, einen bevorzugten Anlaß, unser Herz ganz spontan und stärker als zuvor mit Dankbarkeit dem Herrn gegenüber zu erfüllen. Die Kirche, die sich in Amerika auf der Pilgerschaft befindet, ist sich der Größe dieser erhaltenen Gaben bewußt, und es ist ihr Wunsch, die ganze Gesellschaft und jeden einzelnen Menschen in Amerika am Reichtum des Glaubens und der Gemeinschaft mit Christus teilhaben zu lassen.
Die Idee zur Einberufung einer Synode
2. Genau am fünfhundertsten Jahrestag der Evangelisierung Amerikas, nämlich am 12. Oktober 1992, hatte ich bei der Ansprache anläßlich der Eröffnung der 4. Generalversammlung des lateinamerikanischen Episkopats in Santo Domingo aus dem Wunsch heraus, neue Horizonte zu erschließen und der Evangelisierung einen neuen Impuls zu geben, den Vorschlag gemacht, eine Synode einzuberufen, „um die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Teilkirchen zu intensivieren, um gemeinsam im Rahmen der Neuevangelisierung und als Ausdruck der bischöflichen Gemeinschaft die Probleme der Gerechtigkeit und der Solidarität unter allen Nationen Amerikas“ (3) gemeinsam anzugehen. Die amerikanischen Bischöfe hatten diesen Vorschlag positiv aufgenommen, was es mir erlaubte, im Apostolischen Schreiben Tertio millennio adveniente die Absicht anzukündigen, eine Synode „über die Problematik der Neuevangelisierung in zwei nach Ursprung und Geschichte voneinander so verschiedenen Teilen ein und desselben Kontinents und über die Themenbereiche Gerechtigkeit und internationale Wirtschaftsbeziehungen unter Berücksichtigung des enormen Unterschiedes zwischen dem Norden und dem Süden“ (4) einzuberufen. So begann man damals mit den eigentlichen Vorbereitungsarbeiten für die Sonderversammlung der Bischofssynode für Amerika, die schließlich vom 16. November bis 12. Dezember 1997 im Vatikan abgehalten wurde.
Das Thema der Synode
3. Anknüpfend an die ursprüngliche Idee und nach Anhörung der Vorschläge des vorsynodalen Rates, der das Denken so vieler Hirten des Gottesvolkes auf dem amerikanischen Kontinent ausdrückt, kündigte ich das Thema der Sonderversammlung der Synode für Amerika folgendermaßen an: „Begegnung mit dem lebendigen Jesus Christus, dem Weg zur Umkehr, Gemeinschaft und Solidarität in Amerika.“ Das so formulierte Thema bringt deutlich die zentrale Stellung der Person des auferstandenen Jesus Christus zum Ausdruck, der im Leben der Kirche gegenwärtig ist und zur Umkehr, zur Gemeinschaft und zur Solidarität einlädt. Der Ausgangspunkt dieses Programms für die Evangelisierung ist selbstverständlich die Begegnung mit dem Herrn, und der Heilige Geist, das Geschenk Christi im Ostergeheimnis, führt uns zum pastoralen Ziel, das die Kirche in Amerika im dritten christlichen Jahrtausend erreichen muß.
Die Synode als Erfahrung von Begegnung
4. Die Synode wurde ohne Zweifel als eine Begegnung mit dem Herrn erlebt. Besonders gerne denke ich an die beiden feierlichen Konzelebrationen in der Peterskirche zu Beginn und zum Abschluß der Synodenarbeit zurück, bei denen ich selbst Hauptzelebrant war. Die Begegnung mit dem auferstandenen Herrn, der wahrhaft, wirklich und wesenhaft in der Eucharistie anwesend ist, stellte das geistige Klima her, welches es gestattete, daß sich alle Bischöfe während der Synodensitzungen nicht nur gegenseitig als Brüder, sondern auch als Mitglieder des Bischofskollegiums betrachteten, die unter der Leitung des Nachfolgers Petri den Spuren des guten Hirten folgen wollten, indem sie sich in den Dienst der Kirche stellten, die sich in allen Teilen des Kontinents auf der Pilgerschaft befindet. Auffallend für alle war die Freude der Synodenteilnehmer, die in dieser Synode eine außerordentliche Gelegenheit sahen, dem Herrn, dem Stellvertreter Christi, und so vielen Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und Laien, die aus allen Teilen des Kontinents gekommen waren, zu begegnen.
Ohne Zweifel haben einige Faktoren im Vorfeld zwar nicht auf unmittelbare, aber doch auf wirksame Weise zu dieser brüderlichen Atmosphäre auf der Synode beigetragen. In erster Linie sind hier die Gemeinschaftserfahrungen hervorzuheben, die man zuvor auf den Generalversammlungen des lateinamerikanischen Episkopates in Rio de Janeiro (1955), Medellín (1968), Puebla (1979) und Santo Domingo (1992) gemacht hatte. Dort hatten die Hirten der lateinamerikanischen Kirche gemeinsam als Brüder jeweils die dringendsten Seelsorgefragen in diesem Teil des Kontinents erörtert. Hinzu kamen die in regelmäßigen Abständen erfolgten interamerikanischen Bischofsversammlungen, auf denen die Teilnehmer die Möglichkeit hatten, sich dem Horizont des gesamten Kontinents zu öffnen, indem sie über die gemeinsamen Probleme und Herausforderungen sprachen, die sich der Kirche in den Ländern Amerikas stellen.
Beitrag zur Einheit des Kontinents
5. Als ich in Santo Domingo zum erstenmal vorschlug, eine Sonderversammlung der Synode abzuhalten, hob ich hervor: „Die Kirche steht bereits an den Toren des dritten christlichen Jahrtausends, und sie lebt in einer Zeit, da viele ideologische Fronten und Barrieren gefallen sind. So empfindet sie es als unausweichliche Pflicht, alle Völker, die diesen großen Kontinent bilden, geistig noch stärker zu einen und zugleich von der ihr eigenen religiösen Sendung her einen Geist der Solidarität unter allen anzuregen.“ (5) Die Gemeinsamkeiten der amerikanischen Völker, unter denen besonders dieselbe christliche Identität hervorsticht, sowie ein echtes Streben nach Stärkung der Bande der Solidarität und der Gemeinschaft zwischen den verschiedenen Ausdrucksformen des reichen kulturellen Erbes des Kontinents, stellen den entscheidenden Grund dar, weshalb ich wollte, daß die Sonderversammlung der Bischofssynode bei ihren Erörterungen Amerika als eine einzige Wirklichkeit sieht. Es wurde dabei bewußt Amerika in der Einzahl genannt, um nicht nur die bereits in gewisser Hinsicht bestehende Einheit zum Ausdruck zu bringen, sondern auch das engere Band, nach dem die Völker des Kontinents streben und das die Kirche im Rahmen ihrer eigenen Sendung, die Gemeinschaft aller im Herrn zu fördern, unterstützen möchte.
Im Kontext der neuen Evangelisierung
6. Im Hinblick auf das Große Jubiläum des Jahres 2000 wollte ich, daß für jeden einzelnen Kontinent jeweils eine Sonderversammlung der Bischofssynode abgehalten würde. Nachdem dies bereits für Afrika (1994), Amerika (1997), Asien (1998) und erst kürzlich auch für Ozeanien (1998) geschehen ist, wird dieses Jahr mit Gottes Hilfe eine Sonderversammlung für Europa einberufen werden. Auf diese Weise wird eine allgemeine und ordentliche Versammlung während des Jubeljahres ermöglicht werden, die das wertvolle, durch die jeweiligen Sonderversammlungen der einzelnen Kontinente gesammelte Material zusammenfaßt und daraus ihre Schlußfolgerungen zieht. Das wird aufgrund der Tatsache geschehen können, daß auf all diesen Synoden eine ähnliche Problematik vorlag und gemeinsame Interessenbereiche bestanden. In diesem Sinne hatte ich mit Bezug auf all diese Synodensitzungen – wie schon zuvor – auf folgendes hingewiesen: „Das Grundthema ist die Evangelisierung, ja die Neuevangelisierung, für das von dem […] Apostolischen Schreiben Evangelii nuntiandi Pauls VI. die Grundlagen gelegt wurden.“ (6) Daher deutete ich sowohl in meiner ersten Ankündigung, eine Sonderversammlung der Bischofssynode abzuhalten, als auch später, nachdem alle Bischöfe Amerikas diese Idee zu der ihrigen gemacht hatten, bei der offiziellen Verkündigung an, daß ihre Überlegungen sich „im Rahmen der neuen Evangelisierung“ (7) bewegen müssen und die dabei entstehenden Probleme anzugehen sind. (8)
Dieses Anliegen war insofern eindeutig, als ich selbst das erste Programm einer Neuevangelisierung auf amerikanischem Boden formuliert hatte. Als sich dann die Kirche in ganz Amerika auf die Fünfhundertjahrfeier der ersten Evangelisierung des Kontinents vorbereitete, sagte ich in Port-au- Prince (Haiti) vor dem lateinamerikanischen Bischofsrat (CELAM): „Das Gedenken des halben Jahrtausends Evangelisierung wird seine volle Bedeutung dann erhalten, wenn ihr als Bischöfe, zusammen mit euren Priestern und Gläubigen, daraus eine Aufgabe macht; eine Aufgabe nicht der Re-Evangelisierung, sondern der Neu-Evangelisierung. Neu in ihrem Eifer, in ihren Methoden und in ihrer Ausdrucksweise.“ (9) Später lud ich die ganze Kirche ein, diese Aufforderung in die Tat umzusetzen, auch wenn man bei dem Evangelisierungsprogramm, wenn es sich auf die heute in der ganzen Welt bestehende große Verschiedenheit erstrecken soll, nach zwei sich deutlich voneinander unterscheidenden Situationen differenzieren muß: es geht hier einerseits um die Länder, die in starkem Maße von der Säkularisierung betroffen sind und andererseits um die, in denen bis heute die traditionelle christliche Volksfrömmigkeit und -religiosität lebendig erhalten sind.“ (10) Es handelt sich dabei ohne Zweifel um zwei Situationen, die in den verschiedenen Ländern – oder man sollte vielleicht besser sagen, in verschiedenen konkreten Bereichen innerhalb der Länder des amerikanischen Kontinents – unterschiedlich stark ausgeprägt sind.
Mit der Gegenwart und der Hilfe des Herrn
7. Der Evangelisierungsauftrag, den der auferstandene Herr seiner Kirche hinterlassen hat, wird von der auf seiner Verheißung gründenden Gewißheit begleitet, daß Er weiterhin unter uns lebt und wirkt: „Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20). Diese geheimnisvolle Gegenwart Christi in seiner Kirche ist die Erfolgsgarantie für die Verwirklichung der ihr anvertrauten Mission. Gleichzeitig ermöglicht diese Gegenwart aber auch uns die Begegnung mit Ihm, als dem Sohn, der vom Vater gesandt wurde, als dem Herrn des Lebens, der uns seinen Geist mitteilt. Eine neue Begegnung mit Jesus Christus wird allen Gliedern der Kirche in Amerika bewußt machen, daß sie berufen sind, die Mission des Erlösers in ihren Ländern fortzusetzen.
Die persönliche Begegnung mit dem Herrn wird, wenn sie echt ist, auch eine kirchliche Erneuerung mit sich bringen. Die Teilkirchen des Kontinents werden als sich nahestehende Schwesterkirchen die Bande der Zusammenarbeit und Solidarität mehren, um so das Erlösungswerk Christi in der Geschichte Amerikas fortzusetzen und noch lebendiger werden zu lassen. Die Teilkirchen und jedes einzelne ihrer Glieder werden in einer Haltung der Offenheit für die Einheit, welche die Frucht wahrer Gemeinschaft mit dem auferstandenen Herrn ist, durch ihre eigenen geistlichen Erfahrungen entdecken, daß „die Begegnung mit dem lebendigen Jesus Christus“ der „Weg zur Umkehr, Gemeinschaft und Solidarität“ ist. Und in dem Maß, in dem dieses Ziel erreicht wird, wird man sich der Neuevangelisierung Amerikas immer stärker widmen können.
KAPITEL I
DIE BEGEGNUNG
MIT DEM LEBENDIGEN JESUS CHRISTUS
« Wir haben den Messias gefunden » (Joh 1, 41)
Die Begegnungen mit dem Herrn im Neuen Testament
8. Die Evangelien berichten von zahlreichen Begegnungen Jesu mit Menschen seiner Zeit. All diesen Ereignissen ist eine verwandelnde Kraft gemeinsam, die von den Begegnungen mit Jesus ausgeht. Sie „leiten einen wahren Prozeß der Bekehrung, der Gemeinschaft und der Solidarität ein“ (11). Zu den bedeutendsten Begegnungen gehört die der Samariterin (vgl. Joh 4,5-42). Jesus ruft sie, um seinen Durst zu stillen und zwar nicht nur den Durst des Leibes, denn in Wirklichkeit dürstete ihn, „der zu trinken begehrte, […] nach dem Glauben der Frau“ (12). Als der Herr sagte: „Gib mir zu trinken“ (Joh 4,7) und zur Samariterin vom lebendigen Wasser sprach, da drängte sich ihr die Frage auf, die fast einem Gebet glich und deren Tragweite das überstieg, was sie in dem Augenblick zu verstehen im Stande war: „Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe“ (Joh 4,15). Wenn auch die Samariterin „noch nicht verstand“ (13), bat sie doch in Wirklichkeit um das lebendige Wasser, von dem ihr göttlicher Gesprächspartner gesprochen hatte. Als ihr Jesus enthüllte, daß er der Messias sei (vgl. Joh 4,26), fühlte sie sich bewogen, ihren Mitbürgern zu verkünden, daß sie den Messias entdeckt habe (vgl. Joh 4,28-30). So war es auch, als Jesus mit Zachäus zusammentraf (vgl. Lk 19,1-10): die wertvollste Frucht dieser Begegnung war die Bekehrung. Dieser war sich seines unrechten Handelns bewußt und entschied, reichlich – ja sogar „das Vierfache“ – denen zurückzugeben, die er betrogen hatte. Außerdem nahm er materiellen Dingen gegenüber eine uneigennützige Haltung ein, während er den Notleidenden in Nächstenliebe begegnete, so daß er sogar die Hälfte seines Vermögens den Armen geben wollte.
Besondere Erwähnung verdienen die Begegnungen mit dem auferstandenen Christus im Neuen Testament. Durch die Begegnung mit dem Auferstandenen überwindet Maria von Magdala ihre Mutlosigkeit und Traurigkeit über den Tod des Meisters (vgl. Joh 20,11-18). In seiner neuen österlichen Dimension schickt Jesus sie, um den Jüngern zu verkünden, daß er auferstanden ist (vgl. Joh 20,17). Aus diesem Grund hat man Maria von Magdala „die Apostelin der Apostel genannt“ (14) . Auch die Jünger von Emmaus kehrten, nachdem sie dem auferstandenen Herrn begegnet waren und ihn erkannt hatten, nach Jerusalem zurück, um den Aposteln und übrigen Jüngern zu erzählen, was sie erlebt hatten (vgl. Lk 24,13-35). Jesus „legte ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht“ (Lk 24,27). Erst später sollten die beiden Jünger erkennen, daß ihnen das Herz in der Brust brannte, als er unterwegs mit ihnen redete und ihnen den Sinn der Schrift erschloß (vgl. Lk 24,32). Zweifelsohne spielt der hl. Lukas in dieser Begegnungsepisode deutlich auf die Einsetzung der Eucharistie an, insbesondere im entscheidenden Augenblick, als die Jünger Jesus erkennen; d.h. er spielt auf die Vorgehensweise Jesu während des letzten Abendmahls an (11-10) (vgl. Lk 24,30). Beim Bericht darüber, was die Jünger von Emmaus den Elfen erzählen, benutzt der Evangelist einen Ausdruck, der in der Urkirche eine präzise eucharistische Bedeutung hatte: „[…] und wie sie ihn erkannt hatten, als er das Brot brach“ (Lk 24,35).
Unter den Berichten über die Begegnungen mit dem auferstandenen Herrn hat zweifelsohne die Bekehrung des Saulus, des zukünftigen Paulus und Apostels der Völker, der sich auf dem Weg nach Damaskus befand, in der Geschichte des Christentums entscheidenden Einfluß ausgeübt, denn bei dieser Begegnung fand sein radikaler Existenzwandel statt; dort wurde aus dem Verfolger ein Apostel (vgl. Apg 9,3-30; 22,6-11; 26,12-18). Paulus selbst spricht von dieser außerordentlichen Erfahrung wie von einer Offenbarung des Gottessohnes, „damit ich ihn unter den Heiden verkündige“ (Gal 1,16).
Die Einladung des Herrn achtet jedoch stets die Freiheit derer, die er ruft. Es gibt Fälle, in denen der Mensch sich der Lebensveränderung versperrt, zu der Er ihn einlädt. Zahlreich sind die Fälle der Zeitgenossen Jesu, die ihn sahen und ihn hörten, sich aber dennoch für sein Wort nicht öffneten. Das Johannesevangelium bezeichnet die Sünde als die Ursache, die den Menschen daran hindert, sich dem Licht zu öffnen, welches Christus ist: „Das Licht kam in die Welt, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Taten waren böse“ (Joh 3,19). Die Evangelientexte zeigen, daß der Hang zum Reichtum ein Hindernis darstellt, den Ruf zur großzügigen und vollen Nachfolge Jesu wahrzunehmen. Diesbezüglich ist der Fall des jungen Reichen typisch (vgl. Mt 19,16-22; Mk 10,17- 22; Lk 18,18-23).
Persönliche Begegnungen und Begegnungen in Gemeinschaft
9. Einige Begegnungen mit Jesus, von denen in den Evangelien berichtet wird, sind eindeutig persönlicher Art, wie z.B. die Berufungen zur Nachfolge (vgl. Mt 4,19; 9,9; Mk 10,21; Lk 9,59). Jesus geht dort mit seinen Gesprächspartnern so um, als stünde er ihnen sehr nahe: „Rabbi – das heißt übersetzt: Meister – wo wohnst du? […] Kommt und seht!“ (Joh 1,38-39). Andere Begegnungen hingegen sind eher gemeinschaftlicher Natur, wie etwa die Begegnungen mit den Aposteln. Diese sind von grundlegender Wichtigkeit für die Konstitution der Kirche, denn tatsächlich sind es ja die Apostel, die Jesus aus einer größeren Jüngergruppe auserwählte (vgl. Mk 3,13-19; Lk 6,12-16), sie in ganz besonderer Weise unterwies und einen viel persönlicheren Umgang mit ihnen pflegte. Zur Menge spricht Jesus in Gleichnissen, die er nur den Zwölfen erklärt: „Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Himmelreichs zu erkennen; ihnen aber ist es nicht gegeben“ (Mt 13,11). Die Apostel sind berufen, Verkünder der frohen Botschaft zu sein und eine besondere Mission zu entfalten, d.h., sie sollen die Kirche mit der Gnade der Sakramente errichten. Zu diesem Zweck werden sie mit der notwendigen Amtsgewalt ausgestattet: er verleiht ihnen die Macht, die Sünden zu verzeihen, indem er sich auf dieselbe Vollmacht im Himmel und auf Erden beruft, die ihm der Vater verliehen hat (vgl. Mt 28,18). Sie werden die ersten sein, die die Gabe des Heiligen Geistes empfangen (vgl. Apg 2,1-4); und diese Gabe werden dann später auch alle empfangen, die durch die Sakramente der christlichen Initiation in die Kirche aufgenommen werden (vgl. Apg 2,38).
Die Begegnung mit Christus in der Zeit der Kirche
10. Die Kirche ist der Ort, wo die Menschen die Liebe des Vaters entdecken können, denn wer Jesus gesehen hat, der hat auch den Vater gesehen (vgl. Joh 14,9). Nach seiner Himmelfahrt handelt Jesus durch das machtvolle Walten des Parakleten, des Beistands (vgl. Joh 16,7), der die Gläubigen dadurch verwandelt, daß er ihnen das neue Leben gibt. Auf diese Weise werden sie befähigt, mit derselben Liebe Gottes zu lieben, die „ausgegossen [ist] in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist“ (Röm 5,5). Zudem bereitet die göttliche Gnade die Christen darauf vor, die Welt zu verändern, indem sie eine neue Zivilisation begründen, die mein Vorgänger Paul VI. zu Recht „Zivilisation der Liebe“ genannt hat (15).
„Das Wort Gottes hat in allem, außer in der Sünde, die menschliche Natur angenommen (vgl. Hebr 4,12-15). Es tut den Plan des Vaters kund, der menschlichen Person zu offenbaren, wie sie zur Fülle ihrer eigenen Berufung gelangt […]. So versöhnt Jesus nicht nur den Menschen mit Gott, sondern auch mit sich selbst, da er ihm seine eigene Natur offenbart“ (16). Mit diesen Worten haben die Synodenväter im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils erneut bekräftigt, daß Jesus der Weg ist, der zur vollen Selbstverwirklichung führt, deren höchste Form die endgültige und ewige Begegnung mit Gott ist. „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich“ (Joh 14,6). Gott hat uns „im voraus dazu bestimmt, an Wesen und Gestalt seines Sohnes teilzuhaben, damit dieser der Erstgeborene von vielen Brüdern sei“ (Röm 8,29). Also ist Jesus Christus die endgültige Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens und auf die grundlegenden offenen Fragen, die auch heutzutage so viele Menschen des amerikanischen Kontinents beschäftigen.
Durch Maria begegnen wir Jesus
11. Als Jesus geboren wurde, kamen die Weisen aus dem Orient nach Betlehem und „sahen das Kind und Maria, seine Mutter“ (Mt 2,11). Als der Sohn Gottes zu Beginn seines öffentlichen Wirkens auf der Hochzeit von Kana sein erstes Zeichen wirkte, so daß seine Jünger an ihn glaubten (vgl. Joh 2,11), da war es Maria, die vermittelte und die Diener mit folgenden Worten auf ihren Sohn verwies: „Was er euch sagt, das tut“ (Joh 2,5). Diesbezüglich habe ich bei einer anderen Gelegenheit geschrieben: „Die Mutter Christi zeigt sich vor den Menschen als Sprecherin für den Willen des Sohnes, als Wegweiserin zu jenen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit sich die erlösende Macht des Messias offenbaren kann“ (17). Daher ist Maria ein sicherer Weg, um Christus zu begegnen. Die der Mutter des Herrn entgegengebrachte Frömmigkeit hilft – wenn sie echt ist – stets, das eigene Leben nach dem Geist und den Werten des Evangeliums auszurichten.
Es ist daher nur folgerichtig, wenn der Stellenwert Marias hervorgehoben wird, den sie hinsichtlich der Begegnung der Kirche Amerikas mit dem Herrn einnimmt. In der Tat ist ja die allheilige Jungfrau „in besonderer Weise mit dem Entstehen der Kirche in der Geschichte der […] Völker Amerikas verbunden, die durch Maria dem Herrn begegneten“ (18).
In allen Teilen des Kontinents war die Präsenz der Gottesmutter durch das Wirken der Missionare seit den Tagen der ersten Evangelisierung sehr intensiv. Bei der Verkündigung „des Evangeliums stellten sie die Jungfrau Maria als dessen höchste Erfüllung dar. Seit den Ursprüngen ihrer Erscheinung und Anrufung in Guadalupe stellte Maria das große Zeichen, das mütterliche Antlitz voller Erbarmen für die Nähe des Vaters und des Sohnes dar, mit denen zusammen sie uns einlädt, in die Gemeinschaft einzutreten“ (19).
Die Marienerscheinung, die der Indio Juan Diego im Jahr 1531 auf dem Hügel von Tepeyac hatte, war für die Evangelisierung von entscheidender Bedeutung (20). Dieser Einfluß geht über die Grenzen Mexikos hinaus und erreicht den ganzen Kontinent. Amerika war im Lauf der Geschichte der Schmelztiegel der Völker und ist es auch heute noch. Man hat „in dem Mestizengesicht der Jungfrau von Tepeyac“, in U.Lb. Frau von Gua-dalupe „ein bedeutsames Beispiel einer vollkommen inkulturierten Evangelisierung“ (21) erkannt. Daher wird U.Lb. Frau von Guadalupe nicht nur in Zentral- und Südamerika, sondern auch im Norden des Kontinents als Königin ganz Amerikas verehrt (22).
Im Lauf der Zeit sind sich sowohl Hirten als auch Gläubige immer mehr der Rolle bewußt geworden, die Maria bei der Evangelisierung des Kontinents eingenommen hatte. Bei dem für die Sonderversammlung der Bischofssynode für Amerika verfaßten Gebet wird die Gottesmutter von Guadalupe als „Patronin ganz Amerikas und Stern der ersten und der neuen Evangelisierung“ angerufen. In diesem Sinne nehme ich gerne den Vorschlag der Synodenväter auf, den 12. Dezember auf dem ganzen Kontinent als das Fest U.Lb. Frau von Guadalupe, der Mutter Amerikas und Verkünderin des Evangeliums einzurichten (23), und ich hoffe fest, daß sie, deren Fürsprache die ersten Jünger ihre Stärkung im Glauben verdankten (vgl. Joh 2,11), die Kirche auf diesem Kontinent durch ihre mütterliche Fürsprache leitet, auf daß sie – wie schon in der Urkirche – die Herabkunft des Heiligen Geistes erwirkt (vgl. Apg 1,14). So wird die Neuevangelisierung eine wunderbare Blüte des christlichen Lebens hervorbringen.
Stätten der Begegnung mit Christus
12. Mit der Hilfe Marias möchte die Kirche in Amerika die Menschen dieses Kontinents zur Begegnung mit Christus führen, denn diese ist der Ausgangspunkt für eine echte Umkehr und erneuerte Gemeinschaft und Solidarität. Diese Begegnung wird auf wirksame Weise dazu beitragen, den Glauben vieler Katholiken zu festigen, denn sie wird bewirken, daß er zu einem überzeugten, lebendigen und zu Taten drängenden Glauben heranreift.
Damit die Suche nach Christus, die es auch in der Kirche gibt, sich nicht auf irgend etwas Abstraktes beschränkt, ist es notwendig, konkrete Orte und Augenblicke aufzuzeigen, wo man ihm innerhalb der Kirche begegnen kann. Die Erörterungen der Synodenväter waren diesbezüglich sehr reich an Vorschlägen und Beobachtungen.
In erster Linie hoben sie „die im Licht der Tradition, der Kirchenväter und des kirchlichen Lehramtes gelesene und durch Meditation und Gebet vertiefte Heilige Schrift“ hervor (24). Man hat auch empfohlen, die Evangelienkenntnisse zu fördern, denn in ihnen wird in leicht zugänglichen Worten die Art und Weise verkündet, wie Jesus unter den Menschen gelebt hat. Eine echte Frucht der Lektüre dieser heiligen Texte ist die Bekehrung der Herzen, wenn man mit derselben Aufmerksamkeit zuhört, mit der die Menge Jesus am Fuß des Berges der Seligpreisungen oder am Ufer des Sees Genesareth zuhörte, als er vom Boot aus predigte.
Ein weiterer Ort der Begegnung mit Jesus ist die heilige Liturgie (25). Dem Zweiten Vatikanischen Konzil verdanken wir eine äußerst reiche Darlegung der zahlreichen Weisen der Gegenwart Christi in der Liturgie. Diese ist so wichtig, daß sie zum Gegenstand ständiger Predigttätigkeit werden muß: Christus ist im Priester gegenwärtig, der die Messe zelebriert und so auf dem Altar dasselbe und einzige Kreuzesopfer erneuert; er ist gegenwärtig in den Sakramenten, in denen seine wirkungsvolle Kraft am Werk ist. Wenn sein Wort verkündet wird, ist er es selbst, der zu uns spricht. Außerdem ist er kraft seiner Verheißung in der Gemeinschaft gegenwärtig: „Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 18,20). Aber „vor allem ist er unter den eucharistischen Gestalten“ gegenwärtig (26). Mein Vorgänger Paul VI. hielt es für notwendig, die Einzigartigkeit der Realpräsenz Christi in der Eucharistie zu erklären: sie „wird ,wirklich‘ genannt, nicht im ausschließlichen Sinne, als ob die anderen nicht ,wirkliche‘ wären, sondern hervorhebend, weil sie substanziell ist“ (27). Unter den Gestalten von Brot und Wein ist „der ganze und vollständige Christus in seiner physischen ,Realität‘ auch körperlich gegenwärtig“ (28).
Auch im Bericht über die Erscheinung des Auferstandenen bei den Jüngern in Emmaus werden die Schrift und die Eucharistie als Orte der Begegnung mit Christus nahegelegt. Außerdem heißt es im Evangelientext über das Jüngste Gericht (vgl. Mt 25,31-46), daß wir aufgrund unserer Liebe zu den Notleidenden gerichtet werden, in denen der Herr Jesus auf geheimnisvolle Weise gegenwärtig ist. Dieser Text deutet an, daß wir auch einen dritten Ort der Begegnung mit Christus nicht vernachlässigen dürfen: „die Personen, insbesondere die Armen, mit denen sich Christus identifiziert“ (29). Papst Paul VI. erinnerte bei der Schließung des Zweiten Vatikanischen Konzils daran, daß wir „im Angesicht eines jeden Menschen, besonders wenn es durch Tränen und Leiden transparent wurde, das Antlitz Christi (vgl. Mt 25,40), des Menschensohnes, erkennen können und müssen“ (30)
DIE BEGEGNUNG MIT JESUS CHRISTUS
IM HEUTIGEN AMERIKA
« Wem viel gegeben wurde,
von dem wird viel zurückgefordert werden » (Lk 12, 48)
Die Situation der Menschen in Amerika und ihre Begegnung mit dem Herrn
13. In den Evangelien wird von Begegnungen mit Christus in ganz verschiedenen Situationen berichtet. Manchmal handelt es sich um Situationen, in denen Menschen gesündigt haben, Situationen, welche die Notwendigkeit zur Umkehr und zur Vergebung seitens des Herrn aufzeigen. Bei anderen Gelegenheiten kommen die positiven Haltungen der Wahrheitssuche und echten Vertrauens zu Jesus zum Vorschein, die dazu führen, daß eine wahre Freundschaft zu ihm entsteht und die den Wunsch wachrufen, seinem Beispiel zu folgen. Auch nicht zu vergessen sind die Gaben, durch welche der Herr einige Menschen auf eine spätere Begegnung vorbereitet. So hat zum Beispiel Gott Maria mit Gnaden erfüllt (vgl. Lk 1,28) und sie von Anfang an darauf vorbereitet, damit in ihr die wichtigste Begegnung zwischen dem Göttlichen und der menschlichen Natur stattfinde, nämlich das unaussprechliche Geheimnis der Menschwerdung.
Da die Sünde und die sozialen Tugenden keine abstrakte Größe darstellen, sondern das Ergebnis menschlichen Handelns sind (31), muß man sich vergegenwärtigen, daß Amerika heutzutage eine komplexe Realität darstellt. Es ist die Frucht der Tendenzen und Vorgehensweisen jener Menschen, die dort leben, und in dieser konkreten und reellen Situation müssen die Menschen Jesus begegnen.
Christliche Identität Amerikas
14. Das größte Geschenk, das Amerika vom Herrn erhalten hat, ist der Glaube. Dieser hat dessen christliche Identität mit der Zeit immer mehr geformt. Vor nunmehr über fünfhundert Jahren begann man, den Namen Christi auf diesem Kontinent zu verkünden. Die Frucht der Evangelisierung, welche die Auswanderungsbewegungen aus Europa begleitet hatte, ist nun das religiöse Antlitz Amerikas, geprägt von den moralischen Werten, die man im gewissen Sinne als kulturelles Erbe aller Amerikaner, ja sogar derer betrachten kann, die sich nicht mit ihnen identifizieren. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß man diese Werte nicht immer konsequent gelebt und man sie sogar gelegentlich in Frage gestellt hat. Selbstverständlich darf man die christliche Identität Amerikas nicht als ein Synonym katholischer Identität betrachten. Die Existenz anderer christlicher Konfessionen, die je nach Gegend bald mehr, bald weniger vertreten sind, läßt die Ökumene als besonders dringend erscheinen, um so die Einheit aller, die an Christus glauben, zu suchen (32).
Früchte der Heiligkeit
15. Ausdruck und beste Frucht der christlichen Identität Amerikas sind seine Heiligen. In ihnen ist die Begegnung mit dem lebendigen Christus „so tief und anspruchsvoll […], daß sie zum Feuer wird, welches sie gänzlich aufzehrt und sie drängt, sein Reich zu errichten und darauf hinzuwirken, daß er und sein neuer Bund Sinn und Seele […] im Leben eines jeden Einzelnen sowie der ganzen Gemeinschaft seien“ (33). Amerika hat seit Beginn seiner Evangelisierung die Früchte der Heiligkeit blühen sehen. Das gilt für die hl. Rosa von Lima (1586–1617), „der ersten Blume der Heiligkeit in der Neuen Welt“ (34). Sie wurde 1670 von Papst Clemens X. zur Hauptpatronin Amerikas erklärt. Nach ihr wuchs der amerikanische Heiligenkalender bis zu seinem heutigen Umfang an (35). Die Selig- und Heiligsprechungen, durch die so viele Söhne und Töchter dieses Kontinents zur Ehre der Altäre erhoben wurden, sind heroische Beispiele christlicher Lebensführung innerhalb verschiedener Lebensumstände und Lebensbereiche. Durch ihre Selig- und Heiligsprechung anerkennt die Kirche in ihnen mächtige Fürsprecher, die mit Jesus Christus, dem Hohepriester in Ewigkeit und Mittler zwischen Gott und den Menschen, vereint sind. Die Seligen und Heiligen Amerikas begleiten in brüderlicher Fürsorge die Männer und Frauen ihres Landes, die in Freud und Leid der endgültigen Begegnung mit dem Herrn entgegen gehen (36). Damit die Gläubigen ihrem Beispiel immer öfter folgen und sie noch häufiger und wirkungsvoller anrufen, betrachte ich den Vorschlag der Synodenväter als durchaus angebracht, eine „Sammlung von Kurzbiographien amerikanischer Seliger und Heiliger vorzubereiten. Dies könnte in Amerika die Antwort auf die universale Berufung zur Heiligkeit erhellen und anregen“ (37).
Unter ihren Heiligen „kennt die Geschichte der Evangelisierung Amerikas zahlreiche Märtyrer und Märtyrerinnen, Bischöfe und Priester, Ordensleute und Laien […], die mit ihrem Blut den Boden dieser Nationen tränkten. Sie regen uns wie eine Wolke von Zeugen (vgl. Hebr 12,1) an, heute die Neuevangelisierung ohne Furcht und mit Eifer auf uns zu nehmen.“ (38). Die Beispiele ihrer Hingabe an das Evangelium dürfen nicht nur nicht in Vergessenheit geraten, sondern sie müssen unter den Gläubigen dieses Kontinents noch stärker bekannt gemacht und verbreitet werden. Diesbezüglich schrieb ich im Apostolischen Schreiben Tertio millenio adveniente: Es „muß von den Ortskirchen alles unternommen werden, um durch das Anlegen der notwendigen Dokumentation nicht die Erinnerung zu verlieren an diejenigen, die das Martyrium erlitten haben“ (39).
Die Volksfrömmigkeit
16. Ein besonderes Merkmal Amerikas ist das Vorhandensein einer Volksfrömmigkeit, die tief in den verschiedenen Völkern verwurzelt ist. Sie ist auf allen Gesellschaftsebenen zu finden, und sie ist von besonderer Bedeutung als Ort der Begegnung mit Christus für alle, die Gott aufrichtig und im Geiste der Armut und Demut des Herzens suchen (vgl. Mt 11,25). Die Ausdrucksweisen dieser Frömmigkeit sind zahlreich: „Die Wallfahrten zu den Heiligtümern, wo Christus, Maria oder die Heiligen verehrt werden, das Gebet für die Seelen im Fegefeuer, der Gebrauch von Sakramentalien (Wasser, Öl, Kerzen …). Diese und viele andere Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit bieten den Gläubigen die Gelegenheit, den lebendigen Christus zu finden“ (40). Die Synodenväter haben die Dringlichkeit unterstrichen, in diesen Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit die wahren geistigen Werte zu entdecken, um sie durch die genuine katholische Glaubenslehre zu bereichern, so daß diese Frömmigkeit zu aufrichtiger Umkehr und konkreter Erfahrung der Nächstenliebe führt (41). Die Volksfrömmigkeit trägt, wenn sie in rechter Weise ausgerichtet wird, auch dazu bei, daß in den Gläubigen das Bewußtsein ihrer Zugehörigkeit zur Kirche wächst, indem sie nämlich ihren Eifer stärkt und ihnen auf diese Weise eine gültige Antwort auf die aktuellen Herausforderungen der Verweltlichung bietet (42).
Da in Amerika die Volksfrömmigkeit ein Ausdruck der Inkulturation des katholischen Glaubens ist und viele ihrer Ausdrucksweisen autochthone religiöse Formen aufgegriffen haben, sollte man die Möglichkeit hervorheben, aus ihnen in weiser Vorsicht eine gültige Anleitung zur besseren Inkulturation des Evangeliums zu gewinnen (43). Dies ist besonders unter der indianischen Bevölkerung wichtig, damit „die Samenkörner des Wortes“ innerhalb ihrer Kulturen zur Fülle in Christus gelangen (44). Dasselbe gilt für die Amerikaner afrikanischer Herkunft: die Kirche „anerkennt, daß sie die Pflicht hat, auf diese Amerikaner von ihrer je eigenen Kultur her zuzugehen und ernsthaft den geistigen und menschlichen Reichtum dieser Kultur zu berücksichtigen, welche die Art und Weise prägt, ihren Kult zu begehen, ihren Sinn für Fröhlichkeit und Solidarität sowie ihre Sprache und Traditionen hervorzuheben“ (45).
Orientalisch-katholische Präsenz in Amerika
17. Die bis in unsere heutige Zeit andauernde Einwanderung in Amerika ist seit Beginn der Evangelisierung so etwas wie eine Konstante in seiner Geschichte geworden. Innerhalb dieses komplexen Phänomens muß man hervorheben, daß bestimmte Regionen Amerikas in der letzten Zeit zahlreiche Mitglieder orientalisch-katholischer Kirchen aufgenommen haben, die aus verschiedenen Gründen ihre Ursprungsländer verlassen haben. Eine erste Einwanderungswelle erfolgte vor allem aus der Westukraine. Später hat sich diese Auswanderungsbewegung auch auf die Länder des Mittleren Ostens ausgeweitet. So entstand die pastorale Notwendigkeit, eine katholisch-orientalische Hierarchie für diese Einwanderer und ihre Nachkommen zu errichten. Die auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil erlassenen Normen, an die die Synodenväter erinnerten, anerkennen: die katholischen Ostkirchen „haben das volle Recht und die Pflicht, sich jeweils nach ihren eigenen Grundsätzen zu richten“, da sie beauftragt sind, von einer altehrwürdigen lehrmäßigen, liturgischen und monastischen Tradition Zeugnis abzulegen. Andererseits müssen besagte Kirchen ihre eigenen Disziplinen bewahren, weil diese „den Gewohnheiten ihrer Gläubigen besser entsprechen und der Sorge um das Seelenheil angemessener erscheinen“ (46). Wenn die universale ekklesiale Gemeinschaft der „Synergia“ [des Zusammenwirkens] zwischen den Teilkirchen des Ostens und Westens bedarf, um mit beiden Lungen atmen zu können, muß man sich in der Hoffnung, dies eines Tages einmal gänzlich durch die vollkommene Einheit zwischen der katholischen Kirche und den getrennten Ostkirchen (47) tun zu können, darüber freuen, daß in der jüngsten Zeit neben den seit Anbeginn dort ansässigen Kirchen lateinischer Tradition auch die Ostkirchen einen Platz eingenommen haben, denn so kommt die Katholizität der Kirche des Herrn noch besser zum Ausdruck (48).
Die Kirche im Bereich der Erziehung und des Sozialwesens
18. Unter den Faktoren, die den Einfluß der Kirche bei der christlichen Erziehung in Amerika begünstigen, ist ihre starke Präsenz im Bildungswesen hervorzuheben. Das gilt ganz besonders für den wissenschaftlichen Bereich. Die zahlreichen über den Kontinent verteilten katholischen Universitäten stellen ein Charakteristikum des kirchlichen Lebens in Amerika dar. Auf gleiche Weise bietet der Unterricht in den zahlreichen katholischen Grundschulen und höheren Lehranstalten die Möglichkeit zur Evangelisierung im großen Rahmen, wobei dieser stets vom entschiedenen Willen begleitet werden muß, eine wirklich christliche Erziehung zu ermöglichen (49).
Ein weiterer wichtiger Bereich, in dem die Kirche in ganz Amerika präsent ist, ist die Caritas und das Sozialwesen. Die vielfältigen Initiativen zur Betreuung von alten, kranken und hilfsbedürftigen Menschen in Altenheimen, Krankenhäusern, ambulanten Krankenstationen, kostenlosen Essensausgaben und anderen Sozialeinrichtungen sind ein greifbares Zeugnis der besonderen Liebe zu den Armen, welches die Kirche in Amerika aus Liebe zu ihrem Herrn ablegt in dem Bewußtsein, daß „Jesus sich mit ihnen identifiziert hat (vgl. Mt 25, 31-46)“ (50). Bei dieser Aufgabe, die keine Grenzen kennt, verstand es die Kirche, ein Bewußtsein für konkrete Solidarität zwischen den verschiedenen Gemeinschaften des Kontinents sowie auf weltweiter Ebene zu schaffen. Auf diese Weise manifestierte sie ihre Brüderlichkeit, welche die Christen überall und immer auszeichnen muß.
Der Dienst an den Armen muß, um dem Evangelium zu entsprechen und um eine evangelisierende Dimension anzunehmen, ein treues Abbild des Handelns Jesu sein, der kam, damit er „den Armen eine gute Nachricht bringe“ (Lk 4,18). Wenn das in diesem Geist geschieht, wird dieser Dienst zu einer Bekundung der unendlichen Liebe Gottes zu allen Menschen. So wird auf vielsagende Weise die Hoffnung auf das Heil weitergegeben, das Christus in die Welt gebracht hat und das besonders dann aufleuchtet, wenn es den von der Gesellschaft Verlassenen und Ausgestoßenen gebracht wird.
Diese ständige Fürsorge für die Armen und Mittellosen kommt in der Soziallehre der Kirche zum Ausdruck, die nicht müde wird, die christliche Gemeinschaft einzuladen, sich für die Überwindung jeglicher Form von Ausbeutung und Unterdrückung einzusetzen. Denn es geht ja wirklich nicht nur darum, die schlimmsten und dringlichsten Nöte durch individuelle und sporadische Aktivitäten zu lindern, sondern auch darum, die Wurzel des Übels zu benennen, indem man solche Eingriffe vorschlägt, die den sozialen, politischen und wirtschaftlichen Strukturen eine gerechtere und solidarischere Gestalt verleihen.
Wachsende Beachtung der Menschenrechte
19. Im Hinblick auf die Zivilgesellschaft ist unter den positiven Aspekten im heutigen Amerika zu nennen, daß sich auf dem ganzen Kontinent immer mehr demokratische Systeme etablieren und es immer weniger Diktaturen gibt, eine Tendenz, die unmittelbare moralische Auswirkungen hat. Die Kirche verfolgt diese Entwicklung mit Freude, in dem Maße, in dem dies immer mehr einer erkennbaren Beachtung der Menschenrechte eines jeden Einzelnen zu Gute kommt. Hierzu zählen auch Strafgefangene und Verurteilte, bei denen eine Anwendung von Inhaftierungs- und Verhörmethoden, welche die Menschenrechte verletzen – und hierbei denke ich konkret an die Folter – unrechtmäßig ist. In der Tat „ist der Rechtsstaat die notwendige Bedingung zur Schaffung einer echten Demokratie“ (51).
Andererseits bringt für die Bürger, besonders für die Führungsschicht, die Existenz eines Rechtsstaates die Überzeugung mit sich, daß die Freiheit nicht von der Wahrheit zu trennen ist (52). In der Tat werfen die ernsthaften Probleme, welche die Würde der menschlichen Person, Familie, Ehe und Erziehung, Wirtschaft und Arbeitsbedingungen, Lebensqualität und das Leben selbst bedrohen, die Frage nach dem Recht auf (53). Die Synodenväter haben daher unterstrichen, daß „die grundlegenden Rechte der menschlichen Person in deren eigene Natur eingeschrieben sind. Sie sind gottgewollt und erfordern daher Befolgung und universale Akzeptanz. Keine menschliche Autorität darf sie unter Berufung auf die Mehrheit oder auf politischen Konsens mit dem Vorwand übertreten, daß man so dem Pluralismus und der Demokratie Achtung zollt. Daher muß sich die Kirche für die Ausbildung und Begleitung der Laien einsetzen, die in den gesetzgebenden Organen, in der Regierung und in der Rechtsverwaltung tätig sind, so daß die Gesetze stets die moralischen Prinzipien und Werte zum Ausdruck bringen, die mit einer gesunden Anthropologie konform gehen und das Allgemeinwohl voranstellen“ (54).
Das Phänomen der Globalisierung
20. Ein Merkmal der heutigen Welt ist die Tendenz zur Globalisierung, einem Phänomen, das, wenn es auch nicht ein ausschließlich amerikanisches ist, doch eher in Amerika zu finden ist und dort größere Auswirkungen hat. Es handelt sich dabei um einen Prozeß, der sich aufgrund der größeren weltweiten Kommunikationsmöglichkeiten immer mehr durchsetzt und praktisch zur Überwindung der Entfernung führt, was in den verschiedensten Bereichen deutliche Auswirkungen hat.
Vom ethischen Standpunkt aus kann dies sowohl positiv als auch negativ gewertet werden. Tatsache ist, daß wir es mit einer wirtschaftlichen Globalisierung zu tun haben, die – z. B. mit der Förderung der Leistungsfähigkeit und Produktionssteigerungen – verschiedene positive Folgen mit sich bringt, und die mit der Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den verschiedenen Ländern den Prozeß der Einheit unter den Völkern verstärkt sowie den Dienst an der Menschheitsfamilie verbessern kann. Doch wenn sich die Globalisierung lediglich nach den Marktgesetzen richtet, die zum Vorteil der Mächtigen angewandt werden, wird sie negative Konsequenzen haben, wie z.B. die, daß der Wirtschaft ein absoluter Wert beigemessen wird. Weitere negative Folgen sind die Arbeitslosigkeit, die Verringerung und Verschlechterung der öffentlichen Daseinsvorsorge, die Zerstörung der Umwelt und der Natur, die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich und der ungerechte Wettbewerb, der die armen Länder in eine immer gravierendere Situation der Minderwertigkeit stürzt (55). Obschon die Kirche die positiven Werte anerkennt, welche die Globalisierung mit sich bringt, schaut sie doch auch beunruhigt auf die sich daraus ergebenden negativen Aspekte.
Und was soll man erst über die kulturelle Globalisierung sagen, die von den übermächtigen Massenmedien herrührt? Diese diktieren überall neue Wertmaßstäbe, die oftmals willkürlich und im Grunde materialistisch sind. Angesichts dieser neuen Wertmaßstäbe ist es sehr schwierig, eine lebendige Treue zu den Werten des Evangeliums aufrecht zu erhalten.
Die zunehmende Landflucht
21. Das Phänomen der Landflucht nimmt auch in Amerika immer mehr zu. Seit einigen Jahrzehnten erlebt der Kontinent eine kontinuierliche Abwanderung vom Land in die Stadt. Es handelt sich dabei um ein ziemlich komplexes Phänomen, das bereits mein Vorgänger Paul VI. beschrieben hat (56). Es gibt verschiedene Gründe für dieses Phänomen, doch sticht dabei hauptsächlich die Armut und die Unterentwicklung der ländlichen Gegenden hervor, wo häufig öffentliche Einrichtungen, Verkehrsmöglichkeiten und Einrichtungen des Bildungs- und Gesundheitswesens fehlen. Außerdem übt die Stadt durch ihr Unterhaltungsangebot und den Wohlstand – ein Bild, das häufig von den Medien vermittelt wird – eine besondere Anziehungskraft auf die einfachen ländlichen Bevölkerungsschichten aus.
Die häufig ausbleibende Planung bei diesem Prozeß ist der Grund vieler Übel. Die Synodenväter hoben hervor, „daß in gewissen Fällen einige Stadtbereiche regelrechte Inseln sind, wo sich Gewalt und Jugendkriminalität häufen und sich eine Atmosphäre der Verzweiflung breit macht“ (57). Das Phänomen der Landflucht stellt auch eine große Herausforderung an die Seelsorge der Kirche dar, die sich mit der kulturellen Entwurzelung, mit dem Verlust vertrauter Bräuche und der Abkehr von den eigenen religiösen Traditionen auseinanderzusetzen hat. All das führt nicht selten zu einem Scheitern des Glaubens, der nämlich so seiner Äußerungsformen beraubt wurde, die ihm als dessen Stütze dienten.
Es ist also eine drängende Herausforderung für die Kirche, die städtische Kultur zu evangelisieren. Sie ist heutzutage aufgerufen, durch Katechese, Liturgie und die eigenen seelsorglichen Strukturen die Städte systematisch und flächendeckend zu evangelisieren, wie sie es auch jahrhundertelang verstanden hat, die ländliche Kultur zu evangelisieren (58).
Die Last der Auslandsschulden
22. Die Synodenväter haben ihrer Sorge über die Auslandsschulden Ausdruck verliehen, die viele Länder in Amerika belasten. Das kommt einer Solidaritätsbekundung mit diesen Ländern gleich. Sie lenken zu Recht die Aufmerksamkeit der öffentlichen Meinung auf die Komplexität dieses Themas und anerkennen, „daß diese Schulden häufig das Ergebnis von Korruption und schlechter Verwaltung sind“ (59). Es entspricht nicht dem Geist synodaler Reflexion, durch diese Erkenntnis die gesamte Verantwortung eines Phänomens auf einen einzigen Pol konzentrieren zu wollen, welches von seinem Ursprung her und auch, was seine Lösung anbelangt, äußerst komplex ist (60).
In der Tat zählen zu den vielseitigen Gründen, die zu einer so hohen Auslandsverschuldung geführt haben, nicht nur die hohen Zinsen, die Folge einer spekulativen Finanzpolitik, sondern auch die Verantwortungslosigkeit einiger Regierungspolitiker, die bei der Aufnahme der Schulden nicht genügend über die reellen Möglichkeiten der Rückzahlung nachgedacht haben. Erschwerend kommt noch hinzu, daß aus internationalen Geldanleihen stammende ungeheure Summen manchmal zur persönlichen Bereicherung einiger Personen dienten, anstatt zur Förderung der für die Entwicklung des Landes notwendigen Veränderungen. Es wäre aber ungerecht, daß diese unverantwortlichen Entscheidungen auf denen lasten, die sie nicht getroffen haben. Der Ernst der Situation wird noch verständlicher, wenn man in Betracht zieht, daß „schon allein die Abzahlung der Zinsen die Wirtschaft der armen Länder stark belastet, und den Staaten dadurch das für die soziale Entwicklung, für das Bildungs- und Gesundheitswesen und das für die Schaffung von Arbeitsplätzen notwendige Geld fehlt“ (61).
Die Korruption
23. Die Korruption hat häufig die belastenden Auslandsschulden mit verursacht und ist ein schwerwiegendes Problem, das sorgfältig erörtert werden muß. Die Korruption „betrifft uneingeschränkt alle, die an der Machtausübung in der Öffentlichkeit und im privaten Bereich beteiligt sind sowie alle, die mit Führungspositionen betraut wurden“. Es handelt sich dabei um eine Situation, die „das Ausbleiben von Strafverfolgungsmaßnahmen, das Eintreten unrechtmäßiger Bereicherung sowie den Vertrauensschwund gegenüber politischen Einrichtungen begünstigt, was besonders im Rechtswesen und bei öffentlichen, nicht immer eindeutigen und für alle gleichen und effizienten Investitionen zu Tage tritt“ (62).
Diesbezüglich möchte ich daran erinnern, was ich in der Botschaft zum Weltfriedenstag 1998 geschrieben habe, daß nämlich die Plage der Korruption angezeigt und von der Obrigkeit mutig und unter der „hochherzigen Mithilfe aller Bürger, die von einem ausgeprägten moralischen Gewissen gestützt sind“ (63), bekämpft werden muß. Hinzu kommen müssen adäquate Kontrollmechanismen und mehr Transparenz bei wirtschaftlichen und finanziellen Transaktionen, welche in vielen Fällen eine Ausbreitung der Korruption verhindern, deren schädliche Folgen ja hauptsächlich die ärmsten und hilflosen Menschen treffen. Es sind außerdem immer die Armen, die zuerst unter dem verspäteten Eingreifen, der Unwirksamkeit, dem Fehlen einer geeigneten Verteidigung und den mangelhaften Strukturen leiden, wenn das Rechtswesen korrupt ist.
Drogenhandel und Drogenkonsum
24. Drogenhandel und -konsum stellen eine ernsthafte Bedrohung für die sozialen Strukturen in den Ländern Amerikas dar. Dies „trägt zu Verbrechen und Gewalt, zur Zerstörung des Familienlebens sowie zur physischen und emotionalen Zerstörung vieler Menschen und Gemeinschaften bei, vor allem bei den Jugendlichen. Dies zerfrißt die ethische Dimension der Arbeit und trägt zur Erhöhung der Zahl der Strafgefangenen bei; mit einem Wort: es trägt zur Degradierung der als Abbild Gottes geschaffenen Person bei“ (64). Dieser unheilvolle Handel führt auch „zur Zerstörung von Regierungen, da er die wirtschaftliche Sicherheit und Stabilität der Länder zersetzt“ (65). Wir haben es hier mit einer der drängendsten Herausforderungen zu tun, mit der sich viele Länder der Erde auseinanderzusetzen haben. Es ist dies eine Herausforderung, die die in letzter Zeit erzielten Errungenschaften zum Fortschritt der Menschheit belastet. Für einige Länder Amerikas sind Produktion, Handel und Konsum von Drogen Faktoren, die ihr internationales Ansehen kompromittieren, indem sie ihre Glaubwürdigkeit vermindern und die erwünschte Zusammenarbeit mit anderen Ländern erschweren, die gerade in unseren Tagen für eine harmonische Entwicklung eines jeden Volkes so notwendig ist.
Die Sorge um die Umwelt
25. „Gott sah, daß es gut war“ (Gen 1,25). Diese Worte, die wir im ersten Kapitel des Buches Genesis lesen, zeigen den Sinn des göttlichen Schöpfungswerks auf. Der Schöpfer vertraut dem Menschen, der Krönung der gesamten Schöpfung, die Sorge um die Erde an (vgl. Gen 2,15). Daraus ergeben sich für jeden ganz konkrete Verpflichtungen bezüglich der Umwelt, deren Erfüllung voraussetzt, daß man sich einer ethischen und spirituellen Perspektive nicht versperrt, denn nur so können egoistische Lebensauffassungen und „Lebensweisen überwunden werden, die zur Erschöpfung der natürlichen Rohstoffe führen“ (66).
Selbst in diesem heute so aktuellen Bereich ist die Mitwirkung der Gläubigen sehr wichtig. Es bedarf einer Zusammenarbeit aller Menschen guten Willens mit den gesetzgebenden Instanzen und der Regierung, um einen wirksamen Umweltschutz zu erzielen, denn diese Umwelt wird als ein Geschenk Gottes betrachtet. Wie viel Mißbrauch wird auch in vielen Gegenden Amerikas betrieben, und wie viel Schaden wird auch dort der Umwelt zugefügt! Man denke nur an die unkontrollierte Freisetzung von Giftstoffen oder an das dramatische Phänomen der Waldbrände, die manchmal sogar durch Brandstiftung und aus egoistischem Interesse entstehen. Diese Zerstörungen können nicht wenige Bereiche des amerikanischen Kontinents in totale Wüsten verwandeln, was unvermeidlich zu Hunger und Not führen würde. Das Problem stellt sich besonders intensiv in den Amazonaswäldern, einer immensen Fläche, die verschiedene Länder wie Brasilien, Guyana, Surinam, Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien umfaßt (67). Durch seine biologische Vielfalt ist er einer der am meisten geschätzten natürlichen Lebensräume auf der Welt, da er für das ökologische Gleichgewicht des ganzen Planeten lebensnotwendig ist.
KAPITEL III
DER WEG DER UMKEHR
« Also kehrt um, und tut Buße » (Apg 3, 19)
Die Dringlichkeit des Rufes zur Umkehr
26. „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium“ (Mk 1,15). Mit diesen Worten begann Jesus sein Wirken in Galiläa. Sie sollen bei Bischöfen, Priestern, Diakonen, Ordensleuten und Gläubigen in ganz Amerika immerzu Gehör finden. Sowohl die Feier des fünfhundertsten Jahrestags des Beginns der Evangelisierung Amerikas als auch die Gedenkfeier der zweitausendsten Wiederkehr der Geburt Christi – das Große Jubiläum, das wir bald begehen werden – sind eine Aufforderung, die eigene christliche Berufung zu vertiefen. Die Größe des Ereignisses der Menschwerdung und die Dankbarkeit für das Geschenk der ersten Verkündigung des Evangeliums in Amerika laden uns ein, Christus bereitwillig und durch entschiedenere persönliche Umkehr zu antworten. Gleichzeitig werden wir dadurch angespornt, immer treuer und großherziger das Evangelium zu befolgen. Die Aufforderung Christi zur Umkehr erklingt auch in den Worten des Apostels Paulus: „Die Stunde ist gekommen, aufzustehen vom Schlaf. Denn jetzt ist das Heil uns näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden“ (Röm 13,11). Die Begegnung mit dem lebendigen Christus drängt also zur Umkehr.
Wenn im Neuen Testament von Umkehr gesprochen wird, wird das Wort „metánoia“ gebraucht, was soviel wie „seine Mentalität ändern“, „umdenken“ bedeutet. Dabei geht es aber nicht nur um eine veränderte Denkweise auf intellektuellem Niveau, sondern um eine Überprüfung des eigenen Verhaltens im Lichte evangelischer Kriterien. Der hl. Paulus spricht diesbezüglich vom „Glauben […), der in der Liebe wirksam ist“ (Gal 5,6). Deshalb wird echte Umkehr durch die als Gebet praktizierte Lektüre der Heiligen Schrift und den Empfang der Sakramente der Versöhnung und der Eucharistie vorbereitet und in die Tat umgesetzt. Die Umkehr führt zur brüderlichen Gemeinschaft, da sie zu verstehen hilft, daß Christus das Haupt der Kirche ist, die ihrerseits den mystischen Leib darstellt. Die Umkehr drängt zur Solidarität, da sie uns ins Bewußtsein ruft, daß wir das, was wir den anderen, insbesondere den Bedürftigen tun, Christus tun. Die Umkehr fördert daher eine neue Lebensweise, bei der es keine Trennung zwischen dem Glauben und den Werken gibt, die wir als tägliche Antwort auf den alles umfassenden Ruf zur Heiligkeit vollbringen. Um ernsthaft von Umkehr sprechen zu können, ist es unerläßlich, die Trennung zwischen Glauben und Leben zu überwinden, denn wenn eine solche Trennung besteht, existiert auch das Christentum nur als bloßer Name. Um ein wahrer Jünger des Herrn zu sein, muß ein Gläubiger Zeuge seines eigenen Glaubens sein, denn „der Zeuge legt nicht nur durch seine Worte, sondern durch sein Leben Zeugnis ab.“ (68) Wir müssen uns daher Jesu Worte vergegenwärtigen: „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt“ (Mt 7,21). Sich dem Willen des Vaters zu öffnen, setzt totale Bereitschaft voraus, eine Bereitschaft, die nicht einmal die Hingabe des eigenen Lebens ausschließt: „das größte Zeugnis aber ist das Martyrium“. (69)
Soziale Dimension der Umkehr
27. Die Umkehr ist aber nicht vollkommen, wenn das Bewußtsein für die Anforderungen an ein christliches Leben fehlt, und man sich nicht bemüht, sie zu erfüllen. Diesbezüglich haben die Synodenväter hervorgehoben, daß „sowohl das persönliche als auch das kollektive Engagement für eine intensivere Umkehr und für die Beziehungen zwischen den verschiedenen kirchlichen Bereichen, Institutionen und Gruppierungen leider sehr mangelhaft ausfällt“. (70) „Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht“ (1 Joh 4,20).
Die Bruderliebe beinhaltet die Sorge um die Bedürfnisse des Nächsten. „Wenn jemand Vermögen hat und sein Herz vor dem Bruder verschließt, den er in Not sieht, wie kann die Gottesliebe in ihm bleiben?“ (1 Joh 3,17). Daher bedeutet für die amerikanischen Christen die Umkehr zum Evangelium, „erneut alle Bereiche und Dimensionen des eigenen Lebens, besonders aber all das zu überprüfen, was das Sozialwesen ausmacht und zur Erlangung des Allgemeinwohls beiträgt“. (71) Es ist indes besonders wichtig, „zu erreichen, daß die Gesellschaft sich immer mehr der Würde der ganzen Person bewußt wird und es folglich fertigbringt, daß die menschliche Gemeinschaft immer sensibler für ihre Pflicht wird, am politischen Leben nach den Maßstäben des Evangeliums teilzunehmen“ (72) Dennoch wird man sich vergegenwärtigen müssen, daß die Aktivität im politischen Umfeld zur Berufung und zum Tätigkeitsbereich der Laien gehört. (73)
Diesbezüglich ist es selbstverständlich von äußerster Wichtigkeit – und dies gilt besonders für eine pluralistische Gesellschaft – sich einen korrekten Begriff von den Beziehungen zwischen Staat und Kirche zu bilden und eindeutig zwischen jenen Handlungen zu unterscheiden, welche die Gläubigen einzeln oder in Gemeinschaft, jedoch in Eigenregie als Bürger und in Übereinstimmung mit ihrem christlichen Gewissen ausüben, und jenen Handlungen, die sie im Namen der Kirche und in Gemeinschaft mit ihren Hirten ausführen. „Die Kirche, die in keiner Weise hinsichtlich ihrer Aufgabe und Zuständigkeit mit der politischen Gemeinschaft verwechselt werden darf noch auch an irgendein politisches System gebunden ist, ist zugleich Zeichen und Schutz der Transzendenz der menschlichen Person.“ (74)
Ständige Umkehr
28. Die Umkehr ist auf dieser Erde ein niemals völlig erreichtes Ziel, und sie stellt für die zur Nachfolge Christi berufenen Menschen eine Aufgabe dar, die das ganze Leben umfaßt. Andererseits wissen wir unseren Vorsatz zur Umkehr während unseres Erdenlebens ständig durch die Versuchung bedroht. „Niemand kann zwei Herren dienen“ (Mt 6,24), daher besteht das Umdenken („metánoia“) in dem Bemühen, die Werte des Evangeliums zu übernehmen, die zu den dominierenden Strömungen der Welt im Gegensatz stehen. Es ist also notwendig, „die Begegnung mit dem lebendigen Jesus Christus“ ständig zu erneuern. Er ist der Weg, der „uns zur permanenten Umkehr führt“, (75) wie die Synodenväter hervorgehoben haben.
Der universale Ruf zur Umkehr nimmt besondere Nuancen für die Kirche in Amerika an, die sich auch für die Erneuerung ihres Glaubens einsetzt. Die Synodenväter haben diese konkrete und anspruchsvolle Aufgabe folgendermaßen formuliert: „Diese Umkehr verlangt besonders von uns Bischöfen eine echte Identifizierung mit der persönlichen Lebensweise Jesu Christi, die uns zur Einfachheit, zur Armut und zur Gottesnähe führt, die uns nicht immer auf den eigenen Vorteil bedacht sein läßt. So werden wir wie er, ohne auf menschliche Mittel zu bauen, aus der Kraft des Heiligen Geistes und des Wortes die ganze Wirksamkeit des Evangeliums schöpfen und in erster Linie für all jene ein offenes Herz behalten, die fern und ausgeschlossen sind.“ (76) Um Hirten nach Gottes Herzen zu sein (vgl. Jer 3,15), ist es unerläßlich, eine Lebensweise anzunehmen, die uns dem ähnlich werden läßt, der von sich selbst gesagt hat: „Ich bin der gute Hirt“ (Joh 10,11). Darauf spielt auch der hl. Paulus an, wenn er schreibt: „Nehmt mich zum Vorbild, wie ich Christus zum Vorbild nehme“ (1 Kor 11,1). 29
Vom Heiligen Geist zu einer neuen Lebensweise angeleitet
29. Der Vorschlag zu einer neuen Lebensweise gilt nicht nur für die Hirten, sondern vielmehr für alle in Amerika lebende Christen. Von allen wird erwartet, daß sie eine echte christliche Spiritualität annehmen und vertiefen. „In der Tat versteht man unter dem Begriff Spiritualität die Art und Weise der Lebensführung, wie sie von uns Christen verlangt wird. Spiritualität bedeutet ›leben in Christus‹ und ›leben im Geiste‹. Sie wird im Glauben angenommen, findet in der Liebe ihren Ausdruck, wird durch die Hoffnung belebt und im täglichen Leben der kirchlichen Gemeinschaft umgesetzt.“ (77) In diesem Sinne versteht man unter Spiritualität – welche das Ziel ist, zu der die Umkehr führt – nicht nur „einen Teil des Lebens, sondern das ganze Leben unter der Leitung des Heiligen Geistes“. (78) Von all den Ausdrucksformen der Spiritualität, die der Christ sich zu eigen machen soll, überwiegt das Gebet. Es „führt dazu, daß man allmählich einen kontemplativen Blick für die Realität bekommt, was einem gestattet, Gott immer und in allem zu erkennen, ihn in allen Menschen zu suchen und zu finden und seinen Willen in allem, was geschieht, zu suchen“. (79)
Jeder Christ ist sowohl zum persönlichen als auch zum liturgischen Gebet verpflichtet. „Jesus Christus, das Evangelium des Vaters, macht uns darauf aufmerksam, daß wir ohne ihn nichts vermögen (vgl. Joh 15,5). Er selbst hat sich in den entscheidenden Augenblicken seines Lebens bevor er handelte, an einen einsamen Ort zurückgezogen, um sich ganz dem Gebet und der Betrachtung hinzugeben, und er verlangte von den Aposteln, dasselbe zu tun“. (80) Auch seinen Jüngern rief er ohne Ausnahme in Erinnerung: „Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist“ (Mt 6,6). Eine solche, durch das Gebet geprägte, intensive Lebensweise muß den Fähigkeiten und Bedingungen eines jeden Christen angepaßt sein, so daß er stets in den verschiedenen Lebenssituationen „zur Quelle der Begegnung mit Jesus Christus zurückkehren kann, um mit dem einen Geist getränkt zu werden (1 Kor 12,13)“ 81 . In diesem Sinne ist die kontemplative Dimension kein Privileg einiger weniger in der Kirche; im Gegenteil: in den Pfarreien, Gemeinschaften und Bewegungen soll eine offene und an der Betrachtung der fundamentalen Glaubenswahrheiten ausgerichtete Spiritualität gefördert werden. Gemeint sind hier die Glaubensgeheimnisse der Dreifaltigkeit, der Menschwerdung des Wortes, der Erlösung der Menschen und weitere große Heilswerke Gottes. (82)
Die Männer und Frauen, die sich ausschließlich der Betrachtung hingeben, haben in der amerikanischen Kirche eine fundamentale Sendung. Sie sind – so drückt es das Zweite Vatikanische Konzil aus – „eine Zier der Kirche und verströmen himmlische Gnaden“. (83) Daher müssen die Klöster, die weit und breit auf dem ganzen Kontinent verstreut sind, „den Hirten ganz besonders am Herzen liegen, deren tiefste Überzeugung es sei, daß die Seelen, die sich ganz dem kontemplativen Leben hingeben, durch Gebet, Buße und Betrachtung – denn dafür weihen sie ihr Leben – reiche Gnaden erwirken. Die in kontemplativen Klöstern lebenden Ordensleute müssen sich darüber bewußt sein, daß sie in die Mission der Kirche in dieser Welt integriert sind und daß sie durch ihr eigenes Lebenszeugnis zum Seelenheil der Gläubigen beitragen; denn so suchen diese in ihrem täglichen Leben nach dem Antlitz Gottes“. (84)
Christliche Spiritualität wird vor allem durch einen häufigen Sakramentenempfang genährt, da die Sakramente die Wurzel und unversiegbare Quelle der Gnade Gottes sind. Ihrer bedürfen die Gläubigen, um sich auf ihrer irdischen Pilgerschaft zu laben. Eine solche Lebensweise muß auch durch die Werte der Volksfrömmigkeit geprägt sein, die durch die sakramentale Praxis bereichert werden und so weit davon entfernt sind, zu bloßer Routine zu erstarren. Jedoch steht die Spiritualität der sozialen Dimension des christlichen Engagements nicht entgegen, im Gegenteil: die Gläubigen werden sich durch ihr Gebetsleben mehr der Anforderungen des Evangeliums und der Verpflichtung ihren Brüdern und Schwestern gegenüber bewußt, denn durch das Gebet erlangen sie die unerläßliche Gnadenkraft, um im Guten auszuharren. Damit der Christ zu geistiger Reife gelangt, soll er auf den Rat und die geistige Leitung der geweihten Diener oder anderer, in diesem Bereich erfahrener Personen, hören. Dies ist eine Praxis, die seit alters in der Kirche ausgeübt wird. Die Synodenväter hielten es für notwendig, den Priestern diesen so wichtigen Dienst ans Herz zu legen. (85)
Universale Berufung zur Heiligkeit
30. „Seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig“ (Lev 19,2). Die Sonderversammlung der Bischofssynode für Amerika wollte alle Christen mit Nachdruck an die große Bedeutung der Lehre über die universale Berufung zur Heiligkeit in der Kirche erinnern. (86) Es handelt sich dabei um eines der zentralen Anliegen der dogmatischen Konstitution über die Kirche des Zweiten Vatikanischen Konzils. (87) Die Heiligkeit ist das Ziel der Umkehr, denn diese „existiert nicht um ihrer selbst willen, sondern sie führt zu Gott, der heilig ist. Heilig zu sein heißt, Gott nachzuahmen und seinen Namen durch die Werke, die wir in unserem Leben vollbringen, zu verherrlichen (vgl. Mt 5,16)“. (88) Auf dem Weg zur Heiligkeit ist Jesus Christus unser Bezugspunkt und das nachzuahmende Vorbild: Er ist „der Heilige Gottes und wurde als dieser erkannt (vgl. Mk 1,24). Er selbst lehrt uns, daß das Herz der Heiligkeit die Liebe ist, die es sogar fertigbringt, daß man sein Leben für die anderen hingibt (vgl. Joh 15,13). Die Heiligkeit Gottes nachzuahmen, so wie sie in Christus, seinem Sohn, offenbar wurde, bedeutet daher nichts anderes als seine Liebe auf die Geschichte auszuweiten, besonders im Hinblick auf die Armen, Kranken und Bedürftigen (vgl. Lk 10,25 ff)“. (89)
Jesus – der einzige Weg zur Heiligkeit
31. „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). Mit diesen Worten stellt sich Jesus als den einzigen Weg dar, der zur Heiligkeit führt. Jedoch gelangt man hauptsächlich durch das Wort Gottes, das die Kirche durch ihren Predigtdienst verkündet, zur konkreten Kenntnis der Wegstrecke. Daher „muß die Kirche in Amerika großen Wert auf die von allen Gläubigen zu praktizierende betende Betrachtung der Heiligen Schrift legen“. (90) Diese Lektüre der Bibel, begleitet durch das Gebet, ist in der kirchlichen Tradition als „Lectio divina“ bekannt. Es ist dies eine Praxis, die bei allen Christen gefördert werden soll. Für die Priester muß sie ein grundlegendes Element bei der Predigtvorbereitung, besonders der Sonntagspredigt, bilden. (91)
Buße und Versöhnung
32. Die Umkehr („metánoia“), zu der jedermann berufen ist, führt dazu, daß man jene neue Mentalität, die das Evangelium vorgibt, annimmt und sich zu eigen macht. Das heißt aber, die Denk- und Handlungsweise der Welt aufgeben, die oftmals das Dasein beeinflußt. Die Heilige Schrift erinnert daran, daß der alte Mensch sterben und der neue Mensch geboren werden muß, mit anderen Worten: daß alles menschliche Sein erneuert werden muß, und zwar „nach dem Bild seines Schöpfers […], um ihn zu erkennen“ (Kol 3,10). Auf diesem Weg der Umkehr und Suche nach Heiligkeit „soll auch die Askese gefördert werden, die immer schon zur Praxis der Kirche gehörte und ihren Höhepunkt im Sakrament der Vergebung erreicht, wenn dies mit der richtigen dazugehörigen Einstellung gespendet und empfangen wird“. (92) Nur wer sich mit Gott versöhnt, ist auch Protagonist einer echten Versöhnung mit seinen Brüdern und Schwestern.
32. Die derzeitige Krise des Bußsakramentes, von der auch die amerikanische Kirche nicht ausgenommen ist und die seit Beginn meines Pontifikates auch immer Gegenstand meiner Besorgnis war (93), kann nur durch eine ständige und geduldige Seelsorge überwunden werden.
Diesbezüglich fordern die Synodenväter zu Recht, „daß die Priester zur Spendung des Bußsakramentes die nötige Zeit aufwenden, und daß sie die Gläubigen beharrlich und nachdrücklich zum Empfang dieses Sakramentes einladen, ohne daß sie selbst dabei die eigene, häufige Beichte vernachlässigen“. (94) Die Bischöfe und Priester erfahren dabei auf geheimnisvolle Weise die persönliche Begegnung mit Christus, der durch das Bußsakrament Vergebung schenkt. Sie sind privilegierte Zeugen seiner barmherzigen Liebe.
Zur katholischen Kirche gehören Menschen „aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen“ (Offb 7,9), und sie ist berufen, „in einer Welt, die von ideologischen, ethnischen, wirtschaftlichen und kulturellen Trennungen gezeichnet ist, ein lebendiges Zeichen der Einheit der Menschenfamilie zu sein“. (95) Es gibt in Amerika sowohl im Hinblick auf die komplexe Realität einer jeden Nation und die Vielfalt ethnischer Gruppen als auch im Hinblick auf die Merkmale, die den ganzen Kontinent auszeichnen, viele Unterschiede, die nicht ignoriert werden dürfen, sondern die man in Betracht zu ziehen hat. Dank einer wirkungsvollen Integrierungsarbeit bei allen zum Volk Gottes gehörigen Menschen sowie bei den Teilkirchen in den verschiedenen Ländern können die Unterschiede von heute auch zu einer Quelle gegenseitiger Bereicherung werden. Die Synodenväter sagen zu Recht, daß es „äußerst wichtig sei, daß die Kirche in ganz Amerika ein lebendiges Zeichen einer versöhnten Gemeinschaft und einen permanenten Aufruf zur Solidarität darstellt. Sie soll ein immerwährendes Zeugnis in unseren verschiedenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Systemen bilden“ (96). Es ist dies ein bedeutender Beitrag, den die Gläubigen zur Einheit des amerikanischen Kontinents leisten können.
KAPITEL IV
WEG ZUR GEMEINSCHAFT
« Wie Du, Vater, in mir bist und ich in Dir bin,
sollen auch sie in uns sein » (Joh 17, 21)
Die Kirche – das Sakrament der Gemeinschaft
33. „Angesichts einer geteilten und nach Einheit verlangenden Welt ist es notwendig, freudig und fest im Glauben zu verkünden, daß Gott Gemeinschaft ist; er ist Vater, Sohn und Heiliger Geist; er ist die Einheit in der Verschiedenheit; er beruft alle Menschen zur Teilhabe an dieser dreifaltigen Gemeinschaft. Es ist notwendig, zu verkünden, daß diese Gemeinschaft das großartige Projekt Gottes, des Vaters, ist, und daß der menschgewordene Jesus Christus der Mittelpunkt dieser Gemeinschaft ist und der Heilige Geist ständig wirkt, um Gemeinschaft zu schaffen oder sie wieder herzustellen, falls sie zerstört worden ist. Es ist auch notwendig, zu verkünden, daß die Kirche Zeichen und Werkzeug der von Gott gewollten Gemeinschaft ist, die in der Zeit begonnen hat und zur Vollendung geführt wird, wenn das Reich erfüllt sein wird“ (97). Die Kirche ist Zeichen dieser Gemeinschaft, weil ihre Glieder wie Rebzweige am Leben Christi, dem wahren Leben, teilhaben (vgl. Joh 15,5). Tatsächlich treten wir ja auch durch die Gemeinschaft mit Christus, dem Haupt des mystischen Leibes, in lebendige Gemeinschaft mit allen Gläubigen.
Diese in der Kirche existierende und ihrer Natur nach wesentliche Gemeinschaft (98) muß durch konkrete Zeichen sichtbar werden. „Solche Zeichen können sein: das gemeinsame Gebet für andere, verstärkte Beziehungen zwischen den Bischofskonferenzen, die Verbindung unter den Bischöfen, brüderliche Beziehungen zwischen den Diözesen und den Pfarreien und die gegenseitige Kommunikation zwischen den Pastoralagenten für besondere missionarische Aufgaben“ (99). Kirchliche Gemeinschaft heißt auch, das Glaubensgut in seiner Reinheit und in seinem vollen Umfang zu bewahren, was auch für die Einheit der Bischöfe unter der Autorität des Nachfolgers Petri gilt. In diesem Zusammenhang haben die Synodenväter hervorgehoben, daß „die Stärkung des petrinischen Amtes grundlegend für die Bewahrung der kirchlichen Einheit ist“, und daß „die volle Ausübung des Primates Petri grundlegend für die Identität und Vitalität der Kirche in Amerika ist“ (100). Es entspricht dem Auftrag des Herrn, daß Petrus und seine Nachfolger die Brüder im Glauben stärken (vgl. Lk 22,32) und die ganze Herde Christi weiden sollen (vgl. Joh 21,15-17). So ist der Nachfolger des Apostelfürsten berufen, der Fels zu sein, auf dem die Kirche erbaut ist, und das daraus hervorgegangene Amt des Verwalters der Schlüssel des Himmelreiches auszuüben (vgl. Mt 16,18-19). Der Stellvertreter Christi ist also „dauerhaftes Prinzip dieser […] Einheit und ein sichtbares Fundament“ der Kirche 101 .
Christliche Initiation und Gemeinschaft
34. Die Gemeinschaft wird in der Kirche durch die christlichen Initiationssakramente der Taufe, der Firmung und der Eucharistie erlangt. Die Taufe ist „das Tor zum geistlichen Leben […] Durch sie werden wir nämlich zu Gliedern Christi und dem Leib der Kirche zugehörig“ (102). Beim Empfang der Firmung werden die Getauften „vollkommener der Kirche verbunden und mit einer besonderen Kraft des Heiligen Geistes ausgestattet. So sind sie in strengerer Weise verpflichtet, den Glauben als wahre Zeugen Christi in Wort und Tat zugleich zu verbreiten und zu verteidigen“ (103). Der Prozeß der christlichen Initiation wird vervollständigt und erfährt seinen Höhepunkt im Empfang der Eucharistie, wodurch der Getaufte vollkommen in den Leib Christi eingegliedert wird (104).
„Diese Sakramente sind eine ausgezeichnete Gelegenheit für eine gute Evangelisierung und Katechese, wenn die Vorbereitung durch gläubige und kompetente Lehrer stattfindet“ (105). Wenn auch in den verschiedenen amerikanischen Diözesen große Fortschritte bei der Vorbereitung auf die Sakramente christlicher Initiation erzielt wurden, beklagten die Synodenväter doch, daß es immer noch „sehr viele Menschen gibt, die diese Sakramente ohne hinreichende Unterweisung empfangen“ (106). Im Falle der Kindertaufe sollte man sich auf jeden Fall bemühen, die Eltern und Paten zu unterweisen.
Die Eucharistie – Mittelpunkt der Gemeinschaft mit Gott und den Brüdern und Schwestern
35. Die Realität der Eucharistie erschöpft sich nicht in der Tatsache, das Sakrament zu sein, mit dem die christliche Initiation ihren Höhepunkt erfährt. Während die unwiederholbaren Sakramente der Taufe und Firmung (107) die Funktion erfüllen, in das Leben der Kirche einzuführen, ist die Eucharistie weiterhin der lebendige und ständige Mittelpunkt, worum sich die ganze kirchliche Gemeinschaft versammelt (108). Die verschiedenen Aspekte dieses Sakraments zeigen seinen unerschöpflichen Reichtum auf. Es ist gleichzeitig Sakrament-Opfer, Sakrament-Gemeinschaft und Sakrament-Gegenwart (109).
Die Eucharistie ist der bevorzugte Ort der Begegnung mit dem lebendigen Christus. Deshalb müssen sich die Hirten des Gottesvolkes in Amerika durch Predigt und Katechese bemühen, „der Feier der sonntäglichen Eucharistie neue Kraft zu verleihen, denn sie ist Quelle und Höhepunkt des kirchlichen Lebens, Unterpfand ihrer Gemeinschaft im Leib Christi und Aufforderung zur Solidarität als Ausdruck des Gebotes des Herrn: ‘Liebt einander, wie ich euch geliebt habe’ (Joh 13, 34)“ (110). So legen auch die Synodenväter nahe, daß ein solches Bemühen verschiedene grundlegende Dimensionen berücksichtigen muß. Vor allem sollten sich die Gläubigen darüber bewußt werden, daß die Eucharistie ein unermeßliches Geschenk ist und sie daher alles tun sollten, aktiv und würdig daran teilzunehmen, zumindest aber an Sonn- und Feiertagen. Gleichzeitig müssen aber auch „alle Anstrengungen der Priester unterstützt werden, um diese Teilnahme zu erleichtern und sie in entlegenen Gemeinschaften zu ermöglichen“ (111). Man wird die Gläubigen auch daran erinnern müssen, daß „die volle, bewußte und aktive Teilnahme an der Eucharistie, wenn auch vom Wesen her verschieden vom Dienst des geweihten Priesters, eine Ausübung des gemeinsamen, in der Taufe empfangenen Priestertums ist“ (112).
Die Notwendigkeit, daß die Gläubigen an der Eucharistie teilnehmen, und die Schwierigkeiten, die vom Priestermangel herrühren, bringen die Dringlichkeit ans Licht, Priesterberufungen zu fördern (113). Auch ist es notwendig, der ganzen Kirche in Amerika die „Verbindung“, die zwischen der Eucharistie und der Nächstenliebe besteht“ (114), in Erinnerung zu rufen. Diese Verbindung brachte die Urkirche dadurch zum Ausdruck, daß sie das eucharistische Mahl mit dem „Agape“-Mahl vereinte (115). Die Teilnahme an der Eucharistie muß zu einer intensiveren karitativen Tätigkeit als Frucht der in diesem Sakrament empfangenen Gnade führen.
Die Bischöfe – Förderer der Gemeinschaft
36. Die Gemeinschaft in der Kirche muß, besonders weil sie ein Zeichen des Lebens ist, ständig wachsen. Folglich müssen sich die Bischöfe, indem sie sich daran erinnern, daß sie „als einzelne ihr Hirtenamt über den ihnen anvertrauten Anteil des Gottesvolkes“ ausüben (116), berufen fühlen, die Gemeinschaft in ihren eigenen Diözesen zu fördern, damit die Bemühungen um die Neuevangelisierung in Amerika noch mehr Erfolg haben. Die Bemühungen seitens der Gemeinschaft werden durch die vom Zweiten Vatikanischen Konzil vorgesehenen Organisationen zur Unterstützung der Arbeit der Diözesanbischöfe erleichtert. Diese wurden nach dem Konzil noch detaillierter durch das Kirchenrecht definiert (117). „Es obliegt dem Bischof, in Zusammenarbeit mit den Priestern, Diakonen, Ordensleuten und Laien […] einen gemeinsamen Seelsorgeplan aufzustellen, der organisch aufgebaut ist und an dem alle teilnehmen können. Er soll alle Glieder der Kirche erreichen und an ihr missionarisches Gewissen appellieren“ (118).
Jeder Ordinarius muß bei seinen Priestern und Gläubigen das Bewußtsein fördern, daß die Diözese der sichtbare Ausdruck kirchlicher Gemeinschaft ist, die sich am Tisch des Wortes und der Eucharistie um den Bischof versammelt. Dieser seinerseits ist unter dem Römischen Pontifex als dem Haupt mit dem Bischofskollegium verbunden. In ihrer Eigenschaft als Teilkirche hat die Diözese die Aufgabe, die Begegnung aller Glieder des Gottesvolkes mit Christus einzuleiten und zu fördern (119), und zwar unter Achtung und Förderung der Pluralität und Verschiedenheit, die ja die Einheit nicht behindern, sondern ihr den Charakter einer Gemeinschaft verleihen (120). Eine vertiefte Kenntnis über das Wesen der Teilkirchen wird natürlich auch den Geist der Teilnahme und gemeinsamen Verantwortung im Leben der diözesanen Organisationen fördern (121).
Intensivere Gemeinschaft unter den Teilkirchen
37. Die Sonderversammlung der Synode für Amerika, die erste in der Geschichte, welche die Bischöfe des gesamten Kontinents versammelt hatte, wurde von allen als eine besondere Gnade des Herrn für die amerikanische Kirche erfahren. Diese Versammlung stärkte die „communio“, die zwischen den kirchlichen Gemeinschaften des Kontinents bestehen sollte, und zeigte auf, wie notwendig es ist, daß sie auch weiterhin wächst. Die Erfahrungen bischöflicher Gemeinschaft, die sich besonders nach der durch das Zweite Vatikanische Konzil eingeleiteten Konsolidierung und Verbreitung der Bischofskonferenzen häuften, müssen als Begegnungen mit dem lebendigen Christus verstanden werden, der mitten unter den in seinem Namen versammelten Brüdern ist (vgl. Mt 18,20).
Die Erfahrung der Bischofssynode zeugte auch vom Reichtum einer Gemeinschaft, die sich über die Grenzen der Bischofskonferenzen hinaus erstreckt. Auch wenn bereits Dialogformen bestehen, die solche Grenzen überwinden, schlagen die Synodenväter vor, die bereits durch die Bischofskonferenzen der verschiedenen amerikanischen Staaten geförderten interamerikanischen Zusammenkünfte als Ausdruck effektiver Solidarität und Ort der Begegnung und des Studiums der gemeinsamen Herausforderungen für die Evangelisierung Amerikas zu verstärken (122). Ebenso wird es wohl angebracht sein, ganz klar den Charakter solcher Begegnungen zu definieren, so daß sie immer mehr zum Ausdruck der Gemeinschaft aller Hirten werden. Außer diesen weit angelegten Versammlungen kann es, soweit es die Umstände erfordern, auch nützlich sein, spezifische Kommissionen zur Vertiefung der gemeinsamen, ganz Amerika betreffenden Themen zu bilden. Bereiche, in denen es besonders notwendig scheint, „der Zusammenarbeit einen Impuls zu verleihen, sind der Austausch in der Seelsorge, die Zusammenarbeit in der Mission, die Erziehung, die Auswanderung und die Ökumene“ (123).
Die Bischöfe, die die Pflicht haben, die Gemeinschaft unter den einzelnen Teilkirchen voranzutreiben, werden die Gläubigen dazu anhalten, die gemeinschaftliche Dimension noch intensiver zu leben und „die Verantwortung zu übernehmen, die Verbindung zu den Ortskirchen in anderen Teilen Amerikas weiter zu entwickeln und zwar im Bereich der Erziehung, der gegenseitigen Verständigung, der brüderlichen Einheit zwischen Pfarreien und Diözesen, der Zusammenarbeit und Entwicklung gemeinsamer Strategien in besonders wichtigen Angelegenheiten, vor allem, wenn es die Armen betrifft“ (124).
Brüderliche Gemeinschaft mit den katholischen Ostkirchen
38. Das erst in den letzten Jahren aufgetretene Phänomen der Eingliederung und Entfaltung katholischer Ostkirchen in Amerika, die mit einer eigenen Hierarchie ausgestattet sind, hat die besondere Aufmerksamkeit einiger Synodenväter auf sich gelenkt. Der aufrichtige Wunsch, diese Glaubensbrüder herzlich und in wirksamer Weise im Glauben und in der hierarchischen Gemeinschaft unter dem Nachfolger Petri zu umarmen, hat in der Synode dazu geführt, konkrete Vorschläge brüderlicher Hilfe seitens der lateinischen Teilkirchen gegenüber den sich in Amerika befindlichen katholischen Ostkirchen zu machen. In diesem Sinne wurde zum Beispiel vorgeschlagen, daß Priester des lateinischen Ritus, vor allem, wenn sie orientalischer Herkunft sind, im liturgischen Bereich solchen ostkirchlichen Gemeinschaften ihre Zusammenarbeit anbieten können, die nicht über eine ausreichende Anzahl von Priestern verfügen. Ebenso können die orientalischen Gläubigen, wenn es angebracht erscheint, die Kirchengebäude des lateinischen Ritus benutzen.
Hinsichtlich dieses Gemeinschaftsgeistes wären verschiedene Vorschläge der Synodenväter zu erwähnen: zum Beispiel, daß dort, wo es notwendig ist, innerhalb der nationalen Bischofskonferenzen und internationalen Organisationen bischöflicher Zusammenarbeit je eine gemischte Kommission bestehen soll, deren Aufgabe es ist, die gemeinsamen seelsorglichen Probleme zu untersuchen, oder daß zur Katechese und theologischen Ausbildung der Laien und Seminaristen der lateinischen Kirche auch die Kenntnis der lebendigen Tradition des christlichen Ostens gehören und daß die Bischöfe der katholischen Ostkirchen an den Bischofskonferenzen der lateinischen Kirche in den jeweiligen Ländern teilnehmen sollen (125). Zweifelsohne wird diese brüderliche Zusammenarbeit, außer daß sie für die in jüngster Vergangenheit in Amerika eingegliederten Ostkirchen eine wertvolle Hilfe darstellt, es den lateinischen Teilkirchen erlauben, sich durch das geistige Erbe der Traditionen des christlichen Ostens zu bereichern.
Der Priester – Zeichen der Einheit
39. „Als Glied einer Teilkirche muß jeder Priester ein Zeichen der Gemeinschaft mit dem Bischof sein, insofern er dessen unmittelbarer Mitarbeiter und mit seinen Brüdern im Priesteramt vereint ist. Er übt sein Amt mit seelsorglicher Liebe hauptsächlich in der Gemeinde aus, die ihm anvertraut wurde, und er führt sie zur Begegnung mit Christus, dem guten Hirten. Seine Berufung erfordert es, daß er ein Zeichen der Einheit ist. Deshalb muß er jegliche Teilnahme an Parteipolitik meiden, welche die Gemeinde trennen würde“ (126). Die Synodenväter wünschen, daß „eine Seelsorge entwickelt wird, die dem Diözesanklerus zugute kommt, wodurch dieser in seiner Spiritualität, in seiner Mission und in seiner Identität gefestigt wird, in deren Mittelpunkt die Nachfolge Christi, des ewigen Hohepriesters steht, der immer versuchte, den Willen des Vaters zu erfüllen. Er ist das Beispiel großzügiger Hingabe, schlichter Lebensführung und des Dienstes bis hin zum Tod. Der Priester muß sich bewußt sein, daß er durch den Empfang des Weihesakraments zum Spender der Gnade wird, die er durch die Sakramente an seine Brüder und Schwestern weitergibt. Er selbst soll sich durch die Ausübung seines Amtes heiligen“ (127).
Der Tätigkeitsbereich der Priester ist außerordentlich groß. Es ist daher angebracht, „daß sie das zum Mittelpunkt ihrer Tätigkeit machen, was für ihr Amt wesentlich ist, nämlich daß sie Christus, dem Haupt und Hirten und Quelle seelsorglicher Liebe gleich werden, indem sie sich zusammen mit Christus jeden Tag in der Eucharistie selbst hingeben, um so den Gläubigen zur persönlichen und gemeinschaftlichen Begegnung mit dem lebendigen Jesus Christus zu verhelfen“ (128). Als Zeugen und Jünger des barmherzigen Christus sind die Priester berufen, Werkzeug der Vergebung und der Versöhnung zu sein. Deshalb sollen sie sich großzügig in den Dienst der Gläubigen stellen, so, wie es das Evangelium will.
Die Priester müssen außerdem als Hirten des amerikanischen Gottesvolkes auf die Herausforderungen der heutigen Welt achten und für die Nöte und Hoffnungen ihrer Menschen offen sein, indem sie an deren Leben teilnehmen und vor allem eine Haltung der Solidarität mit den Armen einnehmen. Auch sollen sie versuchen, die Charismen und Fähigkeiten der Gläubigen zu erkennen, die zur Belebung der Gemeinde beitragen könnten. So sollen sie diese anhören und mit ihnen reden, um so ihre Teilnahme und Mitverantwortung anzuregen. Das wird zu einer besseren Aufgabenverteilung führen, die ihnen ermöglicht, „sich der Aufgabe zu widmen, die enger mit der Begegnung und Verkündigung Jesu Christi verbunden ist, so daß sie besser die Anwesenheit Jesu, der sein Volk versammelt, inmitten der Gemeinde darstellen“ (129).
Das Vorhandensein unterschiedlicher Begabungen und Charismen muß auch dazu führen, jene Priester aufzuwerten, die für geeignet gehalten werden, ein besonderes Amt auszuüben. Außerdem sind alle Priester gebeten, ihren Brüdern im Priesteramt Hilfe zu leisten und sich selbst vertrauensvoll an diese zu wenden, falls es notwendig sein sollte.
Angesichts der wunderbaren Tatsache, daß so viele Priester in Amerika sich mit Gottes Gnade bemühen, eine so große Aufgabe zu bewältigen, ist es mir, wie auch den Synodenvätern, ein Bedürfnis, „die unerschöpfliche Hingabe der Priester als Hirten, Verkünder des Evangeliums und als jene, die die kirchliche Gemeinschaft zur Aktivität anregen, Anerkennung und Lob auszusprechen, ihnen zu danken und alle Priester Amerikas zu ermutigen, weiterhin ihr Leben in den Dienst des Evangeliums zu stellen“ (130).
Förderung der Berufungspastoral
40. Die unersetzliche Rolle des Priesters in der Gemeinde muß allen Kindern der Kirche in Amerika die Bedeutung der Berufungspastoral ins Bewußtsein rufen. Der amerikanische Kontinent zählt auf eine zahlenmäßig starke Jugend, die reich an menschlichen und religiösen Werten ist. Deshalb muß den Lebensbereichen, in denen die Berufungen zum Priestertum und zum Ordensleben entstehen, besondere Beachtung geschenkt werden. Die christlichen Familien sollen eingeladen werden, ihren Kindern zu helfen, wenn sie den Ruf vernehmen, diesen Weg zu gehen (131). In der Tat sind die Berufungen „ein Geschenk Gottes“ und „entstehen innerhalb der Glaubensgemeinschaften, besonders aber in den Familien und Pfarreien und in den katholischen Schulen und anderen kirchlichen Organisationen. Den Bischöfen und Priestern obliegt die besondere Verantwortung, solche Berufungen durch persönliche Einladung und hauptsächlich durch das eigene zielgerichtete, frohe, enthusiastische und heiligmäßige Lebenszeugnis zu fördern. Die Verantwortung, Priesterberufungen hervorzubringen, obliegt dem ganzen Gottesvolk und erfährt seine höchste Erfüllung im ständigen und demütigen Gebet um Berufungen“ (132).
In den Seminaren, als den Orten der Aufnahme und Ausbildung der zum Priestertum Berufenen, müssen die zukünftigen Diener der Kirche vorbereitet werden, damit sie „in einer soliden Spiritualität der Gemeinschaft mit Christus, dem Hirten, einer Spiritualität der Hellhörigkeit für das Wirken des Heiligen Geistes leben, wodurch sie besonders zur Unterscheidung der Erwartungen des Gottesvolkes und der verschiedenen Charismen sowie zur gemeinsamen Arbeit befähigt werden“ (133). Deshalb muß in den Seminaren „besonders auf die spirituelle Unterweisung Wert gelegt werden, so daß die Kandidaten sich durch ständige Umkehr, durch ihr Gebetsleben und durch den Empfang der Sakramente der Eucharistie und der Buße auf die Begegnung mit dem Herrn vorbereiten und sich für eine großzügige seelsorgliche Hingabe stärken“ (134). Die für die Ausbildung Verantwortlichen müssen dafür sorgen, daß die Seminaristen begleitet und zur Reife angeleitet werden, die sie befähigt, den priesterlichen Zölibat anzunehmen und mit ihren zum Priesteramt berufenen Brüdern in Gemeinschaft zu leben. Es muß auch ihre Fähigkeit gefördert werden, die sie umgebende Wirklichkeit kritisch zu beobachten um Werte von Gegenwerten unterscheiden zu können, denn dies ist unerläßlich, um einen konstruktiven Dialog mit der Welt von heute einzugehen.
Besondere Aufmerksamkeit soll den Berufungen unter der einheimischen Bevölkerung geschenkt werden, und es wäre gut, ihnen eine Ausbildung zukommen zu lassen, die sie nicht ihrer eigenen Kultur entfremdet. Diese Priesteramtskandidaten dürfen während ihrer theologischen und spirituellen Ausbildung die Wurzeln ihrer eigenen Kultur nicht verlieren (135).
Die Synodenväter wollten all denen danken und sie segnen, die sich in ihrem Leben der Ausbildung der zukünftigen Priester in den Seminaren widmen. Deshalb haben die Synodenväter die Bischöfe eingeladen, für diese Aufgabe ihre geeignetsten Priester abzustellen, nachdem sie ihnen eine besondere Ausbildung haben zukommen lassen, die sie zu einer solch anspruchsvollen Aufgabe befähigt (136).
Erneuerung der Pfarreien
41. Die Pfarrei ist ein bevorzugter Ort, an dem die Gläubigen Kirche ganz konkret erfahren können (137). Heute haben die Pfarreien in Amerika wie auch in anderen Teilen der Welt manchmal Schwierigkeiten, ihre Aufgabe zu erfüllen. Die Pfarrei muß sich ständig erneuern und dabei vom grundlegenden Prinzip ausgehen, daß „die Pfarrei weiterhin in erster Linie eine eucharistische Gemeinschaft sein muß“ (138). Dieses Prinzip beinhaltet auch, daß „die Pfarreien berufen sind, aufnahmefreundlich und solidarisch zu sein. Sie sollen ein Ort christlicher Initiation, ein Ort der Erziehung und der Feier des Glaubens sowie offen für die verschiedenen Charismen, Dienste und Ämter sein; sie sollen gemeinschaftlich und verantwortungsbewußt organisiert sein; die bereits existierenden Apostolatsbewegungen sollen sie in ihre Strukturen integrieren; sie sollen die kulturellen Unterschiede der Einwohner beachten und offen sein für pastorale und pfarrübergreifende Projekte sowie für die sie umgebende Wirklichkeit“ (139).
Besondere Aufmerksamkeit verdienen wegen ihrer besonderen Problematik die Pfarreien in den städtischen Ballungszentren, wo die Schwierigkeiten so groß sind, daß die normalen Seelsorgestrukturen nicht mehr ausreichen, und wo die Möglichkeiten, im Apostolat tätig zu sein, beträchtlich reduziert sind. Trotz allem bewahrt die Pfarrei als Institution ihre Bedeutung und muß erhalten bleiben. Um dieses Ziel zu erreichen, „muß man weiter nach Mitteln suchen, durch welche die Pfarreien und ihre pastoralen Strukturen in den städtischen Ballungszentren wirkungsvoller zum Einsatz kommen“ (140). Ein Schlüssel für die Erneuerung der Pfarreien, die besonders in den Großstädten sehr wichtig ist, könnte vielleicht darin bestehen, die Pfarrei als Gemeinschaft der Gemeinschaften und Bewegungen zu sehen (141). Es scheint daher angebracht, solche Gemeinschaften und kirchliche Gruppen zu bilden, die echte menschliche Beziehungen fördern. Dadurch wird ein intensiveres gemeinschaftliches Leben ermöglicht werden, wobei Gemeinschaft nicht nur „ad intra“ [nach innen), sondern auch mit der Pfarrgemeinde, zu der solche Gruppen gehören, sowie mit der Diözese und der ganzen Kirche gepflegt wird. In diesem gemeinschaftlichen Kontext wird es auch einfacher sein, das Wort Gottes zu hören, um in seinem Lichte über die verschiedenen menschlichen Probleme nachzudenken und um verantwortungsvolle Lösungsmöglichkeiten heranreifen zu lassen, die von der universalen Liebe Christi inspiriert sind (142). Wird die Institution der Pfarrei auf solche Weise erneuert, dann „kann daraus auch eine große Hoffnung erwachsen; denn sie kann die in Gemeinschaft lebenden Menschen formen, sie kann eine Hilfe für das Familienleben sein, sie kann dazu beitragen, die Anonymität zu überwinden, sie kann die Menschen aufnehmen und ihnen helfen, sie in das Leben ihrer Nachbarn und in die Gesellschaft einzugliedern“ (143). Auf diese Weise können heutzutage alle Pfarreien, besonders aber die Pfarreien in den Großstädten, eine persönlichere Evangelisierung ausüben und zugleich mit anderen sozialen, erzieherischen und gemeinschaftlichen Einrichtungen ihre positiven Beziehungen ausbauen (144).
Außerdem „setzt diese Art von erneuerter Pfarrei einen Hirten voraus, der in erster Linie den lebendigen Christus persönlich erfahren hat, der einen missionarischen Geist und ein väterliches Herz hat, der die Spiritualität in der Gemeinde zu beleben weiß und fähig ist, das Evangelium so zu verkünden, daß die Teilnahme an der Evangelisierung dadurch gefördert wird. Eine so erneuerte Pfarrei ist auf die Mitarbeit der Laien angewiesen, sie braucht Menschen, welche die Seelsorge wieder mit Lebendigkeit erfüllen, und einen Hirten, der imstande ist, mit anderen zusammenzuarbeiten. Die Pfarreien in Amerika müssen sich durch ihren missionarischen Impuls auszeichnen, wodurch ihre Seelsorge auch die erreicht, die sich [von der Kirche] entfernt haben“ (145).
Die ständigen Diakone
42. Aus ernsthaften pastoralen und theologischen Gründen hat das Zweite Vatikanische Konzil bestimmt, das Diakonat als permanente Weihestufe in der lateinischen Kirchenhierarchie wiedereinzuführen. Es wurde den Bischofskonferenzen selbst überlassen, mit Zustimmung des Papstes einzuschätzen, ob und wo ständige Diakone zum Einsatz kommen (146). Die hierbei gemachten Erfahrungen sind nicht nur in den verschiedenen Landesteilen Amerikas, sondern auch in den verschiedenen Diözesen ein und derselben Region unterschiedlich. „Einige Diözesen haben nicht wenige Diakone ausgebildet und geweiht und sind voll und ganz zufrieden mit deren Eingliederung und deren Amt“ (147). Man beobachtet dort mit Freuden, wie die Diakone, „mit sakramentaler Gnade gestärkt […] dem Volke Gottes in der Diakonie, der Liturgie des Wortes und der Liebestätigkeit in Gemeinschaft mit dem Bischof und seinem Presbyterium“ dienen (148). Andere Diözesen sind diesen Weg nicht gegangen, in anderen Teilen Amerikas wiederum gab es Schwierigkeiten bei der Integration der ständigen Diakone in die hierarchische Struktur.
Der Papst stellt es den Teilkirchen frei, das ständige Diakonat wieder einzuführen oder nicht. Da es sich um einen ständigen Grad [innerhalb der Weihehierarchie] handelt, erfordert dessen Wiedereinführung selbstverständlich, daß die Kandidaten sorgfältig ausgewählt, angemessen ausgebildet und einer sorgsamen Aufmerksamkeit unterliegen. Auch bedarf es einer gewissenhaften Begleitung nicht nur dieser geweihten Diener, sondern auch – im Falle von verheirateten Diakonen – deren Familien, Ehefrauen und Kinder (149).
Das geweihte Leben
43. Die Geschichte der Evangelisierung Amerikas ist ein beredtes Zeugnis ungeheurer missionarischer Bemühungen seitens zahlreicher Ordensleute, die von Anfang an das Evangelium verkündet, die Rechte der einheimischen Bevölkerung verteidigt und aus heroischer Liebe zu Christus heraus sich in den Dienst am Gottesvolk auf diesem Kontinent gestellt haben (150). Der Beitrag der Ordensleute zur Verkündigung des Evangeliums in Amerika ist weiterhin von großer Bedeutung. Dieser Beitrag ist je nach Charisma der verschiedenen Gruppen verschieden: „die Institute des kontemplativen Lebens geben Zeugnis von der Absolutheit Gottes, die apostolischen und missionarischen Institute vergegenwärtigen Christus in den verschiedensten Lebensbereichen der Menschen, die Säkularinstitute helfen, die Spannungen zwischen einer wirklichen Öffnung gegenüber den Werten der modernen Welt und einer tiefen Hingabe des Herzens an Gott zu überwinden. Auch entstehen neue Institute und Formen des geweihten Lebens, die eine Ausrichtung nach dem Evangelium verlangen“ (151).
„Auch die Zukunft der Neuevangelisierung […] ist ohne einen erneuerten Beitrag der Frauen, insbesondere der Frauen des geweihten Lebens, undenkbar“ (152). Deshalb sollte ihre Teilnahme in verschiedenen kirchlichen Bereichen dringend gefördert werden, dazu gehören auch jene Bereiche, in denen Entscheidungen getroffen werden, besonders aber Entscheidungen in Angelegenheiten, die sie persönlich betreffen (153).
„Auch heutzutage ist ein Leben der Totalhingabe an Gott eine vielsagende Verkündigung dessen, daß Gott genügt, um das Leben jedweder Person auszufüllen“ (154). Diese Weihe an den Herrn muß zu einem großzügigen Einsatz für die Verbreitung des Gottesreiches weiterentwickelt werden. Deshalb soll an der Schwelle zum Dritten Jahrtausend dafür gesorgt werden, „daß das geweihte Leben mehr geschätzt und von den Bischöfen, Priestern und christlichen Gemeinschaften gefördert wird, und daß die Ordensleute im Bewußtsein ihrer Freude und der Verantwortung ihrer Berufung sich voll und ganz in die Teilkirchen integrieren, zu denen sie gehören, und die Gemeinschaft und gegenseitige Zusammenarbeit fördern“ (155).
Die Laien und die Erneuerung der Kirche
44. „Die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Einheit der Kirche als das in der Einheit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes versammelte Volk Gottes unterstreicht, daß der Würde aller Getauften die Nachahmung und Nachfolge Christi, die gegenseitige Gemeinschaft und der Missionsauftrag gemeinsam entspricht“ (156). Deshalb sollen sich auch die Laien ihrer Würde als Getaufte bewußt sein. Die Hirten ihrerseits sollen „das Zeugnis und die aktive Verkündigung des Evangeliums seitens der Laien“ hochschätzen, „die als Glieder des Gottesvolkes in einer Spiritualität der Gemeinschaft ihre Brüder zur Begegnung mit dem lebendigen Christus führen. Die kirchliche Erneuerung in Amerika wird ohne die aktive Teilnahme der Laien nicht möglich sein. Daher kommt ihnen zum großen Teil die Verantwortung für die Zukunft der Kirche zu“ (157).
Es gibt zwei Bereiche, in denen die Berufung der Laien verwirklicht wird: der erste Bereich, der am ehesten ihrem Laienstand entspricht, umfasst die weltlichen Dinge, die zu regeln die Laien nach Gottes Willen berufen sind (158). In der Tat „wird das Evangelium durch die besondere Art dieses Wirkungsbereiches in die Strukturen dieser Welt hineingetragen, und durch ihr allseits heiligmäßiges Wirken weihen sie diese Welt Gott“ (159) . Durch die Laien „verwirklicht sich die Präsenz und Mission der Kirche in der Welt auf besondere Weise in der Verschiedenheit der Charismen und Ämter, die es im Laienstand gibt. Die Weltzugewandtheit ist das eigentliche Charakteristikum der Laien und ihrer Spiritualität, die sie in Familie und Gesellschaft, am Arbeitsplatz, in Kultur und Politik tätig werden läßt. Zur Evangelisierung dieser Lebensbereiche sind die Laien berufen. Auf einem Kontinent, wo der Wetteifer und der Hang zur Aggression, die Unmäßigkeit im Konsum und die Korruption zur Tagesordnung gehören, sind die Laien berufen, zutiefst Werte des Evangeliums, wie Barmherzigkeit, Vergebung, Aufrichtigkeit, Transparenz des Herzens und Geduld unter schwierigen Bedingungen zu verkörpern. Von den Laien wird eine große kreative Kraft bezüglich ihres Wirkens und ihrer Werke erwartet – als Ausdruck eines Lebens, das im Einklang mit dem Evangelium steht“ (160).
Amerika braucht Laien, die leitende Verantwortung innerhalb der Gesellschaft übernehmen können. Dringend müssen Männer und Frauen ausgebildet werden, die gemäß ihrer eigenen Berufung im öffentlichen Leben handlungsfähig sind und es auf das Allgemeinwohl hin orientieren. Wenn sie sich in der Politik betätigen, wobei hier Politik im eigentlichsten und edelsten Sinn als Verwaltung des Gemeinwohls verstanden wird, kann dies für die Laien auch ein Weg zur Heiligung sein. Deshalb ist es notwendig, daß sie sowohl in den Grundsätzen und Werten der kirchlichen Soziallehre unterwiesen werden, als auch grundlegende Kenntnisse über die Theologie des Laien erlangen. Die vertiefte Kenntnis ethischer Grundsätze und christlicher Moralwerte wird es ihnen ermöglichen, dieselben in ihren Lebensbereichen zu fördern und sie auch angesichts der sogenannten „Neutralität des Staates“ zu verkünden (161).
Es gibt noch einen zweiten Bereich, in dem viele Laien berufen sind tätig zu sein, und den man als „innerkirchlich“ bezeichnen könnte. Viele Laien in Amerika verspüren den berechtigten Wunsch, mit ihren Talenten und Charismen zum Aufbau der kirchlichen Gemeinschaft beizutragen und zwar „als Verkünder des Wortes im Namen der Kirche, als Katecheten, als jene, die Kranke und Inhaftierte besuchen, als Gruppenleiter usw.“ (162). Die Synodenväter haben den Wunsch geäußert, die Kirche möge einige dieser Aufgabenbereiche als Laienämter anerkennen, die in den Sakramenten der Taufe und Firmung begründet sind, wobei jedoch der spezifische Charakter des Weihesakramentes unangetastet bleibt. Es handelt sich dabei um ein sehr umfangreiches und komplexes Thema, zu dessen Studium ich bereits vor einiger Zeit eine Sonderkommission eingerichtet habe (163) und worüber die verschiedenen Behörden des Heiligen Stuhls nach und nach einige Richtlinien erlassen haben (164). Man muß die nützliche Zusammenarbeit gut ausgebildeter Laien – Männer und Frauen – in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen innerhalb der Kirche fördern, wobei selbstverständlich eine Verwechslung mit den Weiheämtern und den Tätigkeitsbereichen, die diesen Ämtern vorbehalten sind, vermieden werden muß, so daß klar zwischen dem gemeinsamen Priestertum der Gläubigen und dem Amtspriestertum unterschieden wird.
Diesbezüglich haben die Synodenväter vorgeschlagen, daß die den Laien anvertrauten Aufgabenbereiche „wohl zu unterscheiden sind von jenen, die Stufen zum Weihepriesteramt darstellen“ (165) und die den Priesteramtskandidaten noch vor ihrer Priesterweihe übertragen werden. Ebenso hat man angemerkt, daß diese Laienaufgaben „nur an Personen – Männer und Frauen – übertragen werden dürfen, die sich die dafür vorgesehene Ausbildung entsprechend bestimmter Kriterien, wie eine gewisse Beständigkeit, wirkliche Bereitschaft hinsichtlich bestimmter Personengruppen und die Verpflichtung, seinem eigenen Hirten dafür auch Rechenschaft abzulegen, angeeignet haben“ (166). Wenn auch das innerkirchliche Apostolat der Laien angeregt werden muß, soll jedenfalls dafür gesorgt werden, daß dieses Apostolat mit dem eigentlichen Tätigkeitsbereich der Laien zusammenfällt, in dem diese auch nicht durch die Priester ersetzt werden können: nämlich im Bereich der zeitlichen Dinge.
Die Würde der Frau
45. Die Berufung der Frau verdient besondere Beachtung. Bereits bei anderer Gelegenheit war es mir ein Anliegen, meine Wertschätzung für den spezifischen Beitrag der Frau zum Fortschritt der Menschheit und meine Anerkennung ihrer berechtigten Bestrebungen, voll und ganz am kirchlichen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Leben teilzunehmen, zum Ausdruck zu bringen (167). Ohne diesen Beitrag würde ein Reichtum verloren gehen, den nur „der Genius der Frau“ (168) zum kirchlichen Leben und zur Gesellschaft selbst beitragen kann. Dies nicht anzuerkennen wäre eine historische Ungerechtigkeit, besonders in Amerika, wenn man den Beitrag der Frauen zur materiellen und kulturellen Entwicklung des Kontinents und zur Weitergabe und Bewahrung des Glaubens in Betracht zieht. In der Tat „war ihre Rolle vor allem im geweihten Leben, in der Erziehung und in der Gesundheitspflege entscheidend“ (169).
In verschiedenen Gegenden des amerikanischen Kontinents ist die Frau leider immer noch Objekt von Diskriminierung. Daher kann man sagen, daß das Gesicht der Armen in Amerika auch das Gesicht vieler Frauen ist. In diesem Sinne haben die Synodenväter von einem „weiblichen Aspekt der Armut“ gesprochen (170). Die Kirche fühlt sich verpflichtet, auf der Menschenwürde zu bestehen, die allen Menschen gemeinsam ist. Sie „bezeichnet die Diskriminierung, den sexuellen Mißbrauch und die männliche Vorherrschaft als im Widerspruch zum göttlichen Heilsplan stehend“ (171). Insbesondere beklagt sie die mitunter aufgrund von Programmen vorgenommene Sterilisation von Frauen, vor allem von armen und ausgestoßenen Frauen, als verabscheuungswürdig. Diese wird oft auf trügerische Weise praktiziert, ohne daß die Betroffenen davon wissen. Das ist um so schlimmer, als man dafür auch noch um internationale wirtschaftliche Hilfe nachsucht.
Die Kirche auf diesem Kontinent fühlt sich verpflichtet, sich intensiver um die Frauen zu kümmern und sie zu verteidigen, „so daß die amerikanische Gesellschaft dem in der Ehe gründenden Familienleben mehr Hilfe zukommen läßt, die Mutterschaft mehr in Schutz nimmt und die Würde aller Frauen mehr achtet“ (172). Man muß den amerikanischen Frauen helfen, aktiv und verantwortungsvoll am Leben und der Sendung der Kirche teilzunehmen (173). Auch müssen die Kenntnisse und die Zusammenarbeit der Frauen in leitenden Aufgaben der amerikanischen Gesellschaft anerkannt werden.
Die Herausforderungen für die christliche Familie
46. Gott, der Schöpfer hat den ersten Mann und die erste Frau nach seinem Abbild geschaffen und ihnen den Auftrag gegeben: „Seid fruchtbar und vermehrt euch“ (Gen 1,28), wodurch er die Familie gründete. In diesem Heiligtum entsteht das Leben und dort wird es auch als Gottesgeschenk angenommen. Wird das Wort Gottes innerhalb der Familie häufig gelesen, so verwandelt es die Familie nach und nach zur Hauskirche, und es macht sie reich an Menschlichkeit und christlichen Tugenden. Dort entspringt auch die Quelle der Berufungen. Das familiäre Gebetsleben vor einem Bild der Muttergottes wird bewirken, daß die Familie, wie die Jünger Jesu, immer um die Mutter vereint bleibt (vgl. Apg 1,14) 174 . Fast überall in Amerika wird die Institution Familie durch viele Gefahren bedroht, was für die Christen gleichzeitig eine Herausforderung darstellt. Zu erwähnen sind hier unter anderem die steigende Scheidungsrate, die Verbreitung der Abtreibung, des Kindermords und eine gegen die natürliche Empfängnis gerichtete Mentalität. Angesichts dieser Situation muß unterstrichen werden, „daß die Grundlage menschlichen Lebens die eheliche Beziehung zwischen Mann und Frau ist, die unter Christen ein Sakrament darstellt“ (175).
Daher muß dringend eine umfassende Katechese über das christliche Ideal der ehelichen Gemeinschaft und des Familienlebens betrieben werden, zu der auch die Spiritualität der Vaterschaft und der Mutterschaft gehört. Die Seelsorge muß der Rolle des Mannes als Gatte und Vater und der mit der Ehefrau zu teilenden Verantwortung für Ehe, Familie und Kindererziehung mehr Aufmerksamkeit schenken. Eine ernsthafte Unterweisung der Jugendlichen über die Ehe darf nicht unterlassen werden, wobei die katholische Lehre über dieses Sakrament unter theologischem, spirituellem und anthropologischem Aspekt mit aller Klarheit dargestellt werden muß. Auf einem Kontinent, der sich durch eine beachtenswerte demographische Entwicklung auszeichnet, wie es in Amerika der Fall ist, müssen die der Familie geltenden seelsorglichen Initiativen ständig zunehmen.
Damit die Familie wirklich eine „Hauskirche“ (176) ist, ist sie berufen, die Umgebung zu bilden, in der die Eltern den Glauben weitergeben, und sie „sollen […] durch Wort und Beispiel für ihre Kinder die ersten Glaubensboten sein“ (177). Auch darf in der Familie das Gebet nicht fehlen, in dem sich sowohl die Eheleute untereinander als auch mit ihren Kindern vereinen. Diesbezüglich sollen gemeinsame Zeiten des geistlichen Lebens gefördert werden, wie die Teilnahme an der Eucharistie an Feiertagen, der Empfang des Sakraments der Versöhnung, das tägliche Gebet innerhalb der Familie und konkrete Werke der Nächstenliebe. Auf diese Weise wird auch die eheliche Treue und die Familieneinheit gefestigt. In einem familiären Ambiente, das solche Wesenszüge trägt, wird es für die Kinder nicht schwierig sein, ihre Berufung für den Dienst in der Gemeinschaft und in der Kirche zu entdecken und besonders durch das Beispiel ihrer Eltern zu erfahren, daß das Familienleben ein Weg ist, die universale Berufung zur Heiligkeit zu verwirklichen (178).
Die Jugendlichen – Hoffnung für die Zukunft
47. Die Jugendlichen stellen eine große Kraft innerhalb der Gesellschaft und bei der Verkündigung des Evangeliums dar. „Sie bilden in vielen Ländern Amerikas einen sehr großen Teil der Bevölkerung, und in ihrer Begegnung mit dem lebendigen Christus liegen ihre Hoffnungen und Erwartungen einer größeren Gemeinschaft und Solidarität für Kirche und Gesellschaft in Amerika begründet“ (179). Die Bemühungen der Teilkirchen auf dem Kontinent bei der katechetischen Hinführung der Heranwachsenden zum Sakrament der Firmung sowie bei anderen Formen der Begleitung, die ihnen geboten werden, damit sie in ihrer Begegnung mit Christus und in ihrer Kenntnis des Evangeliums wachsen, sind evident. Der Ausbildungsprozeß bei den Jugendlichen soll beständig und dynamisch sein, er soll so geartet sein, daß dadurch den Jugendlichen geholfen wird, ihren Platz in Kirche und Gesellschaft zu finden. Daher soll die Jugendseelsorge eine bevorzugte Stellung bei der Fürsorge der Hirten und der Gemeinschaften einnehmen. Es gibt wirklich viele Jugendliche in Amerika, die den wahren Sinn ihres Lebens suchen und ein Verlangen nach Gott verspüren, doch oft mangelt es an den geeigneten Bedingungen, ihre Fähigkeiten zu verwirklichen und ihre Ziele zu erreichen. Leider führen fehlende Arbeitsmöglichkeiten und Zukunftsperspektiven zum Teil dazu, daß sie zu Randgruppen werden und zur Gewalt greifen. Die dabei entstehende Frustration führt häufig dazu, daß sie von der Suche nach Gott ablassen. Angesichts dieser sehr komplexen Situation „verpflichtet sich die Kirche, ihre pastorale und missionarische Option für die Jugendlichen aufrechtzuerhalten, damit sie heute dem lebendigen Christus begegnen können“ (180).
Die kirchliche Seelsorge erreicht viele dieser Heranwachsenden und Jugendlichen durch die Lebendigkeit der christlichen Familien, durch Katechese, Institutionen im Bereich der katholischen Erziehung und das Gemeinschaftsleben der Pfarreien. Doch gibt es viele Jugendliche, besonders unter denen, die unter Armut in ihren verschiedenen Ausdrucksformen leiden, die außerhalb des kirchlichen Tätigkeitsbereiches bleiben. Daher sollen die jungen, mit einem reifen missionarischen Bewußtsein ausgestatteten Christen die Apostel für ihre Altersgenossen sein. Es bedarf einer Seelsorge, die die Jugendlichen in ihrer eigenen Umgebung, wie Schulen, Universitäten, Arbeitsplatz oder ländliche Gegenden, erreicht, und die deren Sensibilität ein besonderes Augenmerk schenkt. In Pfarreien und Diözesen wäre es auch angebracht, eine Jugendseelsorge zu entwickeln, welche die Entwicklungen der Jugendwelt in Betracht zieht, den Dialog mit ihnen sucht und die günstigen Gelegenheiten zu Begegnungen im größeren Rahmen nicht verpaßt, eine Jugendseelsorge, die Initiativen vor Ort unterstützt und dabei aus all dem Nutzen zieht, was bereits auf interdiözesaner und internationaler Ebene verwirklicht wurde.
Was soll man angesichts der Jugendlichen unternehmen, die ein für Heranwachsende typisches Verhalten von Unbeständigkeit aufweisen und Schwierigkeiten signalisieren, wenn es darum geht, ernsthafte und dauerhafte Verpflichtungen einzugehen? Bei einem solchen Mangel an Reife sollte man die Jugendlichen einladen, mutig zu sein, wobei man ihnen helfen muß, den Wert einer für das ganze Leben eingegangenen Verpflichtung zu schätzen, wie es beim Priestertum, beim geweihten Leben und bei der christlichen Ehe der Fall ist (181).
Begleitung des Kindes bei seiner Begegnung mit Christus
48. Die Kinder sind ein Geschenk und Zeichen der Gegenwart Gottes. „Man muß das Kind von der Taufe bis zu seiner Erstkommunion bei seiner Begegnung mit Christus begleiten, denn es gehört zur lebendigen Glaubens-, Hoffnungs- und Liebesgemeinschaft“ (182). Die Kirche anerkennt die Bemühungen der Eltern, Lehrer und derer, die im pastoralen, sozialen und gesundheitlichen Dienst tätig sind, sowie all jener, die mit derselben Haltung im Dienst der Familie und der Kinder wirken, wie sie Jesus Christus einnahm: „Laßt die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn Menschen wie ihnen gehört das Himmelreich“ (Mt 19,14).
Mit Recht beklagen und verurteilen die Synodenväter die schmerzvollen Lebensbedingungen so vieler Kinder in ganz Amerika, die ihrer Würde und Unschuld und oft auch ihres Lebens beraubt werden. „Diese Lebensbedingungen schließen Gewalt, Armut, Obdachlosigkeit, Mangel an gesundheitlicher Fürsorge und Erziehung, durch Drogen und Alkohol bedingte Schäden und andere Zustände der Verlassenheit und des Mißbrauchs mit ein“ (183). Diesbezüglich erwähnte man auf der Synode ganz besonders die Problematik des sexuellen Mißbrauchs der Kinder und der Kinderprostitution. Auch die Eltern erließen einen dringenden Aufruf „an alle, die in der Gesellschaft Machtpositionen einnehmen, damit sie in erster Linie all das tun, was in ihrer Macht steht, um das Leid der Kinder in Amerika zu lindern“ (184).
Elemente der Gemeinschaft mit anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften
49. Die Bemühungen um Gemeinschaft zwischen der katholischen Kirche und anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften haben ihre Wurzeln in der Taufe, die von ihnen allen gespendet wird (185). Diese Bemühungen werden durch Gebet, Dialog und gemeinsame Aktionen genährt. Die Synodenväter wollten ihren besonderen Willen „zur Zusammenarbeit im bereits begonnenen Dialog mit der orthodoxen Kirche zum Ausdruck bringen, mit der wir sehr vieles im Glauben, in den Sakramenten und in der Frömmigkeit gemeinsam haben“ (186). Seitens der Synode gibt es vielerlei konkrete Vorschläge hinsichtlich der Gesamtheit der nicht katholischen christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften. In erster Linie wird vorgeschlagen, „daß die katholischen Hirten und Gläubigen die Begegnung mit Christen verschiedener Konfessionen innerhalb der Zusammenarbeit im Namen des Evangeliums fördern, um so auf den Schrei der Armen zu reagieren durch den Einsatz für Gerechtigkeit, durch das gemeinsame Gebet für die Einheit, durch die Teilnahme an gemeinsamen Wortgottesdiensten und durch den erlebten Glauben an den lebendigen Christus“ (187). Gefördert werden müssen auch, soweit dies angebracht und nutzbringend ist, die sich aus den verschiedenen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften zusammensetzenden Versammlungen von Experten, um den ökumenischen Dialog zu erleichtern. Die Ökumene muß Gegenstand der Reflexion und des Erfahrungsaustausches zwischen den verschiedenen katholischen Bischofskonferenzen des Kontinents sein.
Wenn auch das Zweite Vatikanische Konzil sich auf alle Getauften und Christgläubigen „als Brüder im Herrn“ (188) beruft, so muß man doch klar jene christlichen Gemeinschaften, mit denen es möglich ist, Beziehungen einzugehen und die durch den ökumenischen Geist inspiriert sind, von den Sekten, Kultgemeinschaften und anderen pseudoreligiösen Bewegungen unterscheiden.
Kirchliche Beziehungen zu den jüdischen Gemeinschaften
50. In der amerikanischen Gesellschaft existieren auch jüdische Gemeinschaften, mit denen die katholische Kirche in den letzten Jahren immer stärker zusammenarbeitet (189). Innerhalb der Heilsgeschichte ist unsere besondere Beziehung zum jüdischen Volk evident. Aus diesem Volk ging Jesus hervor, und er setzte den Anfang seiner Kirche innerhalb des jüdischen Volkes. Ein Großteil der Heiligen Schrift, die wir Christen als das Wort Gottes lesen, stellt ein gemeinsames geistiges Erbe dar, das wir mit den Juden gemeinsam haben (190). Daher muß ihnen gegenüber jede negative Haltung vermieden werden, „denn, um die Welt zu segnen, ist es notwendig, daß zuvor Juden und Christen für einander ein Segen sind“ (191).
Nichtchristliche Religionen
51. „Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was bei diesen Religionen wahr und heilig ist“ (192). Daher wollen die Katholiken hinsichtlich der anderen Religionen die Elemente der Wahrheit unterstreichen, wo auch immer diese zu finden sind. Gleichzeitig aber bezeugen sie die Neuheit der Offenbarung Christi, die in ihrer Integrität von der Kirche bewahrt wird (193). Bei einer solch konsequenten Einstellung lehnen die Katholiken jegliche Diskriminierung und Verfolgung von Menschen wegen Rasse, Hautfarbe, Lebensumständen oder Religion als dem Geist Christi entgegengesetzt ab. Unterschiedliche Religionszugehörigkeit darf niemals der Grund für Gewalt und Krieg sein. Im Gegenteil, Menschen verschiedener Glaubensrichtungen sollen sich, eben weil sie sich zu ihrer Religion bekennen, veranlaßt fühlen, für Frieden und Gerechtigkeit zu arbeiten.
„Moslems, Christen und Juden nennen Abraham ihren Vater. Diese Tatsache muß in Amerika die Garantie dafür sein, daß die drei Gemeinschaften harmonisch zusammenleben und gemeinsam für das Allgemeinwohl arbeiten. Auch soll die Kirche in Amerika sich bemühen, den gegenseitigen Respekt zu mehren und die guten Beziehungen zu den einheimischen amerikanischen Religionen zu verbessern“ (194). Dieselbe Haltung muß den Hindus, Buddhisten und anderen Religionen gegenüber eingenommen werden, die sich durch die jüngsten Einwanderungen aus orientalischen Ländern auf amerikanischem Boden angesiedelt haben.
KAPITEL V
WEG ZUR SOLIDARITÄT
« Daran werden alle erkennen,
daß ihr meine Jünger seid:
wenn ihr einander liebt »
(Joh 13, 35)
Die Solidarität, Frucht der Gemeinschaft
52. „Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40; vgl. 25,45). Das Bewußtsein der Gemeinschaft mit Jesus Christus und den Brüdern und Schwestern, das wiederum Frucht der Umkehr ist, führt dazu, daß wir dem Nächsten in all seinen materiellen und geistigen Nöten und Bedürfnissen dienen, damit in allen Menschen das Antlitz Christi aufleuchte. Deshalb „ist die Solidarität Frucht der Gemeinschaft, die auf dem Geheimnis des einen Gottes in drei Personen und auf dem Geheimnis des Sohnes Gottes gründet, der für alle Mensch geworden und gestorben ist. Sie kommt in der Liebe der Christen zum Ausdruck, die das Wohl der Mitmenschen, besonders aber derer suchen, die dessen am meisten bedürfen“ (195).
Von daher erwächst auch für die amerikanischen Teilkirchen die Pflicht zur gegenseitigen Solidarität und die Pflicht, die geistigen Gaben und materiellen Güter zu teilen, mit denen Gott sie gesegnet hat. So hat Gott auch die Bereitschaft der Menschen begünstigt, dort zum Einsatz zu gelangen, wo es am notwendigsten ist. Ausgehend vom Evangelium soll eine Kultur der Solidarität gestärkt werden, die zu geeigneten Initiativen führt, um den Armen und Ausgegrenzten zu helfen, insbesondere den Flüchtlingen, die sich gezwungen sehen, Volk und Land zu verlassen, um der Gewalt zu entfliehen. Die Kirche in Amerika muß auch die internationalen Organisationen des Kontinent dazu anhalten, eine Wirtschaftsordnung zu etablieren, in der nicht nur das Kriterium der Bereicherung vorherrscht, sondern auch das des Strebens nach nationalem und internationalem Gemeinwohl, in der eine gerechte Güterverteilung existiert und die ganzheitliche Förderung der Völker im Vordergrund steht (196).
Die Lehre der Kirche – Ausdruck der Anforderungen für die Umkehr
53. Während Relativismus und Subjektivismus sich in besorgniserregender Weise im Bereich der Morallehre ausbreiten, ist die Kirche in Amerika berufen, mit neuer Kraft zu verkünden, daß die Umkehr an die Zugehörigkeit zur Person Jesu Christi mit all den dazugehörigen und durch das Lehramt der Kirche dargelegten theologischen und moralischen Implikationen gebunden ist. Man muß diesbezüglich die „Rolle“ anerkennen, „die die Theologen, Katecheten und Religionslehrer in Treue zum Lehramt durch ihre Darlegung der kirchlichen Lehre spielen; sie arbeiten dabei gemeinsam und direkt an der rechten Gewissensbildung der Gläubigen mit“ (197). Wenn wir daran glauben, daß Jesus die Wahrheit ist (vgl. Joh 14,6), dann haben wir auch den innigen Wunsch, seine Zeugen zu sein, um so unseren Brüdern und Schwestern die volle Wahrheit nahezubringen, die im Gottessohn liegt, der um des Heiles des Menschengeschlechtes willen Mensch geworden, gestorben und auferstanden ist. „Auf diese Weise können wir in dieser Welt lebendige Leuchten des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe sein“ (198).
Die Soziallehre der Kirche
54. Angesichts der in Amerika bestehenden großen sozialen Probleme verschiedenster Art weiß der Katholik, daß er in der kirchlichen Soziallehre die Antwort findet, von der ausgehend man konkrete Lösungsmöglichkeiten suchen kann. Diese Lehre zu verbreiten stellt also eine wahre seelsorgliche Priorität dar. Deshalb ist es wichtig, „daß in Amerika die für die Evangelisierung Zuständigen – also die Bischöfe, Priester, Lehrer, Seelsorger etc. – diesen Schatz der kirchlichen Soziallehre annehmen, sich durch ihn erleuchten lassen und dadurch fähig werden, die heutige Realität genau zu analysieren und Wege zu finden, um aktiv zu werden“ (199). Diesbezüglich muß man die Ausbildung tatkräftiger Laien fördern, die im Namen des Glaubens an Christus die Verwandlung der irdischen Realität in Angriff nehmen. Außerdem ist es angebracht, das Studium dieser Lehre in allen Bereichen der amerikanischen Teilkirchen zu fördern und zu unterstützen. Ganz besonders gilt dies für den Bereich der Universitäten, damit sie einen noch höheren Bekanntheitsgrad erreicht und in der amerikanischen Gesellschaft zur Anwendung gelangt.
Um dieses Ziel zu erreichen, wird es von Nutzen sein, ein Kompendium bzw. eine autorisierte Zusammenfassung der katholischen Soziallehre zu veröffentlichen, was einer Art „Katechismus“ gleichkäme, der die Beziehung zwischen dieser Lehre und der Neuevangelisierung darlegt. Der Teil, den der Katechismus der Katholischen Kirche dieser Materie im Hinblick auf das siebente Gebot des Dekalogs widmet, könnte einen Ausgangspunkt für diesen „Katechismus der katholischen Soziallehre“ darstellen. Natürlich würde sich dieses Werk, wie auch zuvor der Katechismus der Katholischen Kirche, darauf beschränken, lediglich die allgemeinen Prinzipien zu formulieren und es späteren Ausarbeitungen überlassen, jene Problembereiche zu behandeln, die sich aus den verschiedenen Situationen vor Ort ergeben (200) .
In der kirchlichen Soziallehre nimmt das Recht auf eine würdige Arbeit einen besonderen Stellenwert ein. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit, in vielen amerikanischen Ländern und angesichts der harten Bedingungen, denen nicht wenige Arbeiter in Industrie und Landwirtschaft ausgesetzt sind, „ist es notwendig, die Arbeit als eine Dimension der Selbstverwirklichung und der Würde der menschlichen Person zu bewerten. Es ist die ethische Verantwortung einer organisierten Gesellschaft, eine Arbeitskultur zu fördern und zu unterstützen“ (201).
Globalisierung der Solidarität
55. Das komplexe Phänomen der Globalisierung ist, wie ich zuvor erwähnt hatte, eines der Charakteristika der heutigen Welt, das besonders in Amerika zutage tritt. Innerhalb dieser vielschichtigen Realität hat der wirtschaftliche Aspekt eine ganz besondere Bedeutung. Die Kirche bietet durch ihre Soziallehre einen wertvollen Beitrag zur Problematik, welche durch die derzeitige wirtschaftliche Globalisierung entsteht. Ihre moralische Sichtweise in dieser Angelegenheit „stützt sich auf die drei grundlegenden Ecksteine der Menschenwürde, der Solidarität und des Subsidiaritätsprinzips“ (202). Die wirtschaftliche Globalisierung muß im Lichte der Grundsätze sozialer Gerechtigkeit analysiert werden, wobei die vorrangige Option für die Armen zu achten ist, da sie befähigt werden sollen, sich in einer globalisierten Wirtschaft und angesichts der Ansprüche des internationalen Gemeinwohls zu schützen. In Wirklichkeit „ist die kirchliche Soziallehre die moralische Vision, die versucht, die Regierungen, die Institutionen und Privatorganisationen zu unterstützen, damit sie an einer Zukunft arbeiten, die mit der Würde einer jeden Person im Einklang steht. Aus dieser Sichtweise können die Fragen hinsichtlich der Auslandsverschuldung der Länder, der internen politischen Korruption und der Diskriminierung innerhalb des eigenen Landes und auf internationaler Ebene bewertet werden“ (203).
Die Kirche in Amerika ist nicht nur dazu berufen, einen höheren Grad an Integration innerhalb der Länder zu fördern und so dazu beizutragen, eine wahre Kultur globalisierter Solidarität zu schaffen (204), sondern sich auch mit legitimen Mitteln für die Verringerung der negativen Auswirkungen der Globalisierung einzusetzen, wie zum Beispiel die Herrschaft der Stärkeren über die Schwächeren, besonders im wirtschaftlichen Bereich, oder den Werteverlust der einheimischen Kulturen zugunsten einer falsch verstandenen Vereinheitlichung.
Zum Himmel schreiende soziale Sünden
56. Im Lichte der kirchlichen Soziallehre nimmt man auch deutlicher die Schwere der „sozialen Sünden zur Kenntnis, die zum Himmel schreien, weil sie Gewalt erzeugen und den Frieden und die Harmonie zwischen den Gemeinschaften innerhalb eines Staates und zwischen den verschiedenen Ländern und Teilen des Kontinents zerstören“ (205). Zu diesen Sünden sind auch „der Drogenhandel, die Geldwäsche, die Korruption in sämtlichen Bereichen, die Schrecken der Gewalt, die Aufrüstung, die Rassendiskriminierung, die Ungleichheit innerhalb der sozialen Schichten und die vernunftlose Zerstörung der Natur zu zählen“ (206). Diese Sünden zeigen eine tiefe Krise auf, die wir dem verloren gegangenen Sinn für Gott und dem Abhandenkommen moralischer Grundsätze zu verdanken haben, welche eigentlich das Leben eines jeden Menschen bestimmen sollten. Ohne irgend einen moralischen Bezugspunkt verfällt der Mensch einem uneingeschränkten Drang nach Reichtum und Macht, welcher jegliche am Evangelium orientierte Sichtweise der sozialen Wirklichkeit verdunkelt.
Nicht selten führt dies dazu, daß einige öffentliche Instanzen die soziale Situation vernachlässigen. In vielen amerikanischen Ländern herrscht immer mehr ein als „Neoliberalismus“ bekanntes System, das den Menschen lediglich unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet und Gewinn und Marktgesetze als absolute Maßstäbe setzt, was zu Lasten der Menschenwürde und der Achtung der Person und der Völker geht. Dieses besagte System verwandelt sich mitunter in eine ideologische Rechtfertigung von Einstellungen und Handlungsweisen im sozialen und politischen Bereich, welche die Schwächsten an den Rand drängen. In der Tat nimmt die Armut immer mehr zu. Die Armen sind die Opfer bestimmter politischer Richtungen und oftmals ungerechter Strukturen (207).
Die beste Antwort durch das Evangelium auf diese dramatische Situation ist die Förderung der Solidarität und des Friedens, die die Gerechtigkeit effektiv verwirklichen. Deshalb soll auch jenen Zuspruch und Hilfe zukommen, die als beispielhaft in der Verwaltung der öffentlichen Gelder und der Gerechtigkeit gelten. Ebenso soll der Demokratisierungsprozeß unterstützt werden, der in Amerika im Gange ist (208), da in einer Demokratie die Kontrollmöglichkeiten zur Vermeidung von Mißbrauch größer sind.
„Der Rechtsstaat ist die notwendige Bedingung zur Errichtung einer wahren Demokratie“ (209). Damit diese sich entwickeln kann, bedarf es einer präzisen Unterweisung der Bürger sowie einer Förderung der öffentlichen Ordnung und des Friedens innerhalb des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Es gibt wirklich „keine echte und stabile Demokratie ohne soziale Gerechtigkeit. Daher ist es notwendig, daß die Kirche der Gewissensbildung mehr Aufmerksamkeit schenkt, Sozialarbeiter für das öffentliche Leben auf allen Ebenen ausbildet, die ethische Erziehung, die Befolgung des Gesetzes und der Menschenrechte fördert und sich noch mehr um die ethische Unterweisung der Politiker bemüht“ (210).
Das Fundament der Menschenrechte
57. Man sollte daran erinnern, daß das Fundament, auf dem alle Menschenrechte basieren, die Würde der Person ist. In der Tat „ist das größte göttliche Werk, nämlich der Mensch, Abbild und Ebenbild Gottes. Jesus nahm unsere Natur an, nicht jedoch die Sünde; er förderte und verteidigte die Würde einer jeden menschlichen Person ohne Ausnahme; und er starb für die Freiheit aller. Das Evangelium zeigt uns, wie Jesus Christus die zentrale Stellung der menschlichen Person innerhalb der Ordnung der Natur (vgl. Lk 12,22-29), der Gesellschaft und der Religion sogar im Hinblick auf das Gesetz (vgl. Mt 2,27) hervorhebt, indem er den Mann und auch die Frau (vgl. Joh 8,11) und die Kinder (vgl. Mt 19,13-15) verteidigt, die seinerzeit einen zweitrangigen Platz in der Gesellschaft einnahmen. Aus dieser Menschenwürde, insofern der Mensch als Kind Gottes betrachtet wird, gehen die Menschenrechte und auch des Menschen Pflichten hervor“ (211). Aus diesem Grunde „ist jeglicher Angriff auf die Menschenwürde auch gleichzeitig ein Angriff auf Gott selbst, dessen Abbild der Mensch ist“ (212). Diese Würde ist allen Menschen ohne Ausnahme gemein, da alle nach dem Abbild Gottes geschaffen wurden (vgl. Gen 1,26). Die Antwort Jesu auf die Frage: „Und wer ist mein Nächster?“ (Lk 10,29) erfordert von jedem eine Haltung der Achtung der Würde des anderen sowie eine Haltung der Fürsorge für ihn, auch wenn es sich um einen Fremden oder um einen Feind handelt (vgl. Lk 10,30-37). In ganz Amerika hat das Bewußtsein für die Achtung der Menschenrechte in letzter Zeit ständig zugenommen, aber dennoch bleibt vieles zu tun übrig, zieht man die Verletzung der Personenrechte und gesellschaftlicher Gruppen in Betracht, die es immer noch auf diesem Kontinent gibt.
Vorrangige Liebe zu den Armen und gesellschaftlichen Randgruppen
58. „Die Kirche in Amerika muß in ihre seelsorglichen Initiativen die Solidarität der Gesamtkirche gegenüber den Armen und Randgruppen jeglicher Art mit einbeziehen. Zu ihrer Haltung müssen Fürsorge, Förderung, Befreiung und brüderliche Akzeptanz gehören. Die Kirche erhebt den Anspruch, daß es absolut keine gesellschaftlichen Randgruppen geben darf“ (213). Die Erinnerung an die dunklen Kapitel der Geschichte Amerikas hinsichtlich der Sklaverei und anderer Arten von gesellschaftlicher Diskriminierung muß den aufrichtigen Wunsch nach Umkehr hervorrufen, die zur Versöhnung und Gemeinschaft führt.
Die Sorge um die am meisten Bedürftigen geht aus der vorrangigen Liebe zu den Armen hervor. Es geht dabei um eine Liebe, die nicht exklusiv ist und die daher nicht als ein Zeichen von Partikularismus oder von Sektierertum (214) gewertet werden kann. Indem der Christ die Armen liebt, ahmt er den Herrn nach, der sich in seinem irdischen Leben in Mitleid den Nöten der Bedürftigen – sowohl in geistiger als auch in materieller Hinsicht – widmete.
Die Aktivität der Kirche zugunsten der Armen in allen Teilen des Kontinents ist wichtig, dennoch muß man sich weiterhin darum bemühen, daß diese Art von Seelsorge immer mehr zum Weg der Begegnung mit Christus wird, der, obwohl er reich ist, für uns arm wurde, um uns durch seine Armut zu bereichern (vgl. 2 Kor 8,9). All das, was in diesem Bereich bereits geschieht, muß noch intensiviert und erweitert werden, und man soll versuchen, die größtmögliche Anzahl von Armen dadurch zu erreichen. Die Heilige Schrift erinnert uns daran, daß Gott das Rufen der Armen erhört (vgl. Ps 34,7), und die Kirche muß auf dieses Rufen der am meisten Bedürftigen achten. Indem sie auf deren Stimme hört, „muß die Kirche mit den Armen leben und an ihrem Leid teilnehmen. […] Schließlich muß sie durch ihre Lebensweise Zeugnis dafür ablegen, daß sie selbst sich durch ihre Prioritäten und in Wort und Tat in Gemeinschaft und Solidarität mit ihnen befindet“ (215).
Die Auslandsverschuldung
59. Die Auslandsverschuldung, die viele Völker des amerikanischen Kontinents zu ersticken scheint, ist ein sehr umfangreiches Problem. Wenn hier auch nicht auf die zahlreichen Aspekte eingegangen werden kann, so darf die Kirche in ihrer Seelsorge dieses Problem doch nicht ignorieren, da es das Leben so vieler Menschen betrifft. Daher haben auch etliche Bischofskonferenzen in Amerika im Bewußtsein der Tragweite dieses Problems diesbezüglich Studientagungen organisiert und Dokumente bezüglich einer effektiven Lösung desselben veröffentlicht (216). Auch ich habe meine Sorge über diese in vielen Fällen unhaltbare Situation schon des öfteren zum Ausdruck gebracht. Im Hinblick auf das bevorstehende Große Jubiläum des Jahres 2000 und in Erinnerung an den sozialen Sinn, den diese Jubeljahre im Alten Testament hatten, schrieb ich: „So werden sich im Geist des Buches Leviticus (25,8-28) die Christen zur Stimme aller Armen der Welt machen müssen, indem sie das Jubeljahr als eine passende Zeit hinstellen, um unter anderem an eine Überprüfung, wenn nicht überhaupt an einen erheblichen Erlaß der internationalen Schulden zu denken, die auf dem Geschick vieler Nationen lasten“ (217).
So wiederhole ich meinen Wunsch, den sich auch die Synodenväter zu eigen gemacht haben, daß der Päpstliche Rat für Gerechtigkeit und Frieden zusammen mit anderen zuständigen Organisationen, wie zum Beispiel die Abteilung für die Beziehungen zu den Staaten innerhalb des Staatssekretariats, „durch Nachforschung und Dialog zusammen mit Vertretern der Ersten Welt und Verantwortlichen der Weltbank und des internationalen Währungsfonds nach Lösungswegen zur Behebung des Problems der Auslandsverschuldung und nach Normen zur Verhinderung einer solchen Situation im Falle von zukünftigen Auslandskrediten sucht“ (218). Es wäre auch angebracht, daß auf möglichst breiter Ebene „Wirtschafts- und Währungsexperten von internationalem Ruf eine kritische Analyse der Weltwirtschaftsordnung in ihren positiven und negativen Aspekten erstellen, so daß die aktuelle Ordnung korrigiert wird, und man ein System und leistungsfähige Mechanismen zur Förderung einer ganzheitlichen und solidarischen Entwicklung der Menschen und Völker vorlegt“ (219).
Bekämpfung der Korruption
60. Auch in Amerika ist das Phänomen der Korruption weit verbreitet. Die Kirche kann aber auf wirksame Weise dazu beitragen, dieses Übel der bürgerlichen Gesellschaft durch eine „größere Präsenz qualifizierter Laien“ auszumerzen, „die durch ihre familiäre, schulische und kirchliche Herkunft Werte wie Wahrheit, Aufrichtigkeit, Fleiß und Dienst für das Allgemeinwohl fördern“ (220). Um dieses Ziel zu erreichen und auch um alle Menschen guten Willens zu erleuchten, die den durch Korruption entstandenen Übeln ein Ende bereiten wollen, muß jener Teil des Katechismus der Katholischen Kirche möglichst überall gelehrt und verbreitet werden, der sich auf dieses Thema bezieht. Auf diese Weise fördert man auch gleichzeitig bei den Katholiken aller Nationen die Kenntnis der durch die Bischofskonferenzen anderer Nationen diesbezüglich veröffentlichten Dokumente (221). Die Christen, die so unterwiesen sind, werden auch in bedeutender Weise zur Lösung dieses Problems beitragen, indem sie sich nämlich bemühen werden, die Soziallehre der Kirche in all den Aspekten, die ihr Leben und das jener Menschen betreffen, die ihr Einfluß erreichen könnte, in die Tat umzusetzen.
Das Drogenproblem
61. Hinsichtlich des schwerwiegenden Problems des Drogenhandels kann die Kirche in Amerika effektiv mit den Verantwortlichen der Nationen, mit den Leitern von Privatunternehmen, mit den nichtstaatlichen Organisationen und mit den internationalen Instanzen zusammenarbeiten, um Projekte zu entwickeln, die diesen Handel eliminieren, welcher die Integrität der Völker in Amerika bedroht (222). Diese Zusammenarbeit muß sich auf die gesetzgebenden Organe ausweiten und, indem sie die Initiativen zur Verhinderung von „Geldwäsche“ unterstützen, sollen sie die Kontrolle über die Güter derer fördern, die an diesem Handel beteiligt sind. Auch sollen sie darüber wachen, daß die Produktion und der Handel mit chemischen Substanzen zur Bearbeitung von Drogen nach legalen Normen abläuft. Die Dringlichkeit und Schwere dieses Problems drängen zum Aufruf an die verschiedenen Bereiche und Gruppen der zivilen Bevölkerung, den Drogenhandel gemeinsam zu bekämpfen (223). Was speziell die Bischöfe anbelangt, so ist es nach Auffassung der Synodenväter notwendig, daß sie selbst als Hirten des Gottesvolkes mutig und mit allen Kräften Hedonismus, Materialismus und solche Lebensweisen verwerfen, die den Griff zur Droge erleichtern (224).
Auch sollte man sich vor Augen halten, daß in gleicher Weise den verarmten Bauern geholfen werden muß, damit sie nicht in Versuchung kommen, durch den Anbau von Pflanzen zur Drogengewinnung zu leichtem Geld zu kommen. Diesbezüglich können die internationalen Organisationen den Regierungen der jeweiligen Länder wertvolle Zusammenarbeit anbieten, indem sie in verschiedener Hinsicht landwirtschaftliche Alternativproduktionen fördern. Auch müssen solche Leute ermutigt werden, die sich bemühen, andere vom Drogenkonsum abzubringen, und sich in pastoraler Fürsorge um drogenabhängige Opfer kümmern. Es ist von grundlegender Bedeutung, den jungen Generationen den wahren „Sinn des Lebens“ zu bieten, denn diese verfallen aufgrund dieses Sinnverlustes letzten Endes häufig dieser perversen Rauschgiftspirale. Auch die Mühe um Wiederherstellung und um soziale Rehabilitation kann eine wahre und wirkliche Aufgabe der Evangelisierung sein (225).
Die Aufrüstung
62. Ein Faktor, der in gravierender Weise die Entwicklung nicht weniger Länder in Amerika lähmt, ist die Aufrüstung. Aus den verschiedenen amerikanischen Teilkirchen muß sich eine prophetische Stimme erheben, die sowohl die Aufrüstung als auch den skandalösen Handel mit Kriegswaffen anprangert. Dieser verschlingt ungeheure Geldsummen, die eigentlich für die Bekämpfung der Armut und zur Förderung der Entwicklung eingesetzt werden müßten (226). Andererseits ist die Anhäufung von Waffen ein Faktor der Instabilität und eine Bedrohung des Friedens (227). Deshalb ist die Kirche wachsam angesichts des Risikos von bewaffneten Konflikten, vor allem wenn sie sich unter Bruderländern ereignen. Sie hat als Zeichen der Versöhnung und des Friedens dafür zu sorgen, „daß alle möglichen Mittel aufgewendet werden, um Wege der Vermittlung und Entscheidung zu finden und um zu Gunsten des Friedens und der Brüderlichkeit unter den Völkern zu wirken“ (228).
Eine Kultur des Todes und eine von den Mächtigen beherrschte Gesellschaft
63. Heute scheint sich in Amerika und auch in anderen Teilen der Welt ein Gesellschaftsmodell herauszukristallisieren, in welchem die Mächtigen dominieren und die Schwachen an den Rand gedrängt, ja sogar eliminiert werden. An dieser Stelle denke ich besonders an die ungeborenen Kinder, die wehrlose Opfer der Abtreibung sind; und ich denke an die alten und unheilbar kranken Menschen, die mitunter zum Objekt der Euthanasie gemacht werden; auch denke ich an viele andere Menschen, die durch Konsumhaltung und Materialismus an den Rand gedrängt werden. Ich kann auch die Augen nicht vor der unnötigen Anwendung der Todesstrafe verschließen. Wenn andere „unblutige Mittel hinreichen, um das Leben der Menschen gegen Angreifer zu verteidigen […] und die Sicherheit der Menschen zu schützen,“ wenn man die heutigen Möglichkeiten des Staates, das Verbrechen effektiv zurückzudrängen, in Betracht zieht, indem er den Täter außer Gefecht setzt, ohne ihm dadurch endgültig die Möglichkeit zur Reue zu nehmen, sind die Fälle, in denen es absolut notwendig wäre, den Übeltäter zu eliminieren, „sehr selten oder praktisch überhaupt nicht mehr gegeben “ (229). Solche und ähnliche Gesellschaftsmodelle zeichnen sich durch die Kultur des Todes aus und stehen daher im Gegensatz zur Botschaft des Evangeliums. Angesichts dieser trostlosen Wirklichkeit versucht die kirchliche Gemeinschaft immer mehr, sich für eine Kultur des Lebens einzusetzen.
Daher haben die Synodenväter, indem sie die jüngsten Dokumente des kirchlichen Lehramtes übernommen haben, mit aller Deutlichkeit den totalen Einsatz für das menschliche Leben und dessen bedingungslose Achtung von der Empfängnis bis zum Augenblick des natürlichen Todes hervorgehoben, und sie bringen ihre Verwerfung solcher Übel wie Abtreibung und Euthanasie zum Ausdruck. Um diese Lehren des göttlichen und natürlichen Gesetzes zu erhalten, ist es von wesentlicher Bedeutung, die Kenntnis der kirchlichen Soziallehre zu fördern und sich dafür einzusetzen, daß solche Werte wie Leben und Familie auch durch das staatliche Sozialwesen und die staatliche Gesetzgebung anerkannt und verteidigt werden (230). Außer der Verteidigung des Lebens muß man auch durch die vielen seelsorglichen Einrichtungen eine aktive Förderung der Adoptionen intensivieren und ständige Fürsorgestellen für solche Frauen einrichten, die aufgrund ihrer Schwangerschaft sowohl vor als auch nach der Geburt des Kindes Probleme haben. Die Seelsorge muß auch in ganz besonderer Weise auf jene Frauen ausgerichtet sein, die eine Abtreibung erlitten oder aktiv durchführen haben lassen (231).
Ich danke Gott und spreche den Glaubensbrüdern und -schwestern in Amerika meine Hochachtung aus, die vereint mit anderen Christen und Menschen guten Willens sich dafür einsetzen, das Leben mit legalen Mitteln zu verteidigen und die Ungeborenen, die unheilbar Kranken und die Behinderten zu schützen. Ihr Einsatz ist auch deshalb höchst lobenswert, wenn man die Gleichgültigkeit so vieler Menschen, die Fallen der Euthanasie und die Anschläge auf das Leben und die Menschenwürde bedenkt, die täglich überall begangen werden (232).
Dieselbe Fürsorge muß auch für die oftmals vernachlässigten und verlassenen alten Menschen aufgebracht werden. Sie sind als Personen zu achten, und es ist wichtig, für sie Initiativen zur Annahme und Pflege zu ergreifen, wodurch auch gleichzeitig ihre Rechte gefördert und, soweit das möglich ist, ihr körperliches und geistiges Wohlbefinden sichergestellt werden soll. Die alten Menschen müssen vor Situationen und vor Ausübung von Druck geschützt werden, die sie zum Selbstmord treiben könnten. In besonderer Weise müssen sie gegen die Versuchung des Selbstmordes durch Sterbehilfe und gegen die Euthanasie unterstützt werden.
Zusammen mit den Hirten des Gottesvolkes in Amerika richte ich einen Aufruf „an die im medizinisch-gesundheitlichen Bereich tätigen Katholiken und an alle, die einen öffentlichen Dienst verrichten sowie an alle, die im Schuldienst tätig sind, daß sie alles in ihrer Macht stehende tun, um das Leben zu verteidigen, das am meisten gefährdet ist. Hierbei sollen sie nach ihrem in rechter Weise gemäß der katholischen Lehre gebildeten Gewissen handeln. Die Bischöfe und Priester tragen in diesem Sinne die besondere Verantwortung, unermüdlich Zeugnis abzulegen für das Evangelium vom Leben, und sie sollen die Gläubigen ermahnen, daß sie in Treue zu diesem Evangelium handeln“ (233). Gleichzeitig sollte die Kirche in Amerika aber auch durch geeignete Interventionen die gesetzgebenden Institutionen aufklären, wenn sie Entscheidungen treffen, und sie sollten die Katholiken und anderen Menschen guten Willens ermutigen, Organisationen zur Förderung von guten Gesetzesprojekten zu schaffen, denn so werden jene Projekte verhindert, die Familie und Leben – zwei unzertrennbare Wirklichkeiten – bedrohen. Heutzutage muß ganz besonderes Augenmerk auf alles gelegt werden, was mit der Embryonenforschung zu tun hat, damit in keiner Hinsicht die Menschenwürde verletzt wird.
Einheimische Bevölkerungsgruppen und Amerikaner afrikanischer Herkunft
64. Wenn die Kirche in Amerika, die dem Evangelium Christi treu ist, den Weg der Solidarität zu gehen wünscht, muß sie auch in ganz besonderer Weise jene ethnischen Bevölkerungsgruppen in Betracht ziehen, die heutzutage immer noch Objekt ungerechter Diskriminierung sind. In der Tat ist jeglicher Versuch, die einheimischen Bevölkerungsgruppen zu Randgruppen zu machen, in der Wurzel zu ersticken. Das beinhaltet aber auch in erster Linie, daß man ihr Land und die mit ihnen abgeschlossenen Verträge zu respektieren hat. Ebenso muß man sich ihrer legitimen sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Bedürfnisse annehmen. Wie könnte man etwa die Notwendigkeit der Versöhnung zwischen den einheimischen Bevölkerungsgruppen und der Gesellschaft der jeweiligen Länder, in denen sie jetzt leben, einfach vergessen?
An dieser Stelle möchte ich daran erinnern, daß die Amerikaner afrikanischer Herkunft auch heute noch in einigen Gegenden unter ethnischen Vorurteilen zu leiden haben. Dies stellt ein wichtiges Hindernis für die Begegnung mit Christus dar. Weil aber alle Menschen, gleich welcher Farbe und Rasse, von Gott und nach seinem Abbild geschaffen sind, sollte man konkrete Programme fördern, bei denen das gemeinsame Gebet nicht fehlen darf, Programme, die Völkerverständigung und Völkerversöhnung fördern, indem sie Brücken der christlichen Nächstenliebe, des Friedens und der Gerechtigkeit zwischen allen Menschen schlagen (234).
Um diese Ziele zu erreichen, ist es unerläßlich, kompetente Seelsorger auszubilden, die im Stande sind, die bereits legitim in Katechese und Liturgie „inkulturierten“ Methoden anzuwenden. Auch wird man eine genügende Anzahl an Seelsorgern gewinnen, die ihre Aktivität innerhalb der einheimischen Bevölkerungsgruppen entfalten, indem man die Priester- und Ordensberufungen unter ihnen fördert (235).
Die Problematik der Einwanderer
65. Der amerikanische Kontinent hat in seiner Geschichte etliche Einwanderungsbewegungen erlebt, die eine große Anzahl von Männern und Frauen in die verschiedenen Landesteile gebracht haben mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Dieses Phänomen setzt sich auch heute noch fort und betrifft ganz konkret zahlreiche Personen und Familien, die aus den lateinamerikanischen Ländern des Kontinents kommen, sich in nördlichen Regionen niedergelassen haben und in einigen Fällen dort einen beträchtlichen Bevölkerungsanteil bilden. Sehr oft bringen sie ein kulturelles und religiöses Erbe mit, das sehr reich an bedeutenden christlichen Elementen ist. Die Kirche ist sich der aus dieser Situation entstandenen Probleme bewußt und bemüht sich, eine echte Seelsorge für diese Einwanderer zu entfalten, um so ihre Ansiedlung in den jeweiligen Gebieten zu fördern und gleichzeitig die Aufnahmebereitschaft seitens der dort bereits ansässigen Völkergruppen anzuregen in der Überzeugung, daß das jeweilige Sich-Öffnen dem anderen gegenüber eine Bereicherung für alle sein wird.
Die kirchlichen Gemeinschaften sollten in diesem Phänomen einen besonderen Ruf sehen, die Brüderlichkeit im Geiste des Evangeliums als einen Wert zu leben, und sie sollten es gleichzeitig als eine Einladung betrachten, der eigenen Religiösität einen neuen Impuls zu verleihen, so daß auch die eigene Evangelisierungstätigkeit noch bewußter und entschiedener vonstatten geht. In diesem Sinne meinen die Synodenväter, daß „die Kirche in Amerika die wachsame Anwältin sein muß, die gegen alle ungerechten Beschränkungen das natürliche Recht einer jeden Person schützt, sich frei innerhalb des eigenen Landes und von einem Land zum anderen zu bewegen. Man muß auf die Rechte der Einwanderer und ihrer Familien ebenso achten wie darauf, daß ihre Menschenwürde gewahrt bleibt, was auch im Falle der illegalen Einwanderung gilt“ (236).
Hinsichtlich der Einwanderer bedarf es eines Geistes der Gastfreundschaft und Aufnahmebereitschaft, wodurch sie ermutigt werden, sich in das kirchliche Leben zu integrieren, ohne dabei ihre eigene Freiheit und ihre besondere kulturelle Identität aufgeben zu müssen. Hierfür ist es sehr wichtig, daß die Herkunftsdiözesen mit den Diözesen zusammenarbeiten, in denen sich die Einwanderer niedergelassen haben. Auch diesbezüglich ist innerhalb der durch Gesetzgebung vorgesehenen und in der kirchlichen Praxis üblichen spezifischen pastoralen Strukturen vorzugehen (237). Auf diese Weise wird eine möglichst adäquate und umfassende Seelsorge sichergestellt. Die ständige Sorge für eine wirksame Evangelisierung der Menschen, die erst vor kurzer Zeit eingereist sind und Christus noch nicht kennen, muß für die Kirche stets ein Impuls sein (238).
DIE SENDUNG DER KIRCHE
IN AMERIKA HEUTE:
DIE NEUEVANGELISIERUNG
« Wie mich der Vater gesandt hat,
so sende ich euch » (Joh 20, 21)
Von Christus gesandt
66. Der auferstandene Christus hat vor seiner Himmelfahrt die Apostel ausgesandt, um das Evangelium der ganzen Welt zu verkünden (vgl. Mk 16,15), und er hat ihnen die nötige Vollmacht verliehen, diese Mission zu vollbringen. Es ist bedeutend, daß Jesus, bevor er den Aposteln den letzten Missionsauftrag übergab, sich auf die vom Vater erhaltene Allmacht bezog (vgl. Mt 28,18). In der Tat gab Christus seine vom Vater empfangene Mission an die Apostel weiter (vgl. Joh 20,21) und machte sie so zu Teilhabern an seiner Macht.
Und „weil die Laien Glieder der Kirche sind, haben auch sie die Berufung und Sendung, das Evangelium zu verkünden. Aufgrund der christlichen Initiationssakramente und der Gaben des Heiligen Geistes sind sie dazu berufen und verpflichtet“ (239). Und die Laien wurden ja auch tatsächlich „des priesterlichen, prophetischen und königlichen Amtes Christi auf ihre Weise teilhaftig“ gemacht (240). „Aufgrund ihrer Teilhabe am prophetischen Amt Christi werden die Laien“ folglich „ganz in diese Aufgabe der Kirche einbezogen“ (241), und deshalb müssen sie sich berufen und gesandt fühlen, die Frohbotschaft des Reiches zu verkünden. Die Worte Jesu: „Geht auch ihr in meinen Weinberg!“ (Mt 20,4) 242 , darf man nicht so auffassen, als wären sie nur an die Apostel gerichtet worden, sondern sie gelten für alle, die wahre Jünger des Herrn sein wollen.
Der wesentliche Auftrag, mit dem Jesus seine Jünger aussendet, ist die Verkündigung des Evangeliums, mit anderen Worten, die Evangelisierung (vgl. Mk 16,15-18). „Evangelisieren ist in der Tat die Gnade und eigentliche Berufung der Kirche, ihre tiefste Identität“ (243). Wie ich bereits bei anderen Gelegenheiten zum Ausdruck gebracht habe, bewirken die Einzigartigkeit und Neuheit der Situation, in der sich Kirche und Welt an der Schwelle zum Dritten Jahrtausend befinden, und die daraus resultierenden Anforderungen, daß die Mission, das Evangelium zu verkünden, heutzutage ein neues Programm erfordert, das sich in seiner Gesamtheit als „Neuevangelisierung“ definieren läßt (244). Als oberster Hirte der Kirche ist es mir ein dringendes Anliegen, alle Glieder des Gottesvolkes – insbesondere jene, die auf dem amerikanischen Kontinent leben, wo ich zum erstenmal zu neuem Engagement und zur Neuevangelisierung, „neu in ihrem Eifer, in ihren Methoden und in ihrer Ausdrucksweise“ (245) aufrief – einzuladen, dieses Projekt zu übernehmen und dabei zusammenzuarbeiten. Bei der Annahme dieser Mission müssen alle bedenken, daß der lebendige Kern der Neuevangelisierung die klare und unmißverständliche Verkündigung der Person Jesu Christi sein muß, das heißt, es geht dabei um die Verkündigung seines Namens, seiner Lehre, seines Lebens, seiner Verheißungen und des Reiches, das Er für uns durch sein Ostermysterium erobert hat (246).
Jesus Christus – „Frohbotschaft“ und erster Verkünder des Evangeliums
67. Jesus Christus ist die „Frohbotschaft“ des Heils, das den Menschen von gestern, heute und für alle Zeiten zuteil geworden ist; doch er ist auch gleichzeitig der erste und höchste Verkünder seines Evangeliums (247). Die Kirche muß den Mittelpunkt ihrer Seelsorge und ihrer Evangelisierung im gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus sehen. „All das, was im kirchlichen Bereich an Projekten erstellt wird, [hat) von Christus und seinem Evangelium auszugehen“ (248). Deshalb „soll die Kirche in Amerika immer mehr von Christus, dem menschlichen Antlitz Gottes und dem göttlichen Antlitz des Menschen sprechen. Es ist dies die Botschaft, die die Menschen wirklich aufrüttelt, den Geist wachruft und verwandelt oder, um es mit anderen Worten zu sagen: bekehrt. Christus muß freudig und kraftvoll, jedoch in erster Linie durch das Zeugnis des eigenen Lebens verkündet werden“ (249).
Jeder Christ kann in dem Maße seine Mission auf wirksame Weise vollbringen, in dem er das Leben des menschgewordenen Gottessohnes als vollkommenes Modell zur Evangelisierung an-nimmt. Aus dieser Sichtweise sind die Armen selbstverständlich als erste Adressaten der Evangelisierung zu betrachten und zwar nach dem Vorbild Jesu, der von sich selbst sagte: „Der Geist des Herrn […] hat mich gesalbt. Er hat mich gesalbt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe“ (Lk 4,18) (250).
Wie ich bereits zuvor angedeutet habe, soll die Liebe zu den Armen vorrangig, nicht aber ausschließlich sein. Man hat, wie die Synodenväter aufzeigen, die Seelsorge gegenüber Menschen, die in der Gesellschaft leitende Funktionen haben, vernachlässigt, was dazu geführt hat, daß nicht wenige von ihnen sich von der Kirche entfernt haben (251). Der Grund dafür ist zum Teil darin zu suchen, daß man die Seelsorge im gewissen Sinn ausschließlich auf die Armen konzentriert hat. Die durch die Verbreitung des Säkularismus entstandenen Schäden sowohl in politischen als auch in wirtschaftlichen, gewerkschaftlichen, militärischen, sozialen und kulturellen Kreisen zeigen die Dringlichkeit einer Evangelisierung dieser Kreise auf, die von den Hirten selbst mit Nachdruck geleitet werden muß. Sie wurden von Gott berufen, für alle zu sorgen. Es ist auch notwendig, die in leitenden Ämtern tätigen Männer und Frauen mit neuem brennendem Eifer und durch neue Methoden zu evangelisieren, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf der Gewissensbildung durch die kirchliche Soziallehre liegen muß. Eine solche Unterweisung wird auch angesichts so vieler Fälle von Inkonsequenz und manchmal sogar von Korruption, die den sozio-politischen Strukturen Schaden zufügt, das beste Gegenmittel sein. Wenn man diese Gewissensbildung der in leitenden Positionen tätigen Menschen vernachlässigt, dann darf man sich auch nicht wundern, wenn viele dieser Menschen nach Kriterien handeln, die nicht im Einklang mit dem Evangelium stehen, ja, sogar diesem manchmal offen entgegengesetzt sind. Trotz allem sollte man anerkennen, daß „viele Menschen in leitenden Positionen“, die zwar einen klaren Kontrast zur christlichen Mentalität bilden, „versuchen [...], eine gerechte und solidarische Gesellschaft zu errichten“ (252).
Die Begegnung mit Christus führt zur Evangelisierung
68. Die Begegnung mit dem Herrn erzeugt eine tiefgreifende Verwandlung bei denen, die sich ihm nicht verschließen. Der erste Impuls, der von dieser Umwandlung ausgeht, ist, daß man den anderen den Reichtum, den man in dieser Begegnung erfahren hat, gerne mitteilen möchte. Es geht dabei nicht einfach nur darum zu zeigen, was man kennengelernt hat, sondern man will, wie die Samariterin, daß auch die anderen Jesus persönlich begegnen: „Kommt, und seht“ (Joh 4,29). Das Ergebnis wird dann dasselbe sein, wie schon damals in den Herzen der Menschen aus Samaria, die zu der Frau sagten: „Nicht mehr aufgrund deiner Aussage glauben wir, sondern weil wir ihn selbst gehört haben und nun wissen: Er ist wirklich der Retter der Welt“ (Joh 4,42). Zu den zentralen Aufgaben der Mission der Kirche, die von der ständigen und geheimnisvollen Gegenwart ihres auferstandenen Herrn lebt, gehört es, „alle Menschen zur Begegnung mit Jesus Christus zu führen“ (253).
Wir sind berufen zu verkünden, daß Christus wirklich lebt, das heißt, daß der menschgewordene Gottessohn gestorben und auferstanden ist, daß er der einzige Retter aller Menschen sowie des Menschen in seiner Gesamtheit ist, und daß er als Herr der Geschichte weiterhin durch seinen Heiligen Geist in der Kirche und in der Welt bis zum Ende der Zeiten wirkt. Die Gegenwart des Auferstandenen in der Kirche ermöglicht auch dank des unsichtbaren Wirkens seines lebensspendenden Geistes die Begegnung mit ihm. Diese Begegnung ereignet sich durch den in der Kirche empfangenen und gelebten Glauben, denn die Kirche ist der mystische Leib Christi. Deshalb hat diese Begegnung auch eine wesentliche kirchliche Dimension und führt dazu, daß man sein Leben aufopfert. Und tatsächlich „bedeutet, dem lebendigen Christus zu begegnen, in erster Linie dessen Liebe anzunehmen, sich für ihn zu entscheiden, freiwillig sich zu seiner Person und zu seinem Projekt, das Gottesreich zu verkün-den und zu verwirklichen, zu bekennen“ (254).
Dieser Ruf führt dazu, daß wir Jesus suchen: „Rabbi – das heißt übersetzt: Meister –, wo wohnst du? Er antwortete: Kommt und seht! Da gingen sie mit ihm und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm“ (Joh 1,38-39). „Dieses ‘Bei-Ihm-Bleiben’ beschränkt sich nicht nur auf jenen Tag, an dem er sie eingeladen hatte, sondern es erstreckt sich auf das ganze Leben. Ihm zu folgen heißt, so zu leben, wie er es tat, seine Botschaft anzunehmen, seine Kriterien zu übernehmen, sein Schicksal anzunehmen, an seinem Vorhaben, dem Plan des Vaters, teilzunehmen, nämlich alle zur Gemeinschaft mit der Dreifaltigkeit und zur Gemeinschaft mit den Brüdern und Schwestern in einer gerechten und solidarischen Gesellschaft einzuladen“ (255). Der brennende Wunsch, die anderen zur Begegnung mit Ihm einzuladen, dem wir begegnet sind, steht am Anfang der Evangelisierungsmission, die der ganzen Kirche zugrunde liegt und die ganz besonders im heutigen Amerika an Dringlichkeit gewinnt, nachdem man dort den fünfhundertsten Jahrestag der ersten Evangelisierung begangen hat und während wir im Begriff sind, dankbar der 2000 Jahre seit der Ankunft des eingeborenen Gottessohnes auf dieser Welt zu gedenken.
Bedeutung der Katechese
69. Die Neuevangelisierung, an welcher der ganze Kontinent beteiligt ist, zeigt, daß man den Glauben nicht als selbstverständlich voraussetzen darf, sondern daß er vielmehr in seinem ganzen Umfang und Reichtum vorgestellt werden muß. Dies ist das Hauptziel des Katechese, die aufgrund ihres Wesens eine essentielle Dimension der Neuevangelisierung darstellt. „Die Katechese ist ein Prozeß der Unterweisung im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe, wodurch der Geist gebildet und das Herz angerührt wird. Das führt dazu, daß man Christus in vollem Umfang annimmt. Sie führt den Gläubigen tiefer in die Erfahrung christlicher Lebensweise ein, wozu auch die liturgische Feier des Geheimnisses der Erlösung und der christliche Dienst am Nächsten gehört“ (256).
Im Bewußtsein der Notwendigkeit einer vollständigen Glaubenserziehung übernahm ich den Vorschlag, den die Synodenväter auf der außerordentlichen Versammlung der Bischofssynode im Jahre 1985 machten, nämlich „einen Katechismus, bzw. ein Kompendium der ganzen katholischen Glaubens- und Sittenlehre“ auszuarbeiten „sozusagen als Bezugspunkt für die Katechismen bzw. Kompendien, die in den verschiedenen Regionen zu erstellen sind“ (257). Dieser Vorschlag wurde durch die Veröffentlichung der „editio typica“ des Catechismus Catholicae Ecclesiae verwirklicht (258). Außer dem offiziellen Text des Katechismus und zum besseren Nutzen seines Inhalts hatte ich auch verfügt, daß ein Allgemeines Direktorium zur Katechese ausgearbeitet und veröffentlicht würde (259). Den Gebrauch dieser Hilfsmittel von universalem Wert lege ich wärmstens allen jenen ans Herz, die sich in Amerika der Katechese widmen, und es ist wünschenswert, daß beide Dokumente als Modell dienen bei der „Vorbereitung und Revision aller katechetischen Programme auf pfarrlicher und diözesaner Ebene, wobei man sich vor Augen halten sollte, daß die religiöse Situation der Jugendlichen und Erwachsenen eine mehr kerygmatische und organische Katechese bei der Vorstellung der Glaubensinhalte erfordert“ (260).
Man muß die mutige Mission anerkennen und unterstützen, in der so viele Katecheten in ganz Amerika engagiert sind. Sie sind wahre Boten des Reiches: „Ihr Glaube und ihr Lebenszeugnis sind Bestandteile der Katechese“ (261), und ich möchte die Gläubigen dazu ermutigen, kraftvoll und in Liebe zum Herrn diesen Dienst an der Kirche zu übernehmen, bei dem sie großzügig ihre Zeit und ihre Begabungen zum Einsatz bringen. Die Bischöfe ihrerseits sollen dafür Sorge tragen, daß den Katecheten eine adäquate Ausbildung zukommt, damit sie diesen unerläßlichen Dienst im Leben der Kirche auszuüben im Stande sind.
Bei der Katechese sollte man sich immer vergegenwärtigen, – und dies gilt besonders für einen Kontinent wie Amerika, wo die soziale Frage einen bedeutenden Aspekt darstellt – daß „die Zunahme des Glaubensverständnisses sowie der praktische Glaubensausdruck im Leben der Gesellschaft in engster Beziehung zueinander stehen. Die Bemühungen um die Begegnung mit Christus sollten deshalb nicht weniger günstige Auswirkungen bei der Förderung des Allgemeinwohls in einer auf Gerechtigkeit basierenden Gesellschaft haben“ (262).
Evangelisierung der Kultur
70. Mein Vorgänger, Paul VI., vertrat aufgrund weiser Eingebung den Standpunkt: „Der Bruch zwischen Evangelium und Kultur ist ohne Zweifel das Drama unserer Zeitepoche“ (263). Deshalb sagten auch die Synodenväter, daß „die Neuevangelisierung klare, ernsthafte und geordnete Anstrengungen erfordert, um die Kultur mit dem Evangelium zu durchwirken“ (264). Als der Sohn Gottes die menschliche Natur annahm, geschah dies innerhalb eines ganz bestimmten Volkes, auch wenn sein Erlösertod den Menschen aller Kulturen, Rassen und Lebensumstände das Heil gebracht hat. Das Geschenk seines Geistes und seiner Liebe ist für die Völker aller Kulturen bestimmt, um sie untereinander zu vereinen gleich dem Vorbild der vollkommenen Einheit des einen und dreifaltigen Gottes. Damit dies möglich werde, bedarf es einer Inkulturation der Glaubensverkündigung, so daß das Evangelium jeweils in der Sprache und innerhalb der Kultur jener Menschen verkündet wird, die es hören (265). Man sollte aber gleichzeitig nicht vergessen, daß einzig und allein das Ostergeheimnis Christi, das die höchste Selbstmitteilung des unendlichen Gottes innerhalb der zeitlich begrenzten Geschichte ist, der gültige Bezugspunkt für die Menschheit bei ihrer irdischen Pilgerschaft und auf der Suche nach wahrer Einheit und wahrem Frieden sein kann.
Das Mestizenantlitz unserer lieben Frau von Guadalupe war auf dem Kontinent von Anfang an ein Symbol der Inkulturation bei der Evangelisierung, deren Stern und Führung sie war. Durch ihre mächtige Fürsprache kann die Evangelisierung die Herzen der Menschen in Amerika durchdringen, ihre Kulturen durchwirken und sie von innen her verwandeln (266).
Die Zentren für Bildung und Erziehung evangelisieren
71. Das Bildungswesen ist ein privilegierter Bereich für die Förderung der Inkulturation des Evangeliums. Dennoch werden die katholischen Zentren für Bildung und Erziehung und jene, die, wenn auch nicht konfessionsgebunden, deutlich vom katholischen Geist geprägt sind, nur dann wahre Evangelisierung leisten können, wenn sie eine klare katholische Orientierung bewahren. Die Inhalte der Erziehungsprojekte müssen Jesus Christus und seine Botschaft ständig einbeziehen und zwar so, wie es die Kirche in ihrer Glaubens- und Morallehre vorlegt. Nur so können in den diversen humanen Tätigkeitsbereichen und in der Gesellschaft authentische christliche Leiter herangebildet werden, was besonders für den politischen und wirtschaftlichen Bereich sowie für die Bereiche Wissenschaft, Kunst und Philosophie gilt (267). In diesem Sinne „ist es von wesentlicher Bedeutung, daß die katholischen Universitäten tatsächlich, wirklich und gleichzeitig beides seien, nämlich Universität und katholisch. […] Die katholische Ausrichtung ist für die Universität insofern konstitutiv, als sie eine Institution darstellt und nicht einfach nur auf der bloßen Entscheidung individueller Personen beruht, die in einem konkreten Zeitraum für deren Leitung zuständig sind“ (268). Deshalb muß den seelsorglichen Bemühungen in den verschiedenen katholischen Universitäten besonderes Augenmerk im Hinblick darauf geschenkt werden, daß die Erziehung der Studenten zum Apostolat gefördert werden soll, damit sie selbst einmal in der Evangelisierung der Universitäten tätig sein werden (269). Außerdem „muß auch ein Anreiz zur Zusammenarbeit zwischen den einzelnen katholischen Universitäten in ganz Amerika geschaffen werden, der zu deren gegenseitigen Bereicherung dient“ (270). Auf diese Weise findet ein Beitrag zur Verwirklichung der Grundsätze von Solidarität und Austausch zwischen den Völkern des ganzen Kontinents auch auf universitärem Niveau statt.
Ähnliches ist auch hinsichtlich der katholischen Schulen zu sagen, was ganz besonderes für die höheren Schulen gilt: „Man muß sich ganz besonders darum bemühen, die katholische Identität der Schulen zu stärken, deren besonderes Wesen in einem Bildungsprojekt begründet liegt, dessen Ursprung sich in der Person Jesu Christi befindet und dessen Wurzeln in der Lehre des Evangeliums zu suchen sind. Die katholischen Schulen sollen nicht nur darauf ausgerichtet sein, eine Erziehung zu gewährleisten, die vom technischen und professionellen Standpunkt aus gesehen zwar angemessen ist, sondern man sollte sich besonders um eine ganzheitliche Erziehung der menschlichen Person bemühen“ (271). In Anbetracht der Bedeutung der Aufgabe katholischer Erzieher schließe ich mich den Synodenvätern an und möchte in dankbarer Anerkennung alle jene ermutigen, die sich dem Unterricht in den katholischen Schulen widmen: die Priester und Ordensleute sowie die engagierten Laien, „damit sie in ihrer so bedeutungsvollen Aufgabe und Mission beharrlich bleiben“ (272). Man soll dafür Sorge tragen, daß der Einfluß dieser Bildungszentren alle Bereiche der Gesellschaft erreicht, ohne dabei Unterschiede zu machen und Ausschließlichkeitsansprüche zu erheben. Es ist unerläßlich, wirklich alle Mühen aufzuwenden, damit die katholischen Schulen trotz finanzieller Schwierigkeiten weiterhin „den Armen und den in unserer Gesellschaft an den Rand Gedrängten eine katholische Erziehung zukommen lassen“ (273). Niemals wird es möglich sein, die Bedürftigen von ihrer Armut zu befreien, wenn man sie nicht zuvor von jener Misere befreit, die aus dem Fehlen einer würdigen Erziehung resultiert.
Bei dem globalen Projekt der Neuevangelisierung nimmt der Bereich Erziehung einen bevorzugten Platz ein. Deshalb muß die Aktivität aller katholischen Lehrer unterstützt werden, was auch für jene gilt, die in nicht konfessionsgebundenen Schulen unterrichten. In diesem Sinne richte ich an die Ordensleute den dringenden Aufruf, diesen für die Neuevangelisierung so wichtigen Bereich nicht aufzugeben (274).
Als Frucht und Ausdruck der Gemeinschaft unter allen Teilkirchen Amerikas und vor allem vor dem Hintergrund der spirituellen Erfahrungen der Synodenversammlungen wird man sich darum bemühen, Kongresse für katholische Erzieher auf nationaler und kontinentaler Ebene zu fördern, was einen Versuch darstellt, die Seelsorge im Bereich Erziehung auf allen Ebenen in geordnete Bahnen zu lenken und noch mehr zum Einsatz zu bringen (275).
Um alle diese Ziele zu erreichen, bedarf die Kirche in Amerika eines gewissen Freiraums im Unterrichtsbereich, was aber nicht als Privileg, sondern kraft des Auftrags unseres Herrn, das Evangelium zu verkünden, als Recht verstanden werden soll. Außerdem haben die Eltern das grundlegende Vorrecht, über die Erziehung ihrer Kinder zu entscheiden, und aus diesem Grund müssen die katholischen Eltern auch die Möglichkeit besitzen, eine Erziehung zu wählen, die mit ihrer religiösen Überzeugung übereinstimmt. Die Funktion des Staates in diesem Bereich ist zweitrangig. Der Staat hat die Pflicht, „allen eine Erziehung zu garantieren sowie die Pflicht, die Unterrichtsfreiheit zu respektieren und zu verteidigen. Ein staatliches Monopol hierin ist als eine Form von Totalitarismus abzulehnen, denn dies würde die grundlegenden Rechte verletzen, die staatlicherseits eigentlich verteidigt werden müßten. Gemeint ist hier vor allem das Recht der Eltern auf eine religiöse Erziehung ihrer Kinder, denn die Familie ist der erste Erziehungsbereich der Person“ (276).
Evangelisieren durch die Massenmedien
72. Für die Effektivität der Neuevangelisierung ist eine vertiefte Kenntnis der heutigen Kultur grundlegend, in der die Massenmedien einen großen Einfluß ausüben. Daher ist es unerläßlich, diese Medien sowohl in ihren herkömmlichen Formen als auch hinsichtlich der neuesten Errungenschaften des technischen Fortschritts zu kennen und zu nutzen. Diese Realität erfordert es, daß man auch Sprache, Wesen und Charakteristiken besagter Medien kennen muß. Durch einen korrekten und sachgerechten Gebrauch derselben läßt sich eine wahre Inkulturation des Evangeliums erzielen. Andererseits tragen diese Medien auch dazu bei, die Kultur und Mentalität der Menschen unserer Zeit zu formen. Aus diesem Grund muß die Seelsorge in besonderer Weise auf alle jene ausgerichtet sein, die im Bereich Medien und Kommunikation tätig sind (277).
Diesbezüglich wiesen die Synodenväter auf zahlreiche konkrete Initiativen hin, die eine wirksame Präsenz des Evangeliums in der Welt der Massenmedien zum Ziel haben, wie zum Beispiel die Ausbildung von Seelsorgern für diesen Bereich, die Unterstützung von qualifizierten Produktionszentren, den umsichtigen und sicheren Gebrauch von Satelliten und neuen Technologien, die Unterweisung der Laien, damit sie als Verbraucher kritisch seien, die Vereinigung von Kräften beim Erwerb und in der gemeinsamen Verwaltung neuer Sender und Radio- und Fernsehnetze sowie bei der Koordinierung der bereits existierenden Sender und Netze. Andererseits wollen auch die katholischen Veröffentlichungen unterstützt werden, und es ist auch notwendig, daß sie die erwünschte qualitative Entwicklung vollziehen.
Unternehmer sollen zur finanziellen Rückendeckung qualitätsvoller, die menschlichen und christlichen Werte fördernder Produktionen ermutigt werden (278). Ein solch weitgefächertes Programm übersteigt natürlich bei weitem die Möglichkeiten der einzelnen Teilkirchen auf dem amerikanischen Kontinent. Daher schlugen die Synodenväter vor, die Aktivitäten in Sachen Medien und Kommunikation auf interamerikanischem Niveau zu koordinieren, um so gegenseitige Kenntnis und Zusammenarbeit bei der Verwirklichung der in diesem Bereich bereits unternommenen Schritte zu fördern (279).
Die Herausforderung durch die Sekten
73. Der Proselytismus, den die Sekten und neuen religiösen Gruppierungen in vielen Teilen Amerikas betreiben, ist ein ernsthaftes Hindernis für die Evangelisierung. Der Begriff „Proselytismus“ ist mit einer negativen Bedeutung behaftet, wenn damit zum Ausdruck gebracht wird, daß man auf eine Weise um Anhänger wirbt, die die Freiheit derer nicht beachtet, an die sich eine bestimmte religiöse Propaganda richtet (280). Die Kirche in Amerika verachtet den Proselytismus der Sekten aus eben diesem Grund, und ihre Evangelisierungstätigkeit schließt die Anwendung von Methoden dieser Art aus. Will man den Menschen das Evangelium Christi in seinem ganzen Umfang nahe bringen, muß die Evangelisierung das Heiligtum des Gewissens eines jeden Einzelnen respektieren, wo sich der entscheidende und absolut persönliche Dialog zwischen Gnade und menschlicher Freiheit entwickelt.
Das muß man sich besonders im Hinblick auf die christlichen Brüder und Schwestern von Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften vor Augen halten, die von der katholischen Kirche getrennt und vor langer Zeit in bestimmten Gegenden Amerikas ansässig geworden sind. Die Bande wahrer, wenn auch unvollkommener Gemeinschaft, die gemäß der Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils (281) zwischen diesen Gemeinschaften und der katholischen Kirche bestehen, müssen ihre Haltung und die ihrer Mitglieder hinsichtlich dieser Gemeinschaften erleuchten (282). Aber deswegen darf diese Haltung dennoch nicht die feste Überzeugung in Zweifel stellen, daß sich nur in der katholischen Kirche die Fülle der von Jesus Christus gestifteten Mittel zur Erlangung des Heils befindet (283).
Den proselytistischen Vorstößen der Sekten und neuen religiösen Gruppierungen in Amerika darf man nicht gleichgültig zusehen. Sie fordern der Kirche auf diesem Kontinent ein vertieftes Studium ab, welches in jedem Land, aber auch auf internationalem Niveau verwirklicht werden muß, um die Gründe herauszufinden, warum nicht wenige Katholiken aus der Kirche austreten. Im Lichte der daraus resultierenden Schlußfolgerungen wird es wohl angebracht sein, eine Revision der bisher angewandten Seelsorgemethoden vorzunehmen, so daß jede Teilkirche der Religiosität ihrer Gläubigen mehr persönliche Aufmerksamkeit schenkt, die Strukturen der Gemeinschaft und der Mission konsolidiert, und sich der bei der Evangelisierung sich bietenden Möglichkeiten bedient, die eine geläuterte Volksfrömmigkeit hervorbringen, damit durch das Gebet und die Meditation des Wortes Gottes der Glaube aller Katholiken an Jesus Christus lebendiger werde (284). Niemandem bleibt die Dringlichkeit einer angemessenen Evangelisierungsaktion bezüglich jener Bereiche des Volkes Gottes verborgen, die dem Proselytismus der Sekten am meisten ausgesetzt sind, wie die Emigranten, die Menschen in den Randzonen der Städte oder in jenen ländlichen Siedlungen, denen die organisierte Gegenwart eines Priesters abgeht und die von daher durch eine diffuse religiöse Unwissenheit geprägt sind, aber auch die Familien einfacherer Bevölkerungsschichten, die unter diversen materiellen Schwierigkeiten leiden.
Auch unter diesem Gesichtspunkt zeigen sich die Basisgemeinschaften, die Bewegungen, die familiären Gruppen und andere assoziierende Gemeinschaften, in denen es leichter fällt, zwischenmenschliche Beziehungen zur gegenseitigen Unterstützung zu pflegen, sowohl im spirituellen als auch im wirtschaftlichen Bereich, als sehr nützlich. Andererseits, so haben einige Synodenväter hervorgehoben, muß man sich fragen, ob eine fast ausschließlich auf die materiellen Nöte der Bedürftigen ausgerichtete Seelsorge nicht dazu führt, daß das Verlangen nach Gott, das diese Völker haben, mißachtet wird, indem man sie so hinsichtlich angeblich spiritueller Angebote in einer verletzlichen Situation beläßt. Deshalb „ist es unerläßlich, daß alle mit Christus durch die kerygmatische, erbauliche und verwandelnde Verkündigung, ganz besonders aber durch die Predigt während der Liturgie verbunden sind“ (285). Eine Kirche, die intensiv in einer spirituellen und kontemplativen Dimension lebt und die sich großzügig dem Liebesdienst widmet, wird auf immer beredtere Weise glaubwürdige Zeugin Gottes vor den Menschen sein, die auf der Suche nach einem Sinn ihres eigenen Lebens sind (286). Deswegen ist es notwendig, daß die Gläubigen von ihrer Glaubensroutine, die sie vielleicht auch nur dank ihres Umfeldes bewahrt haben, zu einem bewußten und persönlich gelebten Glauben übergehen. Die Glaubenserneuerung wird stets der beste Weg sein, um alle zur Wahrheit zu führen, die Christus ist.
Eine wirklich effektive Antwort auf die Herausforderungen der Sekten erfordert auch eine angemessene Koordinierung der Initiativen auf überdiözesanem Niveau mit dem Ziel, eine Zusammenarbeit zu schaffen durch gemeinsame Projekte, die so noch fruchtbarer sein können (287).
Die Mission „ad gentes“
74. Jesus Christus übertrug der Kirche die Mission, allen Völkern das Evangelium zu verkünden: „Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“ (Mt 28,19-20). Das Bewußtsein, daß die der Kirche übertragene Mission, das Evangelium zu verkünden, universal ist, muß lebendig bleiben, wie es die Geschichte des Gottesvolkes, das in Amerika auf der Pilgerschaft ist, immer wieder unter Beweis gestellt hat. Die Evangelisierung wird noch dringender, wenn man an die vielen denkt, die auf diesem Kontinent leben und noch nie den Namen Jesu gehört haben. Ist es doch der einzige Name, der den Menschen um ihres Heiles willen gegeben wurde (vgl. Apg 4, 12). Und es ist beklagenswert, daß dieser Name einem Großteil der Menschheit auch in vielen Bereichen der amerikanischen Gesellschaft immer noch unbekannt ist. Man denke dabei nur an die einheimischen Bevölkerungsgruppen, die noch nicht christianisiert sind oder an die in Amerika existierenden nichtchristlichen Religionen, wie Islam, Buddhismus und Hinduismus, besonders seitens der Immigranten aus asiatischen Ländern.
Dieser Umstand macht es der universalen Kirche, ganz besonders aber der amerikanischen Kirche, zur Pflicht, für die Mission „ad gentes“ offen zu bleiben (288). Das Programm der Neuevangelisierung, das auch das Ziel vieler Pastoralprojekte ist, darf sich nicht darauf beschränken, lediglich den Glauben derer wiederzubeleben, die aus Routine glauben, sondern es muß darin auch der Versuch enthalten sein, Christus dort zu verkünden, wo er noch unbekannt ist.
Außerdem sind die amerikanischen Teilkirchen auch dazu berufen, ihren Impuls der Evangelisierung über die Grenzen des Kontinents hinaus auszuweiten. Sie dürfen den immensen Reichtum ihres christlichen Kulturerbes nicht für sich allein behalten, sondern sie müssen es in die ganze Welt hinaus tragen und es denen mitteilen, die es noch nicht kennen. Es handelt sich hier um die vielen Millionen von Männern und Frauen, die ohne Glauben sind und daher die schlimmste Form von Armut erleiden. Angesichts dieser Armut wäre es falsch, eine Evangelisierung über die Grenzen des Kontinents hinaus nicht zu fördern mit dem Vorwand, daß es in Amerika selbst noch viel zu tun gibt oder in der Hoffnung, vorher noch eine Situation zu schaffen, die im Grunde genommen utopisch ist, nämlich die volle Verwirklichung der Kirche in Amerika.
Mit dem Wunsch, daß der amerikanische Kontinent gemäß seiner christlichen Vitalität an der großen Mission „ad gentes“ teilnehme, schließe ich mich den konkreten Vorschlägen der Synodenväter an, die sie im Hinblick auf „die Unterstützung und Förderung einer engeren Zusammenarbeit unter den Schwesterkirchen“ vorgelegt haben, nämlich Missionare innerhalb und über die Grenzen des Kontinents hinaus zu entsenden [Priester, Ordensleute und Laien], Missionseinrichtungen zu stärken oder überhaupt zu schaffen, die missionarische Dimension des geweihten und kontemplativen Lebens zu fördern und der Belebung der Mission sowie der missionarischen Ausbildung und der Organisation der Mission einen neuen Impuls zu verleihen“ (289). Ich bin sicher, daß der seelsorgliche Eifer der Bischöfe und der übrigen Kinder der Kirche in ganz Amerika neue konkrete Initiativen hervorbringen wird, die sich auch auf die internationale Ebene ausweiten und durch ihre Dynamik und Kreativität die Umsetzung dieser missionarischen Vorhaben in die Tat mit sich bringen werden.
Mit Hoffnung und Dank
75. „Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20). Im Vertrauen auf diese Verheißung des Herrn ist die auf dem amerikanischen Kontinent pilgernde Kirche bereit, die Herausforderungen der heutigen Welt sowie jene, die in Zukunft auf sie zukommen können, anzunehmen. Die frohe Botschaft von der Auferstehung wird im Evangelium von der Aufforderung begleitet, sich nicht zu fürchten (vgl. Mt 28,5.10). Die Kirche in Amerika will in der Hoffnung leben, wie es auch die Synodenväter zum Ausdruck brachten: „Im festen Vertrauen auf den Herrn der Geschichte bereitet sich die Kirche vor, die Schwelle des dritten Jahrtausends ohne Vorurteile und Kleinmut, ohne Egoismus, ohne Angst und Zweifel zu überschreiten. Sie tut dies in der Überzeugung, daß ihr Dienst, den sie als ein Zeugnis der Treue zu Gott und zu den Menschen des Kontinents leisten muß, von grundlegender Wichtigkeit ist.“ (290)
Außerdem fühlt sich die Kirche in Amerika ganz besonders gedrängt, im Glauben zu leben und so dankbar der Liebe Jesu zu entsprechen, der „fleischgewordener Ausdruck der barmherzigen Liebe Gottes ist (vgl. Joh 3,16)“. (291) Die Eröffnungsfeier des dritten christlichen Jahrtausends kann dem Gottesvolk in Amerika eine günstige Gelegenheit bieten, „seine Dankbarkeit für das große Geschenk des Glaubens zu erneuern“, (292) das es vor fünfhundert Jahren erhalten hat. Das Jahr 1492 war, abgesehen von den historischen und politischen Aspekten, das große Gnadenjahr, in dem Amerika den Glauben erhielt. Dieser Glaube verkündet das höchste Gut der Menschwerdung des Gottessohnes, was sich vor 2000 Jahren ereignete, ein Gedenken, das wir feierlich während des bevorstehenden großen Jubiläums begehen werden.
Dieses doppelte Gefühl von Hoffnung und Dankbarkeit muß die ganze Seelsorgearbeit der Kirche auf dem Kontinent begleiten, und sie muß die verschiedenen Initiativen der Diözesen, Pfarreien, Ordensgemeinschaften, kirchlichen Bewegungen mit dem Geist des Jubiläums durchdringen, was ebenso für die auf regionaler und kontinentaler Ebene organisierten Aktivitäten gilt. (293)
Gebet zu Jesus Christus für die Familien Amerikas
76. Daher lade ich alle Katholiken Amerikas ein, sich aktiv an den Initiativen zur Evangelisierung zu beteiligen, die der Heilige Geist überall auf diesem riesigen Kontinent, voller Möglichkeiten und Hoffnungen für die Zukunft, anregt. Ganz besonders lade ich die katholischen Familien ein, „Hauskirche“ zu sein, (294) wo man den christlichen Glauben lebt und ihn wie einen Schatz an die neuen Generationen weitergibt und wo man gemeinsam betet. Wenn die katholischen Familien in sich selbst das Ideal verwirklichen, zu dem sie durch Gottes Willen berufen sind, werden sie zur wahren Lichtquelle der Evangelisierung.
Am Ende dieses Apostolischen Schreibens, in dem ich die Vorlagen der Synodenväter aufgegriffen habe, gehe ich auch gerne auf ihren Vorschlag ein, für die Familien in Amerika ein Gebet zu verfassen. (295) Jeden einzelnen sowie die Gemeinschaften und kirchlichen Gruppen, wo zwei oder drei sich im Namen des Herrn versammeln, lade ich ein, durch das Gebet das geistige Band der Einheit unter allen amerikanischen Katholiken zu stärken. Alle sollen in das Bittgebet des Nachfolgers Petri einstimmen und Jesus Christus, „den Weg zur Umkehr, Gemeinschaft und Solidarität in Amerika“, anrufen:
Herr Jesus Christus, wir danken Dir dafür,
daß das Evangelium der Liebe des Vaters,
mit dem Du gekommen bist, um die Welt zu retten,
weithin in Amerika verkündet worden ist
als ein Geschenk des Heiligen Geistes,
das uns lebendiger Grund zur Freude ist.
Wir danken Dir für Dein Leben,
das Du uns gegeben hast, da Du uns bis zum Ende geliebt hast.
Es macht uns zu Kindern Gottes und zu Brüdern untereinander.
Mehre in uns den Glauben und die Liebe zu Dir, Herr,
der Du in so vielen Tabernakeln
auf diesem Kontinent gegenwärtig bist.
Gib, daß wir für die neuen Generationen Amerikas treue Zeugen
Deiner Auferstehung sind,
auf daß sie Dich kennenlernen,
Dir nachfolgen und in Dir Frieden und Freude finden.
Nur so können sie sich als Brüder aller
auf dem Erdkreis verstreuten Kinder Gottes fühlen.
Durch Deine Menschwerdung wolltest Du
ein Mitglied der Menschenfamilie werden,
lehre Du die Familien jene Tugenden, die aufstrahlten
im Hause von Nazareth.
Gib, daß sie eins bleiben,
wie Du und der Vater eins sind;
gib, daß sie lebendige Zeugen der Liebe,
der Gerechtigkeit und der Solidarität sind;
gib, daß in ihnen Achtung,
Verzeihen und gegenseitige Hilfe gelehrt werden,
auf daß die Welt glaube;
gib, daß sie eine Quelle der Berufungen
zum Priestertum, zum gottgeweihten Leben
und zu all den anderen Formen
intensiven christlichen Einsatzes sind.
Beschütze Deine Kirche und den Nachfolger Petri,
dem Du, guter Hirt, das Amt übertragen hast,
Deine ganze Herde zu weiden.
Gib, daß Deine Kirche in Amerika blühe
und ihre Früchte der Heiligkeit vervielfache.
Lehre uns, Maria, Deine Mutter zu lieben,
wie Du sie geliebt hast.
Gib uns die Kraft, mutig
Dein Wort zu verkünden,
wenn wir die Neuevangelisierung unternehmen,
damit die Hoffnung in der Welt gestärkt werde.
U. lb. Frau von Guadalupe, Mutter Amerikas,
bitte für uns!
Gegeben in Mexiko-Stadt, am 22. Januar 1999, im einundzwanzigsten Jahr meines Pontifikates.
JOHANNES PAUL II.
ANMERKUNGEN
(1) Diesbezüglich ist die antike Inschrift in der Taufkapelle von St. Johannes im Lateran bezeichnend: „Virgineo foetu Genitrix Ecclesia natos, quos spirante Deo concipit, amne parit“ (E. Diehl, Inscriptiones latinae christianae veteres, Anm. 1513, I. I: Berolini 1925, S. 289).
(2) Paul VI., Predigt bei der Diakonats- und Priesterweihe in Bogotá, 22. August 1968, in: AAS 60, (1968) 614–615.
(3) Johannes Paul II., Eröffnungsansprache der 4. Generalversammlung des Lateinamerikanischen Episkopates, 12. Oktober 1992, 17, in: AAS 85 (1993) 820.
(4) Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Tertio millennio adveniente, 10. November 1994, 38, in: AAS 87 (1995) 30.
(5) Johannes Paul II., Eröffnungsansprache der 4. Generalversammlung des Lateinamerikanischen Episkopates, 12. Oktober 1992, 17, in: AAS 85 (1993) 820–821.
(6) Johannes Paul II., Eröffnungsansprache der 4. Generalversammlung des Lateinamerikanischen Episkopates, 12. Oktober 1992, 17, in: AAS 85 (1993) 820–821.
(7) Johannes Paul II., Eröffnungsansprache der 4. Generalversammlung des Lateinamerikanischen Episkopates, 12. Oktober 1992, 17, in: AAS 85 (1993) 820.
(8) Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Tertio millennio adveniente, 10. November 1994, 38, in: AAS 87 (1995) 30.
(9) Ansprache an die Versammlung des Lateinamerikanischen Bischofsrates (CELAM), 9. März 1983, III, in: AAS 75 (1983) 778.
(10) Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Christifideles laici, 30. Dezember 1988, 34, in: AAS 81 (1989) 454.
(11) Propositio, 3.
(12) Augustinus, Tract. In Joh., 15, 11: CCL 36, 154
(13) Ebd., 15, 17, l.c., 156.
(14) „Salvator […) ascensionis suae eam (Mariam Magdalenam) ad apostolos instituit apostolam.“ Rabanus Maurus, De vita beatae Mariae Magdalenae, 27; PL 112,1574. Vgl. Petrus Damianus, Sermo 56, PL 144,820; Hugo de Cluny Commonitorium, PL 159,952; Thomas von Aquin, In Joh. Evang. Expositione, 20,3.
(15) Paul VI., Ansprache zur Beendigung des Heiligen Jahres, 25. Dezember 1975, in: AAS 68 (1976), 145.
(16) Propositio, 9; vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, über die Kirche in der Welt von heute, 22
(17) 17 Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris Mater, 25. März 1987, 21, in: AAS 79 (1987), 369.
(18) Propositio, 5.
(19) III. Generalversammlung des Lateinamerikanischen Episkopats, Botschaft an die Völker Lateinamerikas, Puebla, Februar 1979, 282. Für die USA vgl. Conferencia Episcopal, Behold Your Mother Woman of Faith, Washington 1973, 53–55.
(20) Vgl. Propositio, 6.
(21) Johannes Paul II., Eröffnungsansprache der 4. Generalversammlung des Lateinamerikanischen Episkopats, Santo Domingo, 12. Oktober 1992, 24, in AAS 85 (1993) 826.
(22) Vgl. Conferencia Episcopal de los Estados Unidos, Behold Your Mother Woman of Faith, Washington 1973, 37.
(23) Vgl. Propositio, 6.
(24) Ebd., 4. 80
(25) Vgl. ebd.
(26) 26 Zweites Vatikanisches Konzil, Konstitution Sacrosanctum Concilium, Über die heilige Liturgie, 7.
(27) Paul VI., Enzyklika Mysterium fidei, 3. September 1965, in: AAS 57 (1965), 764.
(28) Ebd., l. c. 766.
(29) Propositio, 4.
(30) Paul VI., Ansprache während der letzten öffentlichen Session des Zweiten Vatikanischen Konzils, 7. Dezember 1965, in: AAS 58 (1966), 58.
(31) Vgl. Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Reconciliatio et paenitentia (2. Dezember 1984), 16, in: AAS 58 (1966) 58.
(32) Vgl. Propositio, 61.
(33) Ebd., 29.
(34) Vgl. Klemens X., Bulle Sacrosancti apostolatus cura (11. August 1670), § 3: Bullarium Romanum, 26/VII, 42.
(35) U.a. sind an dieser Stelle zu nennen: die Märtyrer Jean de Brébeuf und seine sieben Begleiter, der hl. Roque González; die hl. Elisabeth Ann Seton, die hl. Marguerite Bourgeoys, der hl. Pedro Claver, der hl. Juan del Castillo, die hl. Rose Philippine Duchesne, die hl. Marguerite d‘Youville, der hl. Francisco Febres Cordero, die hl. Teresa Fernández Solar de los Andes, der hl. Juan Macías, der hl. Toribio de Mogrovejo, der hl. Ezequiel Moreno Díaz, der hl. Johann Nepomuk Neumann, die hl. Maria Anna de Jesús Paredes Flores, der hl. Martín de Porres, der hl. Alfonso Rodríguez, der hl. Francisco Solano, die hl. Francesca Saveria Cabrini, der sel. José de Anchieta, der sel. Pedro de San José Betancur, der sel. Juan Diego, die sel. Katherine Drexel, die sel. María Encarnación Rosal, der sel. Rafael Guízar Valencia, die sel. Dina Bélanger, der sel. Alberto Hurtado Cruchaga, der sel. Elías del Socorro Nieves, die sel. María Francisca de Jesús Rubatto, die sel. Mercedes de Jesús Molina, die sel. Narcisa de Jesús Martillo Morán, der sel. Miguel Augustín Pro, die sel. María de San José Alvarado Cardozo, der sel. Junípero Serra, die sel. Kateri Tekawitha, die sel. Laura Vicuña, der sel. Antonio de Sant‘Anna Galvao sowie viele andere Selige, die von den Völkern Amerikas mit Glauben und Ehrfurcht angerufen werden (vgl. Instrumentum laboris, 17).
(36) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, über die Kirche, 50.
(37) Propositio, 31.
(38) Ebd., 30.
(39) Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben, Tertio millenio adveniente (10. November 1994), 37, in: AAS 87 (1995) 29; vgl. Propositio, 31.
(40) Propositio, 21.
(41) Vgl. ebd.
(42) Vgl. ebd.
(43) Vgl. ebd.
(44) Vgl. ebd., 18.
(45) Ebd., 19.
(46) Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Orientalium Ecclesiarum, über die katholischen Ostkirchen, 5; vgl. Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium, Canon 28; Propositio, 60.
(47) Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris Mater (25. März 1987), 34; AAS 79 (1987) 406; Bischofssynode, Sonderversammlung für Europa, Ut testes simus Christi qui nos liberavit (13. Dezember 1991), III, 7; Ench. Vat. 13, 647–652.
(48) Vgl. Propositio, 60.
(49) Vgl. ebd., 23 und 24. 81
(50) Ebd., 73.
(51) Ebd., 72; vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Centesimus annus (1. Mai 1991), 46, in: AAS 83 (1991) 850.
52 Vgl. Bischofssynode, Sonderversammlung für Europa, Ut testes simus Christi qui nos liberavit (13. Dezember 1991), III, 7: Ench. Vat. 13, 647–652.
(53) Propositio 72.
(54) Ebd.
(55) Vgl. ebd., 74.
(56) Vgl. Paul VI., Apostolisches Schreiben Octogesima adveniens (14. Mai 1971) 8–9; in: AAS 63 (1971) 406–408.
(57) Propositio 35.
(58) Vgl. ebd.
(59) 59 Ebd., 75.
(60) 60 Vgl. Päpstliche Kommission für Gerechtigkeit und Frieden, Im Dienste der menschlichen Gemeinschaft: eine ethische Betrachtung der Auslandsschulden (27. Dezember 1986), in: Ench. Vat. 10, 1045–1128.
(61) Propositio, 75.
(62) Ebd., 37.
(63) Johannes Paul II., Botschaft zum Weltfriedenstag 1998, 5, in: AAS 90 (1998) 152.
(64) Propositio, 38.
(65) Ebd; 38.
(66) Ebd., 36.
(67) Vgl. ebd.
(68) Bischofssynode, Zweite außerordentliche Generalversammlung, Ecclesia sub Verbo Dei mysteria Christi celebrans pro salute mundi (7. Dezember 1985), II, B, a 2, in: Ench. Vat. 9, 1795.
(69) Propositio 30.
(70) Ebd. 34.
(71) Ebd.
(72) Ebd.
(73) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, Über die Kirche, 31.
(74) Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, über die Kirche in der Welt von heute, 76; vgl. Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Christifideles laici (30. Dezember 1988), 42, in: AAS 81 (1989) 472–474.
(75) Propositio 26.
(76) Ebd.
(77) Ebd., 28.
(78) Ebd.
(79) Ebd.
(80) Ebd., 27.
(81) Ebd.
(82) Vgl. ebd.
(83) Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Perfectae caritatis, Über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens, 7; vgl. Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Vita consecrata (25. März 1996), 8, in: AAS 88 (1996) 382.
(84) Propositio, 27.
(85) Vgl. ebd., 28.
(86) Vgl. ebd., 29.
(87) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, Über die Kirche, 5; vgl. Bischofssynode, Zweite außerordentliche Generalversammlung, Ecclesia sub Verbo Dei mysteria Christi celebrans pro salute mundi (7. Dezember 1985), II, A, 4–5, in: Ench. Vat. 9, 1791–1793.
(88) Propositio, 29.
(89) Ebd.
(90) Ebd., 32.
(91) Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Dies Domini (31. Mai 1998), 40, in: AAS 90 (1998) 738. .
(92) Propositio, 33.
(93) Vgl. Johannes Paul II. Enzyklika Redemptor hominis (4. März 1979), 20, in: AAS 71 (1979) 309–316.
(94) Propositio, 33.
(95) Ebd.
(96) Ebd.
(97) Ebd. 40; vgl. Zweites Vatikanisches Konzil; Dogmatische Konstitution Lumen gentium, über die Kirche, 2.
(98) Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Brief Communis notio an die Bischöfe der katholischen Kirche über einige Aspekte der Kirche als Gemeinschaft (28. Mai 1992), 3–6, in: AAS 85 81993) 839–841.
(99) Propositio, 40.
(100) Ebd.
(101) Erstes Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Pastor aeternus, über die Kirche Christi, Prolog: DS 3051.
(102) Konzil von Florenz, Unionsbulle Exsultate Deo (22. November 1439), in: DS 1314.
(103) Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, über die Kirche, 11.
(104) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Presbyterorum ordinis, über Dienst und Leben der Priester, 5.
(105) Propositio, 41.
(106) Ebd.
(107) Vgl. Konzil von Trient, VII. Session, Dekret über die Sakramente im Allgemeinen, Kan. 9; DS 1609.
(108) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, über die Kirche, 26.
(109) Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptor hominis (4. März 1979), 20, in: AAS 71, (1979) 309–316.
(110) Propositio, 42; vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Dies Domini, (31. Mai 1998), 69, in: AAS 90 (1998) 755–756.
(111) Ebd., 42.
(112) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Konstitution Sacrosanctum Concilium, über die heilige Liturgie, 14; Dogmatische Konstitution Lumen gentium, Über die Kirche, 10.
(113) Cfr Propositio, 42.
(114) Ebd., 41.
(115) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Apostolicam actuositatem, über das Laienapostolat, 8.
(116) Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, über die Kirche, 23.
(117) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Christus Dominus, über die Hirtenaufgabe der Bischöfe, 27; Dekret Presbyterorum ordinis, über Dienst und Leben der Priester, 7; Paul VI., Motu proprio Ecclesiae sanctae (6. August 1966), I, 15–17, in: AAS 58 (1966) 766–767; CIC cc. 495, 502 und 511; Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium, Canones 264, 271 und 272.
(118) Propositio, 43.
(119) Vgl. Ebd., 45.
(120) Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben Communis notio, über einige Aspekte der Kirche als Gemeinschaft (28. Mai 1992), 15–16, in: AAS 85 (1993) 847–848.
(121) Vgl. Ebd.,
(122) Vgl. Propositio, 44.
(123) Ebd.
(124) Ebd.
(125) Vgl. Ebd., 60.
(126) Ebd., 49.
(127) Ebd.
(128) Ebd.; vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Presbyterorum ordinis, über Dienst und Leben der Priester, 14.
(129) Propositio, 49.
(130) Ebd.
(131) Vgl. Ebd., 51.
(132) Ebd., 48.
(133) Ebd., 51.
(134) Ebd., 52.
(135) Vgl. Ebd.
(136) Vgl. Ebd.
(137) Vgl. Ebd., 46.
(138) Ebd.
(139) Ebd.
(140) Ebd.,35.
(141) Vgl. IV. Generalversammlung des Lateinamerikanischen Episkopates, Santo Domingo, Oktober 1992, Neue Evangelisierung, Förderung des Menschen, Christliche Kultur, 58.
(142) Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio (7. Dezember 1990), 51, in: AAS 83 (1991), 298–299.
(143) Propositio, 35.
(144) Vgl. Ebd., 46.
(145) Ebd.
(146) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, über die Kirche, 29; Paul VI., Motu proprio Sacrum diaconatus ordinem (18. Juni 1967), I, 1, in: AAS 59 (1967) 599.
(147) Propositio, 50.
(148) Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, über die Kirche, 29.
(149) Vgl. Propositio, 50; Kongregation für das Katholische Bildungswesen und Kongregation für den Klerus, Instruktion Ratio fundamentalis institutionis diaconorum permanentium und Directorium pro ministerio et vita diaconorum permanentium (22. Februar 1998), in: AAS 90 (1998) 843–926.
(150) Vgl. Propositio, 53.
(151) Ebd.; vgl. III. Generalversammlung des Lateinamerikanischen Episkopates, Botschaft an die Völker Lateinamerikas, Puebla 1979, 775.
(152) Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Vita consecrata (25. März 1996), 57, in: AAS 88 (1996) 429–430.
(153) Vgl. Ebd., 58, l.c., 430.
(154) Propositio, 53.
(155) Ebd.
(156) Propositio, 54.
(157) Ebd.
(158) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, Über die Kirche, 31.
(159) Propositio, 55; vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, Über die Kirche, 34.
(160) Propositio, 55.
(161) Vgl. Ebd.
(162) Vgl. Ebd., 56.
(163) Vgl. Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Christifideles laici (30. Dezember 1988), 23, in: AAS 81 (1989) 429–433.
(164) Vgl. Kongregation für den Klerus u.a., Instruktion Ecclesiae de mysterio (15. August 1997), in: AAS 89 (1997) 852–877.
(165) Propositio, 56.
(166) Ebd.
(167) Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Mulieris dignitatem (15. August 1988), in: AAS 80 (1988) 1653–1729, und Brief an die Frauen (29. Juni 1995), in: AAS 87 (1995) 803–812; Propositio, 12.
(168) Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Mulieris dignitatem (15. August 1988) 31, in: AAS 80 (1988) 1728.
(169) Propositio, 11.
(170) Ebd.
(171) Ebd.
(172) Ebd.
(173) Vgl. Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Christifideles laici (30. Dezember 1988), 49, in: AAS 81 (1989) 486–489.
(174) Propositio, 12.
(175) Ebd.
(176) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, Über die Kirche, 11.
(177) Ebd.
(178) Vgl. Propositio, 12.
(179) Ebd., 14.
(180) Ebd.
(181) Vgl. Ebd.
(182) Ebd., 15.
(183) Ebd.
(184) Ebd.
(185) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Unitatis redintegratio, über den Ökumenismus, 3.
(186) Propositio, 61.
(187) Ebd.
(188) Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Unitatis redintegratio, über den Ökumenismus, 3.
(189) Vgl. Propositio, 62.
(190) Vgl Bischofssynode Sonderversammlung für Europa, Erklärung Ut testes simus Christi qui nos liberavit (13. Dezember 1991), III, 8, in: Ench. Vat. 13, 653–655.
(191) Propositio, 61.
(192) Zweites Vatikanisches Konzil, Erklärung Nostra aetate, Über das Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen, 2.
(193) Vgl. Propositio, 63.
(194) Ebd.
(195) Ebd., 67.
(196) Vgl. ebd.
(197) Ebd., 68.
(198) Ebd.
(199) Ebd., 69.
(200) Vgl. Bischofssynode, Zweite außerordentliche Generalversammlung, Ecclesia sub verbo Dei mysteria Christi celebrans pro salute mundi (7. Dezember 1985), II, B, a, 4, in: Ench. Vat. 9, 1797; vgl. Johannes Paul II. Apostolische Konstitution Fidei depositum (11. Oktober 1992), in: AAS 86 (1994) 117; vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 24.
(201) Propositio, 8.
(202) Ebd., 74.
(203) Ebd.
(204) Vgl. Ebd., 67.
(205) Ebd., 70.
(206) Ebd.
(207) Vgl. Ebd., 73.
(208) Vgl. Ebd., 70.
(209) Ebd., 72.
(210) Ebd.
(211) Ebd.
(212) 3. Generalversammlung des Lateinamerikanischen Episkopates, Botschaft an die Völker Lateinamerikas, Puebla 1979, Nr. 306.
(213) Propositio, 73.
(214) Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Instruktion Libertatis consciencia (22. März 1986), 68 in: AAS 79 (1987) 583–584.
(215) Propositio, 73.
(216) Vgl. Ebd., 75.
(217) Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Tertio millennio adveniente (10. November 1994), 51, in: AAS 87 (1995) 36.
(218) Propositio, 75.
(219) Ebd.
(220) Ebd., 37
(221) Vgl. ebd.; Über die Veröffentlichung dieser Dokumente, vgl. Johannes Paul II., Motu proprio Apostolos suos (21. Mai 1998), IV, in: AAS 90 (1998) 657.
(222) Vgl. Propositio, 38.
(223) Vgl. ebd.
(224) Vgl. ebd.
(225) Vgl. ebd.
(226) Vgl. Päpstlicher Rat für Gerechtigkeit und Frieden, Der internationale Waffenhandel. Eine ethische Reflexion (1. Mai 1994), in: Ench. Vat. 14, 1071–1154.
(227) Vgl. Propositio, 76.
(228) Ebd.
(229) Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2267, dort wird Johannes Paul II. zitiert: Enzyklika Evangelium vitae (25 März 1995), 56, in: AAS 87 (1995) 463–464.
(230) Vgl. Propositio, 13.
(231) Vgl. ebd.
(232) Vgl. ebd.
(233) Ebd.
(234) Vgl. ebd., 19.
(235) Vgl. ebd., 18.
(236) Ebd. 20.
(237) Vgl. Kongregation für die Bischöfe, Instruktion Nemo est (22. August 1969), 16, in: AAS 61 (1969) 621–622; CIC, cc. 294 und 518; Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium, c. 280 § 1.
(238) Vgl. ebd.
(239) Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Christifideles laici (30. Dezember 1988), 33, in: AAS 81 (1989) 453.
(240) Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, über die Kirche, 31.
(241) Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Christifideles laici (30. Dezember 1988), 34, in: AAS 81 (1989) 455.
(242) Vgl. ebd., 2: l.c., 394-397.
(243) Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi (8. Dezember 1975), 14, in: AAS 68 (1976) 13.
(244) Vgl. Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Christifideles laici (30. Dezember 1988),34 in: AAS 81 (1989) 455.
(245) Johannes Paul II., Ansprache an die Lateinamerikanische Bischofskonferenz (9. März 1983), III, in: AAS 75 (1983) 778.
(246) Vgl. Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi (8. Dezember 1975), 22, in: AAS 68 (1976) 20.
(247) Vgl. ebd., 7, l.c., 9-10.
(248) Johannes Paul II., Botschaft an den Lateinamerikanischen Bischofsrat (14. September 1997), 6, in: L’Osservatore Romano, Spanische Wochenausgabe, 3. Oktober 1997, S. 20.
(249) Propositio, 8.
(250) Vgl. ebd., 57.
(251) Vgl. ebd., 16.
(252) Ebd.
(253) Ebd., 2.
(254) Ebd.
(255) Ebd.
(256) Ebd., 10.
(257) Bischofssynode, Zweite außerordentliche Generalversammlung, Endbericht Ecclesia sub Verbo Dei mysteria Christi celebrans pro salute mundi (7. Dezember 1985), II, B, a, 4, in: Ench. Vat. 9, 1797.
(258) Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Laetamur magnopere (15. August 1997), in: AAS 89 (1997) 819–821.
(259) Kongregation für den Klerus, Allgemeines Direktorium zur Katechese (15. August 1997), Libreria Editrice Vaticana, 1997.
(260) Propositio, 10.
(261) Ebd.
(262) Ebd.
(263) Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi (8. Dezember 1975), 20, in: AAS 68 (1976) 19.
(264) Propositio, 17.
(265) Vgl. ebd.,
(266) Vgl. ebd.,
(267) Vgl. ebd., 22.
(268) Ebd., 23.
(269) Vgl. ebd.
(270) Ebd.
(271) Ebd., 24.
(272) Ebd.
(273) Ebd.
(274) Vgl. ebd., 22.
(275) Vgl. ebd.
(276) Ebd.
(277) Vgl. ebd., 25.
(278) Vgl. ebd.
(279) Vgl. ebd.
(280) Vgl. Instrumentum laboris, 45.
(281) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Unitatis redintegratio, über den Ökumenismus, 3.
(282) Vgl. Propositio, 64.
(283) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Unitatis redintegratio, über den Ökumenismus, 3.
(284) Vgl. Propositio, 65.
(285) Ebd.
(286) Vgl. IV. Generalversammlung des Lateinamerikanischen Episkopates, Santo Domingo, Oktober 1992, Neue Evangelisierung, Förderung des Menschen, christliche Kultur, 58.
(287) Vgl. Propositio, 65.
(288) Vgl. ebd., 66.
(289) Ebd.
(290) Vgl. Propositio, 58.
(291) Ebd.
(292) Ebd.
(293) Vgl. ebd.
(294) Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, über die Kirche, 11.
(295) Vgl. Propositio, 12.
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