EVANGELII GAUDIUM - page 116

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einigen Texten der Schrift zum Ausdruck, und es ist gut, sie zu bedenken
und aufmerksam zu verinnerlichen, um alle Konsequenzen daraus zu
ziehen. Es handelt sich um eine Botschaft, an die wir uns oft gewöhnen, sie
fast mechanisch wiederholen, ohne uns jedoch klar zu machen, dass sie
sich in unserem Leben und in unseren Gemeinschaften real auswirken
muss. Wie gefährlich und schädlich ist diese Gewöhnung, die uns dazu
führt, das Staunen, die Faszination und die Begeisterung zu verlieren, das
Evangelium der Brüderlichkeit und der Gerechtigkeit zu leben! Das Wort
Gottes lehrt uns, dass sich im Mitmenschen die kontinuierliche
Fortführung der Inkarnation für jeden von uns findet: » Was ihr für einen
meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan « (
Mt
25,40).
Was wir für die anderen tun, hat eine transzendente Dimension: » Nach
dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird euch zugeteilt werden « (
Mt
7,2), und es ist eine Antwort auf die göttliche Barmherzigkeit uns
gegenüber: » Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist! Richtet nicht,
dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden. Verurteilt nicht, dann werdet
auch ihr nicht verurteilt werden. Erlasst einander die Schuld, dann wird
auch euch die Schuld erlassen werden. Gebt, dann wird auch euch
gegeben werden […] nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird
auch euch zugeteilt werden « (
Lk
6,36-38). Was diese Texte ausdrücken, ist
die absolute Vorrangigkeit des „Aus-sich-Herausgehens auf den
Mitmenschen zu“ als eines der beiden Hauptgebote, die jede sittliche Norm
begründen, und als deutlichstes Zeichen, anhand dessen man den Weg
geistlichen Wachstums als Antwort auf das völlig ungeschuldete Geschenk
Gottes überprüfen kann. Aus diesem Grund » ist auch der Dienst der Liebe
ein konstitutives Element der kirchlichen Sendung und unverzichtbarer
Ausdruck ihres eigenen Wesens «
.
144
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B
ENEDIKT
XVI., Motu proprio
Intima Ecclesiae natura
(11. November 2012):
AAS
104 (2012),
996.
Wie die Kirche von Natur aus
missionarisch ist, so entspringt aus dieser Natur zwangsläufig die wirkliche
Nächstenliebe, das Mitgefühl, das versteht, beisteht und fördert.
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